BGH: Der „Servicepartner“ eines Automobilherstellers darf nicht den Eindruck eines „Vertragshändlers“ erwecken

veröffentlicht am 18. September 2011

BGH, Urteil vom 17.03.2011, Az. I ZR 170/08
§ 3 UWG, § 5 Abs. 1 UWG

Der BGH hat entschieden, dass ein Autohaus, welches „Servicepartner“ eines Automobilherstellers ist, nicht den Eindruck erwecken dürfe, es sei Vertragshändler. Ein Aufkleber auf einem Neuwagen mit der Aufschrift „Autohaus L. – Ihr Ford-Vertragspartner“ suggeriere jedoch genau das und stelle somit eine irreführende Werbung dar. Diese sei auch wettbewerbsrechtlich relevant, da der Verkehr von einem Händler, der vertraglich in das Vertriebsnetz eines Automobilherstellers eingebunden sei, ein besonders geschultes Fachpersonal und dadurch eine gehobene Qualität bei Beratung, Service und Werkstattleistungen erwarte. Zudem sei naheliegend, dass sich ein Verbraucher bei der Regelung von Garantie- und Kulanzfällen von einem Vertragshändler eine besondere Nähe zum Hersteller vorstelle. Zum Volltext der Entscheidung:

Bundesgerichtshof

Urteil

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2011 durch … für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 23. September 2008 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

Die Parteien sind in Görlitz Wettbewerber beim Vertrieb von Kraftfahrzeugen. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung von Werbeaussagen in Anspruch, die er für irreführend hält.

Die Beklagte, die in Görlitz das Autohaus L. betreibt, ist Servicepartnerin, nicht aber Vertragshändlerin des Automobilherstellers Ford. Sie stellte vom 14. bis 18. August 2006 in einem Einkaufszentrum in Görlitz einen Pkw Ford Fiesta aus, den sie im März 2006 von einem Ford-Vertragshändler erworben hatte. An den für die Kennzeichen vorgesehenen Flächen waren Schilder mit der Aufschrift „Neuwagen“ angebracht. In einem hinter einer Seitenscheibe platzierten Prospekt fanden sich – neben drucktechnisch hervorgehobenen Angaben zum Barpreis und zu einer Finanzierungsmöglichkeit – in kleinerer Schrift unter anderem folgende Hinweise: „Deutsches Modell mit Tageszulassung 03/06 … Garantiebeginn 03/06″. Auf der Frontscheibe des Fahrzeugs war jedenfalls am 18. August 2006 folgender Vermerk in magentafarbener Leuchtschrift angebracht: „Autohaus L. – Ihr Ford-Vertragspartner“.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Bewerbung des ausgestellten Fahrzeugs als „Neuwagen“ sei angesichts der fünf Monate alten Tageszulassung irreführend. Gleiches gelte für den auf der Frontscheibe angebrachten Hinweis, mit dem die Beklagte wahrheitswidrig suggeriere, sie sei Ford-Vertragshändlerin.

Das Landgericht hat die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu behaupten oder durch Dritte behaupten zu lassen,
1. dass ein Pkw mit einer fünf Monate alten Tageszulassung ein Neuwagen ist,
2. Ford-Vertragspartner zu sein und dadurch den Eindruck zu erwecken, Ford-Vertragshändler zu sein.

Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.
Das Berufungsgericht hat die beanstandeten Werbeaussagen als irreführend nach §§ 3, 5 Abs. 1, 2 Nr. 1 und 3 UWG 2004 angesehen und dazu ausgeführt:

Die Bewerbung eines seit etwa fünf Monaten zugelassenen Fahrzeugs als Neuwagen sei irreführend und daher unzulässig. Der Verkehr gehe bei einer Werbung für Neuwagen davon aus, er könne im Falle eines Kaufs alle Vorteile eines Neufahrzeugs in Anspruch nehmen. Der Verbraucher verbinde mit dem Angebot eines Neuwagens insbesondere die Erwartung der uneingeschränkten Herstellergarantie. In dieser Erwartung werde er getäuscht, wenn die Garantie bei dem beworbenen Fahrzeug bereits seit einiger Zeit laufe. Der Hinweis auf die Erstzulassung reiche nicht aus, um den irreführenden Eindruck auszuräumen, den die blickfangmäßig herausgestellte Werbeaussage „Neuwagen“ hervorrufe.

Die Verwendung des Begriffs „Ford-Vertragspartner“ sei ebenfalls irreführend. Durch die Kombination der Angabe „Autohaus L. – Ihr Ford-Vertragspartner“ mit der Bewerbung eines Neufahrzeugs erwecke die Beklagte bei den Verbrauchern den unzutreffenden Eindruck, unmittelbar vom Hersteller zum Verkauf von dessen Fahrzeugen autorisiert zu sein. Die beanstandete Werbeaussage habe sich auf der Frontscheibe des einzigen in dem Einkaufszentrum ausgestellten Fahrzeugs befunden. Unter diesen Umständen gehe der Verkehr davon aus, dass es sich um eine allgemein gültige, das gesamte Neuwagengeschäft der Beklagten betreffende Angabe handele, deren Unrichtigkeit nicht durch den im Wageninneren angebrachten Prospekt korrigiert werde.

II.
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe irreführend mit der Angabe geworben, ein Pkw mit einer etwa fünf Monate alten Tageszulassung sei ein Neuwagen, wird von den getroffenen Feststellungen nicht getragen (dazu II 1). Der Antrag, der Beklagten die Behauptung zu verbieten, „Ford-Vertragspartner zu sein, und dadurch den Eindruck zu erwecken, Ford-Vertragshändler zu sein“, ist wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig (dazu II 2).

1.
Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen kann der Beklagten nicht untersagt werden, einen Pkw mit einer etwa fünf Monate alten Tageszulassung als Neuwagen zu bezeichnen. Denn dem Berufungsurteil lässt sich nicht widerspruchsfrei entnehmen, dass die Beklagte eine solche Werbeaussage aufgestellt hat.

a)
Das tatsächliche Vorbringen der Parteien ist in erster Linie dem Tatbestand des Urteils zu entnehmen (§ 314 Satz 1 ZPO). Hierzu zählen auch die tatsächlichen Feststellungen, die in den Entscheidungsgründen enthalten sind (BGH, Urteil vom 19. Mai 1998 – XI ZR 216/97, BGHZ 139, 36, 39). Die Beweiskraft des Tatbestands und damit auch die Bindung für das Revisionsgericht entfallen aber, soweit die Feststellungen Widersprüche oder Unklarheiten aufweisen (BGH, Urteil vom 17. Mai 2000 – VIII ZR 216/99, NJW 2000, 3007; Urteil vom 9. März 2005 – VIII ZR 381/03, NJW-RR 2005, 962, 963). Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen enthalten einen solchen Widerspruch. Dieser ist auch von Amts wegen zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 9. März 1995 – III ZR 44/94, NJW-RR 1995, 1058, 1060; Urteil vom 14. Januar 2010 – I ZR 4/08, juris Rn. 9).

b)
Das Berufungsgericht ist auf Seite 5 seines Urteils davon ausgegangen, dass der beworbene Pkw „seit etwa fünf Monaten zugelassen“ war. Es hat seiner Entscheidung mithin eine ununterbrochene Zulassungsdauer von etwa fünf Monaten zugrunde gelegt. Dazu stehen das vom Berufungsgericht bestätigte Unterlassungsgebot und die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in unlösbarem Widerspruch.

Hieran ändert sich auch nichts durch die vom Berufungsgericht mit Beschluss vom 13. Juli 2010 vorgenommene Urteilsberichtigung, weil die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO nicht erfüllt waren. Das Berufungsgericht hat den Passus im ersten Satz unter II 1 a auf Seite 5 seines Urteils „… eines seit etwa fünf Monaten zugelassenen …“ dahingehend berichtigt, dass es heißen müsse „… dessen Tageszulassung etwa fünf Monate zurückliegt …“. Es hat die Berichtigung damit begründet, dass sich aus den tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil sowie den eigenen Feststellungen des Senats die offenbare Unrichtigkeit (§ 319 Abs. 1 ZPO) des berichtigten Satzteils ergebe. Hierauf kann die vorgenommene Berichtigung nicht gestützt werden.

Die Berichtigung eines Urteils nach § 319 ZPO setzt voraus, dass eine „offenbare“ Unrichtigkeit gegeben ist. Die Unrichtigkeit muss sich unmittelbar aufgrund des Urteils selbst feststellen lassen, oder das Versehen muss sich jedenfalls aus den Vorgängen bei Erlass und Verkündung des Urteils evident ergeben (BGH, Beschluss vom 22. November 2001 – III ZB 57/01, NJW-RR 2002, 712; Musielak/Musielak, ZPO, 8. Aufl., § 319 Rn. 5). Daran fehlt es hier. Das Berufungsurteil selbst enthält keine offenbare Unrichtigkeit im Sinne von § 319 Abs. 1 ZPO. Diese ergibt sich auch nicht durch die Bezugnahme auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils.

Der Beklagten wurde vom Landgericht untersagt, damit zu werben, „dass ein Pkw mit einer fünf Monate alten Tageszulassung ein Neuwagen ist“. Damit bezieht sich der Tenor nach seinem an sich eindeutigen Wortlaut auf ein Fahrzeug, für das etwa fünf Monate zuvor eine Tageszulassung bestand, also eine Zulassung von grundsätzlich nur einem oder allenfalls einigen wenigen Tagen (vgl. BGH, MD 2010, 362 Rn. 11). Ein abweichendes Verständnis ergibt sich auch nicht aus den Gründen des landgerichtlichen Urteils. Dort ist auf den Seiten 3 und 4 von einer „Tageszulassung im März 2006″ und einer „fünf Monate alten Tageszulassung“ die Rede. Auf Seite 9 heißt es, eine „Werbeaussage, dass ein Pkw mit einer ca. fünf Monate alten Tageszulassung ein Neuwagen ist“, sei irreführend. Auf Seite 10 wird ausgeführt, dass der Erwerber „eines vor fünf Monaten erstmals zugelassenen Fahrzeugs“ nicht nur einen Zinsschaden hinsichtlich der Kosten der Hauptuntersuchung erleide, sondern auch fünf Monate früher eine Werkstattdurchsicht durchführen lassen müsse, die üblicherweise einer Fahrzeuguntersuchung vorangehe. Diesen Formulierungen, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, kann nicht entnommen werden, dass das Landgericht mit dem Begriff „fünf Monate alte Tageszulassung“ eine Zulassung gemeint hat, die fünf Monate ununterbrochen angedauert hat. In den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ist demgegenüber von einer Zulassung „seit etwa fünf Monaten“ die Rede. Das Berufungsurteil enthält damit in Bezug auf die Erstzulassung zwei unterschiedliche Aussagen, ohne dass dem Urteil entnommen werden kann, welche Aussage richtig und welche falsch ist. Eine der Berichtigung zugängliche „offenbare Unrichtigkeit“ im Sinne von § 319 Abs. 1 ZPO liegt mithin nicht vor. Es bleibt damit offen, ob sich das Verbot auf eine Werbung für ein fünf Monate lang zugelassenes Fahrzeug bezieht oder auf ein Fahrzeug, das vor fünf Monaten für einen Tag oder allenfalls einige wenige Tage zugelassen war (vgl. BGH, MDR 2010, 362 Rn. 11).

Da die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts auf widersprüchlichen Feststellungen beruht, die dem Revisionsgericht keine hinreichend sichere Beurteilung des Sachverhalts erlauben, ist das Berufungsurteil schon wegen dieses Mangels aufzuheben (vgl. BGH, NJW 2000, 307; MDR 2010, 362 Rn. 12).

c)
Zudem fehlt dem Berufungsurteil ein vollstreckungsfähiger Inhalt. Wegen der Widersprüche zwischen dem Tenor und den Entscheidungsgründen, die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Auslegung des Urteilsausspruchs heranzuziehen sind (BGH, Urteil vom 9. April 1992 – I ZR 240/90, BGHZ 118, 53, 55 – Professorenbezeichnung in der Arztwerbung II), ist unbestimmt, welche konkrete Werbeform der Beklagten untersagt ist (vgl. BGH, MDR 2010, 362 Rn. 13).

2.
Der Antrag des Klägers, der Beklagten die Behauptung zu verbieten, „Ford-Vertragspartner zu sein und dadurch den Eindruck zu erwecken, Ford-Vertragshändler zu sein“, ist nicht hinreichend bestimmt und daher unzulässig. Die fehlende Bestimmtheit eines Verbotsantrags ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (BGH, Urteil vom 24. November 1999 – I ZR 189/97, GRUR 2000, 438, 440 = WRP 2000, 389 – Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge; Urteil vom 11. Mai 2000 – I ZR 28/98, BGHZ 144, 255, 263 – Abgasemissionen).

a)
Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag – und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung – nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagten deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 – I ZR 111/08, GRUR 2011, 345 Rn. 17 = WRP 2011, 451 – Hörgeräteversorgung II, mwN). Diesen Anforderungen genügt der vom Kläger gestellte Hauptantrag zu 2 (Klageantrag zu 3) nicht.

b)
Es ist Sache des Klägers, mit seinem Klageantrag den Umfang seines Unterlassungsbegehrens abzugrenzen und damit den Streitgegenstand zu bestimmen. Dies ist hier nicht hinreichend geschehen. Der Hauptantrag zu 2 ist zu unbestimmt. Der Unterlassungsantrag umschreibt keine konkreten Verletzungsformen, deren Verbot begehrt wird. Nach seinem Wortlaut soll der Beklagten mit dem Hauptantrag zu 2 die Verwendung der Bezeichnung „Ford-Vertragspartner“ nicht schlechthin verboten werden. Ihr soll die Behauptung, „Ford-Vertragspartner“ zu sein, nur dann nicht erlaubt sein, „wenn dadurch der Eindruck erweckt wird, Ford-Vertragshändler zu sein“. Unter welchen konkreten Umständen der nach Ansicht des Klägers unzutreffende Eindruck entsteht, ist dem Antrag selbst nicht zu entnehmen. Es ist auch nicht möglich, den Gegenstand des Verbotsantrags anhand seiner Begründung im Wege der Auslegung zu konkretisieren. Damit bleibt für die Beklagte unklar, unter welchen Umständen es ihr gestattet ist, die Bezeichnung „Ford-Vertragspartner“ zu verwenden, und wann sie dies zu unterlassen hat.

c)
Die Unbestimmtheit des Hauptantrags zu 2 führt jedoch nicht zu dessen Abweisung wegen Unzulässigkeit. Das Berufungsgericht hätte, wenn es die Unzulässigkeit des Antrags erkannt hätte, den Hauptantrag zu 2 nicht als unzulässig abweisen dürfen, ohne zuvor gemäß § 139 Abs. 2 und 3 ZPO auf diesen von den Parteien im Berufungsverfahren übersehenen rechtlichen Gesichtspunkt hinzuweisen (vgl. BGH, GRUR 2011, 345 Rn. 22 – Hörgeräteversorgung II, mwN).

III.
Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Für die neue Verhandlung wird auf Folgendes hingewiesen:

1.
Sollte das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu der Feststellung gelangen, dass der ausgestellte Pkw zum Zeitpunkt der beanstandeten Werbung nur für einen oder wenige Tage im März 2006 zugelassen war, wird es erneut zu prüfen haben, ob die Beklagte durch den Hinweis auf dem im Wageninneren angebrachten Prospekt „Deutsches Modell mit Tageszulassung 03/06 … Garantiebeginn 03/06″ in geeigneter Weise einer möglichen Irreführung des angesprochenen Verkehrs entgegengewirkt hat. Dabei wird vor allem zu berücksichtigen sein, dass es sich bei dem angebotenen Pkw um einen Gegenstand mit erheblichem Wert und einer nicht nur kurzen Lebensdauer handelte. Die Werbung für eine höherwertige Ware oder Dienstleistung wird von einem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher, auf den abzustellen ist bei der Frage, ob der Verkehr irregeführt wird (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 2. Oktober 2003 – I ZR 150/01, BGHZ 156, 250, 252 f. – Marktführerschaft, mwN), mit entsprechend größerer Aufmerksamkeit wahrgenommen als die Werbung für geringwertige Gegenstände des täglichen Bedarfs, die erfahrungsgemäß eher flüchtig zur Kenntnis genommen wird (vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 1999 – I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 – Orient-Teppichmuster; Urteil vom 13. März 2003 – I ZR 212/00, GRUR 2003, 626, 627 = WRP 2003, 742 – Umgekehrte Versteigerung II; Urteil vom 13. November 2003 – I ZR 40/01, GRUR 2004, 249, 251 = WRP 2004, 345 – Umgekehrte Versteigerung im Internet; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 5 Rn. 1.57). Die Anschaffungskosten für das angebotene Fahrzeug stellen eine beträchtliche Investition dar. Der angesprochene durchschnittlich informierte, situationsadäquat aufmerksame und verständige Verbraucher, der sich mit dem Erwerb des beworbenen Pkws befasst, wird von dem Angebot erfahrungsgemäß nur nach reiflicher Überlegung und Prüfung von Vergleichsangeboten, die im allgemeinen in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen und unschwer zugänglich sind, Gebrauch machen (BGH, GRUR 2003, 626, 627 – Umgekehrte Versteigerung II).

Der Kaufpreis für den Pkw war auf dem im Wageninneren angebrachten Datenblatt genannt. Dort waren auch noch weitere für einen Kaufinteressenten bedeutsame Angaben zur Ausstattung des Fahrzeugs aufgelistet. Es liegt nahe, dass ein situationsadäquat aufmerksamer Durchschnittsverbraucher, der sich für den Erwerb des Pkws interessiert, alle auf dem Datenblatt enthaltenen Informationen zu dem angebotenen Pkw zur Kenntnis nimmt. Auf diese Weise erfährt er auch, dass das beworbene Fahrzeug erstmals im März 2006 zugelassen war mit der dort ausdrücklich vermerkten Folge, dass ab diesem Zeitpunkt die Garantiezeit zu laufen begonnen hatte.

2.
Der Hauptantrag zu 2 ist vor allem deswegen unbestimmt, weil er abstrakt gefasst ist. Keinen Bedenken würde es dagegen begegnen, wenn die konkrete Verletzungsform zum Gegenstand des Unterlassungsantrags gemacht würde. Wird die Unterlassung einer konkreten Handlung beantragt, ergibt sich die hinreichende Bestimmtheit aus den konkreten Umständen des beanstandeten Verhaltens (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 – I ZR 56/07, GRUR 2009, 1075 Rn. 10 = WRP 2009, 1377 – Betriebsbeobachtung; Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 202/07, GRUR 2010, 749 Rn. 36 = WRP 2010, 1030 – Erinnerungswerbung im Internet, mwN).

Zur Frage der Begründetheit dieses Begehrens weist der Senat auf Folgendes hin: Entsteht beim angesprochenen Verkehr durch die Verwendung des Begriffs „Vertragspartner“ aufgrund der konkreten Umstände der unzutreffende Eindruck, der Werbende sei „Vertragshändler“ eines Automobilherstellers, liegt darin eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung. Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Verkehr von einem Händler, der vertraglich in das Vertriebsnetz eines Automobilherstellers eingebunden ist, ein besonders geschultes Fachpersonal, mithin eine gehobene Qualität bei der Beratung, beim Service und bei Werkstattleistungen, erwartet. Zudem liegt es nicht fern, dass sich die Verbraucher von einem Vertragshändler eine besondere Nähe zum Hersteller und damit bessere tatsächliche und rechtliche Möglichkeiten bei der Regelung von Garantie- und Kulanzfällen versprechen als bei einem Betrieb, der mit dem Hersteller lediglich als Servicepartner verbunden ist.

Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 13.05.2008, Az. 42 HKO 342/07
OLG Dresden, Entscheidung vom 23.09.2008, Az. 14 U 976/08

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