BGH: Die Übernahme von geschützten Programm-Informationen von Fernsehsendern (Texte und Bilder) für einen elektronischen TV-Guide ist unzulässig

veröffentlicht am 6. September 2012

BGH, Urteil vom 27.03.2012, Az. KZR 108/10
§ 50 UrhG; § 18 UrhWG; § 20 Abs. 1 GWB

Der BGH hat entschieden, dass Text- und Bildbeiträge, die von Fernsehsendern zur Information über ihr Programm im Internet bereit gestellt werden, urheberrechtlich geschützt sind und nicht ohne Erlaubnis für einen kostenlosen  elektronischen TV-Guide übernommen werden dürfen. Den Einwand des Betreibers eines elektronischen Programmführers, dass es sich um eine Berichterstattung über Tagesereignisse handele (Rechtsfertigungsgrund des § 50 UWG), ließ der Senat nicht gelten. Die Tatsache, dass die Beiträge Printverlagen hingegen unentgeltlich zur Verfügung gestellt würden, stelle auch nicht per se eine kartellrechtlich relevante Ungleichbehandlung dar. Hierzu müssten jedoch noch weitere Feststellungen getroffen werden. Zum Volltext der Entscheidung:


Bundesgerichtshof

Urteil

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. März 2012 durch … für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 15. Dezember 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

Die Klägerin, eine Verwertungsgesellschaft nach § 1 UrhWG, nimmt aufgrund von Wahrnehmungsverträgen Urheber- und Leistungsschutzrechte der Fernsehsender DSF Deutsches Sportfernsehen, Kabel eins, RTL Television, RTL II, Super RTL, Sat 1, Pro-Sieben und VOX (im Folgenden: Sendeunternehmen) wahr. In den Wahrnehmungsverträgen wurden der Klägerin als Treuhänderin zur ausschließlichen Wahrnehmung auch das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) von Text- und Bildmaterial und ergänzend das Recht zur Vervielfältigung (§ 16 UrhG) zum Zwecke der Programmankündigung der jeweiligen Sendung im Rahmen eines elektronischen Programmführers (Electronic Program Guide = EPG) eingeräumt. In § 1 Nr. 2 Buchst. f. der Wahrnehmungsverträge hieß es:

Von der Rechteeinräumung ist nicht die Einwilligung umfasst, das Programmankündigungsmaterial im Internet verbunden mit Werbeinhalten darzustellen. Eine solche Einwilligung kann nur von den jeweiligen Sendeunternehmen erteilt werden.

Die Sendeunternehmen stellen in sogenannten „Presselounges“ auf Internetseiten Texte und Bilder zur Vorankündigung und Bewerbung ihres Programms ein.

Die Beklagte betreibt im Internet einen für die Nutzer kostenlosen werbefinanzierten elektronischen Programmführer. Dazu entnimmt sie ohne Zustimmung der Klägerin oder der ihr angeschlossenen Sendeunternehmen fortlaufend Programminformationen (Texte und Bilder) aus den Presselounges der Sendeunternehmen, indem sie diese herunterlädt, abspeichert und zur Darstellung ihres werbefinanzierten Angebots auf ihren Webservern zum Abruf durch die Allgemeinheit bereitstellt.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Vervielfältigung (§ 16 UrhG) und öffentlichen Zugänglichmachung von Text- und Bildmaterial (§ 19a UrhG) in Anspruch, welches die Sendeunternehmen auf ihren Internetseiten zur Ankündigung ihrer Programme zur Verfügung stellen. Sie macht geltend, die Beklagte dürfe nicht fremdes, urheberrechtlich geschütztes Programmbegleitmaterial anstelle von eigenen Anstrengungen zur Erzielung von Werbeeinnahmen kostenlos nutzen.

Das Landgericht (LG Leipzig, ZUM 2009, 980) hat die Beklagte antragsgemäß unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen,

a) das Bildmaterial zur Ankündigung der Programme DSF Deutsches Sportfernsehen, Kabel eins, Pro Sieben, RTL Television, RTL II, Sat 1, Super RTL und VOX, wie es von den genannten Sendern auf Internetseiten („Presselounges“) unter den Adressen […] zur Verfügung gestellt wird,
und

b) das Wortmaterial zur Ankündigung der Programme DSF Deutsches Sportfernsehen, Kabel eins, Pro Sieben, RTL Television, RTL II, Sat 1, Super RTL und VOX, wie es von den genannten Sendern auf den genannten Internetseiten zur Verfügung gestellt wird, insbesondere wie die aus der Anlage 1 zum Urteil ersichtlichen Textbeispiele 1, 2 und 3,

zu vervielfältigen und im Rahmen von elektronischen Programmführern im Internet öffentlich zugänglich zu machen.

Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben (OLG Dresden, ZUM 2010, 362). Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.
Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch gemäß § 97 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 5, § 72 Abs. 1, §§ 16, 19a UrhG, § 6 Abs. 1 UrhWG in Verbindung mit den Wahrnehmungsverträgen der Sendeunternehmen bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die Klägerin sei nach den Wahrnehmungsverträgen berechtigt, die Beklagte in Anspruch zu nehmen. Dem stehe nicht entgegen, dass sie keine Einwilligung erteilen könne, das Programmankündigungsmaterial verbunden mit Werbeinhalten im Internet darzustellen. Die Aktivlegitimation sei auch nicht deswegen zu verneinen, weil die Einräumung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG zur Wahrnehmung durch die Klägerin als kartellrechtlich relevanter Zusammenschluss im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (nachfolgend: FKVO) zu werten und daher schwebend unwirksam sei.

Die Übernahme von urheberrechtlich geschütztem Text- und Bildmaterial durch die Beklagte sei rechtswidrig und nicht als Berichterstattung über Tagesereignisse durch § 50 UrhG gerechtfertigt.

Die Beklagte könne dem Unterlassungsanspruch nicht mit Erfolg das kartellrechtliche Diskriminierungs- und Behinderungsverbot und das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung entgegenhalten. Sie habe keinen Anspruch auf Abschluss eines Lizenzvertrages über die kostenfreie Nutzung der Programminformationen in werbefinanzierten elektronischen Programmführern. Die Klägerin sei nicht befugt, Rechte zur Nutzung zusammen mit Werbung zu vergeben. Überdies dürfe sie gemäß § 11 Abs. 2 UrhWG Nutzungsrechte nur gegen Vergütung einräumen. Ob die Sendeunternehmen gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot verstießen, weil sie den Fernsehzeitungen Nutzungsrechte an Programminformationen seit langem kostenfrei einräumten, sei im vorliegenden Rechtsstreit, an dem die Sendeunternehmen nicht als Partei beteiligt seien, nicht zu entscheiden. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin und die Sendeunternehmen gemäß § 36 Abs. 2 GWB für die Beurteilung einer kartellrechtlich verbotenen Diskriminierung als einheitliches Unternehmen anzusehen seien. Eventuelle kartellrechtliche Versäumnisse unterlägen nicht der zivilgerichtlichen Kontrolle im Rahmen des vorliegenden Prozesses, sondern ausschließlich der nach § 18 UrhWG vom Patentamt im Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt auszuübenden Aufsicht über die Klägerin.

II.
Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass die Klägerin zur Wahrnehmung der geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche berechtigt und die Nutzung des Text- und Bildmaterials urheberrechtlich nicht gerechtfertigt ist. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann aber ein Verstoß der Klägerin gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot nicht verneint werden.

1.
Die gegen die Annahme der Aktivlegitimation der Klägerin erhobenen Rügen der Revision greifen nicht durch. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, es stehe der Geltendmachung von Ansprüchen auf Unterlassung der Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung von Bild- und Textmaterial der Sendeunternehmen im Zusammenhang mit Werbung nicht entgegen, dass die Klägerin zur positiven Rechteeinräumung für eine solche Nutzung nicht berechtigt sei, sondern nach der in § 1 Nr. 2 Buchst. f der Wahrnehmungsverträge getroffenen Regelung eine Einwilligung nur durch die Sendeunternehmen selbst erteilt werden könne.

a)
Soweit die Revision geltend macht, die Ansicht des Berufungsgerichts verstoße gegen anerkannte Grundsätze der Vertragsauslegung, versucht sie, die Auslegung des Wahrnehmungsvertrages durch das Berufungsgericht durch ihre eigene zu ersetzen, ohne einen Rechtsfehler darzutun. Die von der Revision in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft, allerdings nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).

b)
Entgegen der Auffassung der Revision führt der vom Berufungsgericht angenommene Inhalt der Vereinbarung in den Wahrnehmungsverträgen auch nicht zu einer unzulässigen Rechteaufspaltung.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen die sich aus dem umfassenden Urheberrecht ergebenden persönlichkeitsrechtlichen und vermögensrechtlichen Befugnisse nicht in einer Hand liegen. Es ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Berechtigten einer Verwertungsgesellschaft Nutzungsrechte, deren Ausübung das Urheberpersönlichkeitsrecht in besonderer Weise berühren kann, nur unter einer Bedingung zur Wahrnehmung einräumen, die ihnen die Zustimmung vorbehält (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2010 I ZR 18/08, GRUR 2010, 920 Rn. 35 = WRP 2010, 1268 Klingeltöne für Mobiltelefone II). Entsprechendes gilt für die im Streitfall maßgebende Regelung, mit der sich die Sendeunternehmen eine Einwilligung zur Darstellung des Programmankündigungsmaterials im Internet verbunden mit Werbeinhalten vorbehalten haben.

2.
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei die urheberrechtliche Schutzfähigkeit des Bildmaterials sowie jedenfalls der von der Klägerin exemplarisch vorgelegten Textbeispiele bejaht. Soweit die Revision geltend macht, dem Textmaterial mangele es „regelmäßig“ bereits an der Schutzfähigkeit, setzt sie ihre eigene Bewertung an die Stelle der Beurteilung durch das Berufungsgericht, ohne einen Rechtsfehler darzutun.

3.
Die Annahme des Berufungsgerichts, die Übernahme des Text- und Bildmaterials sei nicht als Berichterstattung über Tagesereignisse im Sinne von § 50 UrhG zulässig, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung ebenfalls stand.

a)
Zur Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder ähnliche technische Mittel ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig.

b)
Das Berufungsgericht ist von der Revision unbeanstandet davon ausgegangen, dass das Ereignis, über das im elektronischen Programmführer unterrichtet wird, das künftig auszustrahlende Fernsehprogramm ist. Es kann offenbleiben, ob dieses Programm ein Geschehen ist, das für die Öffentlichkeit von Interesse ist und damit die Voraussetzungen eines Tagesereignisses gegeben sind (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 I ZR 42/05, BGHZ 175, 135 Rn. 48 TV-Total). Jedenfalls fehlt es an den weiteren Voraussetzungen der Schrankenregelung des § 50 UrhG.

aa)
Das Berufungsgericht hat im Hinblick auf die Programminformationen in Form von Textbeiträgen zutreffend angenommen, dass die Anwendung des § 50 UrhG bereits deshalb ausscheidet, weil diese Texte nicht im Verlaufe der angekündigten Fernsehsendung wahrnehmbar seien.

Ohne Erfolg wendet die Revision gegen diese Beurteilung ein, der im Textmaterial zusammengefasste Inhalt der Sendung finde sich zumindest mittelbar während der Ausstrahlung wieder. Die Einbeziehung einer solchen „mittelbaren“ Wahrnehmbarkeit in das Berichterstattungsrecht überschreitet den möglichen Wortsinn der nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich eng auszulegenden Schrankenbestimmung des § 50 UrhG (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2002 I ZR 285/99, GRUR 2002, 1050, 1051 = WRP 2002, 1302 Zeitungsbericht als Tagesereignis; Vogel in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 50 Rn. 4, jeweils mwN).

bb)
Im Hinblick auf das Bildmaterial macht die Revision geltend, es handele sich dabei um Szenenbilder (MAZ-Bilder), die im Verlauf der Fernsehsendungen sichtbar würden, während die Revisionserwiderung im Wege der Gegenrüge geltend macht, dass es sich bei den von den Sendeunternehmen zur Verfügung gestellten Lichtbildern nahezu ausschließlich um sogenannte Standfotos, also von Set-Fotografen gesondert angefertigte, „gestellte“ Lichtbilder handele. Diese und die weitere Frage, ob die Schrankenbestimmung bereits deshalb nicht eingreift, weil es nicht um eine eigene Berichterstattung, sondern um die Übernahme einer fremden Berichterstattung geht (vgl. dazu Castendyk, ZUM 2008, 916, 921), können offenbleiben.

cc)
Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, ist § 50 UrhG jedenfalls deshalb nicht anwendbar, weil eine erlaubnis- und vergütungsfreie öffentliche Wiedergabe der Programminformationen durch die Beklagte nicht geboten ist.

Die Schrankenregelung des § 50 UrhG dient der Meinungs- und Pressefreiheit sowie dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Sie soll die anschauliche Berichterstattung über aktuelle Ereignisse in den Fällen, in denen Journalisten oder ihren Auftraggebern die rechtzeitige Einholung der erforderlichen Zustimmungen noch vor dem Abdruck oder der Sendung eines aktuellen Berichts nicht möglich oder nicht zumutbar ist, dadurch erleichtern, dass sie die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe geschützter Werke, die im Verlauf solcher Ereignisse wahrnehmbar werden, ohne den Erwerb entsprechender Nutzungsrechte und ohne die Zahlung einer Vergütung erlaubt. Ist es dem Berichterstatter oder seinem Auftraggeber möglich und zumutbar, vor dem Abdruck oder der Sendung des Berichts die Zustimmung des Rechtsinhabers einzuholen, gibt es keine Rechtfertigung dafür, sich über die Belange des Berechtigten hinwegzusetzen (BGHZ 175, 135 Rn. 49 TV-Total).

Der Beklagten ist es wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat ohne Weiteres möglich und zumutbar, vor der Übernahme der in Rede stehenden Texte und Bilder aus den Presselounges in den elektronischen Programmführer die Zustimmung der Berechtigten einzuholen. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung nicht schützenswerte Interessen der übrigen Beteiligten aus dem Blick verloren. Das von der Revision angeführte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und das Eigeninteresse der Sendeunternehmen an einer Werbung für ihr Fernsehprogramm sind auch dann gewahrt, wenn die Beklagte nach Zustimmung der Berechtigten und gegen Zahlung einer Vergütung auf die urheberrechtlich geschützten Programminformationen der Sendeunternehmen zugreift, um über deren Fernsehprogramme zu berichten. Der von der Revision weiter angeführte Gesichtspunkt, dass Zeitschriftenverlagen die entsprechenden Informationen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, ist möglicherweise kartellrechtlich bedeutsam (dazu unten 5.), kann aber die Anwendung der Schrankenregelung nach § 50 UrhG nicht rechtfertigen.

4.
Ohne Erfolg meint die Revision, dass im Falle des Obsiegens der Klägerin das Geschäftsmodell eines „unabhängigen werbefinanzierten Internet-EPG“ unmöglich würde. Die Revision macht insoweit geltend, die Beklagte müsse dann gebührenpflichtige Lizenzverträge abschließen und könne die Gebühren nicht durch Werbung refinanzieren, weil die Lizenzverträge ein ausdrückliches Werbe- und Empfehlungsverbot enthielten. Damit würde es zu einer Monopolisierung der Berichterstattung über das deutsche Fernsehprogramm in den Händen der Sendeanstalten kommen, was mit einer Einschränkung der freien Berichterstattung über das Fernsehprogramm einhergehen würde, welche von den Fernsehanstalten gelenkt werden könne.

Mit diesem Vorbringen legt die Revision keine Rechtsverletzung dar. Eine solche ist auch nicht ersichtlich. Insbesondere ist Art. 5 Abs. 1 GG nicht betroffen. Der Beklagten geht es im Streitfall nicht um die Zulässigkeit einer eigenen Berichterstattung über das Programm der Sendeunternehmen, sondern um das Recht zur kostenfreien Übernahme von Bild- und Textbeiträgen, die die Sendeunternehmen zur Verfügung stellen.

5.
Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte könne gegenüber dem Unterlassungsbegehren der Klägerin nicht einwenden, die Weigerung der Sendeunternehmen, ihr das Text- und Bildmaterial wie den Zeitschriftenverlagen kostenfrei zur Verfügung zu stellen, verstoße gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot, hält hingegen der Nachprüfung nicht stand.

a)
Das Berufungsgericht hat die Frage einer Diskriminierung im Sinne von § 20 Abs. 1 GWB und die insoweit zu beantwortende Vorfrage offengelassen, ob es sich die Klägerin zurechnen lassen muss, dass die Sendeunternehmen die Rechte für die Nutzung von Programminformationen Presseverlagen kostenlos einräumen. Zur Begründung hat es ausgeführt, möglicherweise vorliegende kartellrechtliche Versäumnisse unterlägen nicht der zivilgerichtlichen Kontrolle, sondern allein der Prüfung der Aufsichtsbehörde gemäß § 18 UrhWG. Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

b)
Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass gegen Ansprüche von Verwertungsgesellschaften der Einwand der kartellrechtswidrigen Ungleichbehandlung vor den Zivilgerichten erhoben werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1970 KZR 3/69, GRUR 1970, 200 Tonbandgeräte-Importeur). Auch in der Literatur wird soweit ersichtlich einhellig vertreten, dass die Aufsicht gemäß §§ 18 ff. UrhWG den Weg der Nutzer zu den ordentlichen Gerichten nicht versperrt (Reinbothe in Schricker/Loewenheim aaO § 18 UrhWG Rn. 2 aE; Gerlach in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., § 18 UrhWG Rn. 2; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 19 UrhWG Rn. 10; Himmelmann in Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, 2. Aufl., Kap. 18 Rn. 170, jeweils mwN). Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck dieser Vorschriften rechtfertigen ein anderes Verständnis.

c)
Der Klägerin ist im Hinblick auf den Einwand der Diskriminierung gemäß § 20 GWB das Verhalten der Sendeunternehmen zuzurechnen. Denn die Klägerin kann als Verwertungsgesellschaft nicht weitergehend Unterlassung verlangen als die Sendeunternehmen, deren Rechte sie wahrnimmt.

d)
Mangels gegenteiliger Feststellungen ist für die revisionsrechtliche Beurteilung zugrunde zu legen, dass die Überlassung der Nutzungsrechte an Text- und Bildmaterial einen sachlich eigenständigen Markt betrifft, auf dem die Sendeunternehmen und die Klägerin marktbeherrschend sind. Allein diese können die Nutzungsrechte an den Bildern und beschreibenden Texten zu ihrem zukünftigen Fernsehprogramm einräumen (vgl. zu Sendeunternehmen auch EuGH, Urteil vom 6. April 1995 Verbundene Rechtssachen C-241/91 und C242/91, Slg 1995, I-743-838 = GRUR-Int. 1995, 490, 493 Rn. 53 Magill TV Guide; OLG Hamburg, NJWE-WettbR 1997, 214, 215 f.; LG Hamburg, AfP 2009, 421, 423).

e)
Für das Revisionsverfahren ist ferner davon auszugehen, dass die Einräumung von Nutzungsrechten an Text- und Bildbeiträgen mit Programminformationen einen Geschäftsverkehr betrifft, der Printverlagen auf der einen und Betreibern elektronischer Programmführer auf der anderen Seite als gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist. Die Beklagte hat vorgetragen, dass die Programminformationen, die für die Erstellung einer gedruckten Programmvorschau verwendet werden, in Format und Inhalt identisch sind mit denjenigen Informationen, die in elektronischen Programmführern Verwendung finden. Auch die Funktionen, die Betreiber von elektronischen Programmführern und Herausgeber gedruckter Programmzeitungen gegenüber dem Verbraucher erfüllten, seien identisch.

f)
Für das Revisionsverfahren kann damit auch eine Ungleichbehandlung im Sinne von § 20 Abs. 1, 2. Altern. GWB nicht verneint werden. Die Sendeunternehmen stellen Printverlagen die Nutzungsrechte an Programminformationen in ihren Presselounges unentgeltlich zur Verfügung, behandeln also die Verlage und die Beklagte ungleich.

g)
Feststellungen zu einer möglichen sachlichen Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung hat das Berufungsgericht – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – nicht getroffen. Ein sachlich gerechtfertigter Grund für die Un-gleichbehandlung kann nicht ohne weiteres in dem Umstand gesehen werden, dass die Beklagte die Programminformationen zusammen mit Werbung veröffentlichen will. Denn das ist auch bei den nach der Lebenserfahrung regelmäßig jedenfalls teilweise durch Anzeigen finanzierten Programmzeitungen und -zeitschriften der Fall. Dazu, ob eine Ungleichbehandlung von Printverlagen und Betreibern elektronischer Programmführer etwa deswegen gerechtfertigt sein kann, weil die Sendeunternehmen ihre Programme selbst zwar nicht in Printmedien, ohne weiteres aber im Internet präsentieren könnten und zudem die Nutzungsmöglichkeiten gezielter Werbung bei elektronischen Programmführern weit über diejenigen in Printmedien hinausgingen (vgl. dazu LG Köln, ZUM-RD 2010, 283, 299), fehlt es bislang an hinreichenden Feststellungen des Berufungsgerichts.

III.
Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist.

IV.
Für die neue Verhandlung wird auf Folgendes hingewiesen:

1.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Bestimmtheit der Unterlassungsanträge nicht entgegensteht, dass ihnen keine Kriterien für die urheberrechtliche Schutzfähigkeit der Text- und Bildbeiträge entnommen werden können (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 1997 I ZR 9/95, BGHZ 134, 250, 254 CB-Infobank I). Allerdings ist ein Unterlassungsantrag dann unbegründet, wenn er derart abstrakt gefasst ist, dass er auch erlaubte Verhaltensweisen erfasst und dadurch die konkrete Verletzungsform verfehlt (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003 I ZR 50/01, GRUR 2004, 605, 607 = WRP 2004, 735 Dauertiefpreise; Urteil vom 29. März 2007 I ZR 164/04, GRUR 2007, 987 Rn. 22 = WRP 2007, 1341 Änderung der Voreinstellung I; Urteil vom 29. April 2010 I ZR 202/07, GRUR 2010, 749 Rn. 26 = WRP 2010, 1030 Erinnerungswerbung im Internet; Urteil vom 1. Dezember 2010 I ZR 12/08, GRUR 2011, 134 Rn. 20, 22 = WRP 2011, 249 Perlentaucher). Das Berufungsgericht wird unter diesem Gesichtspunkt nach § 139 Abs. 1 ZPO auf die Stellung sachdienlicher, die konkrete Verletzungsform zutreffend beschreibender Anträge hinzuwirken haben, sofern nach seinen Feststellungen Grund zu der Annahme besteht, dass nicht sämtliche von den Sendeunternehmen in die Presselounges eingestellten Bild- und Textbeiträge urheberrechtlichen Schutz genießen.

2.
Im Hinblick auf den Einwand der Beklagten, die Aktivlegitimation der Klägerin sei zu verneinen, weil die Einräumung der Rechte an Programminformationen gemäß § 19a UrhG zur Wahrnehmung durch die Klägerin einen kartellrechtlich relevanten Zusammenschluss darstelle, der durch die Europäische Kommission gesondert hätte genehmigt werden müssen, wird angesichts des auf die Zukunft gerichteten Klageantrags auf die geänderte Gesellschafterstruktur der Klägerin abzustellen sein.

3.
Dem von der Beklagten erhobenen Einwand der kartellrechtlichen Ungleichbehandlung stehen im Streitfall nicht die Grundsätze der Entscheidung „Orange-Book-Standard“ des Senats entgegen, wonach der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand neben der Abgabe eines unbedingten Angebots auf Abschluss eines Lizenzvertrages auch die Zahlung oder die Hinterlegung einer angemessenen Lizenzgebühr voraussetzt (Urteil vom 6. Mai 2009 KZR 39/06, BGHZ 180, 312 Rn. 29 ff.; vgl. auch § 11 Abs. 2 UrhWG). Denn der von der Beklagten erhobene kartellrechtliche Einwand beruht im Streitfall gerade auf der Behauptung einer Ungleichbehandlung gegenüber Presseverlagen, denen die von der Beklagten begehrten Rechte unentgeltlich eingeräumt werden.

Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 22.05.2009, Az. 5 O 2742/08
OLG Dresden, Entscheidung vom 15.12.2009, Az. 14 U 818/09

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