BGH, Urteil vom 24.02.2011, Az. I ZR 181/09 (Kosten des Patentanwalts II)
§§ 677, 683 Satz 1, 670 BGB; § 14 Abs. 6 Satz 1 MarkenG
Der BGH hat entschieden, dass bei einer markenrechtlichen Abmahnung die Kosten eines Patentanwalts nur dann zu erstatten sind, wenn seine Hinzuziehung erforderlich war und er für Patentanwälte typische Tätigkeiten ausgeübt hat. Über das Vorverfahren berichteten wir bereits hier. Als Anspruchsgrundlage für die Kostenerstattung komme § 140 Abs. 3 MarkenG nicht zur Anwendung, weder direkt noch analog, da sich diese Vorschrift allein auf das gerichtliche Verfahren beziehe. Gemäß den o.g. Vorschriften müsse der Abmahner jedoch darlegen, dass die Mitwirkung des Patentanwalts erforderlich war. Anderenfalls wäre die Folge, dass in Kennzeichenstreitsachen die durch die Einschaltung eines Patentanwalts entstandenen außergerichtlichen Kosten unter leichteren Voraussetzungen zu erstatten wären als die durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts entstandenen außergerichtlichen Kosten. Für eine solche Privilegierung der patentanwaltlichen gegenüber der rechtsanwaltlichen Tätigkeit gebe es keinen Grund. Zu den typischen Tätigkeiten gehörten etwa Recherchen zum Registerstand oder der Benutzungslage einer Marke. Zum Volltext der Entscheidung:
Bundesgerichtshof
Urteil
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Februar 2011 durch … für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. November 2009 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Klägerin ist Inhaberin der am 13. Januar 2003 eingetragenen Wortmarke „P. „, die unter anderem Schutz für Schmuckwaren beansprucht. Die Beklagte bot im November 2007 auf der Internethandelsplattform eBay unter der Bezeichnung „P. “ 24 Paar Ohrstecker an. Die Klägerin mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 12. November 2008 wegen der Verletzung ihrer Markenrechte ab und verlangte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Die Abmahnung ist sowohl von einer Rechtsanwältin als auch von einem Patentanwalt unterzeichnet.
Die Klägerin hat die Beklagte auf Erstattung der ihr durch die Abmahnung entstandenen Rechtsanwalts- und Patentanwaltskosten in Höhe von insgesamt 4.161 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Erstattung der Anwaltskosten in Höhe von 2.080,50 € verurteilt und die weitergehende, auf Erstattung der Patentanwaltskosten in Höhe von 2.080,50 € gerichtete Klage abgewiesen. Die gegen die Teilabweisung ihrer Klage gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (OLG Frankfurt a.M., GRUR-RR 2010, 127).
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag in vollem Umfang weiter. Die ordnungsgemäß geladene Beklagte war im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht nicht vertreten. Die Klägerin beantragt, über ihr Rechtsmittel durch Versäumnisurteil zu entscheiden.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Erstattung der durch die Abmahnung entstandenen Patentanwaltskosten zu. Es hat dazu ausgeführt:
Die Klägerin könne von der Beklagten zwar sowohl unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag aus §§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB als auch im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs aus § 14 Abs. 6 Satz 1 MarkenG Ersatz der durch die Markenverletzung verursachten erforderlichen Aufwendungen verlangen, zu denen grundsätzlich auch die Kosten der Abmahnung gehörten. Die durch die Abmahnung entstandenen Patentanwaltskosten seien im vorliegenden Fall jedoch nicht als erforderlich anzusehen.
Die Bestimmung des § 140 Abs. 3 MarkenG, die es generell entbehrlich mache, die Erforderlichkeit der Hinzuziehung des Patentanwalts zu prüfen, könne auf den materiell-rechtlichen Anspruch auf Erstattung vorprozessualer Patentanwaltskosten nicht entsprechend angewandt werden. Bei vorprozessualen Rechtsanwaltskosten beurteile sich die Frage der Erstattungsfähigkeit nach der Erforderlichkeit der Hinzuziehung. Für vorprozessuale Patentanwaltskosten könne daher nichts anderes gelten. Andernfalls wären in Kennzeichenstreitsachen die durch die Einschaltung eines Patentanwalts entstandenen Kosten unter leichteren Voraussetzungen zu erstatten als die durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts entstandenen Kosten. Für eine solche Privilegierung der patentanwaltlichen gegenüber der anwaltlichen Tätigkeit sei kein Grund ersichtlich.
Im vorliegenden Fall sei es nicht erforderlich gewesen, mit der Abmahnung zusätzlich zur Rechtsanwältin einen Patentanwalt zu beauftragen. Die ergänzende Hinzuziehung eines Patentanwalts in Kennzeichenstreitsachen könne nur dann als erforderlich angesehen werden, wenn dieser Tätigkeiten übernehme, die – wie etwa Recherchen zum Registerstand oder zur Benutzungslage – in das typische Arbeitsfeld des Patentanwalts gehörten. Die Klägerin habe nicht dargetan, dass ihr Patentanwalt im vorliegenden Fall derartige Tätigkeiten ausgeführt habe.
II.
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.
1.
Über die Revision der Klägerin ist, obwohl die Revisionsbeklagte im Verhandlungstermin vor dem Senat nicht vertreten war, nicht durch Versäumnisurteil, sondern in entsprechender Anwendung des § 539 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 ZPO durch streitiges Urteil (unechtes Versäumnisurteil) zu entscheiden, da sie sich auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts als unbegründet erweist.
2.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Kosten, die durch die Mitwirkung des Patentanwalts an der Abmahnung der Beklagten wegen der Markenverletzung entstanden sind, im Streitfall allein unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB) oder als Schadensersatzanspruch (§ 14 Abs. 6 Satz 1 MarkenG) begründet sein kann. Die für das gerichtliche Verfahren geltende Bestimmung des § 140 Abs. 3 MarkenG kann dagegen weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwendung als Anspruchsgrundlage herangezogen werden.
a)
Gemäß § 140 Abs. 3 MarkenG sind von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache entstehen, die Gebühren nach § 13 RVG und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten.
b)
Die Regelung des § 140 Abs. 3 MarkenG gilt unmittelbar nur für Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einem Rechtsstreit entstanden sind und nicht für Kosten, die – wie hier die Abmahnkosten – durch die Mitwirkung eines Patentanwalts außerhalb eines Rechtsstreits angefallen sind. Die Vorschrift gibt – in Ergänzung zu § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO – lediglich einen prozessualen und keinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch (vgl. OLG Düsseldorf, Mitt. 2008, 561, 562; Omsels, MarkenR 2009, 27, 31).
c)
Die Bestimmung des § 140 Abs. 3 MarkenG kann auch nicht in entsprechender Anwendung als Grundlage für einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit eines Patentanwalts herangezogen werden. Voraussetzung für die entsprechende Anwendung einer Vorschrift ist das Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke und einer vergleichbaren Interessenlage. Hier liegt schon keine Regelungslücke vor. Die materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen – hier §§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB und § 14 Abs. 6 Satz 1 MarkenG – regeln abschließend, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten der Rechtsverfolgung besteht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 – VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458 Rn. 22; aA Omsels, MarkenR 2009, 27, 32).
3.
Der Anspruch auf Erstattung der Kosten der Rechtsverfolgung einschließlich der Aufwendungen für eine Abmahnung ist unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB) ebenso wie als Schadensersatzanspruch (§ 14 Abs. 6 Satz 1 MarkenG) nur begründet, soweit diese Kosten erforderlich waren (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2004 – I ZR 2/03, GRUR 2004, 789 f. = WRP 2004, 903 – Selbstauftrag, mwN). Für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten, die durch die Mitwirkung des Patentanwalts an der Abmahnung der Beklagten wegen der Markenverletzung entstanden sind, gelten insoweit keine Besonderheiten. Er ist daher nur begründet, soweit die Klägerin darlegt und nachweist, dass diese Kosten zur Rechtsverfolgung erforderlich waren.
a)
Entgegen der Ansicht der Revision lässt sich der Regelung des § 140 Abs. 3 MarkenG nicht die Wertung des Gesetzes entnehmen, dass die Kosten für die außergerichtliche Mitwirkung eines Patentanwalts in einer kennzeichen-rechtlichen Angelegenheit ebenfalls ohne Prüfung der Erforderlichkeit stets zu erstatten sind (OLG Düsseldorf, Mitt. 2008, 561, 562; LG Hamburg, NJOZ 2005, 3684, 3685; LG Berlin, MMR 2008, 354 f.; LG Mannheim, Urteil vom 24. März 2009 – 2 O 62/09, juris Rn. 23 ff.; Fezer/Hirsch, Handbuch der Markenpraxis, Bd. I, MarkenVerfR, 4. Teil Rn. 85; Tyra, WRP 2007, 1059, 1063 ff.; Gün-ther/Pfaff, WRP 2010, 708, 709 f.; aA OLG München, WRP 1982, 542, 543; OLG Frankfurt, GRUR 1991, 72; OLG Karlsruhe, GRUR 1999, 343, 345 f.; OLG Hamburg, GRUR-RR 2008, 370, 371 f.; OLG Stuttgart, WRP 2007, 1265, 1271; KG, GRUR-RR 2010, 403 f.; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 140 Rn. 61 ff.; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2. Aufl., § 140 MarkenG Rn. 24; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 14 Rn. 1076; Omsels, MarkenR 2009, 27, 31 ff.; vgl. auch Hacker in Ströbele/ Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 140 Rn. 53).
Die Kosten für die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache sind nach § 140 Abs. 3 MarkenG allerdings ohne Prüfung der Erforderlichkeit stets zu erstatten. Es ist nicht zu prüfen, ob die Mitwirkung des Patentanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig war. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Patentanwalt gegenüber dem Rechtsanwalt eine „Mehrleistung“ erbracht hat (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2003 – I ZB 37/02, GRUR 2003, 639, 640 = WRP 2003, 755 – Kosten des Patentanwalts I).
Daraus kann jedoch nicht im Wege einer wertenden Betrachtung geschlossen werden, dass auch die Kosten für die außergerichtliche Mitwirkung eines Patentanwalts in einer kennzeichenrechtlichen Angelegenheit ohne Prüfung der Erforderlichkeit immer zu erstatten sind, sofern ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch – hier aus §§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB oder § 14 Abs. 6 Satz 1 MarkenG – dem Grunde nach gegeben ist. Dies hätte, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, zur Folge, dass in Kennzeichenstreitsachen die durch die Einschaltung eines Patentanwalts entstandenen außergerichtlichen Kosten unter leichteren Voraussetzungen zu erstatten wären als die durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts entstandenen außergerichtlichen Kosten. Für eine solche Privilegierung der patentanwaltlichen gegenüber der rechtsanwaltlichen Tätigkeit gibt es keinen Grund (OLG Düsseldorf, Mitt. 2008, 561, 562; LG Mannheim, Urteil vom 24. März 2009 – 2 O 62/09, juris Rn. 30).
Die Kosten, die durch die außergerichtliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts in einer Kennzeichenstreitsache entstehen, sind nur zu erstatten, soweit sie erforderlich waren. Dabei ist es Sache des Anspruchstellers, darzulegen und nachzuweisen, dass es erforderlich war, einen Rechtsanwalt mit der außergerichtlichen Rechtsverfolgung zu beauftragen. Es gibt keinen Grund dafür, die außergerichtlichen Patentanwaltskosten anders als die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ohne Prüfung ihrer Erforderlichkeit zu ersetzen. Insbesondere kann dies nicht damit begründet werden, dass auch die gerichtlichen Patentanwaltskosten unter leichteren Voraussetzungen als die gerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu erstatten sind. Die Kosten für die gerichtliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts sind in Kennzeichenstreitsachen – wie die Kosten für die gerichtliche Mitwirkung eines Patentanwalts – stets zu erstatten. Sie sind immer zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Abgesehen davon, dass die Tätigkeit eines Rechtsanwalts im Gerichtsverfahren grundsätzlich stets als notwendig anzusehen ist, folgt die Notwendigkeit der Tätigkeit eines Rechtsanwalts in einer Kennzeichenstreitsache auch daraus, dass für Kennzeichenstreitsachen die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig sind (§ 140 Abs. 1 MarkenG) und sich die Parteien vor den Landgerichten durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
b)
Die Kosten für die außergerichtliche Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache sind auch dann nicht ohne Prüfung ihrer Erforderlichkeit zu erstatten, wenn die Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts in dieser Kennzeichenstreitsache als erforderlich anzusehen und daher zu ersetzen sind (OLG Düsseldorf, Mitt. 2008, 561, 562; LG Mannheim, Urteil vom 24. März 2009 – 2 O 62/09, juris Rn. 32).
aa)
Aus dem Umstand, dass es in einem konkreten Fall erforderlich ist, einen Rechtsanwalt mit der Abmahnung einer Kennzeichenverletzung zu betrauen, folgt nicht ohne Weiteres, dass es notwendig ist, daneben auch noch einen Patentanwalt mit dieser Abmahnung zu beauftragen. Ist ein Rechtsanwalt nach seinen kennzeichenrechtlichen Fähigkeiten allein dazu imstande, den Fall rechtlich zu beurteilen und den Verletzer abzumahnen, ist es nicht nötig, zusätzlich noch einen Patentanwalt einzuschalten. Es bedarf daher grundsätzlich einer gesonderten Prüfung, ob es notwendig war, zur außergerichtlichen Verfolgung einer Markenverletzung neben einem Rechtsanwalt auch noch einen Patentanwalt zu beauftragen.
bb)
Die Revision macht geltend, der Geschädigte könne zum maßgeblichen Zeitpunkt der Auftragserteilung regelmäßig nur überblicken, ob er die Abmahnung in einem einfach gelagerten Fall aufgrund eigener Sachkunde selbst aussprechen könne oder zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung besser auf die Mitwirkung fachkundiger Dritter zurückgreifen solle. Für eine selektive Beauftragung entweder eines Rechtsanwalts oder eines Patentanwalts fehle ihm die Sachkunde und zum Zeitpunkt der Auftragserteilung zudem regelmäßig die Beurteilungsgrundlage. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts und eines Patentanwalts zur Wahrnehmung seiner Rechte sei daher entweder insgesamt erforderlich oder nicht.
Dieser Einwand der Revision greift nicht durch. Derjenige, der im Falle einer Kennzeichenverletzung zur vorgerichtlichen Verfolgung seiner Rechte die Mitwirkung fachkundiger Dritter für erforderlich hält, mangels eigener Sachkunde aber nicht beurteilen kann, ob er hierzu sowohl einen Rechtsanwalt als auch einen Patentanwalt benötigt, kann sich zunächst nur an einen Rechtsanwalt oder nur an einen Patentanwalt wenden und sich von diesem sachkundig beraten lassen, ob es der Hinzuziehung eines weiteren Fachmanns bedarf.
c)
Hat neben einem Rechtsanwalt auch ein Patentanwalt an der Abmahnung wegen einer Markenverletzung mitgewirkt, kann die Erstattung der durch die Mitwirkung des Patentanwalts entstandenen Kosten nur beansprucht werden, wenn der Anspruchsteller darlegt und nachweist, dass die Mitwirkung des Patentanwalts erforderlich war. Diese Voraussetzung ist regelmäßig nur erfüllt, wenn der Patentanwalt dabei Aufgaben übernommen hat, die – wie etwa Recherchen zum Registerstand oder zur Benutzungslage – zum typischen Arbeitsgebiet eines Patentanwalts gehören.
aa)
Der Gesetzgeber hat allerdings mit der Regelung des § 140 Abs. 3 MarkenG zum Ausdruck gebracht, dass er von einer besonderen Sachkunde des Patentanwalts im Kennzeichenrecht ausgeht (LG Mannheim, Urteil vom 24. März 2009 – 2 O 62/09, juris Rn. 33; Omsels, WRP 2009, 27, 33; Günther/ Pfaff, WRP 2010, 708, 710; aA Tyra, WRP 2007, 1059, 1063 f.). Allein deswegen ist es aber nicht erforderlich, bei einer Markenverletzung mit der Abmahnung des Verletzers zusätzlich zu einem Rechtsanwalt auch noch einen Patentanwalt zu beauftragen.
Bei Kennzeichenstreitsachengeht es nicht um naturwissenschaftliche oder technische Sachverhalte und die sich daraus ergebenden Rechtsfragen, die es regelmäßig nahelegen, neben einem Rechtsanwalt auch noch einen Patentanwalt einzuschalten. In Kennzeichenstreitsachen wird es vielmehr oft entbehrlich sein, zusätzlich zu einem Rechtsanwalt auch noch einen Patentanwalt zu beauftragen. Es gibt zahlreiche Rechtsanwälte, die über besondere Sachkunde im Kennzeichenrecht verfügen und in der Lage sind, Mandanten ohne Hinzuziehung eines Patentanwalts in kennzeichenrechtlichen Angelegenheiten umfassend zu beraten. Insbesondere wird ein Rechtsanwalt mit Erfahrung im Markenrecht ohne Mitwirkung eines Patentanwalts dazu imstande sein, eine Abmahnung wegen einer Markenverletzung zu verfassen (vgl. LG Mannheim, Urteil vom 24. März 2009 – 2 O 62/09, juris Rn. 34; Fezer/Hirsch aaO Rn. 85; Tyra, WRP 2007, 1059, 1063; Günther/Pfaff, WRP 2010, 708, 710).
Unter diesen Umständen hat derjenige, der die Erstattung der Kosten eines Patentanwalts beansprucht, der bei der Abmahnung einer Markenverletzung neben einem Rechtsanwalt mitgewirkt hat, darzulegen und nachzuweisen, dass die Mitwirkung des Patentanwalts erforderlich war. Zur Beurteilung der Erforderlichkeit können, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, die Grundsätze herangezogen werden, nach denen zu beurteilen ist, ob die Beauftragung eines Patentanwalts in einer Wettbewerbssache im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig war (vgl. dazu OLG Köln, GRUR-RR 2006, 350, 352; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 12 Rn. 2.121 mwN). Danach wird die Mitwirkung eines Patentanwalts regelmäßig nur dann als erforderlich anzusehen sein, wenn er Aufgaben übernommen hat, die zum typischen Arbeitsgebiet eines Patentanwalts gehören.
bb)
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht dieser Beurteilung, anders als die Revision meint, nicht entgegen.
(1)
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat zwar in der Entscheidung „Kleiderbügel“ die Auffassung des Berufungsgerichts in jenem Rechtsstreit gebilligt, dass der aus dem gewerblichen Schutzrecht – im Streitfall ging es um ein Gebrauchsmuster und ein Patent – Abgemahnte die Kosten einer berechtigten Abmahnung unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzen müsse und hierzu auch die Honorare für einen Patentanwalt und einen Rechtsanwalt für deren Mitwirkung an der Abfassung des Abmahnschreibens gehörten (Urteil vom 20. Dezember 1994 – X ZR 56/93, BGHZ 128, 220, 229). Er hat aber nicht ausgesprochen, dass eine Erstattung von vorgerichtlichen Patentanwaltskosten ohne Prüfung der Erforderlichkeit beansprucht werden könne. Die Hinzuziehung eines Patentanwalts neben Rechtsanwälten war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in jenem Fall zweckentsprechend und notwendig im Sinne der §§ 683, 670 BGB. Im Übrigen liegt die Erforderlichkeit der Einschaltung eines Patentanwalts bei Abmahnungen aus einem technischen Schutzrecht näher als bei Abmahnungen aus einem Kennzeichenrecht.
(2)
Der Senat hat zwar in der Entscheidung „Thermoroll“ der Klägerin jenes Rechtsstreits einen Anspruch auf Erstattung der Kosten zuerkannt, die durch die vorprozessuale Einschaltung eines Patentanwalts zur Abmahnung entstanden sind (Urteil vom 26. Februar 2009 – I ZR 219/06, GRUR 2009, 888 Rn. 24 = WRP 2009, 1080). Aus dem Urteil geht jedoch nicht hervor, dass die Klägerin den Patentanwalt zusätzlich zu einem Rechtsanwalt mit der Abmahnung beauftragt hatte. Zudem war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in jenem Fall (BGH, GRUR 2009, 888 Rn. 10) zur Klärung der Rechtslage eine markenrechtliche Recherche und damit eine Tätigkeit erforderlich, die zum typischen Arbeitsfeld eines Patentanwalts gehört.
cc)
Die Revision macht auch ohne Erfolg geltend, das Mehr an Einzelfallgerechtigkeit, das durch die Aufgabe einer typisierenden Betrachtungsweise zugunsten einer konkreten Erforderlichkeitsprüfung möglicherweise entstehe, stehe in keinem Verhältnis zur dadurch entstehenden Rechtsunsicherheit.
Bei der Prüfung der Notwendigkeit von Maßnahmen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung ist allerdings eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den Nachteilen, die sich einstellen, wenn in nahezu jedem Einzelfall darüber gestritten werden könnte, ob die Kosten einer bestimmten Maßnahme zu erstatten sind (BGH, Beschluss vom 19. April 2007 – I ZB 47/06, GRUR 2007, 999 Rn. 21 = WRP 2005, 224 – Consulente in marchi, mwN).
Entgegen der Ansicht der Revision ist aber bei der Beurteilung, ob es erforderlich ist, zur Abmahnung einer Markenverletzung neben einem Rechtsanwalt auch noch einen Patentanwalt heranzuziehen, eine typisierende Betrachtungsweise möglich. Die zusätzliche Einschaltung eines Patentanwalts wird in solchen Fällen – wie ausgeführt – regelmäßig nur erforderlich sein, wenn der Patentanwalt dabei Aufgaben erfüllt, die zum typischen Arbeitsgebiet eines Patentanwalts gehören.
4.
Nach diesen Maßstäben war es im Streitfall nicht erforderlich, zur Abmahnung der Beklagten wegen der Markenverletzung neben einer Rechtsanwältin noch einen Patentanwalt heranzuziehen. Die Kosten des Patentanwalts sind deshalb nicht zu erstatten.
a)
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind nach dem Vorbringen der Klägerin keine Gründe gegeben, wonach es im vorliegenden Fall erforderlich war, zur Abmahnung der Beklagten neben einer Rechtsanwältin auch noch einen Patentanwalt einzuschalten. Insbesondere hat die Klägerin nicht dargetan, dass ihr Patentanwalt zur Vorbereitung der Abmahnung typische patentanwaltliche Tätigkeiten – wie etwa eine Recherche zum Registerstand oder zur Benutzungslage – entfalten musste. Gegen die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Patentanwalts spricht auch, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, dass die Klägerin in der Abmahnung nach einer kurzen Darstellung des Sachverhalts hat ausführen lassen, dass es „keiner weiteren Erläuterung“ bedürfe, warum eine Markenverletzung vorliege.
b)
Die Revision macht vergeblich geltend, der Klägerin stehe ein Kostenerstattungsanspruch jedenfalls deshalb zu, weil sie zum Zeitpunkt der Beauftragung des Patentanwalts im Blick auf die herrschende Ansicht in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur habe darauf vertrauen dürfen, dass die Kosten für die Tätigkeit des Patentanwalts ohne den Nachweis der Erforderlichkeit im Einzelfall erstattungsfähig seien.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar für die Prüfung der Erforderlichkeit einer anwaltlichen Tätigkeit auf die maßgebliche Sicht des Geschädigten abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2007 – VI ZR 277/06, GRUR 2008, 367 Rn. 17 = WRP 2008, 364; Urteil vom 26. Mai 2009 – VI ZR 174/08, WRP 2009, 992 Rn. 28; Urteil vom 19. Oktober 2010 – VI ZR 237/09, WRP 2011, 79 Rn. 15 mwN). Die Klägerin hat nach ihrem eigenen Vorbringen aber nicht die Mitwirkung eines Patentanwalts für erforderlich gehalten, sondern die durch die Mitwirkung des Patentanwalts entstehenden Kosten – ohne den Nachweis der Erforderlichkeit – als erstattungsfähig angesehen. Im Übrigen war es bereits zur Zeit der Beauftragung des Patentanwalts durch die Klägerin im November 2008 in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob die Kosten für die zusätzliche Beauftragung eines Patentanwalts ohne Nachweis der Erforderlichkeit erstattungsfähig sind (vgl. oben unter Rn. 16).
III.
Danach ist die Revision der Klägerin gegen das Berufungsurteil zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 03.03.2009, Az. 2/18 O 146/08
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 12.11.2009, Az. 6 U 130/09