BGH: „Peek & Cloppenburg vs. Peek & Cloppenburg“ / Zu der Möglichkeit einer markenrechtlichen Koexistenz zweier gleichnamiger Unternehmen

veröffentlicht am 28. Mai 2010

BGH, Urteil vom 31.03.2010, Az. I ZR 174/07
§§ 5; 15; 23 Nr. 1 MarkenG

Der BGH hat entschieden, dass eine Markenrechtsverletzung vorliegen kann, wenn eines von zwei Unternehmen, die an unterschiedlichen Standorten den gleichen Namen führen, eine gleichnamige Internetadresse nutzt, ohne dabei auf die Existenz des anderen Unternehmens hinzuweisen. Der BGH nahm damit eine Abgrenzung zur Entscheidung „hufeland.de“ vor (BGH, Urteil vom 23.6.2005, Az. I ZR 288/02, GRUR 2006, 159 – hufeland.de). Eingeklagt wurde folgender Hinweis: „Es gibt zwei rechtlich und wirtschaftlich voneinander unabhängige Unternehmen unter demselben Firmennamen ‚Peek & Cloppenburg KG‘ in Düsseldorf und in Hamburg. Sie befinden sich auf der Webseite der Firma Peek & Cloppenburg KG in Düsseldorf.“

Zum Sachverhalt:
Die Klägerin war Inhaberin des 1997 registrierten Internet-Domainnamens „peekundcloppenburg.de“, die sie seit August 2000 als Internetadresse und Bestandteil ihrer E-Mail-Adresse „…@peekundcloppenburg.de“ benutzte und bewarb. Der Internetauftritt der Klägerin war auch unter den Bezeichnungen „peekundcloppenburg.com“ und „peek-cloppenburg.de“ sowie „pundc.de“ und „p-und-c.com“ abrufbar.

Die Beklagte war Inhaberin der 1998 und 1999 registrierten Internet-Domainnamen „p-und-c.de“, „puc-online.de“, „peek-und-cloppenburg.de“ und „peek-und-cloppenburg.com“, unter denen sie ihre Website betreibt. Bis September 2003 wies die Beklagte in ihrer regionalen Printwerbung auf die Domainnamen „p-und-c.de“ und „puc-online.de“ hin. Seit September 2003 warb sie mit dem Domainnamen „peek-und-cloppenburg.de“, den sie seit November 2003 auch als Bestandteil ihrer E-Mail-Adresse „…@peek-und-cloppenburg.de“ benutzte. Die Beklagte verwendete auf ihrer Internetseite die Bezeichnung „Peek & Cloppenburg“ ohne weitere Zusätze und hatte auf ihrer Website nur mit der Bezeichnung „Peek & Cloppenburg“ versehene Werbebeilagen eingestellt.

Die Klägerin behauptete, über die älteren Rechte an der geschäftlichen Bezeichnung „Peek & Cloppenburg“ zu verfügen, weil die 1900 gegründete Peek & Cloppenburg GmbH ihren Geschäftsbetrieb 1972 vollständig auf sie übertragen habe. Sie machte geltend, zwischen den Parteien bestehe hinsichtlich der Berechtigung zur Nutzung der Unternehmensbezeichnung „Peek & Cloppenburg“ jedenfalls eine Gleichgewichtslage, die die Beklagte durch die beanstandete Verwendung der geschäftlichen Bezeichnung im Rahmen ihres Internetauftritts verletze.

Zwischen den Parteien bestand eine Abrede, nach der das Bundesgebiet in zwei Wirtschaftsräume aufgeteilt war und eine Partei am Standort der anderen Partei keine Bekleidungshäuser eröffnete.

Zum Problem der Gleichnamigkeit erklärte der BGH Folgendes:

„a) Der Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung kann Dritte, die die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen, auf Unterlassung (§ 15 Abs. 2 MarkenG) und bei Verschulden auf Schadensersatz (§ 15 Abs. 5 MarkenG) in Anspruch nehmen. Ist der Dritte gleichfalls Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung, die ihm die Nutzung des Zeichens erlaubt, ist für die Bestimmung des Vorrangs der zusammentreffenden Unternehmenskennzeichenrechte zwar grundsätzlich ihr Zeitrang maßgeblich (§ 6 Abs. 1 MarkenG), der nach dem Zeitpunkt des Rechtserwerbs (§ 6 Abs. 3 MarkenG), also der Aufnahme der Benutzung (§ 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG) zu bestimmen ist. Nach § 23 Nr. 1 MarkenG hat der Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung jedoch nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr dessen Namen zu benutzen, sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt.

Zur Beurteilung der Fälle von Gleichnamigkeit, in denen eine geschützte Bezeichnung mit einer aus einem bürgerlichen Namen gebildeten Bezeichnung zusammentrifft, hat der Bundesgerichtshof Grundsätze entwickelt, die im Rah-men des § 23 Nr. 1 MarkenG unverändert anwendbar sind (BGH, Urt. v. 30.1.2008 – I ZR 134/05, GRUR 2008, 801 Tz. 24 = WRP 2008, 1189 – Hansen-Bau). Danach muss der Inhaber des prioritätsälteren Kennzeichenrechts die Verwechslungsgefahr hinnehmen, die der Träger des prioritätsjüngeren Namensrechts dadurch hervorruft, dass er seinen Namen im Geschäftsverkehr führt, wenn der Träger des prioritätsjüngeren Namensrechts ein schutzwürdiges Interesse an der Benutzung hat, redlich handelt und alles Erforderliche und Zumutbare tut, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen oder auf ein hin-nehmbares Maß zu vermindern (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 1.4.1993 – I ZR 85/91, GRUR 1993, 579, 580 – Römer GmbH; BGH GRUR 2008, 801 Tz. 24 – Hansen-Bau; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 23 Rdn. 18 m.w.N.).

Die für die Fälle der Gleichnamigkeit entwickelten Grundsätze gelten entsprechend bei Gleichgewichtslagen, die dadurch entstanden sind, dass die Rechte an verwechslungsfähigen Unternehmensbezeichnungen jahrelang un-beanstandet nebeneinander bestanden haben. Auch in derartigen Fällen kann der Inhaber des prioritätsälteren Kennzeichenrechts dem Inhaber des prioritätsjüngeren Kennzeichenrechts die Nutzung des Zeichens nicht allein unter Berufung auf seinen zeitlichen Vorrang untersagen und damit in dessen redlich er-worbenen Besitzstand einbrechen, sondern muss die Nutzung des Zeichens durch den Inhaber des prioritätsjüngeren Kennzeichenrechts trotz bestehender Verwechslungsgefahr grundsätzlich dulden (vgl. Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 15 MarkenG Rdn. 153). Der Inhaber eines Kennzeichenrechts muss es allerdings in aller Regel nur dann hinnehmen, dass der Inhaber des anderen Kennzeichenrechts die Verwechslungsgefahr erhöht und damit die Gleichgewichtslage stört, wenn dieser ein schutzwürdiges Interesse an der Benutzung hat und alles Erforderliche und Zumutbare tut, um einer Erhöhung der Verwechslungsgefahr weitestgehend entgegenzuwirken (vgl. BGH, Urt. v. 27.10.1983 – I ZR 148/81, GRUR 1984, 378 = WRP 1984, 376 – Hotel Krone; Urt. v. 3.7.1986 – I ZR 77/85, GRUR 1987, 182, 183 = WRP 1987, 30 – Stoll; Urt. v. 16.5.1991 – I ZR 1/90, GRUR 1991, 780, 782 = WRP 1991, 645 – TRANSAT-LANTISCHE; BGHZ 130, 134, 147 ff. – Altenburger Spielkartenfabrik; Ingerl/Rohnke aaO § 23 Rdn. 35 m.w.N.).

b) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass es nach diesen Grundsätzen im Streitfall nicht darauf ankommt, ob die Klägerin tatsächlich Rechtsnachfolgerin der 1900 gegründeten Peek & Cloppenburg GmbH ist und ihr damit gegenüber der 1911 – mit Gestattung der Peek & Cloppenburg GmbH – gegründeten Beklagten das prioritätsältere Recht am Unternehmenskennzeichen „Peek & Cloppenburg KG“ oder dem Firmenschlagwort „Peek & Cloppenburg“ zusteht. Da die Parteien jedenfalls seit dem Jahr 1972 – also seit nahezu 40 Jahren – aufgrund einer zwischen ihnen getroffenen Abgrenzungsvereinbarung mit demselben Unternehmenskennzeichen auf dem deutschen Markt unbeanstandet nebeneinander bestehen und in redlicher Weise jeweils einen schützenswerten Besitzstand an ihren Unternehmensbezeichnungen erlangt haben, ist der Rechtsstreit nicht nach Prioritätsgrundsätzen zu entscheiden. Für die rechtliche Beurteilung kommt es vielmehr allein darauf an, ob die Beklagte durch die beanstandete Verwendung der geschäftlichen Bezeichnung die Verwechslungsgefahr erhöht und dadurch die zwischen den Parteien bestehende Gleichgewichtslage gestört hat und ob sie sich – gegebenenfalls – auf ein schutzwürdiges Interesse an der beanstandeten Verwendung der geschäftlichen Bezeichnung berufen kann und zudem alles Erforderliche und Zumutbare getan hat, um einer Erhöhung der Verwechslungsgefahr entgegenzuwirken.“

Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Urteil vom 20.07.2005, Az. 2a O 117/04
OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.10.2007, Az. I-20 U 166/05

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