BGH: Urheberrechtswidrige Möbelkopien dürfen nicht verkauft, aber öffentlich benutzt werden

veröffentlicht am 17. Juli 2009

BGH, Urteil vom 22.01.2009, Az. I ZR 148/06
§§ 15 Abs. 1, 17 Abs. 1, 96 Abs. 1, 97 UrhG

Vielerorts ist bereits unbekannt, dass Möbel als Werke angewandter Kunst urheberrechtlich geschützt sind und deren Nachahmung ohne Einwilligung des Urhebers abgemahnt werden kann. Der BGH hat nunmehr entschieden, dass die öffentliche Nutzung derartiger urheberrechtswidrig hergestellter Möbel in einer Zigarren-Lounge nicht als Urheberrechtsverstoß zu werten sei. Dabei beriefen sich die Karlsruher Richter vor allem auf die Rechtsprechung des EuGH. Dieser habe die Frage, ob von einer Verbreitung ausgegangen werden könne, wenn der Öffentlichkeit nur der Gebrauch von Werkstücken eines urheberrechtlich geschützten Werkes überlassen werde, verneint. Er habe angenommen, dass eine Verbreitung auf andere Weise als durch Verkauf i.S. des Art. 4 Abs. 1 der Informationsgesellschafts-Richtlinie nur vorliege, wenn eine Übertragung des Eigentums an dem Gegenstand erfolge (EuGH GRUR 2008, 604 Tz. 41 – Peek & Cloppenburg/Cassina). Ein Dritter greife daher nicht in das ausschließlich dem Urheber nach § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 17 Abs. 1 UrhG zustehende Verbreitungsrecht ein, wenn er Nachbildungen urheberrechtlich geschützter Modelle von Möbeln der Öffentlichkeit zum Gebrauch zugänglich mache. Von einer Verbreitung sei nach der Rechtsprechung des EuGH auch nicht auszugehen, wenn einem Dritten der Besitz des Originals oder eines Vervielfältigungsstücks übertragen werde (EuGH GRUR 2008, 604 Tz. 36 und 41 – Peek & Cloppenburg/Cassina).

Der Klägerin stünden, so der BGH, auch keine Ansprüche wegen Verletzung des Verwertungsverbots aus § 96 Abs. 1 UrhG zu. Nach dieser Vorschrift dürften rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke nicht verbreitet werden. Eine unmittelbare Anwendung des § 96 Abs. 1 UrhG scheide aus, weil der Begriff der Verbreitung demjenigen des § 17 UrhG entspreche und dessen Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Eine analoge Anwendung der Bestimmung, für die sich die Revisionserwiderung ausspreche, komme ebenfalls nicht in Betracht. Es fehle an einer für eine analoge Anwendung erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. Nach der Entscheidung des EuGH habe der Gemeinschaftsgesetzgeber das Verbreitungsrecht bewusst auf Sachverhalte beschränkt, die mit der Übertragung des Eigentums des Originals des Werks oder eines Vervielfältigungsstücks verbunden seien (EuGH GRUR 2008, 604 Tz. 38 – Peek & Cloppenburg/Cassina).

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