BGH: Das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis einer neu einzutragenden Marke kann auch thematisch eingeschränkt werden – „Willkommen im Leben!“

veröffentlicht am 9. Juni 2009

Rechtsanwalt Dr. Ole DammBGH, Beschluss vom 04.12.2008, I ZB 48/08
§§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 39 Abs. 1 MarkenG

Der BGH hat darauf hingewiesen, dass eine Marke beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) auch auf thematisch beschränkte Waren und Dienstleistungen angemeldet werden kann. Im vorliegenden Fall war die ursprünglich beantragte Klassifizierung  „Bild- und Tonträger“ u.a. nachträglich beschränkt worden auf „Bild- und Tonträger zu den Themen Kochen, Backen, Ernährung, Gesundheit, Fitness, .. “ u.a. Zwar sei es unzulässig, die Anmeldung in der Art und Weise einzuschränken, dass die Waren oder Dienstleistungen ein bestimmtes Merkmal nicht aufwiesen (vgl. EuGH, Urt. v. 12.2.2004 – C-363/99, Slg. 2004, I-1619 = GRUR 2004, 674 Tz. 114 f. – Postkantoor). Von einer derartigen unzulässigen Einschränkung sei aufgrund der hier in Rede stehenden Beschränkung des Waren- und Dienstleistungs verzeichnisses indes nicht auszugehen. Dieses enthalte vielmehr eine Begrenzung der jeweils weiten Waren- und Dienstleistungsbegriffe „Bild- und Tonträger“, „Druckereierzeugnisse“ und „Anbieten und Mitteilen von auf einer Datenbank gespeicherten Informationen“ auf bestimmte Inhalte. Gegen eine derartige Beschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses bestünden aus Rechtsgründen keine Bedenken.

Bundesgerichtshof

Beschluss

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 04.12.2008 durch … beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde der Anmelderin gegen den Beschluss des 29. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 26.03.2008 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Anmelderin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Eintragung der Wortfolge „Willkommen im Leben“ für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 38, 41 und 42 begehrt.

Die Markenstelle für die Klasse 38 hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft teilweise zurückgewiesen, und zwar für die Waren und Dienstleistungen

Bild- und Tonträger; Datenträger zur Wiedergabe von Ton und Bild; CD-ROM; Druckwerke aller Art, insbesondere Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Reiseführer; Rundfunk- und Fernsehunterhaltung; Anbieten und Mitteilen von auf einer Datenbank gespeicherten Informationen; Rundfunk-, Film- und Fernsehproduktion.

Im Beschwerdeverfahren hat die Anmelderin ein bezogen auf die von der Zurückweisung betroffenen Waren und Dienstleistungen eingeschränktes Verzeichnis eingereicht. Das Bundespatentgericht hat danach seiner Prüfung folgende Waren und Dienstleistungen zugrunde gelegt:

Klasse 9:
Bild- und Tonträger zu den Themen Kochen, Backen, Ernährung, Gesundheit, Fitness, Wellness, Lifestyle, Medizin, Business, Partnerschaft, Tiere, Garten, Einrichtung und Innenausstattung;

Klasse 16:
Druckereierzeugnisse, nämlich Kochbücher, Backbücher, Rezeptsammlungen zum Kochen und Backen, Rezeptsammlungen zu Kaffeespezialitä-ten, Cocktails und anderen Getränken, Diätkochbücher, Diätbackbücher, Kochbücher für Diabetiker; Backbücher für Diabetiker, Gesundheitsratge-ber, Fitnessratgeber, Wellnessratgeber, Lifestyleratgeber, Psychologiebücher, medizinische Ratgeber, Businessratgeber, Nachschlagewerke zu Bewerbungssituationen, Sprachen, sozialer Kompetenz und Psychologie, Partnerschaftsratgeber, Tierbücher, Gartenbücher, Ratgeber zur Garten-gestaltung, Einrichtungsbücher, Ratgeber zur Innenausstattung;

Klasse 38:
Anbieten und Mitteilen von auf einer Datenbank gespeicherten Informationen zu den Themen Kochen, Backen, Ernährung, Gesundheit, Fitness, Wellness, Lifestyle, Medizin, Business, Partnerschaft, Tiere, Garten, Einrichtung und Innenausstattung.

Die gegen die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts gerichtete Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben (BPatG, Beschl. v. 26.3.2008 – 29 W (pat) 23/05, juris).

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde.

II.
Das Bundespatentgericht hat die angemeldete Marke für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen mangels Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG für nicht eintragungsfähig gehalten und ausgeführt:

Die im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 31.01.2006 erfolgte Einschränkung des Verzeichnisses sei in dem Umfang zulässig, in dem sie sich auf Waren und Dienstleistungen beziehe, die Gegenstand der Zurückweisung durch das Deutsche Patent- und Markenamt gewesen seien. Im Hinblick auf diese Waren und Dienstleistungen fehle dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft. Nicht unterscheidungskräftig seien allgemeine werbliche Aussagen und Anpreisungen und unmittelbare Sachaussagen. Die angemeldete Wortfolge lasse sich als allgemeine Redewendung in den in Rede stehenden Branchen belegen. Sie diene in der Werbung zur Vermittlung einer positiven Stimmung und als Buch- oder Fernsehtitel oder zur Beschreibung einer Fernsehserie. Das angemeldete Zeichen erschöpfe sich in dem titelartigen Hinweis auf den Inhalt der Waren oder Dienstleistungen. Selbst wenn die Wortfolge auf unterschiedliche Art und Weise interpretiert werden könne, handele es sich um austauschbare Bedeutungen, den dadurch vermittelten allgemeinen Aussagen fehle die Eignung, auf ein Unternehmen hinzuweisen. Auf Voreintragungen der Wortfolge in Österreich und der Schweiz komme es nicht an.

III.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1.
Das Bundespatentgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Anmelderin im Beschwerdeverfahren das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen rechtswirksam in dem Umfang beschränkt hat, den das Bundespatentgericht seiner weiteren Prüfung zugrunde gelegt hat (§ 39 Abs. 1 Halbsatz 2 MarkenG).

Allerdings ist es unzulässig, die Anmeldung in der Art und Weise einzuschränken, dass die Waren oder Dienstleistungen ein bestimmtes Merkmal nicht aufweisen (vgl. EuGH, Urt. v. 12.2.2004 – C-363/99, Slg. 2004, I-1619 = GRUR 2004, 674 Tz. 114 f. – Postkantoor). Von einer derartigen unzulässigen Einschränkung ist aufgrund der hier in Rede stehenden Beschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses nicht auszugehen. Dieses enthält vielmehr eine Begrenzung der jeweils weiten Waren- und Dienstleistungsbegriffe „Bild- und Tonträger“, „Druckereierzeugnisse“ und „Anbieten und Mitteilen von auf einer Datenbank gespeicherten Informationen“ auf bestimmte Inhalte. Gegen eine derartige Beschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses bestehen aus Rechtsgründen keine Bedenken.

2.
Das Bundespatentgericht hat rechtsfehlerfrei das Eintragungshindernis des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) bejaht. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben keinen Erfolg.

a)
Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden.
Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH, Beschluss vom 24.04.2008, Az. I ZB 21/06, GRUR 2008, 1093 Tz. 13 = WRP 2008, 1428 – Marlene-Dietrich-Bildnis, m.w.N.). Kann einem Wortzeichen kein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihm die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH, Beschl. v. 28.6.2001 – I ZB 1/99, GRUR 2002, 64 f. = WRP 2001, 1445 – INDIVIDUELLE; BGHZ 167, 278 Tz. 18 f. – FUSSBALL WM 2006).

Davon ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen auszugehen, ohne dass unterschiedliche Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Wortfolgen gegenüber anderen Wortzeichen gerechtfertigt sind. Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ob ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt. Von mangelnder Unterscheidungskraft ist deshalb bei einer Wortfolge lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig werden des weiteren in der Regel längere Wortfolgen sein. Indizien für die Eignung, die Waren und Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sein.

Auch die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage kann einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten. Dabei dürfen die Anforderungen an die Eigenart im Rahmen der Bewertung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen nicht überspannt werden. Auch einer für sich genommen eher einfachen Aussage kann nicht von vornherein die Eignung zur Produktidentifikation abgesprochen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17.05.2001, Az. I ZB 60/98, GRUR 2001, 1043, 1044 f. = WRP 2001, 1202 – Gute Zeiten – Schlechte Zeiten; Beschluss vom 13.06.2002, Az. I ZB 1/00, GRUR 2002, 1070, 1071 = WRP 2002, 1281 – Bar jeder Vernunft).

b)
Das Bundespatentgericht hat ausgeführt, das angemeldete Zeichen „Willkommen im Leben“ sei eine allgemeine Redewendung, die im Zusammenhang mit der Begrüßung von Neugeborenen und mit schwierigen Lebenssituationen zur Bezeichnung eines positiven Neubeginns verwendet werde. Die Wortfolge solle in der Werbung eine positive Stimmung vermitteln. Sie werde als Titel oder Inhaltsangabe für Bücher zu den unterschiedlichsten Themen und als Titel oder Kurzbezeichnung von Fernsehserien verwandt. Der Wortfolge komme danach keine Funktion als Herkunftshinweis, sondern nur eine allgemeine Sachaussage ohne jede Eigenart zu.

c)
Diese Beurteilung des Bundespatentgerichts hält einer rechtlichen Nachprüfung stand. Das Bundespatentgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der angemeldeten Wortfolge auch bei Anlegung des gebotenen großzügigen Maßstabs jegliche Unterscheidungskraft fehlt, wenn sie sich für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen in einer beschreibenden Sachangabe erschöpft (vgl. BGH, Beschl. v. 17.2.2000 – I ZB 33/97, GRUR 2000, 882, 883 = WRP 2000, 1140 – Bücher für eine bessere Welt; Beschl. v. 23.11.2000 – I ZB 34/98, GRUR 2001, 735, 736 = WRP 2001, 692 – Test it.; Beschl. v. 1.3.2001 – I ZB 42/98, GRUR 2001, 1151, 1152 = WRP 2001, 1082 – markt-frisch).

Die Wortfolge „Willkommen im Leben“ weist für die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Bundespatentgerichts eine allgemeine Sachaussage auf. Ohne Erfolg hält dem die Rechtsbeschwerde entgegen, die inländischen Verkehrskreise würden nach der im Beschwerdeverfahren erfolgten thematischen Einschränkung bei Bild- und Tonträgern und Druckereierzeugnissen sowie beim Anbieten und Mitteilen von auf einer Datenbank gespeicherten Informationen der Wortfolge keinen beschreibenden Begriffsinhalt entnehmen; es handele sich nicht um eine gebräuchliche Wortfolge. Die vom Bundespatentgericht herangezogene Internetrecherche belege nur eine werbemäßige Verwendung durch die Anmelderin.

Das Bundespatentgericht hat aufgrund einer Reihe von Beispielen eine Verwendung der Wortfolge als allgemeine Redewendung in der Werbung und als Kurzbezeichnung von Fernsehsendungen und Büchern sowohl durch die Anmelderin als auch durch Dritte festgestellt. Es hat hieraus zu Recht den Schluss gezogen, die Wortfolge „Willkommen im Leben“ bezeichne auch im Zusammenhang mit den in Rede stehenden thematisch beschränkten Waren und Dienstleistungen einen titelartigen Hinweis auf den Inhalt und vermittele die Vorstellung, die Aufgaben des Lebens engagiert und erfolgreich zu bewältigen. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde fassen die angesprochenen Verkehrskreise danach die Wortfolge nicht als Herkunftshinweis, sondern nur als eine allgemein verständliche positiv besetzte Aussage auf.

Unterscheidungskraft erlangt die Wortfolge „Willkommen im Leben“ auch nicht durch eine gewisse inhaltliche Unschärfe. Zwar kann die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Aussage einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten. Im vorliegenden Fall erlangt die Wortfolge aufgrund unterschiedlicher Interpretationsmöglichkeiten aber keine auch nur geringe Unterscheidungskraft, weil sämtliche Bedeutungen sich auf ohne weiteres verständliche Sachaussagen beschränken.

d)
Schließlich beruft sich die Rechtsbeschwerde auch ohne Erfolg auf Voreintragungen des Zeichens in Österreich und der Schweiz. Die Eintragung der Wortfolge im deutschsprachigen Ausland kann keine Bindungs- oder Indizwirkung für eine Beurteilung des Schutzhindernisses fehlender Unterscheidungskraft haben (vgl. auch EuGH, Urt. v. 12.2.2004 – C-218/01, Slg. 2004, I-1725 = GRUR 2004, 428 Tz. 63 f. = WRP 2004, 475 – Henkel; GRUR 2004, 674 Tz. 43 – Postkantoor). Der Umstand der Voreintragung ist lediglich in die umfassende Beurteilung zur Frage des Vorliegens des Schutzhindernisses miteinzubeziehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 Tz. 63 – Henkel; BGH, Beschluss vom 20.11.2003 – I ZB 18/98, GRUR 2004, 506, 507 = WRP 2004, 755 – Stabtaschenlampen II). Im vorliegenden Fall hat das Bundespatentgericht aufgrund der Voreintragungen zu Recht keine Veranlassung gesehen, eine auch nur geringe Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu bejahen.

Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 26.03.2008, Az. 29 W(pat) 23/05

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