BGH, Beschluss vom 11.09.2025, Az. I ZB 6/25
§ 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG, § 50 Abs. 1 MarkenG
Der BGH hat entschieden, dass derjenige der im Nichtigkeitsverfahren über eine Marke die Eintragung der Marke mit der Begründung angreift, sie sei bösgläubig angemeldet worden, die Beweis- beziehungsweise Feststellungslast für das Vorliegen der schlüssigen und übereinstimmenden Indizien trägt , die Voraussetzung für die Annahme des geltend gemachten absoluten Schutzhindernisses sind. Wenn die Umstände, auf die sich der Nichtigkeitsantragsteller beruft, geeignet sind, die Vermutung der Gutgläubigkeit des Markeninhabers bei Anmeldung der Marke zu widerlegen, ist es an dem Markeninhaber, Vortrag zu seinen Absichten bei Anmeldung der Marke zu halten, insbesondere plausible Erklärungen zu den Zielen und der wirtschaftlichen Logik der Anmeldung dieser Marke abzugeben. Das Vorliegen eines relativen Schutzhindernisses (z.B. Verwechselungsgefahr), so der Senat, reiche zur Annahme der Bösgläubigkeit der Markenanmeldung allein nicht aus. Allerdings spräche die Anmeldung eines Zeichens, das einer bekannten Marke hochgradig ähnlich oder mit ihr identisch sei, im Rahmen der Gesamtabwägung aller Umstände des Streitfalls dafür, dass die Markenanmeldung bösgläubig erfolgt sei, wenn weitere Umstände hinzuträten, die dies nahelegen würden. Zum Volltext der Entscheidung:
Bundesgerichtshof
Beschluss
…
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11.09.2025 durch … beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den am 15.01.2025 an Verkündungs Statt zugestellten Beschluss des 29. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Gründe:
A. Die Antragstellerin ist eine bekannte italienische Herstellerin von Sportwagen und Formel-1-Fahrzeugen, die bereits in den 1950er Jahren die Marke „Testa Rossa“ für einen Frontmotor-Rennwagen benutzt hat. Von 1984 bis 1991 hat sie das Serienmodell „Testarossa“, von 1991 bis 1994 das Modell „512 TR“ und von 1994 bis 1996 den Sportwagen „F 512 M“ produziert. lnsgesamt wurden mehr als 7.000 Modelle der Serie gebaut.
Der Markeninhaber ist Vorstand der A. AG und seit etwa 50 Jahren in der Spielzeug- und Modellautobranche unternehmerisch tätig.
Seit Jahrzehnten finden juristische Auseinandersetzungen insbesondere wegen Lizenzforderungen aufgrund der Wiedergabe von Herstellermarken auf Modellspielzeug zwischen dem Markeninhaber – teilweise gemeinsam mit dem D. V. der S. e.V. und anderen Herstellern von Spielzeug- und Modellautos – auf der einen Seite und Automobilherstellern auf der anderen Seite statt.
Für die Antragstellerin ist die IR-Wortmarke Nr. 910 752 „TESTAROSSA“ mit Zeitrang vom 17. Oktober 2006 für Waren der Klassen 12 und 28 eingetragen, die unter anderem in der Europäischen Union Schutz genießt. Auf zwei Lö-schungsanträge des Markeninhabers wegen Verfalls vom 14. November 2014 hinsichtlich Waren der Klasse 28 und vom 7. September 2015 hinsichtlich Waren der Klasse 12 hat das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Marke IR 910 752 mit Benennung der Europäischen Union in der Beschwerdeinstanz für sämtliche Waren gelöscht. In beiden Verfahren hat die Antragstellerin Klage zum Gericht der Europäischen Union erhoben mit dem Ziel des Fortbestands des Markenschutzes für die Waren der Klasse 12 „vehicles; structural and replacement parts, components and accessories therefor all in-cluded in this class; engines“ und der Klasse 28 „scale toy land motor vehicles“. Über die Klagen war bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht noch nicht entschieden.
Die Antragstellerin ist außerdem Inhaberin zweier „TESTAROSSA“ Wort-Bild-Marken, gegen die der Markeninhaber im Jahr 2015 ebenfalls Löschungsanträge wegen Verfalls gestellt hat, nämlich der deutschen Wort-Bild-Marke Nr. 1158448 mit Zeitrang vom 22. Juli 1986 und der international registrierten Wort-Bild-Marke IR Nr. 515 107 mit Zeitrang vom 22. Juli 1987, die jeweils für Waren der Klasse 12 eingetragen wurden. Die nach Widerspruch der Antragstellerin erhobenen, auf Schutzentziehung beziehungsweise auf Einwilligung in die Löschung dieser Marken erhobenen Klagen des Markeninhabers sind – nachdem das Berufungsgericht Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet und dieser hierüber entschieden hat (EuGH, Urteil vom 22. Oktober 2020 – C-720/18 und C-721/18, GRUR 2020, 1301 = WRP 2021, 29 – Ferrari [testarossa]) – hinsichtlich der Wort-Bild-Marke IR Nr. 515 107 für die Waren in Klasse 12 „automobiles et leur parties“ (OLG Düsseldorf, Urteil vom 24. Februar 2022 – 20 U 131/17, juris) und hinsichtlich der Wort-Bild-Marke Nr. 1158448 für die Waren in Klasse 12 „Automobile und Teile davon“ (OLG Düs-seldorf, Urteil vom 24. Februar 2022 – 20 U 132/17, juris) rechtskräftig abgewiesen worden.
Der Markeninhaber ist Inhaber der am 27. Dezember 2013 angemeldeten und seit dem 2. März 2015 unter der Nr. 30 2013 070 212 eingetragenen deutschen Wortmarke „Testa Rossa“, um die es im vorliegenden Verfahren geht (nachfolgend als „angegriffene Marke“ bezeichnet), die für folgende Waren Schutz genießt:
Klasse 7: Elektrische Bohnergeräte; elektrische Bohnermaschinen; elektrische Bohnerapparate; elektrische Bohrmaschinen; Brotschneidemaschinen; Bügel-maschinen; Dynamos für Fahrräder; Gemüse-Raspelmaschinen; nicht handbe-triebene Handwerkzeuge; Hochdruckreiniger; nicht handbetriebene Kaffeemüh-len; Kettensägen; Klebepistolen; elektrische Küchenmaschinen; Staubsauger-schläuche; Staubsaugerzubehör zum Versprühen von Duftstoffen und Desinfek-tionsmitteln; Waschapparate; Wäschewaschmaschinen; Waschmaschinen; Waschanlagen für Fahrzeuge; Müll-Zerkleinerer; elektrische Zerkleinerungsge-räte für den Haushalt; Zentrifugen;
Klasse 8: Nicht elektrische Handwerkzeuge aus Eisen; elektrische und nicht elek-trische Epiliergeräte; Messerschmiedewaren; Essbesteck; Etuis für Rasierappa-rate; Farbenspatel; Hämmer; Feilen; nicht elektrische handbetätigte Frisierge-räte; kleine Gartenmesser; Gartenscheren; handbetätigte Gartenwerkzeuge; Ge-müsehobel; handbetätigte Handwerkzeuge; Haarbrenneisen; elektrische und nicht elektrische Haarentfernungsgeräte; elektrische und nicht elektrische Haar-schneidemaschinen; Hacken; Hackmesser; Handbohrer; Handpumpen; Handsä-gen; Harken; handbetätigte Heckenscheren; Hobel; Jagdmesser; Laubsägen; elektrische und nicht elektrische Maniküre-Necessaires; Messer; elektrische und nicht elektrische Nagelfeilen; Nagelhautzangen; elektrische und nicht elektrische Fingernagel-Polierer; Pediküre-Necessaires; Rasier-Necessaires; Ohrlochstech-geräte; Pinzetten; Pinzetten zum Epilieren; handbetätigte Rasenmäher; elektrische oder nicht elektrische Rasierapparate; Rasierklingen; Rasiermesser;
Klasse 12: Fahrräder; Elektrofahrräder; E-Bikes; Elektrofahrzeuge; Fahrradbrem-sen; Zweiradbremsen; Fahrtrichtungsanzeiger für Fahrräder; Fahrradfelgen; Fahrradglocken; Fahrradketten; Fahrradklingeln; Fahrradkörbe; Fahrradlenk-stangen; Fahrradmotoren; Fahrradnaben; Fahrradnetze; Fahrradpedale; Fahr-radpumpen; Fahrradräder; Fahrradrahmen; Fahrradreifen; schlauchlose Fahr-radreifen; Fahrradsättel; Bezüge für Fahrradsättel; Fahrradschläuche; Fahrrad-speichen; alle vorbezeichneten Waren auch für Elektrofahrräder;
Klasse 18: Badetaschen;
Klasse 21: Haushaltsgeräte;
Klasse 28: Angelgeräte; Angelhaken; Angeln; Angelrollen; Angelruten; Angel-schnüre [Vorfächer]; Autorennbahnen; Bobs; Bodybuilding-Geräte; Bögen zum Bogenschießen; Boxhandschuhe; Eislaufstiefel; Ellbogenschützer; Expander; Fahrrad-Heimtrainer; Rollen für Fahrrad-Heimtrainer; Federballspiele; Gesell-schaftsspiele; Golfhandschuhe; Golfschläger; Golftaschen [mit oder ohne Räder]; Hanteln; Haspeln für Drachen; Modell-Fahrzeuge, Modell-Schiffe, Modell-Hubschrauber, Modell-Raketen und Modell-Flugzeuge, alles mit oder ohne elektri-schen Antrieb; Netze; Wurf-Pfeile; Reusen; Rodelschlitten; Roller; Rollschuhe; Saiten für Schläger; Schläger; Schlittschuhe; Schlittschuhstiefel; Schienbeinschützer; Skibeläge; Skibindungen; Snowboards; Schwimmer [Angelzubehör]; Schwimmflossen; Skateboards; Skier; Spielwaren; Surfbretter.
Der Markeninhaber hat neben der angegriffenen Marke sieben weitere „Testa Rossa“-Marken für verschiedene Waren der Klassen 3, 7, 9, 8, 12, 14, 16, 18, 21, 25, 28 und Dienstleistungen der Klasse 37 beim EUIPO und beim Deut-schen Patent- und Markenamt (DPMA) angemeldet und eintragen lassen. Zwi-schen den Beteiligten sind weitere Widerspruchsverfahren wegen „Testarossa“- und „Testa Rossa“-Marken anhängig, zum Teil bereits in der Beschwerdeinstanz.
Gegen die Eintragung der angegriffenen Marke hat die Antragstellerin am 1. Juli 2015 zunächst Widerspruch eingelegt sowohl aus einer Benutzungsmarke „Testa Rossa“ mit Zeitrang vom 1. Januar 1957 als auch aus der IR-Marke Nr. 910 752 „TESTAROSSA“ mit Zeitrang vom 17. Oktober 2006.
Am 28. Februar 2017 hat die Antragstellerin sodann die Löschung der an-gegriffenen Marke mit der Begründung beantragt, sie sei bösgläubig angemeldet worden und deshalb nichtig. Zudem hat sie angeregt, die angegriffene Marke aus diesem Grund von Amts wegen zu löschen.
Das DPMA hat den Beteiligten mitgeteilt, dass das Widerspruchsverfahren mit Blick auf den zwischenzeitlich gestellten Löschungsantrag zurückgestellt werde, und die Antragstellerin darüber unterrichtet, dass eine Löschung von Amts wegen nicht in Betracht komme. Dem ihm am 7. April 2017 zugegangenen Löschungsantrag hat der Inhaber der angegriffenen Marke mit anwaltlichem Schriftsatz vom 12. Mai 2017, beim DPMA eingegangen am selben Tag, widersprochen.
Das DPMA hat das Löschungsverfahren mit Beschluss vom 27. Septem-ber 2019 zunächst mit der Begründung ausgesetzt, dass für die Frage des schutzwürdigen Besitzstands der Antragstellerin die rechtserhaltende Benutzung der Bezeichnung „Testa Rossa“ maßgeblich sei. Hierfür entscheidungserhebliche Auslegungsfragen seien Gegenstand der Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Düsseldorf an den Gerichtshof der Europäischen Union (OLG Düsseldorf, GRUR 2019, 180; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Novem-ber 2018 – 20 U 132/17, juris).
Mit Beschluss vom 23. April 2021 hat das DPMA – soweit noch von Bedeutung – den Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit und Löschung der angegriffenen Marke zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Antragstellerin hat das Bundespatentgericht zurückgewiesen (BPatG, Beschluss vom 15. Januar 2025 – 29 W [pat] 14/21, juris).
Mit der vom Bundespatentgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Löschungsbegehren weiter. Der Markeninhaber beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
B. Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde der Antragstellerin für unbegründet erachtet, da die Voraussetzungen für eine Löschung der angegriffenen Marke wegen bösgläubiger Markenanmeldung gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG aF in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG aF nicht hinreichend dargetan und auch ansonsten nicht feststellbar seien. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die von der Antragstellerin vorgetragenen Umstände und die Feststellungen des Gerichts könnten die Annahme eines böswilligen Verhaltens des Markeninhabers im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke nicht ausreichend begründen. Eine bösgläubige Markenanmeldung könne mit der erforderlichen Sicherheit weder unter dem Gesichtspunkt der Anmeldung ei-ner Spekulationsmarke noch unter dem Gesichtspunkt der Störung eines schutzwürdigen Besitzstands der Antragstellerin oder des beabsichtigten zweckfremden Einsatzes der Sperrwirkung der Marke als Mittel des Wettbewerbskampfs angenommen werden. Schließlich könne auch bei Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls nicht aus anderen Gründen angenommen werden, dass die Anmeldung der angegriffenen Marke durch den Markeninhaber als rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig anzusehen sei. Es könne insbesondere nicht angenommen werden, dass das Verhalten des Markeninhabers in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet gewesen oder dass es mit Blick auf eine von der Antragstellerin so bezeichnete Fallgruppe einer „funktionswidrigen“ Markenanmeldung als bösgläubig anzusehen sei.
C. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
I. Die ohne Beschränkung auf einen abgrenzbaren Teil zugelassene Rechtsbeschwerde eröffnet dem Rechtsbeschwerdegericht die volle rechtliche Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses, ohne dass diese auf die Entscheidung der als Zulassungsgrund angeführten Rechtsfragen beschränkt ist (BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2023 – I ZB 28/23, GRUR 2024, 216 [juris Rn. 7] = WRP 2024, 329 – KÖLNER DOM, mwN).
II. Das Bundespatentgericht hat eine Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und eine Zurückverweisung der Sache an das DPMA nicht für erforderlich gehalten. Es hat angenommen, zwar liege ein Verfahrensfehler im Sinne von § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG vor, weil das DPMA – ohne das von ihm ausgesetzte Verfahren wiederaufzunehmen und ohne weitere Gelegenheit zur Stellungnahme – unabhängig von dem Ausgang der Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Düsseldorf an den Gerichtshof der Europäischen Union über den Löschungsantrag entschieden und die Bösgläubigkeit der Markenanmeldung verneint habe. Es stehe damit eine Verletzung des Anspruchs der An-tragstellerin auf rechtliches Gehör im Raum. Da die Antragstellerin in der Beschwerdeinstanz die erforderliche Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt habe, werde jedoch aus Gründen der Verfahrensökonomie von einer Zurückverweisung der Sache an das DPMA abgesehen. Gegen dieses Vorgehen wendet sich die Rechtsbeschwerde nicht.
III. Nach dem Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke am 27. Dezember 2013 ist das im Streitfall maßgebliche Recht durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mit-gliedstaaten über die Marken vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2357) mit Wir-kung ab 14. Januar 2019 novelliert worden. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht.
Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2008/95/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken konnte jeder Mitgliedstaat vorsehen, dass eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist oder im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung unterliegt, wenn und soweit der Antragsteller die Eintragung der Marke bösgläubig beantragt hat. Die Richtli-nie (EU) 2015/2436, mit der die Richtlinie 2008/95/EG neu gefasst worden ist, sieht in Art. 4 Abs. 2 vor, dass eine Marke für nichtig zu erklären ist, wenn der Anmelder die Marke bösgläubig zur Eintragung angemeldet hat; jeder Mitglied-staat kann überdies vorsehen, dass eine solche Marke von der Eintragung aus-geschlossen ist.
Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem im Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke seit dem 1. Juni 2004 geltenden § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG aF und der seit dem 14. Januar 2019 geltenden wortlautidentischen Regelung in § 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG die vorstehend genannten Richtlinien in das deutsche Recht umgesetzt und vorgesehen, dass bösgläubig angemeldete Marken von der Eintragung ausgeschlossen sind. Nach der gegenüber der vor-herigen Fassung der Regelung lediglich in der Terminologie an die Richtlinien angepassten und ohne Übergangsregelung mit Wirkung ab dem 14. Januar 2019 geltenden und damit im Streitfall anwendbaren Vorschrift des § 50 Abs. 1 MarkenG (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juli 2020 – I ZB 42/19, GRUR 2020, 1089 [juris Rn. 24] = WRP 2020, 1311 – Quadratische Tafelschokoladenver-packung II) wird die Eintragung einer Marke auf Antrag für nichtig erklärt und ge-löscht, wenn sie entgegen §§ 3, 7 oder 8 MarkenG eingetragen worden ist.
IV. Das Bundespatentgericht hat mit Recht angenommen, dass die angegriffene Marke nicht wegen ihrer bösgläubigen Anmeldung gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG aF für nichtig zu erklären und zu löschen ist.
1. Für die Prüfung, ob eine Marke bösgläubig angemeldet worden ist, gelten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesgerichtshofs folgende Maßstäbe:
Für die Beurteilung der Bösgläubigkeit einer Markenanmeldung im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2008/95/EG und von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG aF ist auf den Zeitpunkt der Anmeldung der Marke abzustellen (zu Art. 51 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EG] Nr. 40/89 über die Gemeinschafts-marke vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juni 2009 – C-529/07, Slg. 2009, I-4893 = GRUR 2009, 763 [juris Rn. 35] – Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli; zu Art. 4 Abs. 4 Buchst. g der Richtlinie 2008/95/EG vgl. EuGH, Urteil vom 27. Juni 2013 C320/12, GRUR 2013, 919 [juris Rn. 36] = WRP 2013, 1166 – Malaysia Dairy Industries; zu Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EG] Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2025 – C-17/24, GRUR 2025, 1168 [juris Rn. 68] = WRP 2025, 1012 – CeramTec; BGH, Beschluss vom 18. April 2013 – I ZB 71/12, GRUR 2013, 1143 [juris Rn. 15] = WRP 2013, 1478 – Aus Akten werden Fakten; Beschluss vom 17. Oktober 2013 – I ZB 65/12, GRUR 2014, 483 [juris Rn. 22] = WRP 2014, 438 – test; Beschluss vom 15. Ok-tober 2015 – I ZB 69/14, GRUR 2016, 380 [juris Rn. 13] = WRP 2016, 480 – GLÜCKSPILZ). Dass der Zeitpunkt der Markenanmeldung für die Beurteilung der Böswilligkeit maßgeblich ist, schließt eine Berücksichtigung des Verhaltens des Anmelders vor und nach der Markenanmeldung nicht aus. Insbesondere aus dem Verhalten nach Anmeldung können sich Anhaltspunkte für oder gegen eine zum Anmeldezeitpunkt vorliegende Behinderungsabsicht ergeben (EuGH, GRUR 2025, 1168 [juris Rn. 71] – CeramTec; BGH, GRUR 2016, 380 [juris Rn. 14] – GLÜCKSPILZ; BGH, Beschluss vom 27. Mai 2021 – I ZR 149/20, juris Rn. 26).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt eine bösgläu-bige Markenanmeldung insbesondere in Betracht, wenn der Anmelder weiß, dass ein anderer dasselbe oder ein verwechselbares Zeichen für dieselben oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben, und besondere Umstände hinzukom-men, die das Verhalten des Anmelders als sittenwidrig erscheinen lassen. Solche besonderen Umstände können darin liegen, dass der Zeicheninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstands des Vorbenutzers ohne zureichenden sach-lichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstands des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen, oder dass der Zeicheninhaber die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entste-hende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweck-fremd als Mittel des Wettbewerbskampfs einsetzt (vgl. BGH, GRUR 2016, 380 [juris Rn. 17] – GLÜCKSPILZ, mwN). Von einer missbräuchlichen Ausnutzung ei-ner formalen Rechtsstellung ist außerdem auszugehen, wenn ein Markeninhaber eine Vielzahl von Marken zu Spekulationszwecken für unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen anmeldet, hinsichtlich der in Rede stehenden Marken kei-nen ernsthaften Benutzungswillen hat – vor allem zur Benutzung in einem eige-nen Geschäftsbetrieb oder für dritte Unternehmen aufgrund eines bestehenden oder potentiellen konkreten Beratungskonzepts – und die Marken im Wesentli-chen zu dem Zweck gehortet werden, Dritte, die identische oder ähnliche Be-zeichnungen verwenden, mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen (BGH, Urteil vom 23. November 2000 – I ZR 93/98, GRUR 2001, 242 [juris Rn. 34 f.] = WRP 2001, 160 – Classe E). Diese drei vom Bundesgerichtshof entwickelten Fallgruppen – Störung des schutzwürdigen Besitzstands eines Vor-benutzers, beabsichtigter zweckfremder Einsatz der Marke als Mittel des Wett-bewerbskampfs und Markenanmeldung zu Spekulationszwecken – sind nicht abschließend. Bei der Beurteilung der Frage der Bösgläubigkeit kommt es stets auf eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls an (BGH, Urteil vom 23. September 2015 – I ZR 105/14, BGHZ 207, 71 [juris Rn. 58] – Goldbären).
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind für die Beurteilung der Frage, ob der Anmelder bösgläubig ist, alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung eines Zeichens als Unionsmarke vorliegen, insbesondere die Tatsache, dass der Anmelder weiß oder wissen muss, dass ein Dritter in mindestens einem Mitglied-staat ein gleiches oder ähnliches Zeichen für eine gleiche oder mit dem angemel-deten Zeichen verwechselbar ähnliche Ware verwendet, die Absicht des Anmel-ders, diesen Dritten an der weiteren Verwendung eines solchen Zeichens zu hin-dern, sowie der Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des Dritten und das angemeldete Zeichen genießen (zu Art. 51 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EG] Nr. 40/89 vgl. EuGH, GRUR 2009, 763 [juris Rn. 53] – Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli).
2. Das Bundespatentgericht ist unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe zu dem Ergebnis gelangt, dass der Markeninhaber die angegriffene Marke nicht bösgläubig angemeldet hat.
a) Es hat angenommen, eine bösgläubige Markenanmeldung unter dem Gesichtspunkt der Anmeldung einer Spekulationsmarke sei nicht gegeben.
aa) Als Hauptanwendungsfall einer bösgläubig angemeldeten Spekulati-onsmarke werde die Hortung von Marken ohne Benutzungswillen angesehen. Dieser Tatbestand sei erfüllt, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ vorlä-gen: Es müsse eine Vielzahl von Marken für völlig unterschiedliche Waren und Dienstleistungen angemeldet worden sein, sich hinsichtlich der Marken kein ernsthafter Benutzungswille des Anmelders feststellen lassen und die Anmel-dung mit der eindeutigen Absicht erfolgt sein, Dritte in rechtsmissbräuchlicher Weise bei der Verwendung gleicher oder ähnlicher Marken zu behindern, insbe-sondere sie mit rechtsmissbräuchlichen Unterlassungs- und Schadensersatzan-sprüchen zu überziehen. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt.
Zwar sei die angegriffene Marke für ganz unterschiedliche Waren der Klassen 7, 8, 12, 18, 21 und 28 angemeldet worden. Der Markeninhaber habe außerdem eine Vielzahl weiterer „Testa Rossa“-Marken für unterschiedliche Klassen beim DPMA und beim EUIPO angemeldet. Allein hieraus könne jedoch nicht per se geschlossen werden, dass die Anmeldung der angegriffenen Marke mit Behinderungsabsicht erfolgt sei.
Dem Markeninhaber könne zudem ein eigener genereller Benutzungswille nicht ohne Weiteres abgesprochen werden. Unabhängig von der Frage, in welchem Umfang der Markeninhaber sein Lizenzgeschäft überhaupt substantiiert dargelegt habe und inwieweit dies von der Antragstellerin ausreichend konkret bestritten worden sei, begründe ein solches Lizenzgeschäft nicht nur eine rechts-erhaltende Benutzung einer Marke, sondern könne je nach den Umständen des Einzelfalls auch ein nachvollziehbares, der Annahme einer bösgläubigen Mar-kenanmeldung entgegenstehendes Geschäftsmodell darstellen. Dass noch keine konkreten Geschäftsmodelle oder gar Vertragsvereinbarungen mit Lizenz-nehmern vorgelegt worden seien, sei nach dem Vorbringen des Markeninhabers unter anderem dem vorliegenden Verfahren geschuldet. Dies sei wirtschaftlich sinnvoll und nachvollziehbar. Soweit die Antragstellerin geltend mache, es gebe keinen sinnvollen Lizenzmarkt für die Lizenzierung einer Marke „Testarossa“ oder „Testa Rossa“ für elektrische Rasierer, auf die sich der Markeninhaber berufe, greife dies nicht durch, weil die Verwendung einer früher für Rennautos bekannten Marke („Carrera“) für ganz andere Waren (Arbeitsschuhe, Leuchtmittel, Pinsel und so weiter) am Markt bereits praktiziert werde. Außerdem sei der Markeninhaber unstreitig in der Spielzeugbranche geschäftlich tätig und die angegriffene Marke beanspruche unter anderem Schutz für Waren der Klasse 28. In Bezug auf die in dieser Klasse beanspruchten Spielwaren, insbesondere Modellspielzeug, sei eine Verwendung der angegriffenen Marke auch für den eigenen Geschäftsbetrieb denkbar und unternehmerisch sinnvoll.
Außerdem fehle es an konkreten Anhaltspunkten, dass die Anmeldung mit der eindeutigen Absicht erfolgt sei, Dritte in rechtsmissbräuchlicher Weise bei der Verwendung gleicher oder ähnlicher Marken zu behindern. Der Markeninhaber sei aus der angegriffenen Marke bislang weder gegen die Antragstellerin noch gegen andere Marktteilnehmer vorgegangen. Dass er gegen mehrere „Testarossa“-Marken der Antragstellerin Verfallsanträge beim EUIPO und beim DPMA eingereicht beziehungsweise Verfallsklagen vor deutschen Gerichten erhoben habe, stelle kein Indiz für eine rechtsmissbräuchliche Markenanmeldung dar. Vielmehr zeigten diese Klagen beziehungsweise Anträge, dass der Markeninha-ber der Ansicht sei, dass die Antragstellerin ihre „Testarossa“-Marken nicht mehr nutze. Dass die Antragstellerin jedenfalls für „Automobile und Teile davon“ über ein älteres Recht an der Bezeichnung „Testarossa“ verfüge, sei ebenfalls kein Indiz für eine Behinderungsabsicht des Markeninhabers. Kennzeichen Dritter seien grundsätzlich und ohne Hinzutreten besonderer Umstände nur relative Schutzhindernisse, die nicht im Löschungs-, sondern im Widerspruchsverfahren geltend zu machen seien.
bb) Eine bösgläubige Anmeldung einer Spekulationsmarke sei des Weite-ren nicht wegen der „Usurpation einer bekannten Marke“ oder des „Trittbrettfah-rens“ anzunehmen. Es könne offenbleiben, inwieweit das Aufgreifen ehemals be-kannter Bezeichnungen als „Trittbrettfahren“ die Bösgläubigkeit einer Markenan-meldung nach sich ziehe. Vorliegend sei die Antragstellerin Inhaberin älterer Mar-ken, die weiterhin rechtserhaltend benutzt würden, dies stehe jedenfalls hinsicht-lich der Wort-Bild-Marken „Testarossa“ in Bezug auf „Automobile und Teile da-von“ zwischen den Beteiligten rechtskräftig fest. Für die Annahme des absoluten Schutzhindernisses der bösgläubigen Markenanmeldung sei der Bestand einer älteren Marke, sei sie auch weiterhin bekannt, für sich allein nicht ausreichend.
b) Das Bundespatentgericht hat weiter ausgeführt, eine böswillige Marken-anmeldung sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Störung eines schutz-würdigen Besitzstands der Antragstellerin zu bejahen.
Auch wenn ein schutzwürdiger Besitzstand der Antragstellerin an der Be-zeichnung „Testarossa“ jedenfalls für die Waren „Automobile und Teile davon“ zugrunde zu legen und zudem davon auszugehen sei, dass der Markeninhaber die (klanglich) identische Marke „Testa Rossa“ in Kenntnis dieses Besitzstands teilweise, nämlich (jedenfalls) hinsichtlich eines Teils der Waren der Klasse 12 wie beispielsweise Fahrräder, für verwechselbar ähnliche Waren angemeldet habe, könne bei Gesamtwürdigung der Umstände des Falls nicht mit hinreichen-der Sicherheit festgestellt werden, dass der Markeninhaber ungerechtfertigt mit Störungs- oder Behinderungsabsicht in diesen Besitzstand eingegriffen habe. Daher fehle es an den weiteren eine Bösgläubigkeit begründenden Umständen.
Eine Störungs- oder Behinderungsabsicht ergebe sich weder aus den Rechtsstreitigkeiten, die der Markeninhaber mit verschiedenen Automobilherstel-lern geführt habe, noch aus der fehlenden Vorbenutzung des Zeichens durch den Markeninhaber. Die von der Antragstellerin angeführte Bekanntheit der Marke „Testarossa“ für Sportwagen und die von ihr in diesem Zusammenhang vorge-tragenen Aspekte seien nicht geeignet, mit der erforderlichen Sicherheit von einer Anmeldung der angegriffenen Marke mit dem Ziel der Störung des Besitz-stands der Antragstellerin auszugehen. Vielmehr könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Anmeldung in erster Linie für die eigene wirtschaftliche Tätigkeit des Markeninhabers, nämlich ein künftiges Lizenzgeschäft, erfolgt sei.
c) Das Bundespatentgericht hat weiter angenommen, eine böswillige An-meldung der Marke in der Absicht des zweckwidrigen Einsatzes ihrer Sperrwir-kung als Mittel im Wettbewerbskampf könne ebenfalls nicht angenommen wer-den, weil nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf die subjektive Behinderungs-absicht des Markeninhabers geschlossen werden könne. Eine solche Absicht er-gebe sich weder aus der von der Antragstellerin vorgetragenen öffentlichen Kritik des Markeninhabers an den aus seiner Sicht unberechtigten Lizenzforderungen der Automobilbranche noch aus dem möglichen Ziel des Markeninhabers, bei einer künftigen Verwendung für die diversen beanspruchten Waren, auch im Wege der Lizenzierung, von einer (früheren) Bekanntheit der Bezeichnung „Testarossa“ zu profitieren. Einem solchen Zunutze-Machen der Investitionen ei-nes (früheren) Markeninhabers könne durch die Geltendmachung relativer Schutzhindernisse entgegengetreten werden, sofern deren Voraussetzungen vorlägen. Für die Annahme eines bösgläubigen Verhaltens sei das Profitieren vom guten Ruf einer – auch einer früher oder für andere Waren und Dienstlei-stungen genutzten – Marke eines Dritten ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht ausreichend. Es könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausge-gangen werden, dass das Verhalten des Markeninhabers in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung der Antragstellerin oder Dritter und nicht maßgeblich auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ge-wesen sei.
d) Das Bundespatentgericht hat schließlich ausgeführt, auch über die von der deutschen Rechtsprechung entwickelten drei nicht abschließenden Fallgrup-pen hinaus vermöge die Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls nicht die Annahme einer bösgläubigen Markenanmeldung zu begründen. Der Marken-inhaber habe mit der Markenanmeldung eine nicht zu missbilligende unterneh-merische Logik verfolgt. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin sei nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union für die Annahme ei-ner bösgläubigen Markenanmeldung ein subjektives Element erforderlich, insbe-sondere eine Behinderungsabsicht. Daran fehle es. Selbst wenn man auf eine von einer Behinderungsabsicht unabhängige „funktionswidrige“ Anmeldung ab-stellen würde, führte dies im Streitfall nicht zur Annahme einer bösgläubigen Mar-kenanmeldung. Die vom Markeninhaber geplante Verwendung der Marke im Wege der Lizenzierung sei nicht als funktionswidrig anzusehen, weil die Marke auch im Falle ihrer Lizenzierung entsprechend ihrer Hauptfunktion, nämlich der Herkunftsfunktion, benutzt werde.
3. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbe-schwerde haben keinen Erfolg.
a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Bundespatentge-richt zutreffend bei den von der deutschen Rechtsprechung gebildeten Fallgrup-pen und bei der Gesamtwürdigung aller Umstände des Streitfalls angenommen, dass die Annahme der Bösgläubigkeit einer Markenanmeldung eine Behinde-rungsabsicht des Markeninhabers voraussetzt. Es hat rechtsfehlerfrei angenom-men, dass der Markeninhaber im vorliegenden Fall keine Behinderungsabsicht hatte. Auch die Annahme des Bundespatentgerichts, selbst wenn man auf eine von einer Behinderungsabsicht unabhängige funktionswidrige Markenanmel-dung abstelle, würde dies im Streitfall nicht zur Annahme einer bösgläubigen Markenanmeldung führen, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
aa) Der Begriff der Bösgläubigkeit ist ein autonomer Begriff des Unions-rechts. Er ist angesichts der Notwendigkeit einer kohärenten Anwendung der nationalen Markenregelungen und der Unionsmarkenregelung in gleicher Weise auszulegen (vgl. EuGH, GRUR 2013, 919 [juris Rn. 34 f.] – Malaysia Dairy Industries; EuGH, Urteil vom 29. Januar 2020 – C-371/18, GRUR 2020, 288 [juris Rn. 73] = WRP 2020, 306 – Sky u.a.). Für die Beurteilung der Bösgläubigkeit ist auch die Absicht des Anmelders zum Zeitpunkt der Anmeldung zu berücksichti-gen. Die Absicht des Anmelders im maßgeblichen Zeitpunkt ist ein subjektives Tatbestandsmerkmal, das anhand der objektiven Fallumstände bestimmt werden muss (EuGH, GRUR 2009, 763 [juris Rn. 41 f.] – Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli; GRUR 2025, 1168 [juris Rn. 57] – CeramTec). Bei der Auslegung des Begriffs „bösgläubig“ ist neben dem Umstand, dass er in seiner üblichen Bedeu-tung im gewöhnlichen Sprachgebrauch eine unredliche Geisteshaltung oder Ab-sicht voraussetzt, der besondere markenrechtliche Kontext, nämlich der des Ge-schäftslebens, zu berücksichtigen. Insoweit sollen die Unionsregelungen im Be-reich der Marken insbesondere zu einem System unverfälschten Wettbewerbs in der Union beitragen, in dem jedes Unternehmen, um die Kunden durch die Qua-lität seiner Waren oder seiner Dienstleistungen an sich zu binden, die Möglichkeit haben muss, Zeichen als Marken eintragen zu lassen, die es dem Verbraucher ermöglichen, diese Waren oder diese Dienstleistungen ohne Verwechslungsge-fahr von denen anderer Herkunft zu unterscheiden (EuGH, Urteil vom 12. Sep-tember 2019 – C-104/18, juris Rn. 45 – Koton Mağazacilik Tekstil Sanayi ve Ticaret/EUIPO [STYLO & KOTON]; EuGH, GRUR 2020, 288 [juris Rn. 74] – Sky u.a.; GRUR 2025, 1168 [juris Rn. 55] – CeramTec). Eine Markenanmeldung ist bösgläubig, wenn sich aus schlüssigen und übereinstimmenden Indizien ergibt, dass der Inhaber einer Marke deren Anmeldung nicht mit dem Ziel eingereicht hat, sich in lauterer Weise am Wettbewerb zu beteiligen, sondern mit der Absicht, in einer den redlichen Handelsbräuchen widersprechenden Weise Drittinteressen zu schaden oder mit der Absicht, sich ohne Bezug zu einem konkreten Dritten ein ausschließliches Recht zu anderen als zu den zur Funktion einer Marke ge-hörenden Zwecken – unter anderem der wesentlichen Funktion der Herkunftsan-gabe – zu verschaffen (EuGH, Urteil vom 12. September 2019 – C-104/18, juris Rn. 46 – Koton Mağazacilik Tekstil Sanayi ve Ticaret/EUIPO [STYLO & KOTON]; EuGH, GRUR 2020, 288 [juris Rn. 75 und 77] – Sky u. a; GRUR 2025, 1168 [juris Rn. 56] – CeramTec). Die Bösgläubigkeit des Anmelders ist umfassend zu beur-teilen, wobei alle im jeweiligen Fall erheblichen Faktoren zu berücksichtigen sind (EuGH, GRUR 2009, 763 [juris Rn. 37] – Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli; GRUR 2025, 1168 [juris Rn. 57] – CeramTec; BGHZ 207, 71 [juris Rn. 58] – Gold-bären).
Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs ist – wie das Bundespatentgericht mit Recht angenommen hat – dahin zu verstehen, dass eine Schädigungs- oder Behinderungsabsicht hinsichtlich Drittinteressen für die Annahme einer bösgläu-bigen Markenanmeldung erforderlich ist; nicht erforderlich ist allein ein Bezug zu einem konkreten Dritten. Die Rechtsbeschwerde wendet ohne Erfolg ein, selbst wenn es keinerlei negative Auswirkungen auf Dritte gäbe, wäre trotzdem eine funktionswidrige und allein deshalb bösgläubige Anmeldung einer Marke denkbar und deshalb eine Drittschädigungsabsicht nicht erforderlich.
Die Rechtsbeschwerde weist allerdings zutreffend darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu der Funktion des durch die Marke gewährten ausschließlichen Rechts nicht nur ihre Haupt-funktion, das heißt die Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung gegenüber den Verbrauchern, gehört. Vielmehr gehören dazu auch ihre anderen Funktionen wie unter anderem die Gewährleistung der Qualität dieser Ware oder Dienstleistung oder die Kommunikations-, Investitions- oder Werbefunktion (EuGH, Urteil vom 16. Juni 2009 – C-487/07, Slg. 2009, I-5185 = GRUR 2009, 756 [juris Rn. 58] – L’Oréal u.a.).
Die Anmeldung einer Marke in der Absicht, das Zeichen nicht funktionsge-recht zu nutzen, beeinträchtigt bereits ihrer Natur nach Drittinteressen. Die Marke verschafft dem Inhaber ein ausschließliches Recht und führt dazu, dass andere Wirtschaftsteilnehmer das Zeichen für die beanspruchten Waren oder Dienstlei-stungen nicht nutzen können. Die Anmeldung eines Zeichens in der Absicht, es nicht entsprechend den Markenfunktionen zu nutzen, führt deshalb ohne Weite-res zu negativen Auswirkungen für Dritte. Dass sich dies im Streitfall anders ver-hält, legt die Rechtsbeschwerde nicht dar. Sie macht im Gegenteil geltend, der Markeninhaber habe bewusst das Ziel verfolgt, sich im Gegensatz zur Antrag-stellerin als sympathischer kleiner „David“ im Kampf mit einem übermächtigen „Goliath“ werbewirksam zu profilieren. Aus diesen Darlegungen und dem Hin-weis, dass der Markeninhaber Rechtsstreitigkeiten mit verschiedenen Automo-bilherstellern führt, geht ohne weiteres hervor, dass die Antragstellerin eine Be-einträchtigung ihrer Interessen und derjenigen anderer Automobilhersteller für möglich hält.
bb) Das Bundespatentgericht hat auf der Grundlage der von ihm getroffe-nen Feststellungen rechtsfehlerfrei eine Behinderungs- oder Drittschädigungsab-sicht des Markeninhabers im Zeitpunkt der Anmeldung verneint.
(1) In Bezug auf die Ablehnung einer Bösgläubigkeit unter dem Gesichts-punkt der Anmeldung einer sogenannten Spekulationsmarke ist das Bundespa-tentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Markeninhaber eine eigene Be-nutzungsabsicht nicht abgesprochen werden könne und es zudem an konkreten Anhaltspunkten dahingehend fehle, dass die Anmeldung mit der eindeutigen Ab-sicht erfolgt sei, Dritte in rechtsmissbräuchlicher Weise bei der Verwendung glei-cher oder ähnlicher Marken zu behindern. In Bezug auf die Verneinung einer bösgläubigen Markenanmeldung unter dem Gesichtspunkt der Störung eines schutzwürdigen Besitzstands hat das Bundespatentgericht eine Störungs- oder Behinderungsabsicht nicht feststellen können und sich in diesem Zusammen-hang mit einer Vielzahl von Umständen befasst. Es hat es nicht für ausgeschlos-sen erachtet, dass die Anmeldung in erster Linie für die eigene wirtschaftliche Tätigkeit des Markeninhabers erfolgt sei. In Bezug auf die Verneinung einer bös-gläubigen Anmeldung der Marke in der Absicht des zweckwidrigen Einsatzes ih-rer Sperrwirkung als Mittel im Wettbewerbskampf hat das Bundespatentgericht das möglicherweise bestehende Ziel des Markeninhabers berücksichtigt, die Marke zu lizenzieren, und darin einen Einsatz der Marke entsprechend ihrer Hauptfunktion als Herkunftshinweis gesehen. Aus demselben Grund hat es auch bei der Gesamtwürdigung aller Umstände des Streitfalls eine Bösgläubigkeit des Markeninhabers verneint. Es hat ausgeführt, das Fehlen konkreter Pläne im Zeit-punkt der Anmeldung korreliere mit dem System der fünfjährigen Benutzungs-schonfrist und sei im konkreten Fall mit Blick auf die andauernden Rechtsstrei-tigkeiten zwischen den Beteiligten nachvollziehbar.
(2) Diese Beurteilung steht mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in Einklang. Danach reicht es für die Annahme der Bösgläu-bigkeit nicht aus, wenn der Anmelder im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke keinen konkreten Willen zur Benutzung der Marke entsprechend ihrer Hauptfunk-tion hat, das heißt zur Benutzung des Zeichens zur Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung. Der Anmelder einer Marke muss zum Zeitpunkt seiner Markenanmeldung oder deren Prüfung weder angeben noch genau wis-sen, wie er die angemeldete Marke benutzen wird; er verfügt über einen Zeitraum von fünf Jahren, um eine tatsächliche Benutzung aufzunehmen, die der Haupt-funktion der Marke entspricht. Zwar kann die Eintragung einer Marke, ohne dass der Anmelder die Absicht hat, sie für die von der Eintragung erfassten Waren und Dienstleistungen zu benutzen, Bösgläubigkeit darstellen. Die Bösgläubigkeit eines Markenanmelders kann jedoch nicht auf der Grundlage der bloßen Feststellung angenommen werden, dass der Anmelder bei der Anmeldung kei-nen Geschäftsbereich hatte, der den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen entsprach. Eine solche Bösgläubigkeit kann vielmehr nur fest-gestellt werden, wenn es schlüssige und übereinstimmende objektive Indizien für eine unredliche Absicht des Anmelders der betreffenden Marke zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung gibt (vgl. EuGH, GRUR 2020, 288 [juris Rn. 76 bis 78] – Sky u.a.). Entsprechendes gilt für die übrigen vom Gerichtshof erwähnten Funktionen der Marke. Deshalb kann nur bei Feststellung tragfähiger Indizien angenommen werden, der Markeninhaber habe im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens nicht die Absicht gehabt, die Marke entsprechend ihrer weiteren Funktionen zu nutzen.
(3) Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, das Bundespatentgericht habe nicht festgestellt, dass es dem Markeninhaber im Zeitpunkt der Anmeldung in erster Linie um die Benutzung der Marke als Herkunftshinweis im Wege der Lizenzierung an Dritten gegangen sei, eine Benutzungsabsicht des Markeninhabers nehme nur eine untergeordnete Bedeutung ein, weshalb von einer bösgläu-bigen Markenanmeldung auszugehen sei.
(a) Soweit die Rechtsbeschwerde der Ansicht ist, das Bundespatentgericht habe zu Unrecht die von der Antragstellerin vorgelegte Chronologie der vom Markeninhaber geführten Rechtsstreitigkeiten mit verschiedenen Automobilher-stellern und ihren Vortrag, der Markeninhaber habe versucht, sie werbewirksam auszuschlachten, nicht als ausreichend erachtet, eine funktionswidrige Anmel-dung der angegriffenen Marke anzunehmen, ersetzt sie die tatgerichtliche Wür-digung des Bundespatentgerichts durch ihre eigene, ohne einen Rechtsfehler des Bundespatentgerichts aufzuzeigen.
(b) Ein Rechtsfehler ist auch sonst nicht ersichtlich. Die Annahme der Bös-gläubigkeit einer Markenanmeldung ist erst gerechtfertigt, wenn das betreffende Verhalten bei objektiver Würdigung der Umstände in erster Linie auf die Beein-trächtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist. Die Annahme der Bösgläubig-keit ist allerdings nicht allein durch den eigenen Benutzungswillen des Markenin-habers ausgeschlossen. Vielmehr ist eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 2008 – I ZR 38/05, GRUR 2008, 621 [juris Rn. 32] = WRP 2008, 785 – AKADEMIKS). Das Bundespatent-gericht hat alle Umstände des Streitfalls berücksichtigt und danach nicht feststel-len können, dass eine Behinderung der Antragstellerin das wesentliche Motiv des Markeninhabers bei Anmeldung der angegriffenen Marke gewesen ist.
cc) Die Annahme des Bundespatentgerichts, selbst wenn man auf eine von einer Behinderungsabsicht unabhängige „funktionswidrige Anmeldung“ ab-stelle, würde dies nicht zur Annahme einer bösgläubigen Markenanmeldung füh-ren, lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen.
(1) Das Bundespatentgericht hat angenommen, die vom Markeninhaber geplante Verwendung der Marke im Wege der Lizenzierung sei nicht als funk-tionswidrig anzusehen. Vielmehr stünden derartige Pläne einer künftigen Lizen-zierung mit den markenrechtlichen Grundsätzen in Einklang. Eine Marke werde auch im Fall ihrer Lizenzierung entsprechend ihrer Hauptfunktion, nämlich der Herkunftsfunktion, benutzt. Das Fehlen konkreter Pläne im Zeitpunkt der Anmel-dung korreliere mit dem System der fünfjährigen Benutzungsschonfrist. Es sei im Streitfall mit Blick auf die andauernden Rechtsstreitigkeiten zwischen den Betei-ligten nachvollziehbar.
(2) Die Rechtsbeschwerde wendet sich gegen diese Beurteilung ohne Er-folg mit der Begründung, der Markeninhaber habe eine Absicht zur Benutzung der angegriffenen Marke für alle von ihm angemeldeten Waren und Dienstlei-stungen weder dargelegt noch nachgewiesen. Das Bundespatentgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union der Anmelder einer Marke zum Zeitpunkt seiner Markenan-meldung oder deren Prüfung weder angeben noch genau wissen muss, wie er die angemeldete Marke benutzen wird; er verfügt über einen Zeitraum von fünf Jahren, um eine tatsächliche Benutzung aufzunehmen, die der Hauptfunktion der Marke entspricht. Die Bösgläubigkeit eines Markenanmelders kann daher nicht auf der Grundlage der bloßen Feststellung angenommen werden, dass der An-melder bei der Anmeldung keinen Geschäftsbereich hatte, der den von der An-meldung erfassten Waren und Dienstleistungen entsprach (EuGH, GRUR 2020, 288 [juris Rn. 76 und 78] – Sky u.a.). Danach kann vom Markeninhaber der von der Rechtsbeschwerde vermisste Vortrag nicht verlangt werden. Gegen die zu-treffende Beurteilung, dass in der Lizenzierung einer Marke deren funktionsge-rechte Verwendung liegt, wendet sich die Rechtsbeschwerde nicht. Sie lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen.
b) Die Rechtsbeschwerde wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Bundespatentgerichts, die Antragstellerin treffe die Feststellungslast für das absolute Schutzhindernis der bösgläubigen Markenanmeldung.
aa) Das Bundespatentgericht hat angenommen, wenn die Feststellung des Schutzhindernisses der bösgläubigen Markenanmeldung unter Berücksich-tigung der von den Beteiligten vorgelegten und von Amts wegen zusätzlich ermit-telten Unterlagen nicht möglich sei, müsse es in Grenz- oder Zweifelsfällen bei der Eintragung der angegriffenen Marke sein Bewenden haben. Umstände, die das Unwerturteil der bösgläubigen Markenanmeldung rechtfertigten, könnten nicht mit der für eine Nichtigerklärung der angegriffenen Marke erforderlichen Sicherheit festgestellt werden. Dies gehe zu Lasten der Antragstellerin, die inso-weit die Feststellungslast treffe. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprü-fung stand.
bb) Die Frage der Beweislast für die ernsthafte Benutzung im Rahmen ei-nes die Löschung einer Marke wegen Nichtbenutzung betreffenden Verfahrens ist keine in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallende Verfahrensbestimmung, sondern in der Europäischen Union einheitlich zu beurteilen (zur ernsthaften Be-nutzung vgl. EuGH, GRUR 2020, 1301 [juris Rn. 76] – Ferrari [testarossa], mwN). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95/EG (jetzt: Art. 19 Abs. 1 und 2 der Richtlinie [EU] 2015/2436) und des Bundesgerichtshofs zu § 49 Abs. 1 MarkenG obliegt es grundsätzlich dem Inhaber der streitigen Marke, die Gegenstand eines Antrags auf Erklärung des Verfalls ist, die ernsthafte Benutzung dieser Marke nachzuwei-sen, weil der Inhaber der streitigen Marke am besten in der Lage ist, den Beweis für die konkreten Handlungen zu erbringen, die das Vorbringen zu stützen ver-mögen, dass seine Marke ernsthaft benutzt worden sei (vgl. EuGH, Urteil vom 26. September 2013 – C-610/11, GRUR Int. 2013, 1047 [juris Rn. 63] – Centrotherm Systemtechnik/HABM und centrotherm Clean Solutions [CENTRO-THERM]; Urteil vom 19. Juni 2014 – C-217/13 und C-218/13, GRUR 2014, 776 [juris Rn. 70] = WRP 2014, 940 – Oberbank u.a. [Farbmarke Rot]; EuGH, GRUR 2020, 1301 [juris Rn. 79] – Ferrari [testarossa]; BGH, Urteil vom 14. Januar 2021 – I ZR 40/20, BGHZ 228, 226 [juris Rn. 22] – STELLA).
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesgerichtshofs hat der Markenanmelder außerdem die Tatsachen nachzuweisen, aus denen sich ergibt, dass seine Marke nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2008/95/EG (jetzt: Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie [EU] 2015/2436) und § 8 Abs. 3 MarkenG Unterscheidungskraft infolge Benutzung er-worben hat, weil es sich dabei sowohl im Rahmen eines Anmeldeverfahrens als auch im Rahmen eines Löschungsverfahrens um eine Ausnahme von den Ein-tragungshindernissen handelt. Der Inhaber der streitigen Marke ist am besten in der Lage, den Beweis für die konkreten Handlungen zu erbringen, die das Vor-liegen zu stützen vermögen, dass seine Marke aufgrund ihrer Benutzung Unter-scheidungskraft erlangt habe. Dies gilt insbesondere für die zum Nachweis einer solchen Benutzung geeigneten Gesichtspunkte wie Intensität, Umfang und Dauer der Benutzung dieser Marke sowie den für sie betriebenen Werbeaufwand (EuGH, GRUR 2014, 776 [juris Rn. 68 bis 70] – Oberbank u.a. [Farbmarke Rot]; BGH, Beschluss vom 22. Juli 2021 – I ZB 16/20, GRUR 2021, 1526 [juris Rn. 38] = WRP 2021, 1566 – NJW-Orange).
cc) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, diese für die Feststellungs- be-ziehungsweise Beweislast der rechtserhaltenden Benutzung und der Verkehrs-durchsetzung geltenden Grundsätze müssten auf die Feststellungs- und Beweis-last hinsichtlich der Frage übertragen werden, ob der Markeninhaber die ange-griffene Marke bösgläubig angemeldet habe. Er sei am besten in der Lage, über seine Absichten bei der Anmeldung der angegriffenen Marke aufzuklären und hierfür Beweis zu erbringen. Es sei deshalb nur billig, im Löschungsverfahren den Markeninhaber als darlegungs- und beweisbelastet für seine Motivation bei der Markenanmeldung anzusehen. Damit kann die Rechtsbeschwerde nicht durchdringen.
(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann eine Bösgläubigkeit der Markenanmeldung nur festgestellt werden, wenn es schlüssige und übereinstimmende objektive Indizien dafür gibt, dass der An-melder der betreffenden Marke zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung die Absicht hatte, entweder in einer den redlichen Handelsbräuchen widersprechenden Weise Drittinteressen zu schaden oder sich auch ohne Bezug zu einem konkreten Drit-ten ein ausschließliches Recht zu anderen als zu den zur Funktion einer Marke gehörenden Zwecken zu verschaffen (EuGH, Urteil vom 12. September 2019 – C-104/18, juris Rn. 45 – Koton Mağazacilik Tekstil Sanayi ve Ticaret/EUIPO [STYLO & KOTON]; EuGH, GRUR 2020, 288 [juris Rn. 75 und 77] – Sky u.a.). Aus diesen Formulierungen ergibt sich, dass derjenige, der im Nichtigkeitsver-fahren die Eintragung einer Marke mit der Begründung angreift, sie sei bösgläu-big angemeldet worden, die Beweis- beziehungsweise Feststellungslast für das Vorliegen der schlüssigen und übereinstimmenden Indizien trägt, die Vorausset-zung für die Annahme des geltend gemachten absoluten Schutzhindernisses sind. Lassen sich die vom Gerichtshof genannten Indizien nicht feststellen, bleibt es bei der Eintragung der angegriffenen Marke. Hiermit steht die Rechtsprechung des Gerichts der Europäischen Union in Einklang, nach der für den Markenan-melder eine Vermutung der Gutgläubigkeit besteht, die bis zum Beweis des Ge-genteils durch den Nichtigkeitskläger fortbesteht (vgl. EuG, GRUR Int. 2013, 144 Rn. 21 und 57 – pelicantravel.com/OHMI [Pelikan]; EuG, Urteil vom 8. März 2017 – T-23/16, BeckRS 2017, 136255 Rn. 45 – Biernacka-Hoba/EUIPO-Formata Bogusław Hoba [Formata]; Urteil vom 14. Februar 2019 – T-796/17, BeckRS 2019, 1388 Rn. 84 – MOULDPRO; Urteil vom 21. April 2021 – T-663/19, MarkenR 2021, 268 [juris Rn. 42] – Hasbro/EUIPO – Kreativni Dogadaji [MONOPOLY]).
Diese Grundsätze zur Feststellungslast gelten entsprechend für die Beweislast im Verletzungsverfahren (EuGH, GRUR 2025, 1168 [juris Rn. 64] – CeramTec). Da der Nichtigkeitsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG aF und § 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG nF unionsrechtskonform auszulegen ist, gilt im gegen eine nationale Marke eingeleiteten Nichtigkeitsverfahren wegen einer bösgläubigen Markenan-meldung nichts Anderes.
(2) Die Rechtsbeschwerde verweist für ihre abweichende Ansicht ohne Erfolg auf die Regelung in § 37 Abs. 3 MarkenG. Danach wird eine Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG nur zurückgewiesen, wenn die Bösgläubigkeit ersichtlich ist. § 37 Abs. 3 MarkenG entbindet das DPMA mit Blick auf den Amts-ermittlungsgrundsatz (§ 59 Abs. 1 MarkenG) davon, im Rahmen jeder Marken-anmeldung umfassende Nachforschungen und Recherchen anstrengen zu müs-sen, und beschränkt die Prüfungspflicht auf ersichtliche Fälle. Erkennbar liegt dieser Regelung die Vermutung zugrunde, dass Marken im Regelfall nicht bös-gläubig angemeldet werden. Es obliegt deshalb dem DPMA, die für die gegenteilige Annahme erforderlichen Feststellungen zu treffen (Ströbele in Strö-bele/Hacker/Thiering, MarkenG, 14. Aufl., § 8 Rn. 1069). Im Löschungsverfah-ren, das mit der Begründung eingeleitet wird, die Marke sei bösgläubig angemel-det worden, kann grundsätzlich nichts Anderes gelten (Boddien in Ingerl/Rohnke/Nordemann, MarkenG, 4. Aufl., § 8 Rn. 299a; Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering aaO § 8 Rn. 1070 und 1148) mit der Folge, dass es an dem Löschungs-antragsteller ist, diese Vermutung zu widerlegen.
(3) Aus der Senatsentscheidung „NJW-Orange“ ergibt sich nichts Anderes. Der Senat hat dort zwar im zweiten Leitsatz und in Randnummer 39 formu-liert, dass es generell dem Markeninhaber obliegt, im Löschungsverfahren dieje-nigen Umstände nachzuweisen, aus denen sich der (Fort-)Bestand seiner Marke ergibt (GRUR 2021, 1526). Wie sich aus den an diesen Stellen konkret in Bezug genommenen Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt, bezieht sich diese Aussage allein auf die Beweislast betreffend die Frage, ob eine eingetragene Marke rechtserhaltend benutzt worden ist, und die Frage, ob ein an sich schutzunfähiges Zeichen infolge Benutzung Unterscheidungskraft erworben und sich in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat.
dd) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde existiert kein allgemei-ner Rechtssatz, nach dem den Markeninhaber immer dann die Beweis- bezie-hungsweise Feststellungslast trifft, wenn er am besten in der Lage ist, den Be-weis für den (Fort-)Bestand der Marke zu erbringen.
(1) Die Rechtsbeschwerde beruft sich in diesem Zusammenhang ohne Er-folg auf die Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union „MONOPOLY“. Nach dieser Entscheidung ist der Markeninhaber zu Vortrag zu seinen Absichten bei Anmeldung der Marke gehalten, wenn die Umstände, auf die sich der Nich-tigkeitsantragsteller beruft, geeignet sind, die Vermutung seiner Gutgläubigkeit bei Anmeldung der Marke zu widerlegen. Dann ist es Sache des Markeninhabers, plausible Erklärungen zu den Zielen und der wirtschaftlichen Logik der Anmel-dung dieser Marke abzugeben. Das Gericht der Europäischen Union hat dies damit begründet, dass der Inhaber der angegriffenen Marke am besten in der Lage ist, über seine Absichten bei der Anmeldung dieser Marke aufzuklären und Beweise zu liefern, die es davon überzeugen könne, dass diese Absichten trotz Vorliegens objektiver Umstände rechtmäßig waren (EuG, Urteil vom 21. April 2021 – T-663/19, juris Rn. 44 – Hasbro/EUIPO – Kreativni Dogadaji [MONO-POLY]). Eine Beweis- beziehungsweise Feststellungslast für seine Gutgläubig-keit trifft den Markeninhaber danach erst dann, wenn Umstände festgestellt wer-den, die auf seine Bösgläubigkeit bei Anmeldung hindeuten. Für diese Umstände trägt der Löschungsantragsteller die Beweis- beziehungsweise Feststellunglast.
(2) Die Rüge der Rechtsbeschwerde, der Markeninhaber habe zu dem von ihm mit der Anmeldung der angegriffenen Marke beabsichtigten Geschäftsmodell lediglich unsubstantiiert vorgetragen, basieren auf ihrer unzutreffenden Rechts-ansicht, den Markeninhaber treffe von vornherein für seine fehlende Bösgläubig-keit bei Anmeldung der angegriffenen Marke die Feststellungslast. Die Rechts-beschwerde verkennt, dass es zunächst der Antragstellerin obliegt, Umstände darzulegen und zu beweisen, die Hinweise auf die Bösgläubigkeit des Markenin-habers bei Anmeldung der Marke nahelegen. Solche Umstände hat das Bundes-patentgericht nicht feststellen können.
c) Die Rechtsbeschwerde macht außerdem ohne Erfolg geltend, das Bun-despatentgericht habe den Umstand, dass die Benutzung der angegriffenen Marke es dem Markeninhaber ermöglichen würde, die Wertschätzung der Testa-rossa-Marken der Antragstellerin in unlauterer Weise auszunutzen, zum Anlass nehmen müssen, von einer bösgläubigen Markenanmeldung auszugehen.
aa) Das Bundespatentgericht hat angenommen, der Markeninhaber habe eine vormals zugunsten der Antragstellerin geschützte Bezeichnung, die diese jedenfalls für die Waren „Automobile und Teile davon“ weiterhin rechtserhaltend nutze, für eine Vielzahl von zu den vorgenannten Waren teilweise ähnlichen, teil-weise unähnlichen Waren und Dienstleistungen angemeldet, um von der (frühe-ren oder auch fortdauernden) Bekanntheit der Marke zu profitieren und ohne je-denfalls für die weit überwiegende Zahl der Waren und Dienstleistungen im Zeit-punkt der Anmeldung bereits konkrete Verwertungshandlungen geplant zu ha-ben. Über diese Umstände hinaus seien jedoch weitere die Bösgläubigkeit be-gründende Umstände erforderlich, die das Unwerturteil der bösgläubigen Mar-kenanmeldung rechtfertigten und dieses absolute Schutzhindernis qualitativ von bloß relativen Schutzhindernissen abgrenzten. Derartige besondere Umstände konnten vorliegend, wie ausgeführt, nicht mit der für eine Nichtigerklärung der angegriffenen Marke erforderlichen Sicherheit festgestellt werden. Diese Beur-teilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
bb) Das Bundespatentgericht hat mit Recht angenommen, dass es für die Annahme der Bösgläubigkeit der Anmeldung einer Marke nicht ausreicht, dass ein relatives Schutzhindernis vorliegt.
(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind die absoluten Schutzhindernisse im Lichte des Allgemeininteresses auszu-legen, das ihnen jeweils zugrunde liegt (vgl. zu Art. 3 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken EuGH, Urteil vom 4. Mai 1999 – C-108/97 und C-109/97, Slg. 1999, I-2779 = GRUR 1999, 723 [juris Rn. 25 bis 27] – Windsurfing Chiemsee [Chiem-see]; Urteil vom 18. Juni 2002 – C-299/99, Slg. 2002, I-5475 = GRUR 2002, 804 [juris Rn. 77] – Philips). Ziel dieser Regelungen ist es vor allem, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering aaO § 8 Rn. 6). Das bei der Prüfung jedes dieser Eintragungs-hindernisse berücksichtigte Allgemeininteresse kann oder muss sogar je nach dem betreffenden Eintragungshindernis in unterschiedlichen Erwägungen zum Ausdruck kommen (zu Art. 7 der Verordnung [EG] Nr. 40/94 über die Gemein-schaftsmarke EuGH, Urteil vom 15. September 2005 – C-37/03, Slg. 2005, I-7975 = GRUR 2006, 229 [juris Rn. 59] – BioID). Der absolute Nichtigkeitsgrund der bösgläubigen Anmeldung der Marke soll sicherstellen, dass die Wirtschaftsteil-nehmer, die die Möglichkeit der Anmeldung einer Marke nutzen wollen, in laute-rer Weise am Wettbewerb teilnehmen. Er zielt somit darauf ab, einen der Anmel-dung innewohnenden Mangel zu ahnden und nicht einen Mangel der Marke selbst (zu Art. 52 der Verordnung [EG] Nr. 207/2009 über die Unionsmarke vgl. EuGH, GRUR 2025, 1168 [juris Rn. 45] – CeramTec).
(2) Das Bundespatentgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass das Vorliegen eines relativen Schutzhindernisses allein nicht zur Annahme der Bös-gläubigkeit der Markenanmeldung ausreicht. Zwar können nach der Rechtspre-chung des Gerichtshofs der Europäischen Union Gesichtspunkte, die zur Feststellung eines relativen Eintragungshindernisses beitragen könnten, für die Feststellung der Bösgläubigkeit des Anmelders relevant sein, ohne dass die Feststellung der Bösgläubigkeit im Zusammenhang mit einem relativen Eintra-gungshindernis die Prüfung erfordert, ob dieses Hindernis in vollem Umfang be-steht (EuGH, Urteil vom 12. September 2019 – C-104/18, juris Rn. 54 und 55 – Koton Mağazacilik Tekstil Sanayi ve Ticaret/EUIPO [STYLO & KOTON]; EuGH, GRUR 2025, 1168 [juris Rn. 59] – CeramTec). Da die Feststellung der Bösgläu-bigkeit der Markenanmeldung eine umfassende Berücksichtigung aller Um-stände des Streitfalls erfordert und dies die einzige Art und Weise ist, auf die eine behauptete Bösgläubigkeit objektiv geprüft werden kann (EuGH, GRUR 2025, 1168 [juris Rn. 57] – CeramTec), kann grundsätzlich für die Annahme der Bös-gläubigkeit einer Markenanmeldung nicht allein darauf abgestellt werden, dass ein Dritter geltend machen könnte, dass ein relatives Schutzhindernis vorliegt. Dies gilt vor allem für diejenigen relativen Schutzhindernisse, die kein subjektives Moment voraussetzen, wie der Fall der Doppelidentität oder der Verwechslungs-gefahr (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2 MarkenG).
cc) Im Streitfall ist allerdings zu berücksichtigen, dass das hier von der Antragstellerin geltend gemachte relative Schutzhindernis – der Schutz der be-kannten Marke – ebenso wie das absolute Schutzhindernis der bösgläubigen Markenanmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG aF ein auf einer zu missbilli-genden Absicht des Anmelders beruhendes Element enthält. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG kann die Eintragung einer Marke gelöscht werden, wenn sie mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang identisch ist oder dieser ähnlich ist, falls es sich bei der Marke mit älterem Zeitrang um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung der eingetragenen Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund „in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde“. Deshalb kann die Anmeldung eines Zeichens, das einer bekannten Marke hochgradig ähnlich oder mit ihr identisch ist, im Rahmen der Gesamtab-wägung aller Umstände des Streitfalls dafür sprechen, dass die Markenanmel-dung bösgläubig erfolgt ist, wenn weitere Umstände hinzutreten, die dies nahe-legen. Solche Umstände hat das Bundespatentgericht jedoch nicht festgestellt.
dd) Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, entgegen der An-sicht des Bundespatentgerichts sei die Entscheidung des Gerichts der Europäi-schen Union „Simca Europe/HABM – PSA Peugeot Citroën“ (EuG, GRUR Int. 2014, 1047) auf den vorliegenden Fall übertragbar mit der Folge, dass von einer bösgläubigen Markenanmeldung ausgegangen werden müsse.
(1) Gegenstand der Entscheidung „Simca Europe/HABM – PSA Peugeot Citroën“ des Gerichts der Europäischen Union war ein Antrag der Inhaberin prio-ritätsälterer, für Kraftwagen geschützter Simca-Marken auf Nichtigerklärung der Wortmarke „Simca“ wegen bösgläubiger Markenanmeldung. Die Antragstellerin hatte die älteren Marken in den letzten Jahren nicht mehr genutzt. Der ehemalige Inhaber der angegriffenen Marke hatte in Kenntnis der älteren Simca-Marken die Marke „Simca“ angemeldet, ohne zuvor einen Verfallsantrag hinsichtlich der äl-teren Simca-Marken zu stellen. Er hatte die Nutzung seiner Marke bereits durch die Produktion von Fahrrädern aufgenommen. Das Gericht der Europäischen Union hat die Beurteilung der Beschwerdekammer nicht beanstandet, aus den konkreten Fallumständen sei zu folgern, dass es dem Anmelder der Marke „Simca“ in Wirklichkeit darauf angekommen sei, die Wertschätzung der eingetra-genen prioritätsälteren Marken parasitär auszubeuten und daraus Vorteile zu zie-hen, so dass die Markenanmeldung als bösgläubig anzusehen sei (EuG, GRUR Int. 2014, 1047 [juris Rn. 56] – Simca Europe/HABM – PSA Peugeot Citroën).
(2) Das Bundespatentgericht hat angenommen, auf diese Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union könne sich die Antragstellerin nicht stüt-zen. Der Streitfall unterscheide sich von demjenigen, der der Entscheidung „Simca Europe/HABM – PSA Peugeot Citroën“ zugrunde gelegen habe. Vorlie-gend sei die Antragstellerin Inhaberin älterer Marken, die weiterhin rechtserhal-tend benutzt würden, wie dies in Bezug auf „Automobile und Teile davon“ zwi-schen den Beteiligten rechtskräftig feststehe. In dem Fall „Simca Europe/HABM – PSA Peugeot Citroën“ sei die Produktion von Fahrzeugen mit der Bezeichnung SIMCA lange zuvor eingestellt worden, es sei dort zwar eine fortbestehende Be-kanntheit, aber keine rechtserhaltende Benutzung geltend gemacht worden.
(3) Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, aus der Rechtspre-chung des Gerichts der Europäischen Union in der Sache „Simca Europe/HABM – PSA Peugeot Citroën“ müsse für den Streitfall gefolgert werden, dass erst recht von Bösgläubigkeit auszugehen sei.
(a) Es ist bereits zweifelhaft, ob der Beurteilung des Gerichts der Europäi-schen Union angesichts der in jenem Verfahren festgestellten Umstände zuge-stimmt werden kann. Seine Annahme, die Anmeldung einer Marke sei bösgläu-big, wenn eine ältere identische verfallsreife Marke existiere, der eine Restbe-kanntheit zukomme, und wenn der Anmelder des neueren Zeichens bereits eine eigene Benutzung der Marke aufgenommen habe, steht in Konflikt mit dem Grundsatz, dass Marken nur so lange Schutz genießen, als sie rechtserhaltend benutzt werden (vgl. Weiß, GRUR-Prax 2014, 277; vgl. auch BPatG, Beschluss vom 12. April 2011 – 28 W [pat] 13/10, juris, zur deutschen Wortmarke Simca).
(b) Jedenfalls hat das Gericht der Europäischen Union lediglich ausge-führt, dass die Beurteilung der Umstände des Einzelfalls durch die Beschwerde-kammer rechtlich nicht zu beanstanden sei (vgl. EuG, GRUR Int. 2014, 1047 [juris Rn. 56 und 67] – Simca Europe/HABM – PSA Peugeot Citroën).
(c) Die Beurteilung der Frage, ob die Umstände des Einzelfalls die An-nahme einer bösgläubigen Markenanmeldung rechtfertigen oder nicht, liegt im Wesentlichen auf tatgerichtlichem Gebiet und ist nach allgemeinen Grundsätzen im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüfbar, ob das Gericht einen zutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt, nicht gegen Er-fahrungssätze oder die Denkgesetze verstoßen und keine wesentlichen Um-stände unberücksichtigt gelassen hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2025 – I ZR 82/24, GRUR 2025, 1088 [juris Rn. 43] = WRP 2025, 1032 – Portraitfoto). Das Bundespatentgericht hat die Umstände des Streitfalls gewürdigt, hat eine Bekanntheit der Testarossa-Marken der Antragstellerin unterstellt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass alle diese Umstände die Annahme der Bösgläubigkeit des Markeninhabers bei der Anmeldung der angegriffenen Marke nicht rechtfertigen. Soweit die Rechtsbeschwerde – auch unter Bezugnahme auf weitere Entschei-dungen des Gerichts der Europäischen Union – der Ansicht ist, dass diese Um-stände das gegenteilige Ergebnis rechtfertigten, setzt sie ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Bundespatentgerichts, ohne einen Rechtsfehler auf-zuzeigen.
V. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst. Es stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtspre-chung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – 283/81, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257 [juris Rn. 21] – Cilfit u.a.; Urteil vom 1. Oktober 2015 – C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 [juris Rn. 43] – Doc Generici; Urteil vom 6. Oktober 2021 – C-561/19, NJW 2021, 3303 [juris Rn. 32 f.] – Consorzio Italian Management und Catania Multiser-vizi). Insbesondere ist durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt, dass die Annahme der Bösgläubigkeit einer Markenanmeldung ein subjektives Element – eine Behinderungsabsicht – des Markeninhabers im Zeitpunkt der Anmel-dung voraussetzt. Zudem ist diese Frage im Streitfall nicht entscheidungserheb-lich, weil das Bundespatentgericht ohne Rechtsfehler angenommen hat, selbst wenn man auf eine von einer Behinderungsabsicht unabhängige funktionswidrige Anmeldung abstellen wollte, könne die Anmeldung der angegriffenen Marke nicht als bösgläubig angesehen werden, weil der Markeninhaber eine ihrer Hauptfunk-tion – der Herkunftsfunktion – entsprechende Benutzung beabsichtigt habe. Ge-klärt ist auch, dass derjenige, der geltend macht, eine Marke sei bösgläubig an-gemeldet worden, hierfür die Feststellungs- beziehungsweise die Beweislast trägt. Dass relative Schutzhindernisse bei der Prüfung, ob eine Marke bösgläubig angemeldet worden ist, berücksichtigt werden können, hat der Gerichtshof be-reits entschieden.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG.
Vorinstanz:
BPatG, Beschluss vom 15.01.2025, Az. 29 W (pat) 14/21