BPatG: „Autopack“ ist eine geeignete Wortmarke für Süßwaren

veröffentlicht am 14. März 2011

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtBPatG, Beschluss vom 10.02.2011, Az. 25 W (pat) 47/10
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG

Das BpatG hat entschieden, dass die Wortmarke „Autopack“ für Süßwaren eintragungsfähig ist. Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) hatte dies zunächst abgelehnt, da es sich um einen zusammengesetzten Begriff aus beschreibenden Angaben („Auto“ und „Pack“) handele. Die Bezeichnung „Autopack“ gehe in ihrer Gesamtheit nicht über die Summe ihrer beschreibenden Bestandteile hinaus und weise darauf hin, dass die angemeldeten Waren in einer Weise verpackt seien, dass sie besonders gut im Auto mitgenommen und verzehrt werden könnten. Das BPatG teilte diese Ansicht jedoch nicht. Die angemeldete Marke könne als Herkunftshinweis dienen, denn entgegen der Auffassung der Markenstelle weise die Bezeichnung „Autopack“ hinsichtlich der beanspruchten Waren weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt noch einen engen beschreibenden Bezug auf. Die Wortbestandteile seien in der vorliegenden Begriffskombination jedoch mehrdeutig und es bedürfe mehrerer analysierender Gedankenschritte, ehe sich dem Verkehr die Bedeutung der angemeldeten Bezeichnung erschließt. Zum Volltext der Entscheidung:

Bundespatentgericht

Beschluss

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 307 81 259.6

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 10. Februar 2011 unter Mitwirkung des … beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juni 2009 und vom 17. Juni 2010 aufgehoben.

Gründe

I.
Die Bezeichnung

Autopack

ist am 12. Dezember 2007 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister angemeldet worden, und zwar für die folgenden Waren der Klasse 30:

„Süßwaren, Zuckerwaren, Schaumzuckerwaren, Marshmallows, süßer Speck, Zuckerwarengelees, Karamellen, Bonbons, Kaubonbons, Kaugummi für nichtmedizinische Zwecke, Fruchtgummi, Weingummi, Konfekt, Lakritz, Lakritzerzeugnisse, Schokolade und Schokoladewaren, Pralinen“.

Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nr. 307 81 259.6 geführte Anmeldung nach entsprechender Beanstandung durch zwei Beschlüsse vom 26. Juni 2009 und vom 17. Juni 2010, von denen der Letztgenannte im Erinnerungsverfahren erging, zurückgewiesen.

Nach Auffassung der Markenstelle steht dem angemeldeten Zeichen das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Es bestehe aus den beschreibenden Wörtern „Auto“ und „Pack“. Der Bestandteil „Auto“ stelle eine unmissverständliche, produktbezogene Sachangabe dar. Das Wort „Pack“ stamme aus der deutschen und aus der englischen Sprache und bedeute „Packen, Paket, Packung“.

Die Bezeichnung „Autopack“ gehe in ihrer Gesamtheit nicht über die Summe ihrer beschreibenden Bestandteile hinaus und weise darauf hin, dass die angemeldeten Waren in einer Weise verpackt seien, dass sie besonders gut im Auto mitgenommen und verzehrt werden könnten. Sie sei somit geeignet, auf die besondere Art und Verpackung der Waren hinzuweisen. Das Problem, den Fahrer in der Aufmerksamkeit nicht abzulenken, lasse sich unter anderem dadurch lösen, dass die Süßwaren in einem Becher und mundgerecht positioniert verkauft werden würden. Auf eine dementsprechende Ausstattung und Portionierung der Waren weise die Bezeichnung „Autopack“ hin. Diese Bezeichnung treffe daher in Bezug zu den beanspruchten Waren eine beschreibende Sachaussage und werde nur als solche, nicht aber als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren verstanden.

Des Weiteren sei die angemeldete Marke entsprechend einer Recherche der Markenstelle in der beschreibenden Verwendung nachweisbar. Die Platzierung des Wortes „AUTO Pack“ auf einer Dose entspreche zwar einer branchenüblichen und nahe liegenden Platzierung einer Marke. Selbst bei einer solchen an sich für eine Marke typischen Verwendung wirke die angemeldete Marke im vorliegenden Fall jedoch nur beschreibend, was auf ihre fehlende Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis schließen lasse.

Soweit sich die Anmelderin auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen berufe, bestünde zum einen keine Pflicht zur Auseinandersetzung mit einzelnen Voreintragungen. Zum anderen seien gemäß der Rechtsprechung des EuGH Voreintragungen zwar zu berücksichtigen – was seitens der Markenstelle erfolgt sei -, aber nicht bindend.

In ihrer gegen die vorgenannten Beschlüsse gerichteten Beschwerde hält die Anmelderin an ihrer Auffassung fest, dass die Bezeichnung „Autopack“ schutzfähig ist. Der Begriff „Autopack“ sei lexikalisch nicht nachweisbar. Daher sei zu ermitteln, welchen Bedeutungsgehalt die Marke nach den allgemeinen Sprachregeln besitze. Das Wort „Auto“ werde als Bezeichnung für ein Kraftfahrzeug sowohl im deutschen als auch im englischen Sprachraum verwendet. Das Wort „pack“ existiere in der deutschen Sprache mit der Bedeutung „Bündel“, im Übrigen mit der Bedeutung „Gesindel, Pöbel“. Im Englischen habe das Wort „pack“ eine Vielzahl von Bedeutungen, wie z. B. „Bündel, Packung, Stapel, Rudel, Rotte, (der) Packen“, aber auch „Kühlanlage, Meute, Marschgepäck, Bergeversatz“. Anders als es die Markenstelle unterstelle, würde sich aus der Bezeichnung „Autopack“ nicht ohne Weiteres der Hinweis auf Süßwaren in einer für den Verzehr in Autos geeigneten Verpackung ergeben. Eine spezielle Verpackung für den Verzehr von Süßwaren in Kraftfahrzeugen gäbe es nicht. Es bleibe unklar, was das Charakteristische an einer „Autopackung“ sein soll. Vielmehr werde der Verkehr in der Bezeichnung „Autopack“ eine Kennzeichnung der Beschwerdeführerin sehen. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Beschwerdeführerin über die Wort-/Bildmarke Nr. 2 041 278 „AUTO PACK“ verfüge, die bereits 1991 eingetragen worden sei. Die Bezeichnung „Autopack“ habe nach den allgemeinen Sprachregeln keinen klaren Bedeutungsgehalt und sei daher nicht beschreibend. Sie beschreibe nicht die beanspruchten Waren der Klasse 30 oder deren Merkmale. Schutz werde weder für Autos noch für Verpackungen beansprucht, sondern für verschiedenste Süßwaren. Die von der Markenstelle unterstellte Bedeutung „speziell für das Auto geeignete Verpackung“ werde den Anforderungen an eine hinreichend präzise Beschreibung relevanter Produktmerkmale in keiner Weise gerecht. Der Begriff „Autopack“ sei zu unbestimmt, um im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren zur Merkmalsbeschreibung i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen zu können.

Die Anmelderin beantragt (sinngemäß),
die Beschlüsse der Markenstelle vom 26. Juni 2009 und vom 17. Juni 2010 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der angemeldeten Bezeichnung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht entgegen, so dass die Markenstelle deren Eintragung als Marke zu Unrecht zurückgewiesen hat (§§ 37, 41 MarkenG).

1.
Die angemeldete Marke weist hinreichende Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 429 f. [Tz. 30, 31] „Henkel“; BGH GRUR 2006, 850, 854 [Tz. 17] „FUSSBALL WM 2006“). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854 [Tz. 19] „FUSSBALL WM 2006“; EuGH GRUR 2004, 674, 678 [Tz. 86] „Postkantoor“). Ferner fehlt die Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH – FUSSBALL WM 2006 a. a. O.).

Entgegen der Auffassung der Markenstelle weist die Bezeichnung „Autopack“ hinsichtlich der beanspruchten Waren der Klasse 30 weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt noch einen engen beschreibenden Bezug auf. Die Bezeichnung setzt sich aus den Bestandteilen „Auto“ und „Pack“ zusammen. Mit diesen Bestandteilen könnten zwar gewisse Anklänge an die Begriffe „Automobil“ und „Verpackung“ hergestellt werden. Sie sind in der vorliegenden Begriffskombination jedoch mehrdeutig.

So kann der Bestandteil „Auto“ ebenso auf den Begriff „automatisch“ hindeuten. Begegnet der Verkehr der Begriffskombination „Autopack“ etwa im Zusammenhang mit Maschinen und Geräten, die zur automatischen Verpackung von Waren verwendet werden, so erscheint es nicht fernliegend, dass diese Begriffskombination ohne weiteres als Sachhinweis auf diese Maschinen und Geräte aufgefasst wird. Im vorliegenden Fall geht es jedoch um die Kennzeichnung von Süßwaren, Zuckerwaren, Bonbons, Kaugummi, Fruchtgummi etc. Auch wenn man davon ausgeht, dass bestimmte Waren in Verpackungen vertrieben werden können, welche für den Konsum in Automobilen besonders geeignet sind (wie dies z. B. im Zusammenhang mit Getränken für die in Kraftfahrzeugen üblichen „Cupholder“ gelten mag), so drängt sich eine Bedeutung des Gesamtbegriffs „Autopack“, der – wie ausgeführt – als solcher mehrdeutig ist, als eine die Eigenschaften der vorgenannten Waren, nämlich in für Automobile geeigneter Verpackung, keineswegs wie in dem oben genannten Beispiel auf. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es bislang bei den beanspruchten Waren nicht üblich ist, auf eine für den Verzehr dieser Waren in Kraftfahrzeugen geeignete oder insoweit besonders praktische Verpackung hinzuweisen, wobei auch eine entsprechende Produktentwicklung wenig wahrscheinlich erscheint. Die beanspruchten Süßwaren, Zuckerwaren, Bonbons, Kaugummi, Fruchtgummi etc. werden zwar oft auch auf Reisen konsumiert, ohne dass aber bei der Produktbeschreibung bzw. bei der Sachangabe von Produkteigenschaften die Geeignetheit der Verpackung für bestimmte Verkehrsmittel oder differenziert nach einzelnen Verkehrsmitteln angegeben wird.

Vielmehr bedarf es im vorliegenden Fall mehrerer analysierender Gedankenschritte, ehe sich dem Verkehr, hier insbesondere den Endverbrauchern der vorgenannten Waren, diese – entsprechend dem oben Gesagten eher fern liegende – Bedeutung der angemeldeten Bezeichnung erschließt. Ist ein Begriff aber mehrdeutig und ergibt sich hinsichtlich der konkret beanspruchten Waren eine – als solche wenig naheliegende – beschreibende Bedeutung oder ein beschreibender Bezug zu diesen Waren erst im Rahmen einer analysierenden, den möglichen beschreibenden Begriffsgehalten in mehreren Gedankenschritten nachgehenden Betrachtungsweise, so ist in Bezug auf diesen Begriff das nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft zu bejahen.

Ferner lassen die von der Markenstelle ermittelten Verwendungen der Bezeichnung „Autopack“ (Bl. 55 der Amtsakte) keinen Schluss darauf zu, dass es sich insoweit um einen in Bezug auf die vorliegend beanspruchten Waren beschreibenden Sachhinweis handelt.

2.
Da die angemeldete Bezeichnung aus den vorgenannten Gründen ebenfalls nicht geeignet ist, die beanspruchten Waren oder Merkmale dieser Waren zu beschreiben, steht ihrer Eintragung als Marke auch nicht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

Die Beschwerde hat nach alledem Erfolg, so dass die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben waren.

3.
Einer mündlichen Verhandlung bedurfte es insoweit nicht. Die Anmelderin hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nur hilfsweise nach § 69 Nr. 1 MarkenG beantragt. Auch aus anderen Gründen war eine mündliche Verhandlung nicht angezeigt.

I