BPatG: Die Bezeichnung „Richard Wagner-Barren“ ist nicht unterscheidungskräftig

veröffentlicht am 9. März 2015

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtBPatG, Beschluss vom 03.02.2014, Az. 25 W (pat) 560/12
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG

Das BPatG hat entschieden, dass die Bezeichnung „Richard Wagner-Barren“ als Wortmarke keine Unterscheidungskraft für Waren wie Seife, Büroartikel oder Süßwaren besitzt. Es handele sich um eine rein beschreibende Angabe, da sich der Name Richard Wagner unzweifelhaft auf den berühmten Komponisten beziehe und der Bestandteil „Barren“ sich auf die Form der vertriebenen Waren beziehe. Der Großteil des Verkehrs werde die Bezeichnung als Merchandising-Produkt zu einer Wagner-Veranstaltung begreifen und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis. Zum Volltext der Entscheidung:


Bundespatentgericht

Beschluss

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 004 455.4

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2013 unter Mitwirkung der … beschlossen:

1.
Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.

2.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Bezeichnung

Richard Wagner – Barren

ist am 25. Januar 2011 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für die Waren der

Klasse 3: Seifen;
Klasse 16: Büroartikel;
Klasse 30: Back-, Konditorei-, Schokolade- und Zuckerwaren

angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nr. 30 2011 004 455.4 geführte Anmeldung nach entsprechender Beanstandung durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes in einem Beschluss zurückgewiesen, da der angemeldeten Wortmarke jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft fehle. Der angesprochene Verkehr würde der angemeldeten Bezeichnung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren keinen betrieblichen Herkunftshinweis entnehmen, sondern diese nur als Hinweis auf die allgemein bekannte historische Persönlichkeit Richard Wagner und auf die Form der Waren auffassen, nämlich dass die Produkte mit Abbildungen des Komponisten Richard Wagner oder mit Inhalten in Bezug auf Richard Wagner versehen bzw. mit entsprechenden Abbildungen verziert seien und eine Barrenform aufweisen würden.

In der Regel werde der Verkehr nämlich Namen von historischen Persönlichkeiten keinen Markencharakter zuordnen. Bei den Produkten „Backwaren“ und „Seifen“ seien Barren-Formen üblich und bei den beanspruchten „Büroartikeln“ könnten z.B. Radiergummis eine solche Barren-Form aufweisen, jedenfalls seien solche Formgebungen möglich. Daher würde die angemeldete Bezeichnung nicht über die beschreibende Bedeutung der Summe ihrer Einzelbestandteile hinausgehen.

Soweit der Anmelder sich auf die Neuheit der angemeldeten Bezeichnung berufe, vermöge diese allein die Schutzfähigkeit der angemeldeten Bezeichnung nicht zu begründen.

Dagegen richtet sich die von dem Anmelder erhobene Beschwerde.

Er meint, dass die Markenstelle verkannt habe, dass gerade in der Wortkombination gebildet aus dem Namen einer berühmten Persönlichkeit und einer Darbietungsform bzw. -bezeichnung der individuelle Charakter des Anmeldezeichens bestehe, der subtil und prägnant sei. Mit dem Begriff „Barren“ werde nicht lediglich eine beliebige oder übliche Warenform bezeichnet, es handele sich zudem auch nicht um eine Sachangabe. Außerdem seien weit weniger originelle Wortverbindungen, bei denen Namen berühmter Persönlichkeiten mit banalen Begriffen verbunden worden seien, wie z.B. „Bach-Pfeifen“, „Brahms-Schoppen“, „Goethe-Wurst“, „Händel-Torte“ und Ähnliches mehr, im Markenregister eingetragen worden.

Im Gegensatz zu diesen Bezeichnungen sei mit der Präsentationsform des Barrens als Anspielung auf den Raub des Rheingoldes in dem Opernwerk „Ring des Nibelungen“ ein besonderer Bezug zu dem Namenspatron Richard Wagner hergestellt worden. Es seien also gerade nicht die Herstellung und der Vertrieb von Waren mit schlichten geometrischen Formen wie Kugeln bei Mozart, Würfel bei Bach oder Stäbchen bei Beethoven vorgesehen, sondern die wertige Form eines Barrens, wie sie auch von der a… GmbH, der früheren Lizenznehmerin des Beschwerdeführers und jetzigen Inhaberin der angemeldeten Marke, verwendet werde. Mithin bestehe die Anmeldemarke nicht ausschließlich aus Angaben, die zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der sonstigen Merkmale einer Ware dienen könnten. Es handele sich also bei der angemeldeten Bezeichnung nicht um eine Sachangabe für die beanspruchten Waren. Im Übrigen habe die Markenstelle die wesentliche Frage, nämlich ob die angemeldete zusammengesetzte Bezeichnung Schutz genießen könne, im angefochtenen Beschluss nur kursorisch abgehandelt und ihre Entscheidung durch eine bloße Behauptung ohne nähere Begründung getroffen. Auf den Hinweis des Senats mit Ladungszusatz vom 22./25. November 2013 führt der Anmelder noch aus, dass sich aus dem Namensbestandteil der Anmeldemarke „Richard Wagner“ eine Zuordnung zu dem berühmten Komponisten nicht zwingend ergeben würde, da der Name „Richard Wagner“ laut aktuellem Telefonbuch in Deutschland in erheblichem Umfang sowohl von Privatpersonen wie auch von Gewerbetreibenden geführt werde. In Anbetracht dieses Umstandes könne dann aber auch die erforderliche markenmäßige Unterscheidungskraft dieses Namens nicht verneint werden, wie auch die Entscheidung über die Anmeldemarke „Karl May“ mit Beschluss des Bundespatentgerichts vom 23. Oktober 2007, Az.: 32 W (pat) 28/05, gezeigt habe. Bei keiner der vorliegend angemeldeten Waren, die alle nicht dem Musikbereich oder kulturellen Bereich zuzuordnen seien, sei eine direkte Beziehung zur Person und zum Werk des Künstlers Richard Wagner herzustellen. Die mit dem Bestandteil „Barren“ sehr feinsinnige Anspielung auf den Raub des „Rheingold“ im Opernwerk „Ring des Nibelungen“ reiche für eine Zuordnung zu Richard Wagner nicht aus, da diese Andeutung ohnehin von kaum jemand erkannt werde, wie er bei Umfragen festgestellt habe. Die insofern nicht sachbezogenen Einzelelemente wiesen demnach in ihrer Summe einen schutzbegründenden Überschuss auf.

Der Anmelder hat mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2013 mitgeteilt, dass er die Rechte an der angemeldeten Marke an die a… GmbH übertragen habe, und einen beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichten Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs auf diese Firma vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdeführer erklärt, dass das Beschwerdeverfahren weiterhin von ihm geführt werde.

Der Anmelder beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Mai 2012 aufzuheben.

Des Weiteren regt er für den Fall, dass der Senat seine Beschwerde zurückweist, an, die Rechtsbeschwerde im Hinblick auf die dann gegebene abweichende Entscheidung zum Beschluss des Bundespatentgerichts in Bezug auf das Anmeldezeichen „Karl May“ zuzulassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze des Anmelders und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthaft.

Die Beschwerde, die nach Übertragung der Rechte aus der Anmeldung von dem ursprünglichen Anmelder als Beschwerdeführer gemäß § 82 Abs. 1 MarkenG i.V.m. § 265 Abs. 2 ZPO in zulässiger Weise in Prozeßstandschaft weiter verfolgt wird, ist jedoch unbegründet. Denn der angemeldeten Bezeichnung steht in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 3, 16 und 30 jedenfalls das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat, § 37 Abs. 1 MarkenG.

1.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 „Henkel“; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 18 „FUSSBALL WM 2006″). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 „Postkantoor“; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 19 „FUSSBALL WM 2006″). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu den betreffenden Waren und Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. BGH – FUSSBALL WM 2006 a.a.O.).

a.
Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an, bei dem angenommen werden kann, dass er über ein gewisses Maß an Allgemeinbildung verfügt (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 30, 101, 102 mit Rechtsprechungsnachweisen). Bei den beanspruchten Waren der Klassen 3, 16 und 30 handelt es sich um Massenprodukte des täglichen Konsums. Somit sind auf Seiten der Endverbraucher breite Verkehrskreise angesprochen.

b.
Die angemeldete Wortkombination ist sprachüblich gebildet und setzt sich ohne weiteres erkennbar aus dem Namen (Vor- und Nachnamen) einer weltberühmten Persönlichkeit der Zeit- und Musikgeschichte und dem Begriff „Barren“, verbunden durch einen Bindestrich, zusammen, die das angesprochene Publikum im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffasst, sondern ausschließlich als einen inhaltlich/thematischen Hinweis auf Veranstaltungsprodukte die berühmte Persönlichkeit betreffend sowie auf eine bestimmte Produktform.

Richard Wagner zählt zu den größten europäischen Musikdramatikern und Komponisten überhaupt (vgl. Auszug aus Wikipedia, die als Anlage zum Beanstandungsbescheid vom 14. Juli 2011 beigefügt war, Bl. 8 ff. der Patentamtsakte) und ist als berühmte Persönlichkeit der Zeit- und Musikgeschichte allgemein bekannt. Die Opern Richard Wagners werden jedes Jahr in Bayreuth anläßlich der dort seit 1876 zunächst unregelmäßig, später jährlich stattfindenden Richard-Wagner-Festspiele, in einem eigens dafür erbauten Opernhaus aufgeführt, zu denen regelmäßig Prominenz aus allen Teilen der Gesellschaft erscheint. Außerdem gibt es auch anderenorts, z.B. in der Geburtsstadt Richard Wagners Leipzig, Richard Wagner- Musikfestivals oder Festtage. Dies gilt insbesondere im Jahr 2013, in dem sich sowohl der Geburtstag von Richard Wagner zum 200. Mal (22. Mai 1813) wie auch sein Todestag zum 130. Mal (13. Februar 1883) jährt (vgl. Seiten aus www.wagnerstadt.de, www.richard-wagner-leipzig.de/Veranstaltungen, diese Unterlagen sind dem Anmelder mit Ladungsverfügung vom 22./25. November 2013 als Anlage 1a, b übermittelt worden, Bl. 30/31 d.A.). Solche Jubiläen finden außerdem nicht nur anlässlich von Geburts- und Todestagen des Komponisten statt, sondern auch anlässlich von Erst- bzw. Uraufführungen von bestimmten Opern bzw. Opernzyklen, wie dem aus vier Opern bestehenden Ring des Nibelungen.

Darüber hinaus beschränken sich solche Jubiläen nicht nur auf die Geburts- und Todesstätten von Komponisten, sondern können an nahezu jedem beliebigen Ort stattfinden. Dies ist gerade im Jahr 2013, dem Jahr des 200. Geburtstags der Komponisten Wagner und Verdi, zu beobachten. Anlässlich solcher (Groß-)Veranstaltungen (Musikfestivals, Musikfestspiele, Jubiläumsfeste von bekannten Persönlichkeiten) wird üblicherweise im Umfeld der Veranstaltung eine Vielzahl von Waren, sog. Merchandising-Produkten, angeboten, die der Verkehr bei ihrer Bezeichnung mit dem Namen der berühmtem Persönlichkeit nicht als aus einem bestimmten Betrieb stammend identifizieren wird, sondern ausschließlich als einen beschreibenden thematischen Hinweis auf diese Veranstaltung (vgl. zu einer vergleichbaren Fallgestaltung BGH GRUR 2006, 850, Tz. 34 – FUSSBALL WM 2006). Unter einem „Barren“ wird im Sport eine bestimmtes Turngerät bzw. im Reitsport eine Methode, Springpferde zu vorsichtigerem Springen zu erziehen, und darüber hinaus insbesondere eine bestimmte Produktform (vgl. Goldbarren, Silberbarren) bezeichnet (vgl. Auszüge aus Wikipedia, die dem Anmelder mit Ladungshinweis vom 22./25. November 2013 als Anlagen 2a, b übersandt worden sind, Bl. 32, 33 d.A.). Dabei ist die letztgenannte Bedeutung im Sinne einer Produktform im Zusammenhang mit allen beanspruchten Waren die vorliegend in besonderer Weise naheliegende, da alle beanspruchten Waren die Form eines Barrens aufweisen können, während dagegen ein Bezug zu Sport bzw. Reitsport nicht ersichtlich ist.

Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren „Seifen“ wird der angesprochene Verkehr die Bezeichnung „Richard Wagner – Barren“ daher lediglich als Hinweis auf eine Ware ansehen, die im Zusammenhang mit einer Veranstaltung des berühmten Komponisten angeboten wird, sei es, dass diese Produkte entweder mit seinem Namenszug oder mit seinem Konterfei versehen sind und dass sie zudem die Form eines Barren haben. Dies gilt gleichermaßen für die weiteren beanspruchten Produkte der Klassen 16 und 30. So können Büroartikel wie Briefbeschwerer, Schreibblöcke oder Radiergummis mit dem Namenszug bzw. Bildnis von Richard Wagner versehen sein und zudem die Form eines Barrens aufweisen.

Back-, Konditorei, Schokoladen- und Zuckerwaren, z.B. Torten, Kekse oder Schokolade, können mit dem Bildnis oder Namenszug des berühmten Komponisten versehen sein und dabei in Barrenform angeboten werden. Entsprechende Produkte mit einem Richard-Wagner-Motiv z.B. aus weißer Schokolade werden bereits am Markt angeboten (vgl. Ergebnis einer Internetrecherche, diese Unterlagen sind dem Anmelder mit Ladungsverfügung vom 22./25. November 2013 als Anlagen 3a, b übermittelt worden, Bl. 34, 35 d.A.). Eine Barrenform ist demnach nur eine mögliche Form in der Formenvielfalt, die insbesondere bei diesen Produkten auf dem Markt zu finden sind, wobei Schokolade in Barren-Form zudem z.B. von einer Schweizer Confiserie angeboten wird (entsprechende Unterlagen hierzu sind dem Anmelder mit Ladungsverfügung vom 22./25. November 2013 als Anlage 4 übersandt worden, Bl. 36 d.A. vgl. dazu auch die Senatsentscheidung 25 W (pat) 192/09 vom 12. Oktober 2010 in Bezug auf einen Schokoladenriegel in Barrenform = Merci-Riegel; die Entscheidung ist über die Homepage des Gerichts öffentlich zugänglich). In entsprechender Weise, d.h. in Barrenform versehen mit einem Bildnis des Komponisten, wird die angemeldete Bezeichnung für Schokoladeprodukte auch von der aspé GmbH verwendet, wie von dem Anmelder vorgelegte Abbildungen zeigen (s. Bl. 25/26 d.A.).

Vor diesem Hintergrund, d.h. in Anbetracht der überragenden Berühmtheit des Komponisten Richard Wagner und der in Deutschland stattfindenden diversen (Groß)Veranstaltungen mit Aufführungen seiner Werke, werden die genannten Verkehrskreise, jedenfalls erhebliche Teile von ihnen, wenn ihnen die Wortkombination „Richard Wagner – Barren“ begegnet, in dem hier maßgeblichen Produktzusammenhang ohne weiteres als Hinweis auf eine Veranstaltung die berühmte Persönlichkeit Richard Wagner betreffend und auf die Produktform „Barren“ erkennen und daher nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen. Eine andere Beurteilung ist entgegen der Auffassung des Anmelders auch nicht im Hinblick darauf angezeigt dass einige (lebende) Personen in Deutschland, den Namen „Richard Wagner“ führen und daher Teile der breiten Verkehrskreise der Endverbraucher keinen Bezug zu dem berühmten Komponisten Richard Wagner herstellen werden. Denn ein hinreichend relevanter Teil der angesprochenen Verkehrskreise wird in der Bezeichnung „Richard Wagner – Barren“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren – wie festgestellt – ausschließlich einen produktbezogenen Hinweis erkennen. Dies gilt insbesondere dann, wenn entsprechende Produkte in einem Zusammenhang mit Festveranstaltungen zum Komponisten Richard Wagner und dessen Werken angeboten werden, was bei sämtlichen beanspruchten Waren in Betracht kommt. Zudem ist zu beachten, dass von dem maßgeblichen Leitbild des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittverbraucher auszugehen ist, dessen Verständnisfähigkeit zum einen nicht zu gering veranschlagt werden darf und der über ein gewisses Maß an Allgemeinbildung verfügt (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8, Rdn. 102 mit Rechtsprechungsnachweis). Dieses normal informierte, über eine gewisse Allgemeinbildung verfügende breite Publikum bzw. ein relevanter Teil davon bedarf auch keiner analysierenden, mehrere Gedankenschritte erfordernden Betrachtungsweise, um in der Bezeichnung „Richard Wagner – Barren“ in Verbindung mit den Waren „Seifen; Büroartikel; Back, Konditor-, Schokolade- und Zuckerwaren“ ausschließlich einen produktbezogenen Hinweise darauf zu erkennen, dass es sich um bei den berühmten Komponisten betreffenden (Musik)Veranstaltungen angebotene Merchandising-Produkte handelt, die entweder mit seinem Namenszug oder mit seinem Konterfei versehen sein und die zudem die Form eines Barren haben werden. Vielmehr erschließt sich dem Publikum bzw. relevanten Teilen davon diese Bedeutung ohne weiteres.

Demnach erschöpft sich die angemeldete Wortkombination in der Summe ihrer sachbezogenen Einzelelemente und weist entgegen der Auffassung des Anmelders keinen schutzbegründenden Überschuss auf, weshalb auch unerheblich ist, dass es sich bei der angemeldeten Bezeichnung um eine Wortneubildung handelt, zumal der Verkehr daran gewöhnt ist, mit neuen schlagartigen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 139).

Schließlich sind die absoluten Schutzhindernisse – so auch das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft – nach ständiger Rechtsprechung des EuGH im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Tz. 60 – Libertel; GRUR 2004, 674, Tz. 68 – Postkantoor; vgl. BGH GRUR 2009, 411, Tz. 7 – Streetball). Das Allgemeininteresse, das darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren, wird nicht nur durch unmittelbare oder tatsächliche Behinderungen, sondern bereits durch eine bloße potentielle Beeinträchtigung der wettbewerblichen Grundfreiheiten tangiert (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 58 m.w.N.). Es liegt auf der Hand, dass die Allgemeinheit einen Anspruch auf Teilhabe am kulturellen Leben hat, wozu auch die Möglichkeit der Beteiligung am Leben, den Werken und dem Wirken überragender Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur gehört. Die Werke wie z.B. von Komponisten und Schriftstellern sind Allgemeingut, wenn die Regelschutzfristen für die Urheber- und Verwertungsrechte für die Schöpfer dieser Werke und deren Erben abgelaufen sind, so dass diese Kunst- und Kulturgüter im weitesten Sinne nicht zu Gunsten Einzelner monopolisiert werden dürfen, sondern allen Wettbewerbern ungehindert in gleicher Weise zur freien Verfügung stehen müssen, soweit ein berechtigtes gewerbliches Interesse in einem entsprechenden Waren- und Dienstleistungszusammenhang bereits konkret erkennbar ist. Da berühmte Kunst- und Kulturgüter untrennbar mit dem Namen ihrer Schöpfer verbunden sind, dürfen auch deren Namen nicht in einem entsprechenden Sachzusammenhang zu Gunsten einzelner monopolisiert werden, sondern müssen frei verfügbar sein.

Nach alldem kann der angemeldeten Wortkombination „Richard Wagner – Barren“ nicht die Eignung zugesprochen werden, als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der vorliegend beanspruchten Waren zu dienen.

c.
Soweit der Anmelder auf aus seiner Sicht vergleichbare Voreintragungen wie „Bach-Pfeifen“, „Brahms-Schoppen“, „Goethe-Wurst“, „Händel-Torte“ verwiesen hat, rechtfertigen diese keine andere Beurteilung. Bestehende Eintragungen sind zwar zu berücksichtigen, vermögen aber keine für den zu entscheidenden Fall rechtlich bindende Wirkung zu entfalten. Dies hat der EuGH mehrfach entschieden (ständige Rspr., vgl. EuGH GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u.a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 [Tz. 47-51] – BioID; GRUR 2004, 674 [Tz. 42-44] – Postkantoor; GRUR 2004, 428 [Tz. 63] – Henkel). Dies entspricht auch ständiger Rechtsprechung des Bundespatentgerichts und des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 2008, 1093 [Tz. 18] – Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatG GRUR 2007, 333 – Papaya mit ausführlicher Begründung und zahlreichen Literatur- und Rechtsprechungsnachweisen), wobei es auch keinen Mangel des DPMA-Verfahrens darstellt, wenn die Markenstelle nicht im Einzelnen Gründe für eine differenzierte Beurteilung angegeben hat (vgl. dazu BGH GRUR 2011, 230, Tz. 12 – SUPERgirl). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein auf der Grundlage des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. Aus dem Gebot rechtmäßigen Handelns folgt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen.

2.
Der Senat hat die Rechtsbeschwerde zugelassen zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) im Hinblick auf die abweichende Entscheidung des Bundespatentgerichts vom 23. Oktober 2007, Az.: 32 W (pat) 28/05, betreffend die Anmeldemarke „Karl May“ (die Entscheidung ist in der GRUR 2008, 518 veröffentlicht). Bei dieser Entscheidung hat der 32. Senat des Bundespatentgerichts die Schutzfähigkeit in Bezug auf einen Teil der beanspruchten Waren, die mit den im vorliegenden Verfahren beanspruchten Produkten teilweise identisch oder sehr ähnlich sind, wie z.B. Schreibwaren, Süßwaren und Schokoladewaren, mit der Begründung bejaht, dass sich im Zusammenhang mit diesen Waren ein Sachbezug zu „Karl May“ als einem der meist gelesenen deutschen Schriftsteller nicht ohne weiteres herstellen ließe, da „Karl May“ ein Name sei, der mehreren Personen zukommen könne und angesichts im aktuellen Telefonbuch eingetragener ca. 200 Personen mit diesem Namen in Deutschland auch tatsächlich geführt werde.

3. Rechtsmittelbelehrung:

Da die Rechtsbeschwerde zugelassen worden ist, kann der am Beschwerdeverfahren beteiligte Anmelder gegen diesen Beschluss das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass der Beschluss auf einer Verletzung des Rechts beruht.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form einzulegen.

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