BPatG: Eine Wortmarke kann bei dem DPMA auch für „Einzelhandelsdienstleistungen“ eingetragen werden

veröffentlicht am 10. Juni 2009

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtBPatG, Beschluss vom 08.05.2007, Az. 33 W (pat) 128/05
§§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 37 Abs. 1 und 5 MarkenG

Das BPatG hat entschieden, dass eine (Wort-) Marke beim Deutschen Patent- und Markenamt auch für „Einzelhandelsdienstleistungen“ eingetragen werden kann, selbst wenn dies in der Markenverordnung und ihren Anlagen nicht ausdrücklich aufgeführt ist. Das Gericht bezog sich dabei auf die wegweisende Entscheidung des EuGH in Sachen „Praktiker“ (EuGH GRUR 2005, 764). Zugleich erklärte das Gericht, dass bei einer solchen Markenanmeldung nicht nur Klassenziffern angegeben werden könnten, etwa „Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Waren der Klassen 1-34“, sondern dass die vom Handel erfassten Waren zumindest durch Gattungsoberbegriffe gekennzeichnet werden müssten.

Zuvor war die Wortmarke „KAUFLAND“ für die Dienstleistungen „Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Betrieb eines Einzelhandels mit Artikeln und Verbrauchsgütern aller Art in einem Kaufhaus oder Supermarkt …“ angemeldet worden. Die Markenstelle hatte den Antrag für die Dienstleistungen „Betrieb eines Einzelhandels mit Artikeln und Verbrauchsgütern aller Art in einem Kaufhaus oder Supermarkt; Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren“ zurückgewiesen. Zur Begründung war ausgeführt worden, dass die Anmeldemarke in erster Linie auf die Art, den Gegenstand und den inhaltlichen Zuschnitt einer Verkaufseinrichtung mit umfangreichem Warenangebot hinweise. Auf den Umstand, dass sie lexikalisch nicht nachweisbar sei und von Dritten bisher nicht verwendet werde, komme es angesichts der üblichen Verbindung der Wörter „Kauf“ und „Land“ nicht an. Es handele sich um die typische Bezeichnung einer Betriebs- und Erbringungsstätte mit umfassendem Warensortiment, an die der Verkehr aufgrund vergleichbarer Wortzusammensetzungen (z. B. „Kaufhalle“ oder „Kaufhaus“) gewöhnt sei. Insbesondere seien auch die Dienstleistungen „Transportwesen“ sowie „Verpackung und Lagerung von Waren“ untrennbar mit dem Kauf von Waren in einem Kaufhaus oder Supermarkt verbunden und würden der jeweiligen Verkaufsstätte zugerechnet werden.

Dem stehe nicht entgegen, dass mit dem Begriff „KAUFLAND“ ein gewisser Bedeutungsspielraum verbunden sei. Er trage dazu bei, einen möglichst weiten Bereich waren- oder dienstleistungsbezogener Eigenschaften zu erfassen und/oder eine positive Erwartungshaltung des Kunden zu fördern. Demgegenüber wiesen die nicht von der Zurückweisung betroffenen Dienstleistungen keinen Sachbezug zu einem umfassenden Warenangebot oder zu einer Vertriebsstätte auf. Auch beschreibe die angemeldete Marke nicht eng mit ihnen zusammenhängende Merkmale.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde hielt das Bundespatentgericht für begründet.

In der Praktiker-Entscheidung (EuGH GRUR 2005, 764) habe der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass der Begriff „Dienstleistungen“ im Sinne der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken, insbesondere ihres Artikels 2, auch Dienstleistungen erfasse, die im Rahmen des Einzelhandels mit Waren erbracht würden. Damit seien die von der Zurückweisung betroffenen Einzelhandelsdienstleistungen dem markenrechtlichen Schutz zugänglich. Indem die Anmelderin im vorliegenden Beschwerdeverfahren ihr Dienstleistungsverzeichnis, zuletzt durch die Formulierung „Einzelhandelsdienstleistungen im Bereich von …“ präzisiert habe, werde es der weiteren in der EuGH-Entscheidung genannten Anforderung gerecht. Danach sei es für die Zwecke der Eintragung einer Marke für Einzelhandelsdienstleistungen zwar nicht notwendig, die in Rede stehenden Dienstleistungen konkret zu bezeichnen. Dennoch seien nähere Angaben in Bezug auf die Waren oder Arten von Waren notwendig, auf die sich die Dienstleistungen bezögen.

Bei Einzelhandelsdienstleistungen sehe es der Senat einerseits als nicht ausreichend an, wenn die von ihnen erfassten Waren nur anhand bloßer Klassenziffern konkretisiert würden (vgl. den zur Veröffentlichung vorgesehenen Beschluss 33 W (pat) 331/01 – BP-Shop). Dadurch werde insbesondere der Schutzbereich der Marke nicht deutlich genug bestimmt.

Andererseits sei es nicht erforderlich, alle vertriebenen Waren anzugeben. Eine solche Liste könne u. U., etwa bei extrem langen und detaillierten Verzeichnissen, auf die Schaffung einer „Generalhandelsmarke“ abzielen und eine Umgehung der vom Europäischen Gerichtshof gefor-derten näheren Angaben von Waren oder Arten von Waren darstellen. Zudem entwerte ein derartiges Verzeichnis die Publizitätsfunktion des Markenregisters. Interessierte Dritte, die das Schutzrecht zu beachten hätten, können in diesem Fall dessen Schutzgegenstand nur noch mit einiger Zeit- und Mühewaltung erfassen. Dies entspreche offensichtlich nicht den an ein öffentliches Schutzrechtsregister zu setzenden Maßstäben. Vielmehr genüge es, wenn weite oberbegriffliche Bezeichnungen verwendet würden, die die Art der Waren erkennen ließen. Dies gelte selbst dann, wenn die betreffenden Warenangaben die Kriterien für ein hinreichend bestimmtes, eindeutig klassifizierbares Waren-/Dienstleistungsverzeichnis nicht in jeder Hinsicht erfüllten. (vgl. Ströbele/Hacker-Kirschneck, Markengesetz, 8. Auflage, § 32, Rdnr. 68).

Während die ursprünglich eingereichte Formulierung „Betrieb eines Einzelhandels mit Artikeln und Verbrauchsgütern aller Art in einem Kaufhaus oder Supermarkt“ keinerlei konkrete Angaben in Bezug auf die Waren oder Arten von Waren enthielt, seien in dem mit Schriftsatz vom 30.10.2007 eingereichten Verzeichnis alle Waren benannt, die in einem Großmarkt regelmäßig angeboten werden. Es sei demzufolge sehr umfangreich und enthalte sehr detaillierte Warenbegriffe. Zwischen diesen beiden Extremen bewege sich die im Beschlusstenor genannte Fassung, die die von den Einzelhandelsdienstleistungen umfassten Waren oberbegrifflich benenne. Dadurch werde der Schutzbereich ausreichend eingegrenzt und könne zudem schnell erfasst werden.

Es liege keine nachträgliche Erweiterung des Dienstleistungsverzeichnisses vor. Die ursprüngliche Formulierung „Betrieb eines Einzelhandels mit Artikeln und Verbrauchsgütern aller Art in einem Kaufhaus oder Supermarkt“ umfasse Waren (z. B. Düngemittel für den Garten), die zu Klassen gehörten, die in dem Verzeichnis vom 30.10.2007 nicht genannt seien (z. B. Klasse 1). Hierbei handele es sich zwar um eine zulässige Einschränkung. Diese sei allerdings durch die Verzeichnisse vom 02.04.2007 bzw. 08.05.2007 wieder rückgängig gemacht worden, da bestimmte Waren (z. B. Gartenartikel) zuvor entfallenen Klassen zugeordnet hätten werden können (z. B. Klasse 1). Hierbei sei allerdings zu berücksichtigen, dass die Fassung vom 30.10.2007 nur hilfsweise gelten sollte. Die Bedingung, unter der die Änderungen stehen sollen, ist zwar nicht ausdrücklich genannt. Im Wege der Auslegung ergebe sich jedoch, dass hiermit die Zustimmung des Gerichts mit der eingereichten Fassung gemeint sei. Dafür spreche, dass die Änderungen erst nach entsprechenden Hinweisen des Senats vorgenommen worden seien. Zudem habe der Vertreter der Beschwerdeführerin um Rückmeldung im Falle von Beanstandungen gebeten. Folglich sei die Fassung vom 30.10.2007 als bloßer Formulierungsversuch anzusehen, der eine nachträgliche Erweiterung, die sich jedoch im Rahmen des ursprünglichen Verzeichnisses hält, nicht ausschließe (vgl. auch Ströbele/Hacker, a. a. O., § 39, Rdnr. 2).

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