Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- LG Karlsruhe: Zur Unzulässigkeit eines Online-Marktplatzes für Apotheken, über den Arzneimittel verkauft werdenveröffentlicht am 19. Januar 2023
LG Karlsruhe, Urteil vom 08.12.2022, Az. 13 O 17/22 KfH
§ 8 S. 2 ApoG, § 11 Abs. 1a ApoGDas LG Karlsruhe hat entschieden, dass es unlauter (wettbewerbswidrig) ist, für Apotheken eine Online-Plattform bereitzustellen, über welche Apotheken Arzneimittel an Patienten verkaufen können, wenn der Marktplatzbetreiber von den teilnehmenden Apotheken eine monatliche Grundgebühr und eine umsatzabhängige Transaktionsgebühr (letztere auf Verkäufe von rezeptfreien Arzneimitteln) erhält. Der Gesetzeszweck des § 8 S. 2 ApoG liege darin, so die Kammer, Rechtsverhältnisse zu vermeiden, in denen sich ein Dritter die beruflichen und wirtschaftlichen Fähigkeiten von Apothekern zunutze mache und an den Früchten der Apotheke partizipiere. Apotheken könnten, so beanstandete das LG Karlsruhe, wenn sie sich dem Marktplatz der Klägerin angeschlossen hätten, möglicherweise aufgrund gestiegener Marktmacht der Plattformbetreiberin in wirtschaftliche Abhängigkeit geraten, wie dies von anderen Marktplätzen, etwa booking.com, als allgemeinbekannt vorausgesetzt werden könne. Die beklagte Apothekerkammer könne daher einen entgegen den Vorschriften des Apothekengesetzes erfolgten Betrieb eines solchen Online-Marktplatzes nach den Vorschriften des Wettbewerbsrechts (UWG) untersagen lassen. Zur Pressemitteilung vom 08.12.2022: (mehr …)
- BGH: EuGH soll entscheiden, ob Datenschutzverstöße als Wettbewerbsverstöße vor einem Zivilgericht verfolgt werden dürfenveröffentlicht am 12. Januar 2023
BGH, Beschluss vom 12.01.2023, Az. I ZR 222/19 und
BGH, Beschluss vom 12.01.2023, Az. I ZR 223/19
§ 3 Abs. 1 UWG, § 3a UWG, § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG, § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG, Art. 9 DSGVO, Art. 8 DSRLDer BGH hat dem EuGH zwei Rechtsfragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: Zum einen soll der EuGH entscheiden, ob Verstöße gegen die DSGVO von einem Mitbewerber als Wettbewerbsverstöße vor einem Zivilgericht verfolgt werden können. Zum anderen soll der EuGH entscheiden, ob die Daten, die Kunden eines Apothekers bei der Bestellung von zwar apothekenpflichtigen, nicht aber verschreibungspflichtigen Medikamenten auf einer Internethandelsplattform eingeben (Name des Kunden, Lieferadresse und die für die Individualisierung des bestellten apothekenpflichtigen Medikaments notwendigen Informationen), Gesundheitsdaten gem. Art. 9 Abs. 1 DSGVO sowie Daten über Gesundheit im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EU-RL 95/46/EG (DSRL) sind. Zur Pressemitteilung Nr. 006/2023 vom 12.01.2023:
- BGH: Zur Neutralität des Gütesiegel-Anbieters, der Werbematerialien an seine Kunden verteiltveröffentlicht am 11. Januar 2023
BGH, Urteil vom 12.05.2022, Az. I ZR 203/20
§ 3 Abs. 1 UWG, § 5 Abs. 1 UWG, § 8 Abs. 1 S.1 UWG, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWGDer BGH hat darauf hingewiesen, dass ein Gütesiegel (hier: Webshop Awards) nur durch ein Unternehmen verliehen werden kann, welches gegenüber dem Gütesiegel-Nutzer unabhängig oder neutral ist. Stelle ein solcher Anbieter eines Gütesiegels für das von ihm zu vergebende Gütesiegel den zu bewertenden Unternehmen Werbematerialien zur Verfügung, mithilfe derer Verbraucher zur Abgabe einer Bewertung aufgefordert werden können, so könne hieraus noch nicht gefolgert werden, dass das Unternehmen nicht unabhängi oder neutral sei. Anders sei die Lage allerdings zu entscheiden, wenn die verteilten Werbematerialien geeignet seien, die von den Kunden abzugebende qualitative Bewertung der Unternehmen oder das Abstimmungsergebnis zu beeinflussen. Zum Volltext der Entscheidung:
- OLG Brandenburg: Keine Reduzierung der Vertragsstrafe bei Aufgabe des Geschäftsbetriebsveröffentlicht am 4. Januar 2023
OLG Brandenburg, Urteil vom 20.04.2021, Az. 6 U 72/19
§ 315 Abs. 3 S.1 BGBDas OLG Brandenburg hat entschieden, dass die für einen wiederholten Wettbewerbsverstoß festgesetzte Vertragsstrafe in Höhe von 4.000 EUR billigem Ermessen im Sinne von § 315 Abs. 3 S. 1 BGB entspricht, wenn der Unterlassungsschuldner fortgesetzt für die Ausführung wesentlicher Tätigkeiten des Kraftfahrzeugtechnikerhandwerks wirbt, ohne in die Handwerksrolle der zuständigen Handwerkskammer eingetragen zu sein. Für die Bestimmung, was als angemessene Vertragsstrafe anzusehen sei, seien Schwere und Ausmaß der Zuwiderhandlung und deren Gefährlichkeit für den Gläubiger, das Ausmaß der Wiederholungsgefahr, das Verschulden des Verletzers und ggf. die Funktion der Vertragsstrafe als pauschalierter Schadensersatz entscheidend. Danach sei im Streitfall zu berücksichtigen, dass der von dem Kläger festgesetzte Betrag der Vertragsstrafe bereits niedriger liegt als der im Lauterkeitsrecht für durchschnittliche Verstöße als üblich angesehene Betrag von Höhe von 5.001 EUR, obwohl der inkriminierte Verstoß, auch infolge der Verbreitung der Werbung über das Internet, nicht als minderschwerer Fall qualifiziert werden könne. Eine andere Bewertung ergebe sich auch nicht aus der Kürze des Werbeauftritts mit dem Hinweis, die Internetseite werde überarbeitet, was auf eine gewisse Vorläufigkeit des Werbeauftritts schließen lasse. Das Vorbringen des Beklagten, er unterhalte zwischenzeitlich gar keinen nennenswerten Geschäftsbetrieb mehr, könne ebenfalls nicht zu einer Reduzierung der Vertragsstrafe führen. Nähere Umstände seien nicht dargelegt, insbesondere sei nicht mitgeteilt, ob sich die Aussage – was allein maßgebend wäre – auf den Zeitpunkt der Verletzungshandlung beziehe. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- OLG Frankfurt a.M.: Wer irrtümlich mit Preis wirbt und dann nur zu höherem Preis liefern will betreibt wettbewerbswidrige Irreführungveröffentlicht am 28. Dezember 2022
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 24.11.2022, Az. 6 U 276/21
§ 3 UWG, § 5 Abs. 2 Nr. 1 Nr. 8 UWGDas OLG Frankfurt a.M. hat entschieden, dass eine irreführende Preisangabe im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG auch dann vorliegt, wenn der Unternehmer nach der Bestellung aufgrund eines Irrtums nur zu einem höheren Preis lieferbereit ist. Der Elektronikhändler hatte eine Belieferung zum angebotenen Preis mit der Begründung abgelehnt, es habe eine falsche Preisangabe in dem Onlineshop gegeben, die auf einer fehlerhaften Übermittlung eines Lieferanten beruhe; der angegebene Preis sei in höchstem Maße unwirtschaftlich. Dies stehe aber, so der Senat, einem wettbewerbswidrigen Verhalten nicht entgegen. Anknüpfungspunkt für den Unlauterkeitsvorwurf sei bei richtlinienkonformer Auslegung die (relevante) Unwahrheit bzw. Täuschungseignung der Angaben. Eine Täuschungsabsicht sei für den Art. 6 UGP-RL umsetzenden Irreführungsschutz des § 5 UWG nicht erforderlich (EuGH C-388/13 – UPC Magyarország). Auch andere Motive des Unternehmers spielten im Rahmen des § 5 UWG keine Rolle. Zum Volltext der Entscheidung (OLG Frankfurt a.M.: Wer irrtümlich mit Preis wirbt und dann nur zu höherem Preis liefern will betreibt wettbewerbswidrige Irreführung).
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- OLG Frankfurt a.M.: Fälschliche Behauptung, Inhaber einer Marke zu sein, stellt auch bei ausschließlicher Lizenz eine Irreführung darveröffentlicht am 24. November 2022
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 08.08.2019, Az. 6 U 40/19
§ 3 Abs. 1 UWG, § 5 UWG, § 5a Abs. 2 UWG, § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWGDas OLG Frankfurt a.M. hat entschieden, dass die Behauptung, man sei Inhaber einer bestimmten Marke („… ist eine Marke der A.com GmbH“) selbst dann irreführend ist, wenn eine ausschließliche Lizenz zur Nutzung der Marke besteht und mit dem tatsächlichen Markeninhaber eine gesellschaftsrechtliche Verbindung besteht. Die Behauptung eines Unternehmens, Inhaber einer Marke zu sein, könne, so der Senat, dazu führen, dass der Verkehr diesem Unternehmen eine gewisse, durch die Markeninhaberschaft dokumentierte wirtschaftliche Bedeutung beimisse, welche dann auch auf die Kaufentscheidung ausstrahle (allgemein zur Relevanz einer unzutreffenden Markenberühmung vgl. BGH GRUR 2009, 888 – Thermoroll). Zum Volltext der Entscheidung:
- OLG Düsseldorf: Kein Rechtsmissbrauch bei Ordnungsgeldantrag und gleichzeitigem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügungveröffentlicht am 14. November 2022
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.01.2022, Az. 20 W 4/22
§ 242 BGBDas OLG Düsseldorf hat entschieden, dass es nicht rechtsmissbräuchlich ist, einen Ordnungsgeldantrag (wegen Verstoßes gegen eine zuvor erlassene einstweilige Verfügung) zu stellen und zeitgleich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu stellen. Maßgeblich sei, dass die Schuldnerin selbst die von ihr mit Abmahnschreiben der Gläubigerin geforderte Klarstellung verweigert habe. Die Schuldnerin habe explizit Gelegenheit erhalten, außergerichtlich zu erklären, dass die verfahrensgegenständliche Werbung in Bezug auf die Fundstellenthematik kerngleich zu der vom Landgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 30.10.2019 untersagten Werbung sei. Weil die Schuldnerin nicht bereit gewesen sei, diese Unsicherheit über den Kernbereich auszuräumen, habe die Gläubigerin ein berechtigtes und schützenswertes Interesse daran gehabt, diese Frage vor dem Landgericht Berlin klären zu lassen. Bei dieser Sachlage kann keine Rede davon sein, dass es der Gläubigerin erkennbar nur um eine besondere Schädigung gegangen sei. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- LG München I: Keine irreführende Werbung bei Produktbewertungen durch Familienmitglieder, Freunde oder Mitarbeiterveröffentlicht am 3. Oktober 2022
LG München I, Endurteil vom 15.02.2018, Az. 17 HK O 10637/17
§ 3 Abs. 2, Abs. 4 UWG, § 5a Abs. 2 UWG, § 263 StGB, § 823 Abs. 2 BGB, § 1004 BGBDas LG München I hat entschieden, dass ein Produkt bei Amazon durch die Mutter, dessen Freund oder Mitarbeiter bewertet werden darf, ohne dass der Verkäufer hierauf hinweisen muss. Denn diese Quellen der Bewertungen seien keine wesentlichen Informationen im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG. Es ist zwar zutreffend, dass Einträge auf Internetseiten oder Portalen, die Erfahrungen von Nutzern mit einem bestimmten Produkt oder einem Unternehmen wiedergeben, für viele Verbraucher eine wichtige Informationsquelle seien. Es sei aber auch anerkannt, dass beispielsweise ein Bewertungsportal, welches die Ergebnisse aufgrund von Bewertungen der Kunden eines Unternehmens ermittele, nicht den Anforderungen an objektiv unabhängige Tests genügen müsse. Dies bedeute auf der anderen Seite aber auch, dass der durchschnittlich informierte, situationsbedingt aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucherwisse, wenn er sich Bewertungen durch Dritte gegenübersehe, dass es sich dabei nicht um vollkommen objektive Bewertungen im Sinne eines Tests, beispielsweise durch Warentestungsinstitute oder ähnliches handele, sondern dass bei solchen Bewertungen, die private Dritte auf Internetseiten abgeben, es sich um eine subjektive Bewertung des jeweiligen Produktes durch denjenigen, der die Bewertung abgebe, handele. Die angesprochenen Verkehrskreise wüssten deshalb, dass eine vollkommene Objektivität und Neutralität von solchen Kundenbewertungen nicht zwingend erwartet werden könne. Die von der Klagepartei geäußerte Auffassung, dass bei Verwandten, Mitarbeitern oder Freunden des Unternehmens per se eine Neutralität und Objektivität nicht gegeben sei und nicht gegeben sein könne, teile die Kammer nicht. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- LG München I: Der Hinweis „Refurbished Certificate“ ersetzt nicht den Hinweis an Verbraucher, dass die Ware gebraucht istveröffentlicht am 29. September 2022
LG München I, Endurteil vom 30.07.2018, Az. 33 O 12885/17
§ 5a Abs. 2 Nr. 1 UWG, § 8 Abs. 1, Abs. 3 UWG, Art. 7 UGP-RLDas LG München I hat entschieden, dass ein Amazon-Händler gebrauchte Smartphones nicht mit dem bloßen Hinweis „Refurbished Certificate“ anbieten darf, wenn er nicht zugleich darauf hinweist, dass es sich um gebrauchte Ware handelt. Mit dem Unterlassen des Hinweise handele der Händler zudem unlauter, da er Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführe, indem er eine wesentliche Information vorenthalte, wobei unter dem Vorenthalten gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG auch das Verheimlichen wesentlicher Informatione zu verstehen sei. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- OLG Brandenburg: Zur Anfechtung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wegen arglistiger Täuschungveröffentlicht am 27. September 2022
OLG Brandenburg, Urteil vom 19.07.2022, Az. 6 U 41/21
§ 242 BGB, § 339 S.2 BGBDas OLG Brandenburg hat eine Entscheidung des LG Potsdam (hier) aufgehoben, wonach eine strafbewehrte Unterlassungserklärung noch gegenüber einem Wettbewerbsverein wirksam angefochten habe werden können, weil der Wettbewerbsverein nicht nachgewiesen habe, dass ihm eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört habe, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt wie der abgemahnte Händler vertrieben (vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG). Der Senat hatte offensichtlich schon Bedenken, ob die Anfechtung wirksam erklärt worden sei. Es habe aber auch, im Gegensatz zu der Bewertung des LG Potsdam, auch kein Anfechtungsgrund vorgelegen. Wenn der Rechtsanwalt des abgemahnten Händlers zeitgleich mit der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bereits die Aktivlegitimation des Wettbewerbsvereins anzweifele, könne der Händler nicht mehr für sich ins Feld führen, dass er hinsichtlich der Aktivlegitimation des Wettbewerbsvereins einer Fehlvorstellung unterlegen sei. Auch stehe der Geltendmachung nicht der Einwand eines Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB entgegen. Weder sei eine gezielte Verhinderung der aktiven Mitgliedschaft von im Onlinehandel tätigen Unternehmen zu vermuten, noch fasse der Wettbewerbsverein Abmahnschreiben standardmäßig und systematisch zu weit. Hinweis: Die Entscheidung des OLG Brandenburg ist für Adressaten einer IDO-Abmahnung oder -Vertragsstrafenforderung! kein Grund zur Verzweifelung; sie stellt im Rahmen der breiten IDO-Rechtsprechung eher eine Ausnahmeentscheidung dar. Eine Verteidigung gegen Abmahnschreiben und Vertragsstrafenforderungen des IDO ist vor dem Hintergrund zahlreicher abweichender Urteile weiterhin zweckmäßig und empfehlenswert; ich spreche auf Grund diverser gerichtlich ausgefochtener Fälle aus eigener Erfahrung. Der mit diesem Fall betraute Kollege war nicht zu beneiden. Der Senat hat jeden einzelnen seiner weithin anerkannten Argumentationspunkte zurückgewiesen. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)