EuGH: Beurteilung der Verwechslungsgefahr bei Markenserien

veröffentlicht am 16. September 2011

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtEuGH, Urteil vom 16.06.2011, Az. C-317/10 P
Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 40/94

Der EuGH hat entschieden, dass bei Vorliegen einer Serie von Marken bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr durch Verbraucher auch berücksichtigt werden muss, ob der Verbraucher die Markenherkunft deshalb irrtümlich beurteilen könnte, weil er eine Marke der Serie eines anderen Markeninhabers zuordnet. Habe die Vorinstanz dies nicht getan, liege ein Rechtsfehler vor, der eine Überprüfung im Rahmen eines Rechtsmittels rechtfertige. Bei einer Serie von Marken müsse nämlich zunächst eine Prüfung der Struktur der verglichenen Marken und des Einflusses der Position des diesen gemeinsamen Elements erfolgen. Vorliegend sei dies die Anfangssilbe „Uni“ gewesen sowie deren mögliche Wahrnehmung durch das relevante Publikum. Zum Volltext der Entscheidung:


URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

In der Rechtssache C?317/10 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 1. Juli 2010,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung …

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2011,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Union Investment Privatfonds GmbH die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 27. April 2010, UniCredito Italiano/HABM – Union Investment Privatfonds (UNIWEB) (T?303/06 und T?337/06, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht zum einen zwei Entscheidungen der Zweiten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 5. September 2006 (verbundene Sachen R 196/2005?2 und R 211/2005?2) und 25. September 2006 (verbundene Sachen R 456/2005?2 und R 502/2005?2) (im Folgenden: streitige Entscheidungen) aufgehoben hat, soweit darin den Widersprüchen der Rechtsmittelführerin gegen die von der UniCredito Italiano SpA (im Folgenden: UniCredito) eingereichten Anmeldungen der Gemeinschaftswortmarken UNIWEB und UniCredit Wealth Management für bestimmte Dienstleistungen stattgegeben worden war, und zum anderen ihre Anträge auf Aufhebung dieser Entscheidungen im Hinblick auf die Dienstleistungen des Immobilienwesens abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

Die Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) aufgehoben und ersetzt, die am 13. April 2009 in Kraft trat. Der Rechtsstreit unterliegt wegen des Zeitraums, in den der Sachverhalt fällt, gleichwohl weiterhin der Verordnung Nr. 40/94.

3 Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 bestimmt:

„Auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen,

b) wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.“

Vorgeschichte des Rechtsstreits

Am 29. Mai und 7. August 2001 meldete UniCredito die Gemeinschaftswortmarken UNIWEB und UniCredit Wealth Management für u. a. folgende Dienstleistungen in Klasse 36 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung an:

– „Bankgeschäfte; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Versicherungswesen; Immobilienwesen; Informationen und Beratung in Finanz- und Versicherungsangelegenheiten; Ausgabe von Kredit- und Debitkarten; Bank- und Finanzdienstleistungen über Internet“ im Fall der Wortmarke UNIWEB;

– „Bankgeschäfte; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Versicherungen; Immobilienwesen; Finanzauskünfte“ im Fall der Wortmarke UniCredit Wealth Management.

Am 6. März und 21. Juni 2002 erhob die Rechtsmittelführerin gegen die beiden Anmeldungen hinsichtlich der vorgenannten Dienstleistungen gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 Widerspruch.

Ihre beiden Widersprüche waren auf drei für „Investmentgeschäfte“ in Klasse 36 des Nizzaer Abkommens eingetragene deutsche Marken gestützt, nämlich die beiden am 2. April 1979 angemeldeten und am 17. Oktober 1979 eingetragenen Wortmarken UNIFONDS und UNIRAK sowie die folgende, am 6. März 1992 angemeldete und am 10. Juli 1992 eingetragene Bildmarke:

Abb.

Mit Entscheidungen vom 17. Dezember 2004 und 28. Februar 2005 gab die Widerspruchsabteilung des HABM den Widersprüchen hinsichtlich aller angegriffenen Dienstleistungen mit Ausnahme der des „Immobilienwesens“ statt.

Zur Begründung führte die Widerspruchsabteilung in beiden Fällen im Wesentlichen aus, dass die Rechtsmittelführerin sowohl die ernsthafte Benutzung der älteren Marken als auch nachgewiesen habe, dass sie Inhaberin von Marken sei, die alle die Anfangssilbe „Uni“ aufwiesen und eine Markenserie oder -familie bildeten. Die Widerspruchsabteilung gelangte zu dem Ergebnis, dass zwischen den Anmeldemarken und den älteren Marken eine Verwechslungsgefahr einschließlich der Gefahr einer gedanklichen Verbindung bestehe, dass dies aber nicht für die Dienstleistungen des „Immobilienwesens“ gelte, die den von den älteren Marken erfassten Dienstleistungen nicht ähnlich seien.

Am 17. Februar und 21. April 2005 legte UniCredito gegen diese Entscheidungen der Widerspruchsabteilung des HABM Beschwerde ein, und ebenso legte am 11. Februar und 28. April 2005 die Rechtsmittelführerin gegen die Entscheidungen Beschwerde ein.

Mit den streitigen Entscheidungen wies die Zweite Beschwerdekammer des HABM diese Beschwerden zurück. Sie schloss sich der Beurteilung durch die Widerspruchsabteilung an und führte in beiden streitigen Entscheidungen insbesondere aus, dass die Rechtsmittelführerin die ernsthafte Benutzung der eine Markenserie bildenden Marken nachgewiesen und ebenfalls dargetan habe, dass die Anmeldemarke Merkmale aufweise, die geeignet seien, sie mit dieser Markenserie in Verbindung zu bringen, so dass das relevante Publikum die fragliche Anfangssilbe, wenn diese im Zusammenhang mit Investmentgeschäften verwendet werde, gedanklich mit der Rechtsmittelführerin verbinden werde.

Klage vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

Mit Klageschriften, die am 6. und 28. November 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingingen, erhob UniCredito Klagen auf Aufhebung der streitigen Entscheidungen. Sie stellte in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht klar, dass ihre Klagen nur auf eine teilweise Aufhebung der streitigen Entscheidungen zielten, nämlich soweit darin den Widersprüchen gegen die angemeldeten Gemeinschaftswortmarken UNIWEB und UniCredit Wealth Management hinsichtlich der anderen Dienstleistungen der Klasse 36 des Nizzaer Abkommens als denen des Immobilienwesens stattgegeben worden sei.

Die Rechtsmittelführerin beantragte in beiden Rechtssachen zum einen, die Klagen abzuweisen, und zum anderen, die streitigen Entscheidungen teilweise aufzuheben und ihren Widersprüchen gegen die Anmeldemarken UNIWEB und UniCredit Wealth Management in vollem Umfang, also auch hinsichtlich der Dienstleistungen des Immobilienwesens, stattzugeben.

Das HABM beantragte, die Klagen abzuweisen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht

– die beiden Rechtssachen zu gemeinsamer Entscheidung verbunden;

– die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 5. September 2006 aufgehoben, soweit darin die Beschwerde von UniCredito zurückgewiesen und den Widersprüchen gegen die Anmeldung der Marke UNIWEB hinsichtlich der Dienstleistungen „Bankgeschäfte; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Versicherungswesen; Immobilienwesen; Informationen und Beratung in Finanz- und Versicherungsangelegenheiten; Ausgabe von Kredit- und Debitkarten; Bank- und Finanzdienstleistungen über Internet“ in Klasse 36 des Nizzaer Abkommens stattgegeben worden war;

– die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 25. September 2006 aufgehoben, soweit darin die Beschwerde von UniCredito zurückgewiesen und den Widersprüchen gegen die Anmeldung der Marke UniCredit Wealth Management für die Dienstleistungen „Bankgeschäfte; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Versicherungen; Immobilienwesen; Finanzauskünfte“ in Klasse 36 des Nizzaer Abkommens stattgegeben worden war;

– die Anträge der Rechtsmittelführerin abgewiesen und

– den Verfahrensbeteiligten ihre eigenen Kosten auferlegt.

Das Gericht hat so entschieden, weil es den einzigen von UniCredito geltend gemachten Klagegrund – Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 – für stichhaltig erachtete.

Hierzu hat das Gericht, das sich in den Randnrn. 33, 34 und 37 bis 40 des angefochtenen Urteils auf sein Urteil vom 23. Februar 2006, Il Ponte Finanziaria/HABM – Marine Enterprise Projects (BAINBRIDGE) (T?194/03, Slg. 2006, II?445, im Folgenden: Urteil BAINBRIDGE), bezogen hat, in Randnr. 41 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass im vorliegenden Fall das HABM nicht eingehend die Voraussetzung einer Verbindung der Anmeldemarken mit der geltend gemachten Markenserie geprüft habe, denn die Beschwerdekammer habe nur ausgeführt, dass alle Marken aus einer Kombination zweier Elemente bestünden, nämlich des gemeinsamen Elements „Uni“ und verschiedener Ausdrücke wie „Web“ und „Credit Wealth Management“, die für die beanspruchten Dienstleistungen ohne Unterscheidungskraft seien.

In Randnr. 42 des angefochtenen Urteils hat das Gericht befunden, dass weder die Unterscheidungskraft der Anfangssilbe „Uni“ noch die anderen Aspekte des Zeichenvergleichs den Schluss zuließen, dass Verwechslungsgefahr bestehe. Zur Unterscheidungskraft dieser Anfangssilbe hat das Gericht in Randnr. 43 seines Urteils bemerkt, dass diese von Haus aus nicht geeignet sei, die Anmeldemarken mit der geltend gemachten Markenserie gedanklich in Verbindung zu bringen. In Randnr. 44 seines Urteils hat das Gericht hinzugefügt, dass die tatsächliche Benutzung der Serienmarken im Finanzsektor und die regelmäßige Veröffentlichung von Informationen über die Kurse von alphabetisch aufgeführten Investmentfonds nicht die Eignung der Anfangssilbe „Uni“ belegen könnten, für sich allein auf die Herkunft der Fonds hinzuweisen.

In diesem Zusammenhang hat das Gericht in Randnr. 45 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass die im Widerspruchsverfahren vorgelegten Presseausschnitte zeigten, dass es Fonds mit der Anfangssilbe „Uni“ gebe, die nicht der Rechtsmittelführerin gehörten. Zwar habe die Beschwerdekammer insoweit zutreffend festgestellt, dass „im Fall von Fonds, deren Bezeichnung mit ‚United‘ … und ‚Universal‘ … beginnen, ein unteilbarer Begriff vorliegt, dessen erste Buchstaben ‚Uni‘ ein integrierender Bestandteil der Wortstruktur sind“, aber es sei nicht offensichtlich, dass dies auch für mit „Unico“ beginnende Marken gelte, da dieser Begriff vom relevanten Publikum in Deutschland nicht notwendig mit dem italienischen Wort „unico“ („einziger, -es“) in Verbindung gebracht werde, sondern auch als Abkürzung ohne Sinngehalt verstanden werden könne.

In Randnr. 46 des angefochtenen Urteils hat das Gericht weiter erläutert, dass in den von der Rechtsmittelführerin vorgelegten Presseausschnitten am Anfang der Liste der von einem Unternehmen verwalteten Investmentfonds der Name dieses Unternehmens angegeben sei, womit es schwer vorstellbar erscheine, dass die maßgeblichen Verkehrskreise, die eine relativ hohe Aufmerksamkeit aufbrächten, glauben könnten, dass die mit den Anmeldemarken gekennzeichneten Fonds von einem anderen Unternehmen als dem verwaltet würden, dessen Name am Anfang der Gruppe angegeben sei, zu der diese Fonds gehörten.

Zu den übrigen Aspekten des Vergleichs hat das Gericht in Randnr. 47 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin über die gemeinsame Vorsilbe „Uni“ hinaus nicht das Vorliegen weiterer Ähnlichkeiten zwischen den Marken nachgewiesen habe und dass hingegen zwischen diesen ein begrifflicher Unterschied bestehe, da die der Vorsilbe „Uni“ angefügten Begriffe in den Marken UNIWEB und UniCredit Wealth Management aus dem Englischen und in den angeführten älteren Marken aus dem Deutschen stammten.

Daraus hat das Gericht in Randnr. 48 des angefochtenen Urteils geschlossen, dass ungeachtet der tatsächlichen Benutzung der älteren Marken und der allen Marken gemeinsamen Anfangssilbe die vom HABM angeführten Beweise nicht die Eignung dieser Anfangssilbe belegen könnten, allein oder in Kombination mit anderen Umständen die Anmeldemarken mit den älteren Markenserien gedanklich in Verbindung zu bringen.

Demgemäß hat das Gericht den einzigen von UniCredito angeführten Klagegrund für stichhaltig erachtet und weiter den Klagegrund der Rechtsmittelführerin zurückgewiesen, mit dem ebenfalls ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 und die Begründetheit der Widersprüche auch hinsichtlich der Dienstleistungen des Immobilienwesens geltend gemacht wurde.

Anträge der Verfahrensbeteiligten

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Rechtsmittelführerin, das angefochtene Urteil aufzuheben und die von UniCredito vor dem Gericht erhobenen Klagen abzuweisen. Die Rechtsmittelführerin beantragt ferner, die streitigen Entscheidungen aufzuheben, soweit darin ihre Widersprüche gegen die Anmeldung der Marken UNIWEB und UniCredit Wealth Management im Hinblick auf die Dienstleistungen des Immobilienwesens zurückgewiesen wurden, und diesen Widersprüchen stattzugeben.

Das HABM beantragt, dem Rechtsmittel stattzugeben und UniCredito die Kosten aufzuerlegen.

UniCredito beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

Zu dem Rechtsmittel

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Die Rechtsmittelführerin rügt, dass das Gericht gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen habe. Sie macht geltend, dass das Gericht nicht alle tatsächlichen Umstände des Rechtsstreits berücksichtigt habe, so dass dem angefochtenen Urteil ein unvollständiger und darum unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt worden sei.

Dazu führt die Rechtsmittelführerin aus, dass das Gericht, um die Verwechslungsgefahr aus der Sicht des deutschen Publikums zu beurteilen, die zahlreichen der Widerspruchsabteilung vorgelegten Entscheidungen deutscher Gerichte und des Deutschen Patent- und Markenamts hätte berücksichtigen müssen, die das Bestehen von Verwechslungsgefahr belegten. Die Rechtsmittelführerin meint, dass das Gericht, wenn es wirklich auf die Sichtweise des deutschen Publikums abgestellt hätte, nicht zu dem verfehlten Schluss gelangt wäre, dass der Bestandteil „Web“ ein englischer Ausdruck sei und dass die Begriffe, die sie der Anfangssilbe „Uni“ angefügt habe, immer der deutschen Sprache entnommen seien.

Überdies habe das Gericht lediglich die drei älteren Marken berücksichtigt, auf die sie ihre Widersprüche gestützt habe, während die Beurteilung der Verwechslungsgefahr von einer Würdigung ihrer Markenserie in deren Gesamtheit hätte ausgehen müssen. Wären diese Marken berücksichtigt worden, wäre festgestellt worden, dass der Vorsilbe „Uni“ auch englische Begriffe angefügt worden seien und dass die Struktur der eingetragenen Marken keine nennenswerte Abweichung aufweise, die das relevante Publikum daran hindern könnte, sowohl die Marke UNIWEB als auch die Marke UniCredit Wealth Management mit ihrer eigenen Markenserie gedanklich in Verbindung zu bringen.

Das Gericht, das von der Voraussetzung ausgegangen sei, dass das relevante Publikum den Fondsbezeichnungen nur im Finanzteil von Zeitungen begegne, habe zu Unrecht die Feststellung getroffen, dass der Bezeichnung des Fonds stets der Name des diesen verwaltenden Wirtschaftsteilnehmers oder Unternehmens beigestellt sei. Insoweit habe das Gericht Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen, die in der mündlichen Verhandlung dargelegt worden seien.

Die Rechtsmittelführerin hebt hervor, dass sie Inhaberin von rund 90 Marken mit der Anfangssilbe „Uni“ in Zusammenfügung mit verschiedenen Elementen sei und dass diese Anfangssilbe, die übrigens selbst eine ihrer Marken bilde, ein unterscheidungskräftiges Element darstelle. Unter diesen Umständen sei, da die Wortzeichen UNIWEB und UniCredit Wealth Management die gleiche Struktur aufwiesen, unbestreitbar, dass eine Verwechslungsgefahr bestehe, die daraus resultiere, dass das relevante Publikum diese Zeichen mit ihren eigenen Marken gedanklich in Verbindung bringe, und zwar ungeachtet des Umstands, dass andere Unternehmen Investmentfonds verwalteten, deren Bezeichnung die Elemente „United“, „Universal“ oder „Unico“ enthalte.

Zu ihrem vom Gericht zurückgewiesenen Antrag hinsichtlich der Dienstleistungen des Immobilienwesens führt die Rechtsmittelführerin aus, dass diese Art von Dienstleistungen und Investmentgeschäften einander benachbart seien.

Das HABM ist ebenso wie die Rechtsmittelführerin der Auffassung, dass das Gericht Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 rechtsfehlerhaft angewandt habe.

Unter Bezugnahme auf das Urteil BAINBRIDGE trägt das HABM vor, dass die Anmeldemarken eindeutig Merkmale aufwiesen, die geeignet seien, sie mit der von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Markenserie in Verbindung zu bringen. Das HABM führt insoweit aus, dass das Element „Uni“ in den Anmeldemarken in der gleichen Position wie in den Marken dieser Serie verwendet werde, dass es keinen anderen begrifflichen Inhalt habe und dass seine Unterscheidungskraft dadurch gestärkt werde, dass ihm weitere Wortelemente wie „Web“ und „Credit Wealth Management“ nachfolgten, die im Finanzsektor, und zwar auch aus der Sicht des maßgeblichen deutschen Publikums, einen beschreibenden Charakter hätten und nicht unterscheidungskräftig seien.

Das Gericht habe sich zur originären Unterscheidungskraft der Anfangssilbe „Uni“ nicht geäußert und damit den Grundsatz verletzt, wonach für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr alle relevanten Umstände des Einzelfalls und insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke zu berücksichtigen seien. Ebenso wenig habe das Gericht erläutert, aus welchem Grund die Anfangssilbe „Uni“ als solche nicht geeignet sein solle, die Anmeldemarken mit der von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Markenserie in Verbindung zu bringen.

Weiter habe das Gericht nicht konkret untersucht, wie die Marken vom deutschen Publikum wahrgenommen werden würden. In dieser Hinsicht habe es den zahlreichen Entscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamts nicht das geringste Gewicht beigemessen, obgleich diese offenkundig die Wahrnehmung des maßgeblichen Publikums widerspiegelten und einen Umstand bildeten, der, auch wenn diese Entscheidungen weder für das HABM noch für das Gericht bindend seien, hätte berücksichtigt werden müssen.

Im Urteil BAINBRIDGE habe das Gericht anerkannt, dass im Fall des gleichen unterscheidungskräftigen Elements Verwechslungsgefahr bestehen könne, selbst wenn sich die Marken durch Hinzufügung von Wort- oder Bildelementen unterschieden. Daher sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund im vorliegenden Fall der Aussagegehalt der verschiedenen Begriffe „Web“, „Credit“, „Wealth Management“, „Zins“, „Fonds“ und „Rak“ die Annahme erlaube, dass der daraus resultierende begriffliche Unterschied eine Verwechslungsgefahr ausschließe. Diese Annahme des Gerichts trage auch nicht der Tatsache Rechnung, dass es diese Begriffe, die unmittelbar beschreibend und in der deutschen Finanzsprache gängig seien, den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht ermöglichten, zu erkennen, dass mit ihnen Finanzdienstleistungen oder -produkte verschiedener Unternehmen bezeichnet würden, da die Verwendung englischer Begriffe im Finanzsektor üblich sei.

Zu den Umständen, unter denen die maßgeblichen Verkehrskreise den fraglichen Marken begegneten, sei zu bemerken, dass selbst dann, wenn diesen Marken immer der Name des die Fonds verwaltenden Unternehmens vorangestellt wäre, dadurch allein eine Verwechslungsgefahr nicht ausgeschlossen würde, da der deutsche Verbraucher, der die von der Rechtsmittelführerin angebotenen Fonds bereits kenne, glauben könnte, dass die anderen Fonds, die auch die Anfangssilbe „Uni“ aufwiesen, von Unternehmen stammten, die mit der Rechtsmittelführerin wirtschaftlich verbunden seien.

Im Übrigen habe das Gericht mit seinen Feststellungen, dass die Beschwerdekammer für ihre Bejahung einer Verwechslungsgefahr nicht eingehend die Voraussetzung einer Verbindung der Anmeldemarken mit der von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Markenserie geprüft und auch nicht das Vorliegen anderer Ähnlichkeiten als des gemeinsamen Elements „Uni“ aufgezeigt habe, die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung entstellt und verfälscht.

UniCredito macht für ihren Antrag, das Rechtsmittel zurückzuweisen, zunächst geltend, dass die angeführten Rechtsmittelgründe unzulässig seien, da die Rechtsmittelführerin angebliche Mängel des angefochtenen Urteils rüge, die auf einer fehlerhaften Beurteilung des Sachverhalts beruhten.

UniCredito macht ferner geltend, dass die von der Rechtsmittelführerin angegriffenen Erwägungen des Gerichts, ob es sich dabei um die zur Existenz von Fondsbezeichnungen mit der Anfangssilbe „Uni“ handele, die indessen nicht von der Rechtsmittelführerin stammten, oder um die zu dem Umstand, dass diese Bezeichnungen in Zeitungen in Verbindung mit den Namen der die Fonds verwaltenden Unternehmen erschienen, oder um die zur Kombination der Anfangssilbe mit englischen oder deutschen Begriffen, im Verhältnis zu der vom Gericht umfassend vorgenommenen und tatsachenbezogenen Beurteilung, dass eine Verwechslungsgefahr nicht vorliege, nur ergänzend und marginal seien und daher diese Beurteilung nicht entkräften könnten.

Im Übrigen wendet sich UniCredito gegen das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, dass die Entscheidungen nationaler Behörden und Gerichte berücksichtigt werden müssten, denn die nationalen Systeme und das Gemeinschaftssystem zum Schutz von Marken seien autonom und voneinander unabhängig.

Ebenso wenig greife die Rüge der Rechtsmittelführerin durch, dass das Gericht im Rahmen seiner Beurteilung der Verwechslungsgefahr lediglich die drei älteren Marken berücksichtigt habe, auf die der Widerspruch gestützt worden sei, nicht aber alle Marken der von ihr geltend gemachten Serie. Diese Rüge sei, da die Widersprüche auf diese drei Marken gestützt worden seien, unstimmig und, in Anbetracht des Urteils BAINBRIDGE, unbegründet. Dieses Urteil, dem der Grundsatz zugrunde liege, dass im Fall des Vorliegens einer Markenserie bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr die Gefahr zu berücksichtigen sei, dass das Publikum die angemeldete Marke als zu dieser Serie gehörend wahrnehme, verlange keineswegs, dass die Anmeldemarke mit jeder einzelnen Marke der Serie gesondert verglichen werde.

Was schließlich die Dienstleistungen des Immobilienwesens angehe, sei zum einen zu berücksichtigen, dass diese und Finanzdienstleistungen nicht benachbart seien, und zum anderen, dass selbst im Hinblick auf Finanzdienstleistungen im engeren Sinne zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr bestehe.

Würdigung durch den Gerichtshof

UniCredito macht geltend, dass das Rechtsmittel unzulässig sei, da es sich gegen im angefochtenen Urteil vorgenommene Beurteilungen tatsächlicher Art richte. Dazu ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin dem Gericht vorwirft, es habe Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 dadurch verkannt, dass es nicht alle Umstände des vorliegenden Falles gewürdigt und insbesondere nicht die Sichtweise des deutschen Publikums im Hinblick auf die Gefahr berücksichtigt habe, dass die Anmeldemarken mit der von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Markenserie oder -familie gedanklich in Verbindung gebracht würden.

Nach ständiger Rechtsprechung ist das Bestehen von Verwechslungsgefahr beim Publikum unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. November 1997, SABEL, C?251/95, Slg. 1997, I?6191, Randnr. 22, vom 22. Juni 1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer, C?342/97, Slg. 1999, I?3819, Randnr. 18, vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C?334/05 P, Slg. 2007, I?4529, Randnr. 34, und vom 20. Dezember 2007, Nestlé/HABM, C?193/06 P, Randnr. 33). Zwar ist die Würdigung dieser Umstände eine Frage tatsächlicher Art, die sich der Kontrolle durch den Gerichtshof entzieht, jedoch stellt das Versäumnis, alle diese Umstände zu berücksichtigen, einen Rechtsfehler dar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Juni 2010, Becker/Harman International Industries, C?51/09 P, Slg. 2010, I?0000, Randnr. 40) und kann als ein solcher vor dem Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels geltend gemacht werden.

Das Gleiche gilt für die vom HABM erhobene Rüge, dass das Gericht die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung verfälscht habe, denn auch die Verfälschung des Inhalts einer Handlung stellt einen Rechtsfehler dar (vgl. Urteil vom 27. Januar 2000, DIR International Film u. a./Kommission, C?164/98 P, Slg. 2000, I?447, Randnr. 48).

Folglich ist die von UniCredito erhobene Unzulässigkeitseinrede zurückzuweisen.

Zur Begründetheit ist festzustellen, dass das Gericht seine Aufhebung der streitigen Entscheidungen in den Randnrn. 35, 36 und 41 des angefochtenen Urteils auf folgende Ausführungen gestützt hat:

„35 Im vorliegenden Fall beruht die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung, dass die von [der Rechtsmittelführerin] geltend gemachten älteren Marken UNIFONDS, UNIRAK und UNIZINS eine ‚Serie‘ im Sinne des Urteils BAINBRIDGE bildeten, im Wesentlichen auf den Erwägungen, dass die diesen drei Marken gemeinsame Anfangssilbe ‚Uni‘ im Zusammenhang mit Finanzdienstleistungen Unterscheidungskraft besitze und dass [die Rechtsmittelführerin] die tatsächliche Benutzung dieser Marken nachgewiesen habe.

36 Nachdem die Beschwerdekammer festgestellt hatte, dass eine ‚Markenserie‘ bestehe, zog sie heraus in gleichsam automatischer Weise den Schluss, dass das relevante Publikum die Anfangssilbe ‚Uni‘, wenn diese in Zusammenhang mit Investmentfonds verwendet werde, gedanklich mit [der Rechtsmittelführerin] in Verbindung bringe und dass daher zwischen den einander gegenüberstehenden Marken Verwechslungsgefahr bestehe.

41 Im vorliegenden Fall nahm das HABM keine eingehende Prüfung der Voraussetzung einer Verbindung der Anmeldemarken mit der für den Widerspruch angeführten Markenserie vor. Die Beschwerdekammer hat dazu lediglich bemerkt, dass jede dieser Marken aus einer Kombination zweier Einzelbestandteile bestehe, nämlich des ihnen gemeinsamen Elements ‚Uni‘ und verschiedener Ausdrücke wie ‚Web‘ bzw. ‚Credit wealth management‘, die im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen ohne Unterscheidungskraft sind.“

Zu der Rüge, dass das Gericht damit die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung verfälscht habe, ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer in den Randnrn. 36 und 37 ihrer Entscheidung vom 5. September 2006 Folgendes ausgeführt hatte:

„36 Im vorliegenden Fall weisen die Marke [von UniCredito] und die Marken [der Rechtsmittelführerin] die gleiche Struktur auf. Sie sind gebildet aus einer Kombination zweier Einzelbestandteile, nämlich des gemeinsamen Elements ‚Uni‘, das den Anfang aller Marken bildet, und eines in jedem Einzelfall unterschiedlichen nachfolgenden Worts. Gleichwohl genügt dies nicht für die Annahme, dass die Marke UNIWEB Merkmale besäße, die es ermöglichten, sie mit den ‚Uni-‘Marken [der Rechtsmittelführerin] gedanklich in Verbindung zu bringen. Das gemeinsame Element könnte rein beschreibend oder ohne Unterscheidungskraft sein, womit es [die Rechtsmittelführerin] nicht mehr erfolgreich für ihr Vorbringen einer ‚Markenfamilie‘ geltend machen könnte.

37 Die Unterscheidungskraft des gemeinsamen Elements ‚Uni‘ ist nach der Wahrnehmung der fraglichen Zeichen und Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen. Für diese Beurteilung sind nicht nur die dem Element ‚Uni‘ von Haus aus zukommenden Merkmale relevant, sondern auch die Verwendung dieses Elements. In Deutschland, wo sich der angesprochene Durchschnittsverbraucher befindet, bezieht sich das Wort ‚Uni‘ auf ‚uni‘, einfarbig, und auf Uni, ein (umgangssprachliches) Kürzel für Universität. Im Hinblick auf die in Frage stehenden Dienstleistungen erscheint der Begriff ohne eindeutige und direkte Wortbedeutung. Überdies hat im vorliegenden Fall [die Rechtsmittelführerin] insbesondere mittels ihres Geschäftsberichts und Quartalsberichts vom 30. September 2001 sowie Presseausschnitten aufgezeigt, dass sie die drei Marken mit der Anfangssilbe ‚Uni-‘ in Deutschland für ‚Investmentfonds‘ benutzt.“

Die Randnrn. 40 und 41 der Entscheidung vom 25. September 2006 sind ähnlich gefasst, wobei die Beschwerdekammer in der ersten dieser Randnummern außerdem feststellte:

„Es ist hervorzuheben, dass die der Marke [von UniCredito] angefügten Wörter ‚Wealth Management‘ englische Ausdrücke sind, die im Finanzsektor des relevanten Schutzgebiets, d. h. Deutschlands, üblicherweise für Dienstleistungen verwendet werden, die die Beratung im Finanz- und Investitionsbereich, Dienstleistungen der Buchführung/Steuerberatung und die rechtlich-finanzielle Planung miteinander kombinieren. Daher ist die Wortverbindung ‚Wealth Management‘ im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen ohne Unterscheidungskraft.“

Hieraus wird deutlich, dass das Gericht mit seinen Ausführungen, wonach die Beschwerdekammer „in gleichsam automatischer Weise“ und ohne eine „eingehende Prüfung“ der Voraussetzungen einer Verbindung der Anmeldemarken mit der von der Rechtsmittelführerin angeführten Markenserie auf das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr geschlossen habe, wobei sie lediglich die Existenz dieser Markenserie und ferner festgestellt habe, dass diese Marken aus dem gemeinsamen Element „Uni“ in Kombination mit verschiedenen Ausdrücken ohne Unterscheidungskraft gebildet seien, den Inhalt der streitigen Entscheidungen verfälscht hat.

Infolgedessen hat es das Gericht versäumt, bestimmte Aspekte wie die in den Randnrn. 49 und 50 des vorliegenden Urteils genannten zu prüfen, die die Beschwerdekammer in ihre Beurteilung einbezogen hatte. Das gilt insbesondere für die Erwägungen der Beschwerdekammer zur identischen Struktur der verglichenen Marken, zur Unterscheidungskraft des diesen gemeinsamen Elements „Uni“ aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise und zur fehlenden Unterscheidungskraft der Wörter „Wealth Management“. Das Gericht hat damit sein Urteil unzureichend begründet.

Zu der Rüge, dass das Gericht Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 fehlerhaft angewandt habe, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Verwechslungsgefahr im Sinne dieser Bestimmung die Gefahr ist, dass das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. September 1998, Canon, C?39/97, Slg. 1998, I?5507, Randnr. 29, sowie Urteile Lloyd Schuhfabrik Meyer, Randnr. 17, HABM/Shaker, Randnr. 33, und Nestlé/HABM, Randnr. 32).

Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr in einem Fall, in dem der Widerspruch auf das Bestehen mehrerer Marken gestützt ist, die gemeinsame Merkmale aufweisen, infolge deren sie als Teil ein und derselben Markenfamilie oder als Serienmarken angesehen werden können, ist zu berücksichtigen, dass sich die Verwechslungsgefahr bei Vorliegen einer solchen Familie oder Serie daraus ergibt, dass sich der Verbraucher hinsichtlich der Herkunft oder des Ursprungs der von der Anmeldemarke erfassten Waren oder Dienstleistungen irren kann und möglicherweise zu Unrecht annimmt, dass die Anmeldemarke zu der Familie oder Serie von Marken gehört (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. September 2007, Il Ponte Finanziaria/HABM, C?234/06 P, Slg. 2007, I?7333, Randnrn. 62 und 63, und vom 18. Dezember 2008, Les Éditions Albert René/HABM, C?16/06 P, Slg. 2008, I?10053, Randnr. 101).

Wie in Randnr. 45 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr beim Publikum unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen.

Im vorliegenden Fall hat das Gericht das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr verneint, ohne alle Umstände zu berücksichtigen, die für die konkrete Beurteilung der Frage relevant sind, ob die Gefahr besteht, dass die maßgeblichen Verkehrskreise glauben könnten, dass die Anmeldemarke zu der von der Rechtsmittelführerin angeführten Markenserie gehört, und damit hinsichtlich der Herkunft der fraglichen Dienstleistungen dem Irrtum erliegen könnten, dass Letztere aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.

Wie die Rechtsmittelführerin und das HABM geltend machen, fehlt nämlich in dem angefochtenen Urteil zunächst eine Prüfung der Struktur der verglichenen Marken und des Einflusses der Position des diesen gemeinsamen Elements, also der Anfangssilbe „Uni“, auf die mögliche Wahrnehmung der Marken durch das relevante Publikum.

Ferner hat das Gericht zur etwaigen Unterscheidungskraft des gemeinsamen Elements in Randnr. 43 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass dieses Element von Haus aus nicht geeignet sei, die Anmeldemarken mit der von der Rechtsmittelführerin angeführten Markenserie gedanklich in Verbindung zu bringen. Wie die Rechtsmittelführerin in der mündlichen Verhandlung und das HABM im Wesentlichen geltend gemacht haben, hat das Gericht jedoch diese Aussage nicht untermauert; es hat folglich insoweit nicht die Erwägungen überprüft, die die Beschwerdekammer zur möglichen Wahrnehmung dieses Elements durch das relevante Publikum angestellt hatte, und in diesem Punkt sein Urteil nicht begründet.

Überdies hat das Gericht in den Randnrn. 44 bis 46 des angefochtenen Urteils im Rahmen seiner Prüfung der Benutzung der geltend gemachten Markenserie durch die Rechtsmittelführerin aus Gründen, die auf einer von dem Gerichtshof nicht zu kontrollierenden Würdigung tatsächlicher Art beruhen, insbesondere angenommen, es erscheine schwer vorstellbar, dass die maßgeblichen Verkehrskreise glauben könnten, dass die mit den Anmeldemarken gekennzeichneten Fonds von einem anderen Unternehmen als demjenigen verwaltet werden könnten, dessen Name am Anfang der Liste dieser Fonds erscheine. In Anbetracht des in Randnr. 53 des vorliegenden Urteils genannten Grundsatzes konnte das Gericht jedoch nicht rechtsfehlerfrei von der Prüfung der Frage absehen, ob das Publikum nicht zumindest glauben könnte, dass es sich dabei um Dienstleistungen handele, die von wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen angeboten würden.

Schließlich hat das Gericht hinsichtlich der übrigen Bestandteile der zu vergleichenden Marken in Randnr. 47 des angefochtenen Urteils nur ausgeführt, dass die der Anfangssilbe „Uni“ angefügten Wörter in allen Anmeldemarken englische und in allen älteren Widerspruchsmarken deutsche Wörter seien. Abgesehen davon, dass das Gericht nicht die Frage geprüft hat, ob dieser Unterschied im Hinblick auf die betroffenen Finanzdienstleistungen und auf die maßgeblichen Verkehrskreise die Gefahr auszuschließen vermag, dass Letztere glauben könnten, dass die Anmeldemarken zu der von der Rechtsmittelführerin angeführten Markenserie gehörten, hat es nicht beurteilt, ob diese Bestandteile beschreibend und ohne Unterscheidungskraft sind oder nicht.

Unter Berücksichtigung der Ausführungen in den Randnrn. 52 und 57 bis 60 des vorliegenden Urteils konnte daher das Gericht nicht fehlerfrei in Randnr. 48 des angefochtenen Urteils zu dem Schluss gelangen, dass „ungeachtet der tatsächlichen Benutzung der älteren Marken und der allen Marken gemeinsamen Anfangssilbe die vom HABM angeführten Beweise nicht die Eignung dieser Anfangssilbe belegen können, allein oder in Kombination mit anderen Umständen die Anmeldemarken mit den älteren Markenserien gedanklich in Verbindung zu bringen“, und in Randnr. 49 des angefochtenen Urteils feststellen, dass die Beschwerdekammer zu Unrecht angenommen habe, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 bestehe.

Ohne dass das weitere Vorbringen der Rechtsmittelführerin geprüft und insbesondere über den Teil dieses Vorbringen entschieden zu werden braucht, der sich auf die Zurückweisung ihrer Widersprüche hinsichtlich der Dienstleistungen des Immobilienwesens bezieht, greift der einzige Rechtsmittelgrund durch, so dass das angefochtene Urteil aufzuheben ist.

Nach Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof, wenn er die Entscheidung des Gerichts aufhebt, die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.

Im vorliegenden Fall impliziert die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine komplexe Tatsachenwürdigung, um zu ermitteln, ob, wie die Beschwerdekammer des HABM angenommen hat, eine Gefahr besteht, dass das relevante Publikum glauben könnte, dass die Anmeldemarken zu der von der Rechtsmittelführerin angeführten Markenserie gehören. Daher ist die Sache an das Gericht zurückzuverweisen, damit dieses über die bei ihm erhobenen Klagen von UniCredito sowie über die Anträge der Rechtsmittelführerin auf teilweise Aufhebung der streitigen Entscheidungen erneut entscheiden kann, und die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorzubehalten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.
Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 27. April 2010, UniCredito Italiano/HABM – Union Investment Privatfonds (UNIWEB) (T?303/06 und T?337/06), wird aufgehoben.

2.
Die Sache wird an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.

3.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt vorbehalten.

I