EuGH: Hinweis „Ursprung: Deutschland“ darf auch für Pilze verwendet werden, die im Ausland vorgezogen und in Deutschland nur geerntet werden

veröffentlicht am 11. September 2019

EuGH, Urteil vom 04.09.2019, Az. C-686/17
Art. 113a Abs. 1 EU-VO 1234/2007; Art. 23 Abs. 1 lit b EU-VO 2913/92; Art. 2 Abs. 1 lit. a Ziff. i EU-RL 2000/13/EG 

Der EuGH hat entschieden, dass Champignons, die in den Beneluxstaaten angezüchtet werden und in Deutschland zur Ernte reifen (hier: 5 bzw. 15 Tage) mit dem Hinweis „Ursprung: Deutschland“ versehen werden dürfen. Für pflanzliche Erzeugnisse, darunter Champignons, habe der Gesetzgeber bestimmt, dass das Ursprungsland dieser Erzeugnisse ungeachtet ihres Erzeugungsorts das Land sei, in dem sie geerntet worden seien, und zwar unabhängig davon, ob wesentliche Produktionsschritte in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erfolgt sind und ob die Kulturchampignons erst drei oder weniger Tage vor der ersten Ernte ins Erntegebiet verbracht worden seien. Zu dem Volltext der Entscheidung:


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URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

In der Rechtssache C‑686/17

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 21. September 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Dezember 2017, in dem Verfahren

Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e. V.

gegen

Prime Champ Deutschland Pilzkulturen GmbH

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung …

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen …

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 4. April 2019

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Bestimmungen im Bereich der Agrarpolitik, Bestimmungen des Zollkodex über den Ursprung von Waren und Bestimmungen zur Information der Verbraucher über Lebensmittel.

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e. V. (im Folgenden: Wettbewerbszentrale) und der Prime Champ Deutschland Pilzkulturen GmbH (im Folgenden: Prime Champ) betreffend eine Klage, mit der Prime Champ auf Unterlassung des Inverkehrbringens von Kulturchampignons mit der Angabe „Ursprung: Deutschland“ ohne weitere aufklärende Zusätze in Anspruch genommen wird.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Agrarvorschriften

–       Verordnung (EG) Nr. 1234/2007

3        Im 49. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (ABl. 2007, L 299, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 361/2008 des Rates vom 14. April 2008 (ABl. 2008, L 121, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1234/2007) heißt es:

„Die Anwendung von Normen für die Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse kann zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Bedingungen für die Erzeugung und Vermarktung sowie der Qualität dieser Erzeugnisse beitragen. Die Anwendung solcher Normen ist daher im Interesse der Erzeuger, der Händler und der Verbraucher. …“

4        Art. 113a („Zusätzliche Anforderungen für die Vermarktung von Erzeugnissen des Sektors Obst und Gemüse“) der Verordnung Nr. 1234/2007 sieht in Abs. 1 vor:

„Die Erzeugnisse des Sektors Obst und Gemüse, die frisch an den Verbraucher verkauft werden sollen, dürfen nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie in einwandfreiem Zustand, unverfälscht und von vermarktbarer Qualität sind und das Ursprungsland angegeben ist.“

–       Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011

5        Nach Art. 3 Abs. 1 der seit dem 22. Juni 2011 geltenden Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 der Kommission vom 7. Juni 2011 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1234/2007 für die Sektoren Obst und Gemüse und Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse (ABl. 2011, L 157, S. 1) gelten die Anforderungen von Art. 113a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 als die allgemeine Vermarktungsnorm, deren Einzelheiten in Anhang I Teil A der Durchführungsverordnung Nr. 543/2011 aufgeführt sind.

6        Anhang I Teil A dieser Durchführungsverordnung bestimmt in Nr. 4 („Angabe des Erzeugnisursprungs“):

„Vollständiger Name des Ursprungslandes. Bei Erzeugnissen mit Ursprung in einem Mitgliedstaat muss diese Angabe in der Sprache des Ursprungslandes oder einer anderen, den Verbrauchern im Bestimmungsland verständlichen Sprache erfolgen. Bei anderen Erzeugnissen muss diese Angabe in einer den Verbrauchern im Bestimmungsland verständlichen Sprache erfolgen.“

–       Verordnung (EU) Nr. 1308/2013

7        Die Verordnung Nr. 1234/2007 wurde durch die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und Nr. 1234/2007 des Rates (ABl. 2013, L 347, S. 671) ersetzt.

8        Der 74. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1308/2013 lautet:

„Erzeugnisse des Sektors Obst und Gemüse, die frisch an den Verbraucher verkauft werden sollen, sollten nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie in einwandfreiem Zustand, unverfälscht und von vermarktbarer Qualität sind und das Ursprungsland angegeben ist. Um die ordnungsgemäße Anwendung dieser Anforderung sicherzustellen und um bestimmten besonderen Situationen Rechnung zu tragen, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, delegierte Rechtsakte in Bezug auf spezifische Abweichungen von dieser Anforderung zu erlassen.“

9        Art. 75 der Verordnung Nr. 1308/2013 bestimmt:

„(1)      Vermarktungsnormen können für einen oder mehrere der folgenden Sektoren und für ein oder mehrere Erzeugnisse gelten:

b)      Obst und Gemüse,

(6)      Um den Erwartungen der Verbraucher und der Notwendigkeit, die Qualität und die wirtschaftlichen Bedingungen für die Erzeugung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu verbessern, Rechnung zu tragen, wird die Kommission ermächtigt, gemäß Artikel 227 delegierte Rechtsakte zur Änderung der Liste der Sektoren in Abs. 1 zu erlassen. Diese delegierten Rechtsakte sind strikt auf Fälle zu beschränken, in denen nachweislich Bedarf aufgrund geänderter Verbrauchererwartungen, aufgrund des technischen Fortschritts oder aufgrund eines Bedarfs an Produktinnovation besteht, und sie sind Gegenstand eines Berichts der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat, in dem insbesondere die Bedürfnisse der Verbraucher, die Kosten und der Verwaltungsaufwand für die Marktteilnehmer, einschließlich der Auswirkungen auf den Binnenmarkt und den internationalen Handel, sowie die Nutzen für die Erzeuger und für die Endverbraucher bewertet werden.“

10      Art. 76 Abs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 1308/2013 lautet:

„(1)      Zusätzlich zu den in Artikel 75 genannten geltenden Vermarktungsnormen dürfen gegebenenfalls Erzeugnisse des Sektors Obst und Gemüse, die frisch an den Verbraucher verkauft werden sollen, nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie in einwandfreiem Zustand, unverfälscht und von vermarktbarer Qualität sind und das Ursprungsland angegeben ist.

(4)      Um die ordnungsgemäße Anwendung der Anforderung des Absatzes 1 sicherzustellen und um bestimmten besonderen Situationen Rechnung zu tragen, wird der Kommission die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 227 zu erlassen, in denen spezielle abweichende Regelungen von diesem Artikel festgelegt werden, die für seine ordnungsgemäße Anwendung unerlässlich sind.“

 Zollregelungen

–       Zollkodex der Gemeinschaften

11      Art. 23 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. 1992, L 302, S. 1, im Folgenden: Zollkodex der Gemeinschaften) bestimmt:

„(1)      Ursprungswaren eines Landes sind Waren, die vollständig in diesem Land gewonnen oder hergestellt worden sind.

(2)      Vollständig in einem Land gewonnene oder hergestellte Waren sind:

a)      mineralische Stoffe, die in diesem Land gewonnen worden sind;

b)      pflanzliche Erzeugnisse, die in diesem Land geerntet worden sind;

…“

12      Art. 24 des Zollkodex der Gemeinschaften sieht vor:

„Eine Ware, an deren Herstellung zwei oder mehrere Länder beteiligt waren, ist Ursprungsware des Landes, in dem sie der letzten wesentlichen und wirtschaftlich gerechtfertigten Be- oder Verarbeitung unterzogen worden ist, die in einem dazu eingerichteten Unternehmen vorgenommen worden ist und zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses geführt hat oder eine bedeutende Herstellungsstufe darstellt.“

–       Zollkodex der Union

13      Der Zollkodex der Gemeinschaften wurde durch die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. 2013, L 269, S. 1, im Folgenden: Zollkodex der Union) ersetzt.

14      Art. 59 des Zollkodex der Union, in dem dessen Geltungsbereich festgelegt wird, sieht vor:

„Die Artikel 60 und 61 enthalten Vorschriften zur Bestimmung des nichtpräferenziellen Ursprungs von Waren für die Anwendung

a)      des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ausnahme der Maßnahmen nach Artikel 56 Absatz 2 Buchstaben d und e;

b)      anderer als zolltariflicher Maßnahmen, die durch Unionsvorschriften zu bestimmten Bereichen des Warenverkehrs festgelegt sind, und

c)      sonstiger Unionsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Warenursprung.“

15      Art. 60 („Ursprungserwerb“) des Zollkodex der Union bestimmt:

„(1)      Waren, die in einem einzigen Land oder Gebiet vollständig gewonnen oder hergestellt worden sind, gelten als Ursprungswaren dieses Landes oder Gebiets.

(2)      Waren, an deren Herstellung mehr als ein Land oder Gebiet beteiligt ist, gelten als Ursprungswaren des Landes oder Gebiets, in dem sie der letzten wesentlichen, wirtschaftlich gerechtfertigten Be- oder Verarbeitung unterzogen wurden, die in einem dazu eingerichteten Unternehmen vorgenommen wurde und zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses geführt hat oder eine bedeutende Herstellungsstufe darstellt.“

–       Delegierte Verordnung (EU) 2015/2446

16      In Art. 31 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom 28. Juli 2015 zur Ergänzung der Verordnung Nr. 952/2013 (ABl. 2015, L 343, S. 1) heißt es:

„Als Waren, die in einem einzigen Land oder Gebiet vollständig gewonnen oder hergestellt worden sind, gelten:

a)      in diesem Land oder Gebiet gewonnene mineralische Erzeugnisse;

b)      dort geerntete pflanzliche Erzeugnisse;

…“

17      Art. 32 der Verordnung bestimmt:

„In Anhang 22-01 aufgeführte Waren gelten als Waren, die ihrer letzten wesentlichen Be- oder Verarbeitung, die zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses geführt hat oder eine bedeutende Herstellungsstufe darstellt, in dem Land oder Gebiet unterzogen wurden, in dem die in diesem Anhang aufgeführten Regeln erfüllt sind oder das durch diese Regeln ermittelt wird.“

18      Anhang 22-01 der Delegierten Verordnung 2015/2446 trägt die Überschrift „Einleitende Anmerkungen und Liste der wesentlichen Be- oder Verarbeitungsprozesse, aus denen sich ein nichtpräferenzieller Ursprung ergibt“. Er enthält keine besondere Bestimmung zur Festlegung des Ursprungs von Kulturchampignons.

 Verbraucherschutzvorschriften

–       Richtlinie 2000/13/EG

19      Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (ABl. 2000, L 109, S. 29) bestimmt:

„Die Etikettierung und die Art und Weise, in der sie erfolgt, dürfen nicht

a)      geeignet sein, den Käufer irrezuführen, und zwar insbesondere nicht

i)      über die Eigenschaften des Lebensmittels, namentlich über Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- oder Gewinnungsart;

ii)      durch Angabe von Wirkungen oder Eigenschaften, die das Lebensmittel nicht besitzt;

iii)       indem zu verstehen gegeben wird, dass das Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften besitzen“.

20      Art. 3 Abs. 1 Nr. 8 der Richtlinie 2000/13 sieht vor:

„Die Etikettierung der Lebensmittel enthält nach Maßgabe der Artikel 4 bis 17 und vorbehaltlich der dort vorgesehenen Ausnahmen nur folgende zwingende Angaben:

8.      den Ursprungs- oder Herkunftsort, falls ohne diese Angabe ein Irrtum des Verbrauchers über den tatsächlichen Ursprung oder die wahre Herkunft des Lebensmittels möglich wäre“.

–       Verordnung (EU) Nr. 1169/2011

21      Die Richtlinie 2000/13 wurde ersetzt durch die Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission (ABl. 2011, L 304, S. 18).

22      Die Erwägungsgründe 29 und 33 der Verordnung Nr. 1169/2011 lauten:

„(29)      Das Ursprungsland oder der Herkunftsort eines Lebensmittels sollten immer dann angegeben werden, wenn ohne diese Angabe die Verbraucher über das eigentliche Ursprungsland oder den eigentlichen Herkunftsort dieses Erzeugnisses irregeführt werden könnten. In allen Fällen sollte die Angabe des Ursprungslands oder des Herkunftsorts so gestaltet sein, dass die Verbraucher nicht getäuscht werden; ferner sollte sie auf eindeutig definierten Kriterien beruhen, die gleiche Ausgangsbedingungen für Unternehmen gewährleisten und das Verständnis der Informationen zum Ursprungsland oder Herkunftsort eines Lebensmittels seitens der Verbraucher fördern. Für Angaben zum Namen oder zur Anschrift des Lebensmittelunternehmers sollten keine derartigen Kriterien gelten.

(33)      Die nicht präferenziellen Ursprungsregeln der Union sind in der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 … und ihren Durchführungsvorschriften gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 [ABl. 1993, L 253, S. 1] festgelegt. Die Bestimmung des Ursprungslands von Lebensmitteln wird auf den genannten Vorschriften beruhen, die den Lebensmittelunternehmern und Behörden bereits bekannt sind, und sollte deren Umsetzung erleichtern.“

23      Art. 1 Abs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 1169/2011 bestimmt:

„(1)      Diese Verordnung bildet die Grundlage für die Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus in Bezug auf Informationen über Lebensmittel unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Erwartungen der Verbraucher und ihrer unterschiedlichen Informationsbedürfnisse bei gleichzeitiger Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts.

(4)      Diese Verordnung gilt unbeschadet der in speziellen Rechtsvorschriften der Union für bestimmte Lebensmittel enthaltenen Kennzeichnungsvorschriften.“

24      Art. 2 Abs. 3 dieser Verordnung sieht vor:

„Für die Zwecke dieser Verordnung bezieht sich der Begriff ‚Ursprungsland eines Lebensmittels‘ auf den Ursprung eines Lebensmittels im Sinne der Artikel 23 bis 26 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92.“

25      Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung lautet:

„Informationen über Lebensmittel dürfen nicht irreführend sein, insbesondere

a)      in Bezug auf die Eigenschaften des Lebensmittels, insbesondere in Bezug auf Art, Identität, Eigenschaften, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprungsland oder Herkunftsort und Methode der Herstellung oder Erzeugung“.

26      Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1169/2011 bestimmt:

„Verantwortlich für die Information über ein Lebensmittel ist der Lebensmittelunternehmer, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel vermarktet wird, oder, wenn dieser Unternehmer nicht in der Union niedergelassen ist, der Importeur, der das Lebensmittel in die Union einführt.“

27      In Art. 26 („Ursprungsland oder Herkunftsort“) der Verordnung heißt es:

„…

(2)      Die Angabe des Ursprungslands oder des Herkunftsorts ist in folgenden Fällen verpflichtend:

a)      falls ohne diese Angabe eine Irreführung der Verbraucher über das tatsächliche Ursprungsland oder den tatsächlichen Herkunftsort des Lebensmittels möglich wäre, insbesondere wenn die dem Lebensmittel beigefügten Informationen oder das Etikett insgesamt sonst den Eindruck erwecken würden, das Lebensmittel komme aus einem anderen Ursprungsland oder Herkunftsort;

b)      bei Fleisch, das in die Codes der Kombinierten Nomenklatur (KN) fällt, die in Anhang XI aufgeführt sind. Für die Anwendung dieses Buchstabens müssen zuvor die Durchführungsbestimmungen gemäß Absatz 8 erlassen worden sein.

(3)      Ist das Ursprungsland oder der Herkunftsort eines Lebensmittels angegeben und dieses/dieser nicht mit dem Ursprungsland oder dem Herkunftsort seiner primären Zutat identisch, so

a)      ist auch das Ursprungsland oder der Herkunftsort der primären Zutat anzugeben; oder

b)      ist anzugeben, dass die primäre Zutat aus einem anderen Ursprungsland oder Herkunftsort kommt als das Lebensmittel.

Für die Anwendung dieses Absatzes müssen zuvor die Durchführungsrechtsakte gemäß Absatz 8 erlassen worden sein.

(5)      Die Kommission übermittelt bis zum 13. Dezember 2014 einen Bericht an das Europäische Parlament und den Rat über die verpflichtende Angabe des Ursprungslands oder Herkunftsorts bei folgenden Lebensmitteln:

a)      anderen Arten von Fleisch als Rindfleisch und den in Absatz 2 Buchstabe b genannten;

b)      Milch;

c)      Milch, die als Zutat in Milchprodukten verwendet wird;

d)      unverarbeiteten Lebensmitteln;

e)      Erzeugnissen aus einer Zutat;

f)      Zutaten, die über 50 % eines Lebensmittels ausmachen.

(6)       Die Kommission übermittelt bis zum 13. Dezember 2013 einen Bericht an das Europäische Parlament und den Rat über die verpflichtende Angabe des Ursprungslands oder Herkunftsorts bei Fleisch, das als Zutat verwendet wird.

(7)       Die in den Absätzen 5 und 6 genannten Berichte berücksichtigen die Notwendigkeit der Information der Verbraucher, die Frage, ob die Beibringung der verpflichtenden Angabe des Ursprungslands oder des Herkunftsorts praktikabel ist, und eine Analyse der Kosten und des Nutzens der Einführung solcher Maßnahmen einschließlich der rechtlichen Auswirkungen auf den Binnenmarkt und der Auswirkungen auf den internationalen Handel.

Die Kommission kann diesen Berichten Vorschläge zur Änderung der entsprechenden Unionsvorschriften beifügen.

(8)       Die Kommission erlässt nach der Durchführung von Folgenabschätzungen bis zum 13. Dezember 2013 Durchführungsrechtsakte zur Anwendung von Absatz 2 Buchstabe b und Absatz 3 dieses Artikels. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 48 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

…“

28      Art. 39 der Verordnung Nr. 1169/2011 räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, Maßnahmen zu erlassen, die zusätzliche verpflichtende Angaben vorschreiben, und legt die Voraussetzungen für den Erlass der Maßnahmen fest.

–       Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1337/2013

29      Die Kommission hat die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1337/2013 vom 13. Dezember 2013 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1169/2011 hinsichtlich der Angabe des Ursprungslandes bzw. Herkunftsortes von frischem, gekühltem oder gefrorenem Schweine‑, Schaf‑, Ziegen- und Geflügelfleisch (ABl. 2013, L 335, S. 19) erlassen. In dieser Verordnung werden Bestimmungen über die Angabe des Ursprungslands bzw. Herkunftsorts auf dem Etikett von frischem, gekühltem oder gefrorenem Schweine‑, Schaf‑, Ziegen- und Geflügelfleisch festgelegt.

30      Der letzte Satz des dritten Erwägungsgrundes dieser Durchführungsverordnung lautet:

„Der Begriff ‚Ursprung‘ sollte solchem Fleisch vorbehalten bleiben, das von Tieren stammt, die in ein und demselben Mitgliedstaat bzw. Drittland geboren, aufgezogen und geschlachtet wurden, d. h. vollständig von ihnen gewonnen oder hergestellt wurde.“

–       Durchführungsverordnung (EU) 2018/775

31      Die Kommission hat außerdem die Durchführungsverordnung (EU) 2018/775 vom 28. Mai 2018 mit den Einzelheiten zur Anwendung von Artikel 26 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel hinsichtlich der Vorschriften für die Angabe des Ursprungslands oder Herkunftsorts der primären Zutat eines Lebensmittels (ABl. 2018, L 131, S. 8) erlassen.

 Deutsches Recht

32      Der Bundesgerichtshof (Deutschland) weist darauf hin, dass es im Jahr 2013 nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 des Lebensmittel‑, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB, BGBl. 2005 I S. 2618) in der Fassung, die vor dem im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt gegolten habe, verboten gewesen sei, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen oder zu bewerben. Es sei insbesondere verboten gewesen, zur Täuschung des Verbrauchers geeignete Aussagen über Ursprung oder Herkunft zu verwenden. Unionsrechtliche Grundlage dieser Vorschrift sei Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie 2000/13 gewesen.

33      Die seit dem 13. Dezember 2014 geltende Fassung von § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB, die am 3. Juni 2013 veröffentlicht worden sei (BGBl. I S. 1426), verbiete dem nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1169/2011 verantwortlichen Lebensmittelunternehmer oder Importeur, Lebensmittel mit Informationen über diese Lebensmittel, die den Anforderungen von Art. 7 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 der Verordnung Nr. 1169/2011 nicht entsprächen, in den Verkehr zu bringen oder dafür zu werben. Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1169/2011 dürften Informationen über Lebensmittel insbesondere in Bezug auf die Eigenschaften des Lebensmittels wie z. B. das Ursprungsland oder den Herkunftsort nicht für den Verbraucher irreführend sein.

34      Der Bundesgerichtshof kommt zu dem Ergebnis, dass gemäß diesen Bestimmungen die Annahme einer Irreführung sowohl nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 LFGB in der Fassung, die vor dem im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt gegolten habe, als auch nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1169/2011 in Betracht komme.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

35      Die Wettbewerbszentrale, die Klägerin des Ausgangsverfahrens, wirft Prime Champ vor, Kulturchampignons mit der Angabe „Ursprung: Deutschland“ herzustellen und in den Verkehr zu bringen, obwohl eine solche Angabe ohne weitere Hinweise irreführend sei.

36      Das vorlegende Gericht beschreibt den Anbau der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Kulturchampignons wie folgt. In einem ersten Schritt werden für die Dauer von sieben bis elf Tagen die Rohsubstanzen für den Kompost in Belgien und den Niederlanden verschnitten und vermischt. Zweiter Herstellungsschritt ist die über fünf bis sechs Tage andauernde Pasteurisierung und Aufbereitung des Komposts in den Niederlanden. Im dritten Herstellungsschritt wird über die Dauer von 15 Tagen das Myzel (Pilzsporen) in den Kompost injiziert. Im vierten Schritt wird in den Niederlanden die Fruchtkörperbildung auf einer Torf- und Kalkschicht in Kulturkisten initiiert, wobei die Pilze nach zehn bis elf Tagen bis zu 3 mm gewachsen sind. Die Kulturkisten werden nach etwa 15 Tagen nach Deutschland transportiert, wo im Betrieb von Prime Champ nach etwa ein bis fünf Tagen die erste Ernte und nach etwa zehn bis 15 Tagen die zweite Ernte der Champignons erfolgt.

37      Die Wettbewerbszentrale mahnte Prime Champ im Dezember 2013 vorgerichtlich ab. Sie erhob sodann Klage beim Landgericht (Deutschland) und beantragte, Prime Champ unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Kulturchampignons mit der Angabe „Ursprung: Deutschland“ anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, da wesentliche Produktions- und Wachstumsschritte nicht in Deutschland stattfänden.

38      Das Landgericht wies die Klage ab, und auch die Berufung wurde zurückgewiesen. Die Wettbewerbszentrale legte Revision zum Bundesgerichtshof ein.

39      Das vorlegende Gericht führt aus, dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die von Prime Champ beim Inverkehrbringen der Champignons verwendete Angabe „Ursprung: Deutschland“ eine Irreführung des Verbrauchers hervorrufen könne, weil der angesprochene Verkehr ihr entnehme, nicht nur die Ernte, sondern der gesamte Produktionsprozess habe in Deutschland stattgefunden. Als Revisionsgericht ist der Bundesgerichtshof an diese Tatsachenfeststellungen gebunden.

40      Der Bundesgerichtshof führt weiter aus, dass die Wettbewerbszentrale den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr stütze (§ 8 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb) und die Klage daher nur begründet sei, wenn das beanstandete Verhalten von Prime Champ sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme im Jahr 2013 rechtswidrig gewesen sei als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig sei. Für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten (§ 12 Abs. 1 Satz 2 dieses Gesetzes) komme es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung im Dezember 2013 an.

41      Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts ergibt sich aus den Zollregelungen, dass das Ursprungsland der Champignons Deutschland sein müsste. Es wirft jedoch die Frage nach dem Verhältnis zwischen den verschiedenen Unionsrechtsakten im Zoll‑, Agrar- und Verbraucherschutz im Zusammenhang mit dem Ursprungsland von Obst und Gemüse, das frisch an die Verbraucher verkauft werden solle, auf, um zu klären, ob spezielle Kennzeichnungsvorschriften wie diejenigen, die in der Durchführungsverordnung Nr. 543/2011 für den Bereich der Landwirtschaft vorgesehen seien, Vorrang vor den Bestimmungen der Verordnung Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel hätten.

42      Das vorlegende Gericht fragt sich außerdem, ob ein Erzeuger, um ein Unterlassungsgebot wegen irreführender Ursprungsangaben zu vermeiden, die Angabe des Ursprungslands um einen Hinweis auf die in anderen Mitgliedstaaten vorgenommenen Produktionsschritte ergänzen könne.

43      Unter diesen Umständen hat der Bundesgerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist für die Bestimmung des Begriffs des Ursprungslands gemäß Art. 113a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013 auf die Begriffsbestimmungen in Art. 23 ff. des Zollkodex der Gemeinschaften und Art. 60 des Zollkodex der Union abzustellen?

2.      Haben Kulturchampignons, die im Inland geerntet werden, gemäß Art. 23 des Zollkodex der Gemeinschaften und Art. 60 Abs. 1 des Zollkodex der Union einen inländischen Ursprung, wenn wesentliche Produktionsschritte in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erfolgen und die Kulturchampignons erst drei oder weniger Tage vor der ersten Ernte ins Inland verbracht worden sind?

3.      Ist das Irreführungsverbot des Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie 2000/13 und des Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1169/2011 auf die nach Art. 113a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013 vorgeschriebene Ursprungsangabe anzuwenden?

4.      Dürfen der nach Art. 113a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013 vorgeschriebenen Ursprungsangabe aufklärende Zusätze hinzugefügt werden, um einer nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie 2000/13 sowie Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1169/2011 verbotenen Irreführung entgegenzuwirken?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

44      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 113a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013 dahin auszulegen sind, dass für die Bestimmung des Begriffs des Ursprungslands gemäß diesen Agrarvorschriften auf die Begriffsbestimmungen in den Art. 23 ff. des Zollkodex der Gemeinschaften und in Art. 60 des Zollkodex der Union abzustellen ist.

45      Nach Ansicht der Wettbewerbszentrale rücken die Bestimmungen des AEU-Vertrags über die Landwirtschaft das hierauf beruhende Sekundärrecht nicht zwingend in einen engen Zusammenhang mit dem Zollrecht. Daraus folge aber, dass der Begriff „Ursprungsland“ im Sinne von Art. 113a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013 im Licht der Bedeutung und des Zwecks dieser Vorschriften auszulegen sei. Die Verbraucher seien nämlich zu schützen, und es sei ihnen die Möglichkeit zu geben, eine informierte Kaufentscheidung zu treffen. Als Beispiel seien tierische Erzeugnisse zu nennen, bei denen die Durchführungsverordnung Nr. 1337/2013 verschiedene Etikettierungsangaben vorsehe, um die Verbraucher ausreichend über den Ursprung des Fleisches zu informieren.

46      Es ist festzustellen, dass die Verordnungen Nrn. 1234/2007 und 1308/2013 keine Definition des „Ursprungslands“ im Sinne ihrer Bestimmungen vorsehen. Das Zollrecht stellt jedoch ausdrücklich einen Bezug zu diesen vom vorlegenden Gericht angeführten Agrarvorschriften her. Gemäß Art. 59 Buchst. c des Zollkodex der Union sind nämlich die in den Art. 60 und 61 dieses Kodex vorgesehenen Vorschriften zur Bestimmung des nichtpräferenziellen Ursprungs von Waren auf sonstige Unionsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Warenursprung wie Art. 113a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013 anwendbar.

47      Zwar fand sich im Zollkodex der Gemeinschaften keine Art. 59 Buchst. c des Zollkodex der Union entsprechende Vorschrift. Er enthielt jedoch auch keine Bestimmung, die der Anwendung der Vorschriften zur Bestimmung des nichtpräferenziellen Ursprungs von Gemüse im Zusammenhang mit Art. 113a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013 entgegengestanden hätte.

48      Ferner beziehen sich sowohl die Verordnung Nr. 1234/2007 als auch die Verordnung Nr. 1308/2013 und insbesondere ihr Anhang I über die von diesen Verordnungen erfassten Erzeugnisse auf die Kombinierte Nomenklatur. Außerdem sind die Bestimmungen von Art. 113a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013, die wortgleich die Angabe des Ursprungslands vorschreiben, in Ermangelung gegenteiliger Anhaltspunkte gleich auszulegen.

49      Dieser Ansatz wird durch die Verordnung Nr. 1169/2011 bestätigt, mit der ein hohes Verbraucherschutzniveau im Bereich der Informationen über Lebensmittel gewährleistet werden soll und deren Art. 2 Abs. 3 für die Bestimmung des Ursprungslands eines Lebensmittels auf die Vorschriften zur Bestimmung des nichtpräferentiellen Ursprungs, d. h. auf die Art. 23 bis 26 des Zollkodex der Gemeinschaften, verweist. Im 33. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1169/2011 wird diese Entscheidung des Unionsgesetzgebers damit begründet, dass diese Vorschriften „den Lebensmittelunternehmern und Behörden bereits bekannt sind, [was] deren Umsetzung erleichtern [sollte]“.

50      Die im 33. Erwägungsgrund angeführte Begründung gilt auch für Art. 113a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013. Die verpflichtende Angabe des Ursprungslands muss nämlich, um den entsprechenden Bestimmungen ihre volle praktische Wirksamkeit zu verleihen, und aus Gründen der Kohärenz auf denselben Begriffsbestimmungen beruhen, sei es im Bereich des Zollwesens, der Landwirtschaft oder des Verbraucherschutzes.

51      Auf die erste Frage ist daher zu antworten, dass Art. 113a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013 dahin auszulegen sind, dass für die Bestimmung des Begriffs des Ursprungslands gemäß diesen Agrarvorschriften auf die Zollregelungen zur Bestimmung des nichtpräferenziellen Ursprungs von Waren abzustellen ist, d. h. auf die Art. 23 ff. des Zollkodex der Gemeinschaften und auf Art. 60 des Zollkodex der Union.

 Zur zweiten Frage

52      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Kulturchampignons, die im Inland geerntet werden, Ursprungswaren eines „Landes“ im Sinne von Art. 23 des Zollkodex der Gemeinschaften und Art. 60 Abs. 1 des Zollkodex der Union sind, wenn wesentliche Produktionsschritte in anderen Mitgliedstaaten der Union erfolgen und die Kulturchampignons erst drei oder weniger Tage vor der ersten Ernte ins Inland verbracht worden sind.

53      Die Wettbewerbszentrale macht geltend, die Anwendung von Art. 23 des Zollkodex der Gemeinschaften setze voraus, dass die betreffende Ware vollständig in einem Land gewonnen oder hergestellt worden sei. Außerdem werde der Fall, dass mehrere Länder an der Herstellung beteiligt gewesen seien, in Art. 24 des Zollkodex der Gemeinschaften behandelt. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass eine Pflanze nur in dem Land „geerntet“ werden könne, in dem sie auch eingepflanzt und so mit dem Boden dieses Landes verbunden worden sei. Diese Annahme bestätige sich für die Champignons im Ausgangsverfahren nicht, denn sie seien in einem Land in einen transportierbaren Behälter mit Erdreich eingepflanzt und in einem anderen Land von diesem Erdreich getrennt worden.

54      Entgegen dem Vorbringen der Wettbewerbszentrale sind die Vorschriften in Art. 24 des Zollkodex der Gemeinschaften und Art. 60 Abs. 2 des Zollkodex der Union in Verbindung mit Art. 32 der Delegierten Verordnung 2015/2446 über den Ursprung von Waren, an deren Herstellung mehr als ein Land oder Gebiet beteiligt ist, nicht anwendbar.

55      Nach Art. 23 Abs. 1 des Zollkodex der Gemeinschaften und Art. 60 Abs. 1 des Zollkodex der Union gelten nämlich Waren, die in einem Land vollständig gewonnen oder hergestellt worden sind, als Ursprungswaren dieses Landes. Gemäß Art. 23 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex der Gemeinschaften sind vollständig in einem Land gewonnene oder hergestellte Waren „pflanzliche Erzeugnisse, die in diesem Land geerntet worden sind“. Ebenso sieht Art. 31 Buchst. b der Delegierten Verordnung 2015/2446 vor, dass als Waren, die in einem einzigen Land oder Gebiet vollständig gewonnen oder hergestellt worden sind, „dort geerntete pflanzliche Erzeugnisse“ gelten.

56      Wie die Kommission ausführt, findet sich in den angeführten Zollregelungen im Zusammenhang mit pflanzlichen Erzeugnissen keine Definition des Begriffs „geerntet“. Bei der Bestimmung dieses Begriffs ist zu beachten, dass Kulturchampignons zu dem Zeitpunkt zu „frischem“ Gemüse im Sinne der Tarifposition 0709 der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. 1987, L 256, S. 1) in der durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1001/2013 der Kommission vom 4. Oktober 2013 (ABl. 2013, L 290, S. 1) geänderten Fassung werden, zu dem sie vom Substrat getrennt werden. Die Tarifposition 0709 bezieht sich auf „[a]nderes Gemüse, frisch oder gekühlt“, das in Anhang I Teil IX der Verordnung Nr. 1234/2007 und in Anhang I Teil IX der Verordnung Nr. 1308/2013 aufgeführt ist und die Unterposition 0709 51 „Pilze“ enthält.

57      In der Durchführungsverordnung Nr. 1337/2013, die auf Art. 26 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1169/2011 gestützt ist, sind zwar verschiedene Etikettierungsangaben vorgesehen, um die Verbraucher ausreichend über den Ursprung von frischem, gekühltem und gefrorenem Schweine‑, Schaf‑, Ziegen- und Geflügelfleisch zu informieren. Es gibt jedoch keine Durchführungsverordnung, die für das Ursprungsland von Pilzen ähnliche Vorschriften vorsieht, die auf Art. 26 Abs. 2 Buchst. a dieser Verordnung hätten gestützt werden können.

58      Daher ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 23 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex der Gemeinschaften und Art. 60 Abs. 1 des Zollkodex der Union in Verbindung mit Art. 31 Buchst. b der Delegierten Verordnung 2015/2446 dahin auszulegen sind, dass das Ursprungsland von Kulturchampignons ihr Ernteland im Sinne dieser Vorschriften ist, und zwar unabhängig davon, ob wesentliche Produktionsschritte in anderen Mitgliedstaaten der Union erfolgt sind und ob die Kulturchampignons erst drei oder weniger Tage vor der ersten Ernte ins Erntegebiet verbracht worden sind.

 Zur dritten Frage

59      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, in welchem Verhältnis die Anwendung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie 2000/13 und Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1169/2011, die das Verbot der Irreführung des Verbrauchers vorsehen, zu der Anwendung von Art. 113a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013 über die Angabe des Ursprungslands steht.

60      Wie das vorlegende Gericht ausgeführt hat, erfordert die Antwort auf diese Frage eine Auslegung von Art. 1 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1169/2011, wonach diese Verordnung unbeschadet der in speziellen Rechtsvorschriften der Union für bestimmte Lebensmittel enthaltenen Kennzeichnungsvorschriften gilt. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob der Begriff „unbeschadet“ einen Vorrang spezieller Kennzeichnungsvorschriften mit der Folge bedeute, dass das allgemeine Irreführungsverbot, das u. a. in Art. 7 der Verordnung Nr. 1169/2011 vorgesehen sei, keine Anwendung finde, oder ob die betreffenden Regelungen nebeneinander anwendbar seien.

61      Wie sich aus der Antwort auf die erste Frage ergibt, beruht die Bestimmung des Ursprungs von frischem Gemüse im Sinne der Agrarvorschriften, d. h. Art. 113a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013, auf den Zollregelungen, d. h. auf den Art. 23 ff. des Zollkodex der Gemeinschaften und auf Art. 60 des Zollkodex der Union.

62      Auch nach Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1169/2011 bezieht sich der Begriff „Ursprungsland eines Lebensmittels“ für die Zwecke dieser Verordnung auf den Ursprung eines Lebensmittels im Sinne der Art. 23 bis 26 des Zollkodex der Gemeinschaften.

63      Mehrere Vorschriften erlauben der Kommission den Erlass besonderer Bestimmungen. Im Bereich der Agrarvorschriften ergibt sich u. a. aus Art. 76 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1308/2013, dass der Kommission die Befugnis übertragen ist, delegierte Rechtsakte in Bezug auf zusätzliche Anforderungen für die Vermarktung von Erzeugnissen des Sektors Obst und Gemüse zu erlassen. Die Kommission hat jedoch in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass in Bezug auf Angaben bei Kulturchampignons kein delegierter Rechtsakt erlassen worden sei.

64      Art. 26 der Verordnung Nr. 1169/2011 sieht ebenfalls die Möglichkeit vor, besondere Vorschriften über die Angabe des Ursprungslands oder des Herkunftsorts eines Lebensmittels zu erlassen. So hat die Kommission die Durchführungsverordnung Nr. 1337/2013 zu Fleisch und die Durchführungsverordnung 2018/775 zur primären Zutat eines Lebensmittels erlassen. Sie hat jedoch ebenfalls eingeräumt, keine besonderen Vorschriften über den Ursprung von Champignons erlassen zu haben.

65      Die Kommission hat geltend gemacht, sie gehe von dem Grundsatz der parallelen und ergänzenden Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1169/2011 in dem Sinne aus, dass diese Bestimmung Vorrang vor den Agrarvorschriften und den Zollregelungen habe. Während nämlich auch nach der Agrarregelung dem Verbraucherschutz Bedeutung zukomme, verfolge insbesondere die Verordnung Nr. 1169/2011 das Ziel, die Verbraucher besser zu informieren und zu schützen. Eine ergänzende Anwendung des in der Verordnung Nr. 1169/2011 vorgesehenen Verbots, den Verbraucher irrezuführen, sei daher schon deshalb erforderlich, um dem in Art. 38 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union primärrechtlich verankerten Ziel eines hohen Verbraucherschutzniveaus gerecht zu werden. Liege eine Irreführung des Verbrauchers vor, könne nur ein nationales Gericht bestimmen, welche ergänzenden oder korrigierenden Angaben des Herstellers geeignet und erforderlich seien, um die Irreführung zu beseitigen.

66      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 1169/2011 – wie die durch sie aufgehobene Richtlinie 2000/13 – gemäß ihrem Art. 1 Abs. 1 „die Grundlage“ für die Information der Verbraucher über Lebensmittel bildet. Hierzu sieht sie u. a. in Kapitel III „allgemeine Anforderungen“ für diesen Bereich vor, wie dies in der Überschrift des Kapitels angeführt ist. Zu diesen Anforderungen gehört auch, dass „Informationen über Lebensmittel … nicht irreführend sein [dürfen], insbesondere … in Bezug auf … [das] Ursprungsland“ eines Lebensmittels.

67      Die Verordnung Nr. 1169/2011 enthält zudem in ihrem Kapitel IV detailliertere Vorschriften, die bestimmte Angaben vorschreiben. Zu diesen Angaben gehört, wie aus Art. 9 Abs. 1 Ziff. i der Verordnung hervorgeht, das Ursprungsland, „wo dies nach Artikel 26 [dieser Verordnung] vorgesehen ist“. Nach Art. 26 der Verordnung ist die Angabe des Ursprungslands u. a. verpflichtend, „falls ohne diese Angabe eine Irreführung der Verbraucher über das … Ursprungsland … möglich wäre“.

68      Zweitens hat der Unionsgesetzgeber in Art. 1 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1169/2011 ausdrücklich den Vorbehalt erklärt, dass dieser allgemeine Rechtsakt unbeschadet anderer spezieller Unionsvorschriften im Bereich der Lebensmittelkennzeichnung gilt. Ebenso hat er in Art. 26 dieser Verordnung für die darin vorgesehenen besonderen Kennzeichnungspflichten den in Art. 1 Abs. 4 der Verordnung allgemein erklärten Vorbehalt bekräftigt, die Lebensmittelkennzeichnungsvorschriften bestimmter Rechtsvorschriften der Union unberührt zu lassen.

69      Art. 1 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1169/2011 ist dahin auszulegen, dass die Wendung „unbeschadet der in speziellen Rechtsvorschriften der Union für bestimmte Lebensmittel enthaltenen Kennzeichnungsvorschriften“ die vom Unionsgesetzgeber oder von der Kommission erlassenen einheitlichen Bestimmungen wie z. B. die Zoll- und Agrarvorschriften erfasst. Solche Vorschriften fallen nicht unter Art. 7 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung.

70      Wie der Generalanwalt in Nr. 75 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist die Richtlinie 2000/13 im gleichen Sinne auszulegen wie die Verordnung Nr. 1169/2011.

71      Die Richtlinie 2000/13 enthält zwar keine Bezugnahme auf die Zollregelungen zur Bestimmung des Ursprungs von Lebensmitteln, doch dürfen diese Erzeugnisse nach der ansonsten für Obst und Gemüse geltenden Regelung, insbesondere Art. 113a der Verordnung Nr. 1234/2007, nur in Verkehr gebracht werden, wenn das Ursprungsland angegeben ist, das sich, wie sich aus Rn. 51 des vorliegenden Urteils ergibt, nach den Zollregelungen bestimmt.

72      Ist es aber aufgrund der auf die Zollregelungen abstellenden Angabe des Ursprungslands zulässig, das betreffende Erzeugnis in Verkehr zu bringen, kann nicht zugleich angenommen werden, dass diese Angabe als solche geeignet wäre, den Käufer im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2000/13 irrezuführen.

73      Auf die dritte Frage ist daher zu antworten, dass das in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie 2000/13 und Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1169/2011 aufgestellte allgemeine Verbot, den Verbraucher über das Ursprungsland von Lebensmitteln zu täuschen, bei frischem Obst und Gemüse nicht auf die nach Art. 113a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013 vorgeschriebene Ursprungsangabe anzuwenden ist.

 Zur vierten Frage

74      Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der nach Art. 113a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013 vorgeschriebenen Ursprungsangabe aufklärende Zusätze hinzugefügt werden dürfen, um einer nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie 2000/13 und Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1169/2011 verbotenen Irreführung des Verbrauchers entgegenzuwirken.

75      Wie aus der Vorlageentscheidung und den Erklärungen der Parteien des Ausgangsverfahrens, der deutschen Regierung und der Kommission hervorgeht, betrifft die vierte Frage die Möglichkeit, den Erzeugern in Anwendung von Regeln über unlautere Geschäftspraktiken eine besondere Informationspflicht aufzuerlegen, wenn die Angabe des nach Art. 23 des Zollkodex der Gemeinschaften und Art. 60 des Zollkodex der Union festgelegten Ursprungslands vom Verbraucher als irreführend angesehen würde.

76      Insoweit ist in Übereinstimmung mit dem Generalanwalt in Nr. 82 seiner Schlussanträge festzustellen, dass der Unionsgesetzgeber das Ursprungsland eines Lebensmittels in Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1169/2011 durch einen Verweis auf die Art. 23 bis 26 des Zollkodex der Gemeinschaften klar und präzise festgelegt hat. Für pflanzliche Erzeugnisse, darunter Champignons, hat der Gesetzgeber somit bestimmt, dass das Ursprungsland dieser Erzeugnisse ungeachtet ihres Erzeugungsorts das Land ist, in dem sie geerntet worden sind.

77      Nach alledem dürfen keine aufklärenden Zusätze als Ergänzung der nach Art. 113a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013 vorgeschriebenen Angabe des Ursprungslands vorgeschrieben werden, um einer nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1169/2011 verbotenen Irreführung des Verbrauchers entgegenzuwirken. Wie der Generalanwalt in Nr. 87 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie 2000/13 in gleicher Weise auszulegen.

78      Auf die vierte Frage ist daher zu antworten, dass das Unionsrecht dahin auszulegen ist, dass keine aufklärenden Zusätze als Ergänzung der nach Art. 113a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013 vorgeschriebenen Angabe des Ursprungslands vorgeschrieben werden dürfen, um einer nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie 2000/13 sowie Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1169/2011 verbotenen Irreführung des Verbrauchers entgegenzuwirken.

 Kosten

79      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 113a Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse in der durch die Verordnung (EG) Nr. 361/2008 des Rates vom 14. April 2008 geänderten Fassung und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und Nr. 1234/2007 des Rates sind dahin auszulegen, dass für die Bestimmung des Begriffs des Ursprungslands gemäß diesen Vorschriften auf die Zollregelungen zur Bestimmung des nichtpräferenziellen Ursprungs von Waren abzustellen ist, d. h. auf die Art. 23 ff. der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften und auf Art. 60 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union.

2.      Art. 23 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 2913/92 und Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 952/2013 in Verbindung mit Art. 31 Buchst. b der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom 28. Juli 2015 zur Ergänzung der Verordnung Nr. 952/2013 mit Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union sind dahin auszulegen, dass das Ursprungsland von Kulturchampignons ihr Ernteland im Sinne dieser Vorschriften ist, und zwar unabhängig davon, ob wesentliche Produktionsschritte in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erfolgt sind und ob die Kulturchampignons erst drei oder weniger Tage vor der ersten Ernte ins Erntegebiet verbracht worden sind.

3.      Das in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür und Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission aufgestellte allgemeine Verbot, den Verbraucher über das Ursprungsland von Lebensmitteln zu täuschen, ist bei frischem Obst und Gemüse nicht auf die nach Art. 113a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 361/2008 geänderten Fassung und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013 vorgeschriebene Ursprungsangabe anzuwenden.

4.      Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass keine aufklärenden Zusätze als Ergänzung der nach Art. 113a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 in der durch die Verordnung Nr. 361/2008 geänderten Fassung und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013 vorgeschriebenen Angabe des Ursprungslands vorgeschrieben werden dürfen, um einer nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie 2000/13 sowie Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1169/2011 verbotenen Irreführung des Verbrauchers entgegenzuwirken.

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