EuGH: Irreführende Werbung bei Gegenüberstellung von Kassenbons, wenn weitere Unterschiede der Waren nicht erläutert werden

veröffentlicht am 3. Dezember 2010

Rechtsanwalt Dr. Ole DammEuGH, Urteil vom 18.11.2010, Az. C-159/09
Art. 3a der Richtlinie 84/450

Der EuGH hat entschieden, dass bei einer vergleichenden Werbung durch Gegenüberstellung zweier Kassenbons eine Irreführung vorliegt, wenn keine weitere Erläuterung erfolgt, inwiefern sich die aufgeführten Waren, abgesehen vom Preis, noch unterscheiden. Insbesondere liege eine Irreführung vor, wenn die Kaufentscheidung einer erheblichen Zahl von Verbrauchern in dem irrigen Glauben getroffen werden könne, dass die vom Werbenden getroffene Warenauswahl repräsentativ für das allgemeine Niveau seiner Preise im Verhältnis zum Niveau der Preise seines Mitbewerbers sei und diese Verbraucher daher eine Ersparnis in der von dieser Werbung angepriesenen Größenordnung erzielten, wenn sie ihre Waren des täglichen Bedarfs regelmäßig beim Werbenden und nicht bei diesem Mitbewerber einkauften. Darüber hinaus seien für den nur auf den Preis abstellenden Vergleich Nahrungsmittel ausgewählt worden, die Unterschiede (qualitativ oder geschmacklich) aufwiesen, die geeignet seien, die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers spürbar zu beeinflussen, ohne dass diese Unterschiede aus der betreffenden Werbung hervorgehen. Zum Volltext der Entscheidung:


URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

18. November 2010(*)

„Richtlinien 84/450/EWG und 97/55/EG – Zulässigkeitsvoraussetzungen für vergleichende Werbung – Preisvergleich in Bezug auf eine Auswahl von Nahrungsmitteln, die von zwei konkurrierenden Supermarktketten verkauft werden – Waren für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung – Irreführende Werbung – Vergleich in Bezug auf eine nachprüfbare Eigenschaft“

In der Rechtssache C?159/09

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Tribunal de commerce de Bourges (Frankreich) mit Entscheidung vom 17. März 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Mai 2009, in dem Verfahren

Lidl SNC

gegen

Vierzon Distribution SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richter K. Schiemann (Berichterstatter) und L. Bay Larsen sowie der Richterinnen C. Toader und A. Prechal,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: R. ?ere?, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juli 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

– der Lidl SNC, vertreten durch B. Braun, avocat,

– der Vierzon Distribution SA, vertreten durch G. Schank und F. Reye, avocats,

– der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues, S. Menez und R. Loosli-Surrans als Bevollmächtigte,

– der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und D. Hadroušek als Bevollmächtigte,

– der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,

– der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Van Hoof und W. Wils als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. September 2010

folgendes

Urteil

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3a der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 250, S. 17) in der durch die Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997 (ABl. L 290, S. 18) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 84/450).

2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Lidl SNC (im Folgenden: Lidl) und der Vierzon Distribution SA (im Folgenden: Vierzon Distribution) wegen einer im Auftrag der letztgenannten Gesellschaft in der Presse geschalteten Werbung.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3 Art. 1 der Richtlinie 84/450 bestimmt:

„Zweck dieser Richtlinie ist der Schutz der Verbraucher, der Personen, die einen Handel oder ein Gewerbe betreiben oder ein Handwerk oder einen freien Beruf ausüben, sowie der Interessen der Allgemeinheit gegen irreführende Werbung und deren unlautere Auswirkungen und die Festlegung der Bedingungen für zulässige vergleichende Werbung.“

4 Nach Art. 2 Nr. 2 dieser Richtlinie bedeutet „irreführende Werbung“

„jede Werbung, die in irgendeiner Weise – einschließlich ihrer Aufmachung – die Personen, an die sie sich richtet oder die von ihr erreicht werden, täuscht oder zu täuschen geeignet ist und die infolge der ihr innewohnenden Täuschung ihr wirtschaftliches Verhalten beeinflussen kann oder aus diesen Gründen einen Mitbewerber schädigt oder zu schädigen geeignet ist“.

5 Art. 2 Nr. 2a der genannten Richtlinie definiert vergleichende Werbung als

„jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die Erzeugnisse oder Dienstleistungen, die von einem Mitbewerber angeboten werden, erkennbar macht“.

6 Art. 3 dieser Richtlinie lautet:

„Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Werbung irreführend ist, sind alle ihre Bestandteile zu berücksichtigen, insbesondere in ihr enthaltene Angaben über:

a) die Merkmale der Waren oder Dienstleistungen wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Zusammensetzung, Verfahren und Zeitpunkt der Herstellung oder Erbringung, die Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, die geografische oder kommerzielle Herkunft oder die von der Verwendung zu erwartenden Ergebnisse oder die Ergebnisse und wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;

b) den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, und die Bedingungen, unter denen die Waren geliefert oder die Dienstleistungen erbracht werden;

c) die Art, die Eigenschaften und die Rechte des Werbenden, wie seine Identität und sein Vermögen, seine Befähigungen und seine gewerblichen, kommerziellen oder geistigen Eigentumsrechte oder seine Auszeichnungen oder Ehrungen.“

7 Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 84/450 sieht vor:

„Vergleichende Werbung gilt, was den Vergleich anbelangt, als zulässig, sofern folgende Bedingungen erfüllt sind:

a) Sie ist nicht irreführend im Sinne des Artikels 2 Nummer 2, des Artikels3 und des Artikels 7 Absatz 1;

b) sie vergleicht Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung;

c) sie vergleicht objektiv eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften dieser Waren und Dienstleistungen, zu denen auch der Preis gehören kann;

…“

Nationales Recht

8 Art. L. 121?8 des Code de la consommation (Verbrauchergesetzbuch) bestimmt:

„Werbung, die Waren oder Dienstleistungen miteinander vergleicht, indem sie unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder von einem Mitbewerber angebotene Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht, ist nur zulässig, wenn

1. sie nicht irreführend ist oder geeignet ist, in die Irre zu führen;

2. sie Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung betrifft;

3. sie objektiv eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften dieser Waren und Dienstleistungen vergleicht, zu denen auch der Preis gehören kann;

…“

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

9 Lidl betreibt in Frankreich eine Kette von Nahrungsmittelsupermärkten, darunter ein Geschäft in der Nähe des Geschäfts von Vierzon Distribution, die ihrerseits unter dem Firmenzeichen Leclerc Waren für den täglichen Bedarf verkauft.

10 Am 23. September 2006 ließ Vierzon Distribution in einer lokalen Tageszeitung eine Werbung (im Folgenden: streitige Werbung) mit der Abbildung von Kassenbons schalten, auf denen unter Gattungsbezeichnungen und gegebenenfalls Angabe von Menge oder Gewicht 34 jeweils in den Geschäften von Vierzon Distribution und Lidl gekaufte Artikel, großteils Nahrungsmittel, aufgeführt waren und die einen Gesamtpreis von 46,30 Euro bei Vierzon Distribution und von 51,40 Euro bei Lidl auswiesen.

11 Teil der Werbung waren auch die Slogans „Nicht jeder kann ein E. Leclerc sein! Niedrige Preise: der Beweis, dass E. Leclerc am billigsten bleibt“ und „Auf Englisch sagt man ‚hard discount‘, auf Französisch sagt man ‚E. Leclerc‘“.

12 Am 16. März 2007 erhob Lidl beim Tribunal de commerce de Bourges Klage und begehrte die Verurteilung von Vierzon Distribution zur Leistung von Schadensersatz wegen unlauteren Wettbewerbs sowie zur Veröffentlichung von Auszügen des zu erlassenden Urteils in der Presse und durch Anschlag in ihrem Geschäft.

13 Lidl stützt ihre Klage insbesondere auf einen Verstoß gegen Art. L. 121?8 des Code de la consommation. Sie macht geltend, dass die streitige Werbung sowohl durch ihre Aufmachung als auch dadurch, dass Vierzon Distribution ausschließlich für sie vorteilhafte Artikel ausgewählt und nötigenfalls vorher ihre Preise an die ihrer Mitbewerberin angepasst habe, die Verbraucher in die Irre führe oder sogar täusche. Außerdem seien diese Waren nicht vergleichbar, da sie wegen ihrer qualitativen und quantitativen Unterschiede nicht dem gleichen Bedarf dienten. Die bloße Abbildung von Kassenbons in der streitigen Werbung, auf denen die verglichenen Artikel aufgeführt seien, ermögliche es den Verbrauchern nicht, die jeweiligen Eigenschaften dieser Waren zu erfassen und somit die Gründe für die in dieser Werbung behaupteten Preisunterschiede zu verstehen.

14 Vierzon Distribution tritt diesem Vorbringen entgegen und macht insbesondere geltend, dass ein Vergleich zwei nicht identische Waren betreffen könne, sofern diese dem gleichen Bedarf dienten oder dieselbe Zweckbestimmung hätten und in dieser Hinsicht einen hinreichenden Grad an Austauschbarkeit aufwiesen, was hier der Fall sei. Was die Unterschiede zwischen den in Rede stehenden Waren anbelange, seien diese aus den erwähnten Kassenbons hinreichend ersichtlich, so dass die Verbraucher nicht in die Irre geführt worden seien. Dass Vierzon Distribution die in den Vergleich einbezogenen Waren selbst ausgewählt habe, sei nicht unzulässig, und außerdem schließe die Tatsache, dass die Käufe an ein und demselben Tag durchgeführt worden seien, eine Preismanipulation aus.

15 Unter diesen Umständen hat das Tribunal de commerce de Bourges das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 3a der Richtlinie 84/450 dahin auszulegen, dass nach ihm vergleichende Preiswerbung für Waren für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung, d. h. für Waren, die einen ausreichenden Grad an wechselseitiger Austauschbarkeit aufweisen, allein deshalb unzulässig ist, weil es sich um Nahrungsmittel handelt und die Essbarkeit jedes einzelnen dieser Nahrungsmittel, jedenfalls der Genuss, der bei ihrem Verzehr empfunden wird, je nach den Umständen und dem Ort ihrer Herstellung, nach den verwendeten Zutaten und nach der Erfahrung des Herstellers stark variiert?

Zur Vorlagefrage

16 Es ist darauf hinzuweisen, dass in Art. 3a Abs. 1 Buchst. a bis h der Richtlinie 84/450 die kumulativen Bedingungen aufgezählt werden, die eine vergleichende Werbung erfüllen muss, um als zulässig zu gelten (vgl. insbesondere Urteil vom 18. Juni 2009, L’Oréal u. a., C?487/07, Slg. 2009, I?5185, Randnr. 67).

17 Um die vom vorlegenden Gericht geäußerten Zweifel aufzugreifen und diesem die Auslegungshinweise zu geben, die ihm bei der Entscheidung der bei ihm anhängigen Rechtssache von Nutzen sein können, ist nach Ansicht des Gerichtshofs, wie dies die französische, die österreichische und die tschechische Regierung, die Europäische Kommission sowie schließlich der Generalanwalt in Nr. 40 seiner Schlussanträge vorgeschlagen haben, im vorliegenden Fall auf die in Art. 3a Abs. 1 Buchst. a bis c dieser Richtlinie genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit vergleichender Werbung abzustellen.

18 Daher ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht mit seiner Frage wissen will, ob Art. 3a Abs. 1 Buchst. a bis c der Richtlinie 84/450 einer Werbepraxis wie der in der Vorlageentscheidung beschriebenen entgegensteht, die einen Warenkorb mit von zwei konkurrierenden Supermarktketten verkauften Nahrungsmitteln einem Preisvergleich unterzieht, und zwar insbesondere angesichts der Unterschiede, die die so verglichenen Nahrungsmittel je nach der Art und Weise sowie dem Ort ihrer Herstellung, den enthaltenen Zutaten und der Identität ihres Herstellers aufweisen und die es insbesondere mit sich bringen, dass sich diese Waren hinsichtlich ihrer Essbarkeit und des Genusses, den ihr Verzehr bereitet, voneinander unterscheiden.

19 In Anbetracht der Formulierung der Vorlagefrage sowie des Schwerpunkts, der in ihr auf die Voraussetzungen nach Art. 3a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 84/450 gelegt wird, sieht es der Gerichtshof als zweckmäßig an, sich zunächst dieser Bestimmung zuzuwenden, um danach Art. 3a Abs. 1 Buchst. a und schließlich Art. 3a Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie zu prüfen.

20 Zuvor ist jedoch darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die verschiedenen Zulässigkeitsvoraussetzungen vergleichender Werbung, die Art. 3a Abs. 1 aufzählt, eine Abwägung der verschiedenen Interessen bezwecken, die durch die Zulassung vergleichender Werbung berührt sein können. So ergibt sich aus den Erwägungsgründen 2, 7 und 9 der Richtlinie 97/55, dass Art. 3a den Wettbewerb zwischen den Anbietern von Waren und Dienstleistungen im Interesse der Verbraucher fördern soll, indem den Mitbewerbern erlaubt wird, die Vorteile der verschiedenen vergleichbaren Erzeugnisse objektiv herauszustellen, und zugleich Praktiken verboten werden, die den Wettbewerb verzerren, die Mitbewerber schädigen und die Entscheidung der Verbraucher negativ beeinflussen können (vgl. Urteil L’Oréal u. a., Randnr. 68).

21 Daraus folgt, dass die in Art. 3a Abs. 1 genannten Anforderungen im günstigsten Sinne auszulegen sind, damit mit der Werbung objektiv die Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen verglichen werden können, wobei sicherzustellen ist, dass die vergleichende Werbung nicht in einer wettbewerbswidrigen und unlauteren oder die Verbraucherinteressen beeinträchtigenden Weise betrieben wird (Urteil L’Oréal u. a., Randnr. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22 Ebenso ist darauf hinzuweisen, dass mit der Richtlinie 84/450 die Bedingungen, unter denen vergleichende Werbung in den Mitgliedstaaten zulässig ist, abschließend harmonisiert wurden und eine solche Harmonisierung naturgemäß voraussetzt, dass allein anhand der vom Unionsgesetzgeber aufgestellten Kriterien zu beurteilen ist, wann vergleichende Werbung in der ganzen Union zulässig ist (vgl. Urteil vom 8. April 2003, Pippig Augenoptik, C?44/01, Slg. 2003, I?3095, Randnr. 44).

23 Was schließlich einen Vergleich anbelangt, der sich, wie im Ausgangsverfahren, auf die Preise bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass die Gegenüberstellung konkurrierender Angebote, insbesondere was die Preise anbelangt, der vergleichenden Werbung immanent ist (Urteil vom 19. September 2006, Lidl Belgium, C?356/04, Slg. 2006, I?8501, Randnr. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24 Im achten Erwägungsgrund der Richtlinie 97/55 wird dazu außerdem hervorgehoben, dass ein Vergleich, der sich lediglich auf den Preis von Waren oder Dienstleistungen bezieht, zulässig sein sollte, wenn dabei bestimmte Bedingungen eingehalten werden und er insbesondere nicht irreführend ist.

Zu Art. 3a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 84/450

25 Art. 3a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 84/450 stellt die Zulässigkeit vergleichender Werbung unter die Bedingung, dass sie Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung vergleicht. Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass diese Bedingung voraussetzt, dass die verglichenen Waren für den Verbraucher einen hinreichenden Grad an Austauschbarkeit aufweisen (Urteile Lidl Belgium, Randnr. 26, und vom 19. April 2007, De Landtsheer Emmanuel, C?381/05, Slg. 2007, I?3115, Randnr. 44).

26 Wie die französische Regierung und die Kommission hervorgehoben haben, geht nach dem Wortlaut der Vorlagefrage das vorlegende Gericht zwar davon aus, dass die in der streitigen Werbung genannten Waren einen Grad an Austauschbarkeit aufweisen, der zur Erfüllung dieser Voraussetzung ausreicht, aber möchte sich dennoch vergewissern, dass der Charakter dieser Waren als Nahrungsmittel einer solchen Beurteilung nicht entgegensteht. Im Einzelnen möchte dieses Gericht wissen, ob der Umstand, dass solche Waren in Anbetracht ihrer Unterschiede bezüglich der Art und Weise sowie des Ortes ihrer Herstellung, der enthaltenen Zutaten und der Identität ihres Herstellers unvermeidbare Abweichungen voneinander aufweisen, was ihre Essbarkeit oder den Genuss, den ihr Verzehr bereitet, anbelangt, nicht zum Ausschluss jeglicher Vergleichbarkeit führen müsste, da infolgedessen mögliche Vergleiche nur mehr in Bezug auf identische Nahrungsmittel denkbar wären.

27 Dazu ist zunächst hervorzuheben, dass Art. 3a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 84/450 im Unterschied insbesondere zu ihrem Art. 3a Abs. 1 Buchst. c den Aspekt, unter dem ein Vergleich zulässigerweise angestellt werden kann, oder, mit anderen Worten, die Eigenschaften der betreffenden Waren oder Dienstleistungen, auf die sich die vergleichende Werbung beziehen darf, nicht behandelt und daher auch nicht vorgibt. Daraus folgt, dass der Aspekt, unter dem der Vergleich angestellt wird, im vorliegenden Fall der Preis, entgegen dem Vorbringen insbesondere der tschechischen und der österreichischen Regierung keinen Einfluss auf die Frage haben kann, ob zwei Waren dem gleichen Bedarf oder derselben Zweckbestimmung im Sinne von Art. 3a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie dienen.

28 Es ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Urteile Lidl Belgium und De Landtsheer Emmanuel, denen zufolge, wie in Randnr. 25 des vorliegenden Urteils erwähnt, die in Art. 3a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 84/450 vorgesehene Voraussetzung die Zulässigkeit vergleichender Werbung davon abhängig macht, dass die verglichenen Waren einen hinreichenden Grad an Austauschbarkeit für den Verbraucher aufweisen, gerade zu Rechtssachen ergangen sind, in denen Werbungen für Nahrungsmittel in Rede standen.

29 Zweitens hebt der neunte Erwägungsgrund der Richtlinie 97/55 hervor, dass zur Vermeidung von vergleichender Werbung, die in wettbewerbswidriger und unlauterer Weise betrieben wird, Vergleiche zwischen Waren und Dienstleistungen, die von Mitbewerbern angeboten werden, nur zulässig sein sollten, wenn diese den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung erfüllen sollen.

30 Dass Art. 3a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 84/450 die Zulässigkeit vergleichender Werbung von der Voraussetzung abhängig macht, dass die Werbung Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung vergleicht, hat nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs seinen Grund darin, dass der Begriff der vergleichenden Werbung, wie Art. 2 Nr. 2a der Richtlinie zu entnehmen ist, dadurch gekennzeichnet ist, dass ein „Mitbewerber“ oder die von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar gemacht werden, und dass die Einstufung von Unternehmen als „Mitbewerber“ definitionsgemäß auf der Substituierbarkeit der Waren oder Dienstleistungen beruht, die sie auf dem Markt anbieten (vgl. Urteil De Landtsheer Emmanuel, Randnrn. 27 bis 29).

31 Wie der Gerichtshof hervorgehoben hat, liegen diese beiden Bestimmungen der Richtlinie 84/450 damit offenkundig nahe beieinander, so dass im Rahmen ihrer Anwendung der Beurteilung des Grades an Substituierbarkeit in entsprechender Weise gleichartige Kriterien zugrunde zu legen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil De Landtsheer Emmanuel, Randnrn. 46 und 48).

32 Insoweit kann, wenn Waren in gewisser Weise gleichen Bedürfnissen dienen können, von einem gewissen Grad der Substitution zwischen ihnen ausgegangen werden (Urteil De Landtsheer Emmanuel, Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33 Um zu ermitteln, ob wirklich Substituierbarkeit nach Art. 3a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 84/450 vorliegt, ist eine individuelle und konkrete Prüfung der speziellen Waren erforderlich, die in der Werbeaussage miteinander verglichen werden (Urteil De Landtsheer Emmanuel, Randnr. 47). Eine solche konkrete Prüfung des Grades an Substitution fällt in die Zuständigkeit der nationalen Gerichte.

34 Drittens ist festzustellen, dass einer Auslegung von Art. 3a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 84/450, die in der Sache ein Verbot vergleichender Werbung für Nahrungsmittel bewirkte, sofern diese nicht identisch sind, andere Erwägungen entgegenstehen.

35 Zum einen ist dem Wortlaut dieser Bestimmung ein solches Verbot nicht zu entnehmen.

36 Zum anderen bedeutete dieses Verbot durch eine extensive Auslegung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung für vergleichende Werbung eine erhebliche Einschränkung dieser Art von Werbung (vgl. entsprechend Urteil De Landtsheer Emmanuel, Randnr. 70 und 71).

37 Wie insbesondere die tschechische Regierung und die Kommission hervorgehoben haben, liefe nämlich die Entscheidung, dass zwei Nahrungsmittel nicht als vergleichbar im Sinne von Art. 3a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 84/450 gelten können, sofern sie nicht identisch sind, darauf hinaus, vergleichende Werbung für eine besonders wichtige Kategorie von Verbrauchsgütern praktisch unmöglich zu machen, und zwar unabhängig von dem Gesichtspunkt, unter dem der Vergleich angestellt wird.

38 Das Ergebnis, das ein solches Verbot hätte, widerspräche jedoch der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach die an die vergleichende Werbung gestellten Anforderungen in dem für sie günstigsten Sinn auszulegen sind (vgl. Urteil De Landtsheer Emmanuel, Randnr. 63).

39 Nach alledem ist dem vorlegenden Gericht als Erstes zu antworten, dass Art. 3a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 84/450 dahin auszulegen ist, dass der Umstand allein, dass sich die Nahrungsmittel hinsichtlich ihrer Essbarkeit und des Genusses, den sie dem Verbraucher bereiten, je nach den Bedingungen und dem Ort ihrer Herstellung, den enthaltenen Zutaten und der Identität ihres Herstellers voneinander unterscheiden, nicht geeignet ist, auszuschließen, dass der Vergleich solcher Waren das in dieser Bestimmung aufgestellte Erfordernis erfüllen kann, dem zufolge diese Waren dem gleichen Bedarf oder derselben Zweckbestimmung dienen, d. h. untereinander einen hinreichenden Grad an Austauschbarkeit aufweisen müssen.

40 Was die konkrete Beurteilung des Vorliegens eines solchen hinreichenden Grades an Austauschbarkeit zwischen den einzelnen Nahrungsmitteln anbelangt, die Gegenstand des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vergleichs sind, fällt diese, wie in Randnr. 33 des vorliegenden Urteils festgestellt, in die Zuständigkeit des vorlegenden Gerichts, das im Übrigen zu diesen Waren und ihren konkreten Eigenschaften keine Angaben gegenüber dem Gerichtshof gemacht und erst recht keine mit solchen konkreten Angaben zusammenhängenden Auslegungsfragen gestellt hat.

Zu Art. 3a Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 84/450

41 Art. 3a Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 84/450 macht die Zulässigkeit vergleichender Werbung von der Voraussetzung abhängig, dass sie nicht irreführend ist.

42 Was speziell einen Vergleich anbelangt, der sich, wie im Ausgangsverfahren, auf die Preise bezieht, wurde in Randnr. 24 des vorliegenden Urteils darauf hingewiesen, dass nach dem achten Erwägungsgrund der Richtlinie 97/55 ein Vergleich, der sich lediglich auf den Preis von Waren oder Dienstleistungen bezieht, zulässig sein sollte, wenn dabei bestimmte Bedingungen eingehalten werden und er insbesondere nicht irreführend ist.

43 Außerdem soll nach dem zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 97/55 die Harmonisierung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für vergleichende Werbung durch diese Richtlinie insbesondere dazu beitragen, die „Vorteile“ der verschiedenen vergleichbaren Erzeugnisse „objektiv herauszustellen“.

44 Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 84/450 definiert irreführende Werbung als jede Werbung, die in irgendeiner Weise – einschließlich ihrer Aufmachung – die Personen, an die sie sich richtet oder die von ihr erreicht werden, täuscht oder zu täuschen geeignet ist und die infolge der ihr innewohnenden Täuschung deren wirtschaftliches Verhalten beeinflussen kann oder aus diesen Gründen einen Mitbewerber schädigt oder zu schädigen geeignet ist.

45 Wie in den Randnrn. 10 und 11 des vorliegenden Urteils beschrieben, vergleicht die streitige Werbung eine begrenzte Auswahl von Waren, großteils Nahrungsmittel, die von zwei konkurrierenden Geschäften verkauft werden. Diese Waren werden mit Gattungsbegriffen und gegebenenfalls Gewichts- oder Mengenangaben bezeichnet, die auf Kassenbons beider Geschäfte wiedergegeben sind, auf denen neben dem Einzelpreis jedes Artikels der Gesamtpreis aller ausgewählten Artikel ausgewiesen ist. Teil der streitigen Werbung sind außerdem Slogans allgemeiner Art, mit denen angepriesen wird, dass das Geschäft des Werbenden, dessen in dieser Weise abgebildeter Kassenbon einen niedrigeren Gesamtpreis ausweist als der seines Mitbewerbers, am billigsten sei.

46 Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, anhand der Umstände des vorliegenden Falles zu prüfen, ob eine solche Werbung unter Berücksichtigung der Verbraucher, an die sie sich richtet, möglicherweise irreführend ist (vgl. Urteil Lidl Belgium, Randnr. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47 Das vorlegende Gericht muss dabei zum einen berücksichtigen, wie der normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher die beworbenen Waren oder Dienstleistungen wahrnimmt. Was eine Werbung wie die des Ausgangsverfahrens anbelangt, steht fest, dass sich diese nicht an Fachkreise, sondern an den Endverbraucher richtet, der seine Einkäufe von Waren des täglichen Bedarfs bei einer Supermarktkette tätigt (vgl. Urteil Lidl Belgium, Randnr. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48 Um die erforderliche Beurteilung vorzunehmen, muss das nationale Gericht zum anderen alle maßgeblichen Gesichtspunkte der Rechtssache berücksichtigen und dabei, wie sich aus Art. 3 der Richtlinie 84/450 ergibt, die in der streitigen Werbung enthaltenen Angaben und allgemein alle ihre Bestandteile einbeziehen (vgl. Urteil Lidl Belgium, Randnr. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49 Der Gerichtshof hat auch entschieden, dass eine Unterlassung eine Werbung irreführend machen kann, insbesondere wenn eine solche Werbung unter Berücksichtigung der Verbraucher, an die sie sich richtet, einen Umstand verdecken soll, der, wäre er bekannt gewesen, geeignet gewesen wäre, eine erhebliche Zahl von Verbrauchern von ihrer Kaufentscheidung abzuhalten (Urteil Lidl Belgium, Randnr. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50 Nach alledem könnte nach der Rechtsprechung eine Werbung wie die streitige zunächst dann irreführend sein, wenn das vorlegende Gericht feststellen sollte, dass unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des vorliegenden Falles und insbesondere der mit dieser Werbung einhergehenden Angaben oder Auslassungen die Kaufentscheidung einer erheblichen Zahl von Verbrauchern, an die sich die Werbung richtet, in dem irrigen Glauben getroffen werden kann, dass die vom Werbenden getroffene Warenauswahl repräsentativ für das allgemeine Niveau seiner Preise im Verhältnis zum Niveau der Preise seines Mitbewerbers sei und diese Verbraucher daher eine Ersparnis in der von dieser Werbung angepriesenen Größenordnung erzielten, wenn sie Waren des täglichen Bedarfs regelmäßig beim Werbenden und nicht bei seinem Mitbewerber einkauften, oder in dem irrigen Glauben, dass alle Waren des Werbenden billiger als die seines Mitbewerbers seien (vgl. in diesem Sinne Urteil Lidl Belgium, Randnrn. 83 und 84).

51 Eine Werbung wie die streitige könnte sich auch dann als irreführend erweisen, wenn das vorlegende Gericht feststellen sollte, dass für den in der streitigen Werbung angestellten Preisvergleich Nahrungsmittel ausgewählt wurden, die in Wirklichkeit objektive Unterschiede aufweisen, die die Entscheidung des Käufers spürbar beeinflussen können.

52 Wenn diese Unterschiede nämlich nicht erkennbar sind, kann eine solche Werbung, weil sie nur auf den Preis abstellt, vom Durchschnittsverbraucher dahin wahrgenommen werden, dass mit ihr implizit behauptet wird, jene anderen Eigenschaften dieser Waren, die seine Entscheidung ebenfalls spürbar beeinflussen können, seien untereinander gleichwertig.

53 In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof zu einem Vergleich der Preise von zwei konkurrierenden Geschäften insbesondere bereits entschieden, dass in den Fällen, in denen die Marke der Produkte die Entscheidung des Käufers spürbar beeinflussen kann und der Vergleich konkurrierende Erzeugnisse betrifft, deren jeweilige Marken deutliche Unterschiede hinsichtlich ihres Ansehens aufweisen, die Nichtangabe der angeseheneren Marke gegen Art. 3a Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 84/450 verstößt (Urteil Pippig Augenoptik, Randnr. 53).

54 Hinsichtlich anderer Eigenschaften der verglichenen Erzeugnisse wie ihrer Zusammensetzung oder der Art und Weise sowie des Ortes ihrer Herstellung, auf die das vorlegende Gericht Bezug nimmt, kann gegebenenfalls Gleiches gelten, wenn sich zeigt, dass solche Eigenschaften schon ihrer Natur nach, wie dies beim Preis der Fall ist, die Entscheidung des Käufers spürbar beeinflussen können.

55 In solchen Fällen ist die unterbliebene Information des Verbrauchers über derartige Unterschiede zwischen Waren, die nur unter dem Preisaspekt verglichen werden, geeignet, ihn hinsichtlich der Gründe, die den angepriesenen Preisunterschied erklären können, und des finanziellen Vorteils, den er wirklich erzielen kann, wenn er seine Einkäufe beim Werbenden und nicht bei einem bestimmten Mitbewerber tätigt, in die Irre zu führen und sich entsprechend auf sein wirtschaftliches Verhalten auszuwirken. Er kann dann nämlich zu der Annahme verleitet werden, er erlange tatsächlich einen finanziellen Vorteil, der sich durch ein kompetitives Angebot des Werbenden und nicht durch objektive Unterschiede zwischen den verglichenen Waren erkläre.

56 Nach alledem ist dem vorlegenden Gericht als Zweites zu antworten, dass Art. 3a Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 84/450 dahin auszulegen ist, dass eine Werbung wie die im Ausgangsverfahren fragliche irreführenden Charakter haben kann, insbesondere

– wenn festgestellt wird, dass unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls und insbesondere der mit dieser Werbung einhergehenden Angaben oder Auslassungen die Kaufentscheidung einer erheblichen Zahl von Verbrauchern, an die sich die Werbung richtet, in dem irrigen Glauben getroffen werden kann, dass die vom Werbenden getroffene Warenauswahl repräsentativ für das allgemeine Niveau seiner Preise im Verhältnis zum Niveau der Preise seines Mitbewerbers sei und diese Verbraucher daher eine Ersparnis in der von dieser Werbung angepriesenen Größenordnung erzielten, wenn sie ihre Waren des täglichen Bedarfs regelmäßig beim Werbenden und nicht bei diesem Mitbewerber einkauften, oder in dem irrigen Glauben, dass alle Waren des Werbenden billiger als die seines Mitbewerbers seien, oder

– wenn festgestellt wird, dass für einen nur auf den Preis abstellenden Vergleich Nahrungsmittel ausgewählt wurden, die jedoch Unterschiede aufweisen, die geeignet sind, die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers spürbar zu beeinflussen, ohne dass diese Unterschiede aus der betreffenden Werbung hervorgehen.

Zu Art. 3a Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 84/450

57 Art. 3a Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 84/450 macht die Zulässigkeit vergleichender Werbung von der Voraussetzung abhängig, dass sie objektiv eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften dieser Waren und Dienstleistungen vergleicht, zu denen auch der Preis gehören kann.

58 Der fünfte Erwägungsgrund der Richtlinie 97/55 hebt dazu hervor, dass vergleichende Werbung, wenn sie wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften vergleicht und nicht irreführend ist, ein zulässiges Mittel zur Unterrichtung der Verbraucher über ihre Vorteile darstellen kann (Urteil De Landtsheer Emmanuel, Randnr. 62).

59 Der Gerichtshof wird im vorliegenden Fall in Anbetracht der ihm zur Verfügung stehenden Hinweise sowie der Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nur über das Erfordernis der Nachprüfbarkeit befinden.

60 Dazu ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in seinem Urteil Lidl Belgium, das eine auf die Preise abstellende vergleichende Werbung betraf, entschieden hat, dass die Nachprüfbarkeit der Preise der Waren, aus denen sich zwei Warensortimente zusammensetzen, notwendigerweise voraussetzt, dass die Waren, deren Preise so miteinander verglichen worden sind, auf der Grundlage der in der Werbeaussage enthaltenen Informationen individuell und konkret erkennbar sein müssen. Die Nachprüfbarkeit der Warenpreise hängt nämlich zwingend von der Erkennbarkeit dieser Waren ab (vgl. in diesem Sinne Urteil Lidl Belgium, Randnr. 61).

61 Diese Identifizierung der Waren ermöglicht es im Einklang mit dem mit der Richtlinie 84/450 verfolgten Ziel des Verbraucherschutzes, dass der Adressat einer derartigen Aussage in der Lage ist, sich darüber zu vergewissern, dass er im Hinblick auf die Einkäufe von Waren des täglichen Bedarfs, die er zu erledigen hat, richtig informiert worden ist (Urteil Lidl Belgium, Randnr. 72).

62 Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu überprüfen, ob im vorliegenden Fall die Beschreibung der verglichenen Waren in der streitigen Werbung hinreichend genau ist, um es dem Verbraucher zu ermöglichen, die in den Vergleich einbezogenen Waren zwecks Überprüfung der Korrektheit der in dieser Werbung genannten Preise zu erkennen.

63 Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben hat, könnte dies insbesondere dann nicht der Fall sein, wenn sich zeigen sollte, dass die von der streitigen Werbung erfassten Geschäfte mehrere Nahrungsmittel verkaufen, auf die die Bezeichnung zutreffen kann, die in den in der Werbung abgebildeten Kassenbons aufgeführt ist, so dass die so verglichenen Waren nicht genau erkennbar sind.

64 Nach alledem ist dem vorlegenden Gericht als Drittes zu antworten, dass Art. 3a Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 84/450 dahin auszulegen ist, dass mit der in dieser Bestimmung normierten Bedingung der Nachprüfbarkeit verlangt wird, dass im Fall einer Werbung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die die Preise zweier Warensortimente vergleicht, die fraglichen Waren auf der Grundlage der in dieser Werbung enthaltenen Informationen genau erkennbar sind.

Kosten

65 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 3a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 über irreführende und vergleichende Werbung in der durch die Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Umstand allein, dass sich die Nahrungsmittel hinsichtlich ihrer Essbarkeit und des Genusses, den sie dem Verbraucher bereiten, je nach den Bedingungen und dem Ort ihrer Herstellung, den enthaltenen Zutaten und der Identität ihres Herstellers voneinander unterscheiden, nicht geeignet ist, auszuschließen, dass der Vergleich solcher Waren das in dieser Bestimmung aufgestellte Erfordernis erfüllen kann, demzufolge diese Waren dem gleichen Bedarf oder derselben Zweckbestimmung dienen, d. h. untereinander einen hinreichenden Grad an Austauschbarkeit aufweisen müssen.

Art. 3a Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 84/450 in der durch die Richtlinie 97/55 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine Werbung wie die im Ausgangsverfahren fragliche irreführenden Charakter haben kann, insbesondere

– wenn festgestellt wird, dass unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls und insbesondere der mit dieser Werbung einhergehenden Angaben oder Auslassungen die Kaufentscheidung einer erheblichen Zahl von Verbrauchern, an die sich die Werbung richtet, in dem irrigen Glauben getroffen werden kann, dass die vom Werbenden getroffene Warenauswahl repräsentativ für das allgemeine Niveau seiner Preise im Verhältnis zum Niveau der Preise seines Mitbewerbers sei und diese Verbraucher daher eine Ersparnis in der von dieser Werbung angepriesenen Größenordnung erzielten, wenn sie ihre Waren des täglichen Bedarfs regelmäßig beim Werbenden und nicht bei diesem Mitbewerber einkauften, oder in dem irrigen Glauben, dass alle Waren des Werbenden billiger als die seines Mitbewerbers seien, oder

– wenn festgestellt wird, dass für einen nur auf den Preis abstellenden Vergleich Nahrungsmittel ausgewählt wurden, die jedoch Unterschiede aufweisen, die geeignet sind, die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers spürbar zu beeinflussen, ohne dass diese Unterschiede aus der betreffenden Werbung hervorgehen.

Art. 3a Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 84/450 in der durch die Richtlinie 97/55 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass mit der in dieser Bestimmung normierten Bedingung der Nachprüfbarkeit verlangt wird, dass im Fall einer Werbung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die die Preise zweier Warensortimente vergleicht, die fraglichen Waren auf der Grundlage der in dieser Werbung enthaltenen Informationen genau erkennbar sind.

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