EuGH: Nationale Gerichte haben die Wirksamkeit von rechtsmissbräuchlichen Klauseln in Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern von Amts wegen zu prüfen

veröffentlicht am 10. Juni 2009

Rechtsanwalt Dr. Ole DammEuGH, Urteil vom 04.06.2009, Az. C-243/08
Art. 3, 6, 7 EU-Richtlinie 93/13/EWG des Rates

Der EuGH hat auf die Anfrage eines ungarischen Gerichts entschieden, dass ein nationales Gericht nach der EU-Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (zu bestimmen nach Art. 3 der Richtlinie nebst Anhang) von Amts wegen zu prüfen hat, ob eine Klausel, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher im Wege allgemeiner Geschäftsbedingungen abgeschlossen wurde, missbräuchlicher Natur ist. Vorliegend wurde eine unverhandelte Gerichtsstandsklausel, nach der am Niederlassungsort des Unternehmers zu klagen war, als missbräuchlich eingestuft.

Der Gerichtshof fasste zunächst zusammen, dass sich der den Verbrauchern durch die Richtlinie gewährte Schutz auf alle Fälle erstreckt, in denen sich ein Verbraucher, der mit einem Gewerbetreibenden einen Vertrag geschlossen hat, der eine missbräuchliche Klausel enthält, nicht auf die Missbräuchlichkeit dieser Klausel beruft, weil er entweder seine Rechte nicht kennt oder durch die Kosten, die eine Klage vor Gericht verursachen würde, von der Geltendmachung seiner Rechte abgeschreckt wird.

Folglich sei die Aufgabe des nationalen Gerichts im Bereich des Verbraucherschutzes nicht auf die bloße Befugnis beschränkt, über die etwaige Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel zu entscheiden, sondern umfasse außerdem die Verpflichtung, diese Frage von Amts wegen zu prüfen, sobald es über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt, und zwar auch dann, wenn es seine eigene örtliche Zuständigkeit prüfe.

Es sei mit der Richtlinie unvereinbar, wenn nach einer nationalen Vorschrift eine missbräuchliche Vertragsklausel für den Verbraucher nur dann nicht verbindlich ist, wenn er sie vor dem nationalen Gericht erfolgreich angefochten hat. Eine solche Vorschrift lasse nämlich dem nationalen Gericht nicht die Möglichkeit, die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel von Amts wegen zu prüfen. (JavaScript-Link: EuGH).

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