KG Berlin: Auch versehentliche öffentliche Zugänglichmachung sowie lediglich abstrakte Aufrufmöglichkeit eines geschützten Werkes können Vertragsstrafe auslösen

veröffentlicht am 16. November 2010

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtKG Berlin, Beschluss vom 28.04.2010, Az. 24 W 40/10
§ 19 a UrhG

Das KG Berlin hat entschieden, dass es einen Verstoß gegen eine abgegebene Unterlassungserklärung darstellt, wenn ein urheberrechtlich geschützter Stadtplanausschnitt lediglich durch Eingabe der vollständigen URL aufrufbar ist. Das versehentliche Verbleiben auf dem Server des Beklagten und ledigliche Löschen der Verlinkungen sei nicht ausreichend zur Erfüllung der Unterlassungs- verpflichtung gewesen. Somit habe der Beklagte eine Vertragsstrafe verwirkt. Die Umstände der Verwirkung, insbesondere die Unwahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Zugriffs, seien bei der Höhe der Vertragsstrafe zu berücksichtigen. Ähnlich hatte bereits das AG Charlottenburg entschieden. Zum Volltext der Entscheidung:


Kammergericht Berlin

Beschluss

Die sofortige Beschwerde des Streithelfers des Beklagten gegen die Teilzurückweisung seines Prozesskostenhilfeantrages mit Beschluss des Landgerichts Berlin – 16 O 414/09 – vom 11.März 2010 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde des Streithelfers ist unbegründet, da über den bewilligten Umfang hinaus tatsächlich keine hinreichende Erfolgsaussicht der unterstützten Rechtsverteidigung im Sinne des § 114 ZPO gegeben ist.

Eine Vertragsstrafe war vom Beklagten dem Grunde nach verwirkt, wobei zur Zurechnung des Verschuldens des Erfüllungsgehilfen § 278 BGB eingreift. Die Worte „zu veröffentlichen“ in dem urheberrechtlich motivierten Vertragsstrafeversprechen sind im Lichte dessen auszulegen, was nach § 19a UrhG als öffentliches Zugänglichmachen aufzufassen ist, einer gesetzlichen Regelung, die geschaffen worden ist, um den gewandelten Verwertungsmodalitäten der Online-Kommunikation gerecht zu werden. Danach genügt es, dass das Werk der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich ist, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist. Dabei genügt die abstrakte Möglichkeit des Aufrufs und sind auch versehentliche Bereitstellungen erfasst (Dustmann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht,10. Aufl., § 19 a UrhG Rdnr.7). Die demgemäß an die Verwirkung der Vertragsstrafe dem Grunde nach nur zu stellenden Voraussetzungen sind vorliegend technisch und tatsächlich erfüllt gewesen. Auf den Umstand, dass es von der Wahrscheinlichkeit her fernliegend ist, dass ein Mitglied der Öffentlichkeit über die reine Internetadresse des Beklagten hinaus die weiteren Pfade eingibt, die erst zu den versehentlich verbliebenen Kartenausschnitten führten, kommt es für die Verwirkung der Vertragsstrafe dem Grunde nach hingegen nicht an. Sie sind bei der Bemessung der Vertragsstrafe der Höhe nach, wie sie dem auf gerichtliche Anregung geschlossenen Prozessvergleich zugrunde liegt, angemessen berücksichtigt.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 127 Abs.4 ZPO.

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