LG Aachen, Urteil vom 13.01.2015, Az. 41 O 60/14
§ 3 Abs. 1, Abs. 2 UWG, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG, § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG
Das LG Aachen hat entschieden, dass 20 Jahre alte Ware, auch wenn sie zuvor nicht benutzt wurde, nicht als „neu“ angeboten werden darf. Dabei handele es sich um eine wettbewerbswidrige Irreführung. In einem solchen Zeitraum könnten Lagerschäden (z.B. Korrosion bei Kugellagern wie vorliegend) nicht ausgeschlossen werden. Der Verbraucher rechne bei der Anpreisung als „neu“ auch nicht mit veralteter Ware, sondern mit fabrikneuen Produkten. Dies bedeute, dass die Ware noch nicht benutzt worden sei, durch Lagerung keinen Schaden erlitten habe und nach wie vor in der gleichen Ausführung hergestellt werde. Zum Volltext der Entscheidung:
Landgericht Aachen
Urteil
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 219,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.06.2014 sowie außergerichtliche Auskunftskosten in Höhe von 22,50 € zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
XXX.
Der Beklagte ist seit dem 20.01.2002 bei der Internetplattform f unter dem Benutzernamen „n_##“ angemeldet. Er bewarb über diese Internetplattform im vergangenen Jahr über einen Zeitraum von ca. 12 Monaten hinweg u. a. 29 Kugellager zu unterschiedlichen Startpreisen im Wege von Höchstpreisauktionen.
Am 12.12.2013 bot der Beklagte ein Kugellager der Produktmarke # 1 und ein Kugellager der Produktmarke # 2 zu einem Startpreis von 16,95 € bzw. 64,75 € zum Verkauf an. Der Zustand der beiden Artikel wurde dabei vom Beklagten als „neu: Neuer, unbenutzter und unbeschädigter Artikel in nicht geöffneter Originalverpackung“ bzw. mit den Sätzen „Lager stammt aus einer Lagerauflösung ist NEU und original verpackt. Es sind mehrere Lager vorhanden.“ Beschrieben, vgl.: Anlage K3.
Die beiden vom Beklagten beworbenen Kugellager wurden laut Hersteller, es handelte sich bei den Kugellagern um eine Marke der Schaeffler Gruppe, Anfang der 80er Jahre hergestellt. Unter dem Benutzernamen des Beklagten fanden sich bei f zu dem Zeitpunkt, zu dem der Beklage versuchte, die zwei Kugellager zu verkaufen, insgesamt 471 positive Bewertungen von anderen Käufern und Verkäufern, darunter 54 Bewertungen aus den vergangenen 12 Monaten.
Mit Schreiben vom 31.12.2013 mahnte der Kläger den Beklagten unter Hinweis auf die im Schreiben geschilderte Wettbewerbsverstöße ab und forderte ihn unter Fristsetzung dazu auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, um eine Wiederholungsgefahr für die Zukunft zu beseitigen. Gleichzeitig forderte der Kläger den Beklagten auf, die entstandenen Aufwendungen für die Abmahnung in Höhe von 219,35 € zu ersetzen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 7.04.2014 wies der Beklagte die ihm vorgeworfenen Wettbewerbsverstöße von sich. In dem darauf folgenden Schreiben des Klägers schilderte und erklärte diese nochmals im Detail die vorgeworfenen Wettbewerbsverstöße des Beklagten. Der Beklagte wies im Schreiben vom 16.04.2014 daraufhin, dass die streitgegenständlichen Kugellager von ihm vernichtet wurden, woraufhin der Kläger seine Bereitschaft dazu erklärte, ausnahmsweise eine Unterlassungserklärung des Beklagten ohne Vertragsstrafe zu akzeptieren. Zugleich forderte er den Beklagten erneut unter Fristsetzung dazu auf, die Aufwendungen für die ergangene Abmahnung zu ersetzen. Darauf gab der Beklagte mit Schreiben vom 22.05.2014 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung an den Kläger ab. Dieser nahm am 3.06.2014 an und forderte den Beklagten abermals unter Fristsetzung bis zum 17.06.2014 dazu auf, die aufgewendeten Kosten für die Abmahnung zu ersetzen und zudem die angefallenen Kosten in Höhe von 22,50 € für die von dem Kläger zwischenzeitlich bei f eingeholten Auskunft zum Benutzerkonto des Beklagten zu ersetzen. Der Beklagte zahlte nicht.
Der Kläger behauptet, die sichere Verwendung der Kugellager sei nicht mehr gewährleistet, da Kugellager im Laufe der Jahre verharzten und korrodierten.
Der Kläger ist der Ansicht, dass das Verhalten des Beklagten wettbewerbswidrig gewesen sei. Der Kläger meint, der Beklagte habe gewerbsmäßig gehandelt und dabei gegen das Irreführungsverbot aus § 5 I 2 Nr. 1 UWG verstoßen und die Interessen der Mitbewerber und Hersteller nach § 3 I UWG beeinträchtigt, sowie die fachliche Sorgfalt eines Händlers im Sinne von § 3 II UWG nicht eingehalten. Die gewerbsmäßige Tätigkeit ergebe sich bereits aus den umfangreichen Verkaufstätigkeiten des Beklagten über f und der Konzentration auf die Kugellager als speziellen Produktbereich. Eine Irreführung der Verbraucher liegt nach Ansicht des Klägers in der Bezeichnung der Artikel als „neu“, wodurch die Verbraucher über den Zeitpunkt der Herstellung und über die Verwendungsmöglichkeit bzw. Funktionsfähigkeit getäuscht würden. Die Bezeichnung als „neu“ sei zudem geeignet, die Entscheidung der Verbraucher zu beeinträchtigen, welche immer ein als „neu“ bezeichnetes Produkt bevorzugten. Eine Beeinträchtigung der Interessen der Mitbewerber liegt nach Ansicht des Klägers darin, dass diese neue Lager zum Verkauf anbieten. Der Kläger meint zudem, die Interessen der Hersteller der Kugellager seien dadurch beeinträchtigt, dass durch die vom Beklagten beworbenen Kugellager der Ruf der Qualität der Produkte nachhaltig geschädigt werde und es bei der Verwendung der Lager zu gravierenden Schäden kommen könne, woraus sich ein Produkthaftungsrisiko großen Ausmaßes für die Hersteller ergebe.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 219,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.06.2014 sowie außergerichtliche Auskunftskosten von 22,50 € zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, er habe die Kugellager beim Aufräumen seiner Garage in einer Kiste gefunden. In der mündlichen Verhandlung hat er ausgeführt, die Lager seien Teile des Warenlagers seines verstorbenen Vaters, eines Gewerbetreibenden, gewesen, welches er auflösen wollte. Dass Kugellager im Laufe der Jahre verharzen und korrodieren können, bestreitet der Beklagte mit Nichtwissen.
Der Beklagte ist ferner der Ansicht, der Kläger sei nicht klagebefugt. Er meint zudem, dass durch die Bezeichnung der Artikel als „neu“ keine Irreführung der Verbraucher vorliege, da sich diese Bezeichnung nur auf das Merkmal „ungebraucht“ beziehe. Er ist zudem der Ansicht, dass er nicht gewerblich, sondern lediglich privat über f tätig geworden sei und somit kein Wettbewerbsverhältnis vorliege. Der private Charakter der Tätigkeit bei f ergebe sich daraus, dass er, der Beklagte, ein wildes Sortiment an Produkten ge- und verkauft habe und sich nicht auf einen bestimmten Produktbereich konzentriert habe. Der Beklagte ist zudem der Ansicht, der Kläger handele missbräuchlich, da es nur um die Verfolgung des Gebührenerstattungsanspruches und nicht um den Wettbewerbsverstoß ginge, was auch die Bereitschaft zur Akzeptierung einer Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafe zeige.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Zudem wird verwiesen auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 16.12.2014.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Antrag des Klägers ist hinsichtlich der Nebenforderungen dahingehend zu verstehen, dass Zinsen in Höhe von 5 Prozent-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gefordert werden.
I.
Die sachliche Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen ergibt sich aus § 13 I 1 UWG i. V. m. § 95 I Nr. 5 GVG i. V. m. § 12 I 2 UWG. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus §§ 12, 13 ZPO.
Der Kläger ist gemäß § 8 III Nr. 2 UWG klagebefugt. Er ist als Wettbewerbsverband einzustufen. Die Klagebefugnis der Kläger ist in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung anerkannt (BGH GRUR 1997, 758, 759; BGH I ZR 198/94 vom 22.06.1995; BGH GRUR 2006, 873, 873; Köhler/ Bornkamm, UWG, 32.Aufl., §12, Rdnr. 1.98).
II.
Der Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 219,35 € aus § 12 I 2 UWG zu.
Die Berechtigung des Klägers ergibt sich diesbezüglich aus §§ 12 I, 8 I, III Nr. 2 UWG.
Die durch den Kläger an den Beklagten ergangene Abmahnung mit Schreiben vom 31.03.2013 war rechtmäßig, denn dem Kläger stand zum Zeitpunkt der Abmahnung ein Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten aus §§ 3 I, II, 5 I 2 Nr. 1, 8 I, III Nr. 2 UWG zu.
Mit der Beschreibung der beiden zum Verkauf angebotenen Kugellager als „neu“ verstößt der Beklagte gegen das Irreführungsverbot aus § 5 I 2 Nr. 1 UWG.
Eine geschäftliche Handlung i. S. v. § 2 I Nr. 1 UWG liegt vor. Danach ist eine geschäftliche Handlung jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt.
Der Beklagte hat die zwei Kugellager über die Internet-Plattform f zum Verkauf angeboten und zielte damit auf einen Geschäftsabschluss zum Absatz von Waren ab.
Er handelte dabei als Unternehmer im geschäftlichen Verkehr.
Unternehmer ist, vgl.; § 14 I BGB, eine Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Eine gewerbliche Tätigkeit setzt ein selbstständiges und planmäßiges, auf eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt voraus (BGHZ 167, 40 Tz. 14).
Ob ein Anbieter von Waren auf einer Internet-Plattform im geschäftlichen Verkehr oder im privaten Bereich handelt, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der relevanten Umstände zu beurteilen. Kriterien, die eine gewerbliche Tätigkeit nahelegen sind beispielsweise eine wiederholte Anbietung gleichartiger insbesondere auch neuer Gegenstände, Verkaufsaktivitäten in großem Umfang, eine Konzentration auf wenige Produktbereich sowie eine große Anzahl der von Dritten erhaltenen Bewertungen auf der Internet-Plattform (BGH vom 04.12.2006, I ZR 3/06). Indes ist nach Ansicht des BGH, der sich die Kammer anschließt, an das Merkmal des Handelns im geschäftlichen Verkehr keine hohen Anforderungen zu stellen (BGH vom 4.12.2006, I ZR 3/06; BGH vom 19.04.2007, I ZR 35/04).
Eine Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände kommt hier aufgrund der hohen Anzahl von Bewertungen Dritter, der Art der angebotenen Artikel sowie der Anzahl der getätigten Verkäufe auf der Internet-Plattform zu dem Ergebnis, dass der Beklagte gewerblich bzw. als Unternehmer gehandelt hat.
Das Handeln des Beklagten lässt zunächst eine gewisse Planmäßigkeit und Dauerhaftigkeit erkennen, denn er hat wiederholt mit gleichartigen Gegenständen gehandelt. Der Beklagte hat in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit den beanstandeten Verkaufsangeboten über die zwei Kugellager noch 27 weitere Kugellager unterschiedlicher Marken über die Internet-Plattform f zum Verkauf angeboten. Bei den Kugellagern handelte es sich um ungebrauchte und im Original verpackte Lager. Dieser Umstand spricht auch für eine Gewinnerzielungsabsicht des Beklagten.
Zudem spricht die Art der angebotenen Artikel, hier die Kugellager u.a. für den Einbau in Kraftfahrzeugen, für eine Konzentration auf einen bestimmten Produktbereich. Für eine derartige Konzentration spricht zudem, dass der Beklagte mit dem Verkauf der Kugellager nach seinem eigenen Vorbringen dazu beitragen wollte, das ehemalige Geschäftslager seines verstorbenen Vaters aufzulösen.
Dieses Lager hat aber nie zum Privatbereich des Vaters gehört, so dass auch seine angestrebte Auflösung über die Plattform f dem gewerblichen Aktivitäten des Beklagten zuzuorden ist.
Eine gewerbliche Tätigkeit des Beklagten liegt auch deshalb nahe, da es sich bei den angebotenen Kugellagern und den anderen angebotenen Artikeln aus dem Kfz-Bereich nicht um Gegenstände handelt, die typischerweise dem privaten Gebrauch zuzuordnen sind.
Weiterhin lassen auch die große Anzahl von Bewertungen Dritter aus früheren Auktionen unter dem Benutzernamen des Beklagten und darunter die nicht geringe Anzahl an Käuferreaktionen auf ein Handeln im geschäftlichen Verkehr bzw. eine Verkaufsaktivität in größerem Umfang schließen.
Der Beklagte ist seit dem 20.01.2002 als Mitglied bei f angemeldet. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Angebots der Kugellager bzw. der Abmahnung fanden sich zu dem Benutzernamen des Beklagten ausweislich des von der Kläger vorgelegten Bewertungsprofils insgesamt 471 positive Bewertungen Dritter auf der Internet-Plattform. Darunter mit ca. 50 Bewertungen auch ein hoher Anteil an Bewertungen von Käufern, welche in der Vergangenheit Waren vom Beklagten gekauft haben. Innerhalb eines Zeitraums von 6 Monaten vor dem Verkaufsangebot über die zwei Kugellager hat der Beklagte 28 positive Bewertungen von Dritten erhalten, innerhalb von 12 Monaten vor dem maßgeblichen Zeitpunkt waren es insgesamt 54 positive Bewertungen. Die große Anzahl der Bewertungen und die Anzahl der getätigten Verkäufe können nicht mehr mit rein privaten Gelegenheitsverkäufen im Allgemeinen erklärt werden.
Der Umstand, dass der Beklagte, wie aus dem Bewertungsprofil hervorgeht, auch als Käufer auf f tätig gewesen ist und neben den bereits aufgezählten Artikeln auch Gegenstände an- und verkauft hat, die eher dem privaten Gebrauch zuzuordnen sind, so beispielsweise ein Kinderfahrrad, ein Kinderbett sowie ein Herrenparfüm, kann die für die Annahme eines Handelns im geschäftlichen Verkehr sprechenden Umstände nicht ausräumen.
Vielmehr steht die Behauptung des Beklagten zum privaten Ursprung seines Angebots auch im Widerspruch zu der von ihm auf der Internet-Plattform aufgegebenen Verkaufsanzeige. Dort schrieb der Beklagte: „Lager stammt aus einer Lagerauflösung ist NEU und original verpackt. Es sind mehrere Lager vorhanden.“. Der zunächst behauptete Garagenfund wird in der Internetanzeige gerade nicht erwähnt. Vielmehr zeigt der Hinweis auf eine Lagerauflösung, dass es sich um eine gewerbliche Tätigkeit handelt, da ein Privater in der Regel keine so umfangreiche Lagerhaltung betreibt, dass eine Auflösung eines Lagers erforderlich wird.
Die Artikelbeschreibungen mit „neu“ in Bezug auf die beiden zum Verkauf angebotenen Kugellager, welche tatsächlich vor mehr als 20 Jahren hergestellt und in der Folge unter unbekannten Bedingungen gelagert worden sind, stellen zur Täuschung geeignete Angaben im Sinne von § 5 I 2 Nr. 1 UWG dar.
Eine Angabe ist zur Täuschung geeignet, wenn die durch das Angebot angesprochenen Verkehrskreise aufgrund der getätigten Aussage eine Fehlvorstellung entwickeln.
Wenn ein Artikel als „neu“ deklariert wird, ist aus Sicht eines durchschnittlich informierten und verständigen Kunden davon auszugehen, dass der Artikel fabrikneu ist. Als fabrikneu kann eine Ware jedoch nur gelten, wenn sie noch nicht benutzt worden ist, durch Lagerung keinen Schaden erlitten hat und nach wie vor in der gleichen Ausführung hergestellt wird (OLG Saarbrücken, v. 2.04.2014 – 1 U 11/13; Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, § 5 UWG, Rn. 4.61, 32. Aufl. 2014).
Die Beschreibung der streitgegenständlichen Kugellager als „neu“ ist geeignet, den Durchschnittskunden über den Zeitpunkt der Herstellung der Kugellager und damit über ein wesentliches Merkmal der Ware im Sinne von § 5 I 2 Nr. 1 UWG zu täuschen.
Die Bezeichnung „neu“ in Bezug auf die Kugellager ermöglicht, über die Funktionsfähigkeit bzw. über die Zwecktauglichkeit und Verwendungsmöglichkeit der beiden Kugellager als wesentliche Merkmale derer zu täuschen und eine diesbezügliche Fehlvorstellung beim Verbraucher hervorzurufen.
Die Neuheit ist bei angebotenen Waren oder Dienstleistungen ein beachtliches Werbeargument. Der Verkehr rechnet hier gegebenenfalls mit Qualitätsvorteilen und neigt dazu, das neue Produkt dem Alten vorzuziehen, vergleiche BGH GRUR 1968,433,437.
Ausdrücke, die auf die Neuheit der angebotenen Ware oder Leistung hindeuten, müssen wahr sein
Die Änderung, auf die sich eine solche Werbung bezieht, darf aber auch zeitlich nicht allzu lange zurückliegen, dass beim Publikum der irrige Eindruck entstehen kann, die Neuerungen sei gerade erst eingetreten (So: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Auflage, § 5 Rn. 4.58).
Im Fall ist es aber so, dass der Beklagte Kugellager angeboten hatte, die bereits Anfang der Achtzigerjahre hergestellt worden sind, jedenfalls ist der entsprechende Vortrag des Klägers nicht bestritten worden. Mit Hinweis darauf, dass die Lager neu seien, führte der Beklagte über diesen Umstand irre. Kein potentieller Käufer geht davon aus, dass, wenn wie in der Ankündigung des Beklagten der Artikelzustand mit neu, und benutzt und unbeschädigt beschrieben wird und dabei der Begriff neu dreimal in verschiedenen Anwendungen genutzt wird, es sich um Ware handelt, die vor mehr als 20 Jahren hergestellt werden.
Jedenfalls geht er angesichts der konkreten Ausgestaltung der Werbung davon aus, dass die Gefahr von Lagerschäden der Lager ausgeschlossen ist.
Einen solchen Ausschluss gibt es jedoch hier nicht.
Es ist allgemein bekannt und bedarf keines Sachverständigengutachtens, dass bei einer solch langen Lagerung bei fast jedem Produkt die Gefahr von Lagerschäden droht.
Im Fall kommt konkretisierend hinzu, dass der Kläger, der für das Vorliegen der Irreführung beweispflichtig ist, darlegt, dass im Laufe der Jahre die Lager verharzen und korridieren können mit der Folge, dass ihre Verwendung eingeschränkt ist.
Diesen Vortrag kann der Beklagte nicht pauschal mit Nichtwissen bestreiten.
Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind, § 138 Abs. 4 ZPO.
Hier war es aber der Beklagte bzw. sein Rechtsvorgänger, sein Vater, der die Kugellager in Verwahrung hatte. Da es nahe liegt, dass bei einer langfristigen Lagerung Kugellager bzw. die in ihnen enthaltenden Eisenteile korridieren und die anhaftenden Öle bzw. Fette verharzen, trifft den Beklagten als Einlagerer eine sekundäre Darlegungspflicht, wieso die von der Klägerseite konkret vorgetragene Gefahr der Lagerschäden hier nicht eingetreten ist, z.B. weil besonderer Lagermethoden angewandt worden sind. Dies gilt umso mehr, als den Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu entnehmen ist, dass der ursprüngliche Einlagerer, sein Vater, verstorben ist, was die Gefahr, dass danach, weil das Gewerbe als Ganzes nicht vom Beklagten fortgeführt worden ist, hinsichtlich der Einlagerungsbedingungen die erforderliche Sorgfalt nicht eingehalten worden ist, erhöht. Auch fehlt jeglicher Vortrag dazu, ob der Beklagte über die gleiche Kompetenz zur Einlagerung in der Kugellager verfügte wie sein Rechtsvorgänger, der das Lager im Rahmen seines Geschäftsbetriebes führte und deshalb über die entsprechende Sachkunde verfügt haben mag.
Gerade bei einem technisch sensiblen Ersatzteil wie einem Kugellager gebietet der nicht auszuräumende Verdacht von entstandenen Schäden bei längerfristiger Lagerung der Kugellager, dass der Verkäufer diesbezüglich einen klarstellenden Zusatz in die Artikelbeschreibung aufnimmt (OLG Saarbrücken, v. 2.04.2014 – 1 U 11/13). Ein solcher Hinweis auf die vorgetragene Lagerung bzw. den Fund der Kugellager in der Garage fehlt in der Artikelbeschreibung des Beklagten jedoch. Der erfolgte Hinweis auf die Lagerauflösung in der Artikelbeschreibung des Beklagten ist nicht konkret genug, denn er lässt allein noch keinen Rückschluss auf mögliche Lagerungsschäden zu.
Es liegt deshalb ein Wettbewerbsverstoß wegen der Bezeichnung vor, die Lager seien „neu“. Auf die Frage, ob auch die Werbung mit dem Begriff „unbeschädigt“ zu irreführend ist, kommt es nicht mehr an.
Die durch die Artikelbeschreibung drohende Fehlvorstellung beim angesprochenen Verkehrskreis ist darüber hinaus auch geeignet, die Entscheidung der Marktteilnehmer in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen. Denn die Neuheit bei angebotenen Waren ist ein beachtliches und zumeist ausschlaggebendes Werbeargument. Der Verkehr rechnet diesbezüglich mit Qualitätsvorteilen und neigt dazu, ein neues bzw. als neu bezeichnetes Produkt einem älteren Produkt vorzuziehen (BGH GRUR a.a.O.).
Die Unzulässigkeit der unlauteren geschäftlichen Handlung ergibt sich aus § 3 I, II UWG. Danach sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Dies ist vorliegend der Fall. Die Verwirklichung des Verstoßes gegen § 5 I 2 Nr. 1 UWG impliziert eine solche Eignung bereits. Es kann zudem nicht ausgeschlossen werden, dass die Mitbewerber, die neue Kugellager zum Verkauf anbieten, von den Verbrauchern aufgrund einer möglichen Fehlvorstellung nicht als Verkaufspartner ausgewählt werden und so einen wirtschaftlichen Nachteil erleiden. Weiter kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Hersteller der von dem Beklagten zum Verkauf angebotenen Kugellager beeinträchtigt wird, indem durch den Verkauf eines mit möglichen Lagerungsschäden behafteten Kugellagers der Ruf der Qualität des Produkts geschädigt wird.
Darüber hinaus hat der Beklagte die für ihn geltende fachliche Sorgfalt im Sinne von § 3 II UWG außer Acht gelassen, indem er bei Verkauf der längerfristig gelagerten Kugellager nicht auf den Umstand der langen Lagerung aufmerksam gemacht hat.
Die Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr ist nicht ausgeräumt.
Der Kläger hat für die Abmahnung des Beklagten erforderliche Aufwendungen in Höhe von 219,35 € getätigt. Dies ist unstreitig. Im übrigen entsprechen die geltend gemachten Abmahnkosten den von der Rechtsprechung anerkannten Kosten, welcheder Kläger üblicherweise ansetzt (vergleiche Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Auflage, § 12 Rn. 1.98).
Entgegen der Ansicht des Beklagten liegt kein missbräuchliches Handeln der Kläger vor. Der Kläger verfolgte mit der Unterlassungserklärung nach wie vor den eigentlichen Wettbewerbsverstoß des Beklagten und handelt nicht nur um der Erstattung der Kosten willen. Mit Schreiben vom 8.05.2014 hat der Kläger ausnahmsweise ihre Bereitschaft dazu erklärt, eine Unterlassungserklärung des Beklagten auch ohne Vertragsstrafe zu akzeptieren. Darin ist jedoch kein widersprüchliches Verhalten, sondern vielmehr ein Entgegenkommen der Kläger an den Beklagten zu sehen. Die erklärte Bereitschaft des Klägers zielte auf eine gütliche Streitbeilegung ab. Auch von einer Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafe geht eine abschreckende Wirkung für den Handelnden aus, welche grundsätzlich geeignet ist, die Wiederholungsgefahr von Wettbewerbsverstößen einzudämmen.
Weiterhin hat der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Auskunftskosten in Höhe von 22,50 € aus §§ 280 I, II, 286 BGB.
Der Beklagte hat trotz Fälligkeit des Kostenerstattungsanspruchs aus § 12 I 2 UWG nicht an den Kläger geleistet. Mit Ablehnung der Ansprüche des Klägers durch die Anlage K5 ist der Beklagte in Verzug geraten. Der Kläger ist durch die bei f eingeholte Auskunft zum Benutzerkonto des Beklagten ein kausaler Schaden in Höhe von 22,50€ entstanden, denn diesen Betrag musste sie an die f AG als angemessenen Ausgleich für die Auskunft leisten. Die Auskunftseinholung war zur Verfolgung des Anspruchs aus § 12 I 2 UWG erforderlich, da der Beklagte auch nach mehrmaliger Aufforderung nicht zahlte.
Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 286, 288 I BGB in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 18.06.2014 gerechtfertigt. Die Voraussetzungen des Schuldnerverzuges liegen vor.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. § 713 ZPO ist anwendbar, da die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, für jede der Parteien unzweifelhaft nicht gegeben sind.
V.
Streitwert: 241,85 €
IV.
Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung nach Maßgabe der § 511 ff. ZPO für keine der Parteien statthaft.