Aktuelles Update zum Vorwurf der „Raubkopie“ (s. unten)
LG Berlin, Beschluss vom 21.06.2011, Az. 27 O 335/11
§§ 823 Abs. 1; 1004 Abs. 1 S. 2 BGB; § 185 StGB; Art. 2 Abs. 1; 1 Abs. 1 GG
Das LG Berlin hat entschieden, dass die Bezeichnung als „Spitzel, geisteskrank, schwachsinnig, russischer Nazi“ keine zulässige Meinungsäußerung, sondern eine Beleidigung ist. Zum Volltext der einstweiligen Verfügung:
Landgericht Berlin
Beschluss
In dem Verfügungsverfahren
…
gegen
1. … (Antragsgegnerin zu 1)
2. … (Antragsgegnerin zu 2)
hat die 27. Zivilkammer des Landgerichts Berlin am 21.06.2011 durch … beschlossen:
1.
Der Antragsgegnerin zu 2) wird bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letztere zu vollziehen an einem Vorstandsmitglied, untersagt, über den Antragsteller zu verbreiten oder verbreiten zu lassen, wonach dieser
a) asozial und/oder in kriminelle Machenschaften verwickelt sei,
b) ein Spitzel sei,
c) in irgendeiner Weise mit Mord in Verbindung zu bringen sei,
d) geisteskrank und schwachsinnig sei,
e) ein russischer Nazi gewesen sei.
2.
Von den Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller und die Antragsgegnerin zu 2. jeweils die Hälfte.
3.
Der Verfahrenswert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin zu 2. einen Anspruch auf Unterlassung der angegriffenen Äußerungen aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. §§ 185 ff. StGB, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG. Die in dem Tenor zu 1. enthaltenen beleidigenden und verleumderischen Äußerungen verletzen den Antragsteller in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Auf den Sachverhalt ist deutsches Recht anwendbar, da sich die Persönlichkeitsrechtsverletzung des Antragstellers in Deutschland auswirkt. Die Antragsgegnerin zu 2. ist für die Verbreitung der Äußerungen verantwortlich, da sie trotz der an sie weitergeleiteten Abmahnung vom 25.05.2011 untätig geblieben ist und die Äußerungen auf einer Plattform für Blogger verbreitet werden, die sie Nutzern zur Verfügung gestellt hat. Auf Grund der besonderen Dringlichkeit war im Wege der einstweiligen Verfügung gemäß §§ 935, 936 ZPO zu entscheiden. Bei der Formulierung des Tenors hat die Kammer von ihrem Ermessen gemäß § 938 ZPO Gebrauch gemacht. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.
Über den Beschluss berichtet hatte openjur.de (hier).
Update: Ein Strafrechtler scheint sich durch unsere Berichterstattung auf den Schlips getreten zu fühlen. Er fühlt sich als Veranlasser der einstweiligen Verfügung nicht ausreichend gewürdigt und bezeichnet die Verfasserin dieses Artikels als „Raubkopiererin“, wittert schon „Internetpiraterie“. Zetermordio! Zunächst einmal ist es bemerkenswert, dass sich der Kollege nicht direkt an unsere Kanzlei gewendet hat. Wir hätten ihn in diesem Fall einfach verlinkt. Damit haben wir grundsätzlich überhaupt kein Problem. So aber verlinken wir weiterhin „nur“ auf unsere ursprüngliche Fundstelle (openjur.de). Bei openjur.de sind und waren die Prozessbevollmächtigten übrigens im hinterlegten .pdf-Dokument geschwärzt, so dass für unsere Kanzlei nicht erkennbar – und somit auch nicht verlinkbar – war, wer hier „keine große Fachleistung“ erbracht hatte. Nun verbleibt uns nichts anderes, als dem Kollegen für die Verlinkung und die zahlreichen Besucher zu danken, dem Leser dieses Updates zu empfehlen, die Kommentare bei dem Kollegen zu studieren, denen kaum noch etwas hinzuzufügen ist und auf diese Besprechung mit einem Schwerpunkt auf den rechtlichen „Besonderheiten“ dieser einstweiligen Verfügung zu verweisen – wie immer lesenswert von den Kollegen von Lampmann Behn Rosenbaum (hier).