LG Berlin: Kein Providerprivileg nach §§ 8, 10 TMG bei Wiedergabe fremder RSS-Feeds mit eigenem Teaser

veröffentlicht am 23. November 2010

Rechtsanwalt Dr. Ole DammLG Berlin, Urteil vom 27.04.2010, Az. 27 O 190/10
§§ 823; 1004 Abs. 1 S. 2 BGB; §§ 8; 10 TMG; Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG

Das LG Berlin hat entschieden, dass ein Betreiber eines Nachrichtenblogs, der fremde Nachrichten per RSS-Feed in seine Webseite einbindet, die gelieferten Nachrichten zuvor auf Rechtsverstöße zu überprüfen habe, wenn er die jeweiligen Nachrichten durch Zusammenfassungen („Teaser“) einleite und somit nicht nur rein technischer Verbreiter sei. Die Antragstellerin sah sich in diesem Fall durch eine Berichterstattung auf dem Nachrichten-Portal des Antragsgegners in ihrem Persönlichkeitsrecht und ihrer Privatsphäre verletzt. Der Antragsgegner habe nicht nur den Link zum streitgegenständlichen Text verbreitet. sondern auch einen eigenen Teaser mit eigener Überschrift und verändertem, verku?rztem eigenen Text. Hierfür hafte der Antragsgegner als Störer. Der Antragsgegner bestritt seine Passivlegitimation, da ihm beim Verbreiten fremder Nachrichten das Haftungsprivileg nach §§ 8 bzw. 10 TMG zugute komme. Er habe lediglich als Client von RSS-Feeds Inhalte der X-Zeitung – noch dazu eindeutig mit Herkunftsnachweis versehen – verbreitet und keinen Einfluss auf die Informationen selbst gehabt. Die Form der Meldung (kurzer Informationsblock, Schlagzeile mit kurzem Textanriss, Link zur Originalseite usw.) sei ihm von der X-Zeitung vorgegeben worden. Diese habe er sich nicht zu eigen gemacht. Die Kammer bestätigte die einstweilige Verfügung und führte dabei u.a. aus:

Als (Mit-)Störer kann auch jeder haften, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeifu?hrung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, wobei als Mitwirkung auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genu?gt, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Dem negatorischen Unterlassungsbegehren steht nicht entgegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit begru?ndenden Umstände fehlt. Ebenso ist Verschulden nicht erforderlich (BGH AfP 2009, 494, 495 m.w.N). Hier hat der Antragsgegner den – wenn auch von der …-Zeitung vorgegebenen – Teaser selbst auf dem von ihm betriebenen Portal eingestellt. Anders als etwa in der Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg (ZUM 2009, 417) hat er nicht lediglich als Betreiber eines Diskussions-Forums als nur rein technischer Verbreiter lediglich objektiv durch sein Handeln die Veröffentlichung der fremden Pressemitteilung unterstu?tzt, von der Einstellung des Beitrags nicht erst mit der Abmahnung erfahren und sich auch nicht auf die fehlende Verpflichtung zur vorbeugenden Überpru?fung des Beitrags auf etwaige Rechtsverletzungen berufen können. Vielmehr hat er als „Herr des Angebots“ die von …de abonnierten RSS-Feeds eingestellt. Damit hat er sich die beanstandete Nachricht, mag diese auch von einem von ihm benannten Presseorgan verfasst worden sein, zu eigen gemacht und seinem Angebot hinzugefu?gt. Mag dem durchschnittlichen Nutzer der Internetseite auch nicht verschlossen geblieben sein, dass die Mitteilung von „rss…de“ verfasst worden ist, hat der Antragsgegner jene jedoch – ohne jegliche Pru?fung vor der Freischaltung des Beitrags – veröffentlicht. Mit dem lapidaren Hinweis auf seinen Haftungsausschluss vermag er sich von den u?bernommenen RSS-Feeds nicht ernsthaft zu distanzieren. Dass er als Betreiber des offenen Portals sehr wohl Einfluss auf den Inhalt der Beiträge nehmen kann, stellt er selbst nicht in Abrede. Es ist davon auszugehen, dass er die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung der rechtswidrigen Handlung hatte. Der Antragsgegner hat gegen die ihm obliegende Prüfungspflicht verstoßen.

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