LG Berlin: Wiederholungsgefahr kann auch schon mal ohne Unterlassungserklärung ausgeräumt sein

veröffentlicht am 12. Mai 2009

LG Berlin, Urteil vom 23.10.2008, Az. 32 O 501/08
§§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB, §§ 3, 8 UWG

Das LG Berlin hat entschieden, dass die mit einem Wettbewerbsverstoß grundsätzlich indizierte Gefahr einer Wiederholung auch anders als durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden kann. Im vorliegenden Fall ging es um den Missbrauch eines Affiliate-Programms, bei dem der Antragsgegner eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sich vertragswidrig Provisionen für Werbeleistungen erschlichen hatte. Nachdem das Gericht das Affiliate-Programm erläuterte und die Vertragswidrigkeit und strafrechtliche Relevanz des Verhaltens der Antragsgegnerin unterstrich, kam es zu dem Ergebnis, dass eine Wiederholungsgefahr, welche für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderlich ist, nicht vorliege.

Die Möglichkeit der Erhebung einer Unterlassungsklage sehe § 1004 Abs. 1 S. 2 2 BGB nur für den Fall vor, dass „weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind“. Unter einer Wiederholungsgefahr in diesem Sinne verstehe man die auf Tatsachen gegründete objektive ernstliche Besorgnis weiterer Störungen (Bassenge in Palandt, 68. Aufl., Rdn. 32 zu § 1004). Zwar sei der Verfügungsklägerin zuzugeben, dass regelmäßig die vorangegangenen rechtswidrigen Beeinträchtigungen eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr begründe ( BGH NJW 04, 1035). Ihr Verhalten sowie die Verweigerung der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung führe aber nicht zwingend zur Annahme des Bestehens einer Wiederholungsgefahr. Zwar entfalle eine solche regelmäßig mit Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Das rechtfertige indes nicht im Umkehrschluss die Annahme einer stets vorhandenen Wiederholungsgefahr für den Fall der Nichtabgabe einer entsprechenden Erklärung. Vielmehr seien stets die konkreten Umstände des Einzelfalles maßgeblich.

Vorliegend sei eine Wiederholung der in Rede stehenden Handlungen jedenfalls von Seiten der Beklagten – und nur darauf sei es angekommen – sogar ausgeschlossen gewesen. Erklärtes Ziel der Verfügungsklägerin, welche sie mit dem Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung verfolgt habe, sei es gewesen, „die Antragsgegnerin (Verfügungsbeklagte) und die beteiligten Personen gesichert davon abzuhalten, die rechtswidrigen und betrügerischen Handlungen zukünftig zu wiederholen“. Bei den von der Verfügungsklägerin in ihrer Antragsschrift geschilderten Buchungsvorgängen, auf die sie ihren Unterlassungsanspruch gestützt habe, habe es sich ausschließlich um Buchungen gehandelt, die über das Affiliate Netzwerk ….de AG erfolgt seien. Diesbezüglich sei das vorgestellte Ziel durch die am 04.09.2008 seitens der …de AG gegenüber der Verfügungsbeklagten erfolgten Kündigung bereits erreicht. Denn seitdem sei die Verfügungsbeklagte nicht mehr bei dem Netzwerk ….de AG als Affiliate freigeschaltet und habe daher auch keinen Zugriff mehr auf Werbebanner der Verfügungsklägerin durch die ….de AG. Im Falle einer erneuten Anmeldung der Verfügungsbeklagten bei der ….de AG könne die Verfügungsklägerin einem Zugriff der Verfügungsbeklagten auf ihre Werbebanner wirksam begegnen, indem sie ihre erforderliche Zustimmung verweigere.

Die Klägerin könne nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass es sich bei der Freischaltung in ihrem Bereich um ein automatisiertes Verfahren handele und es ihr aus tatsächlichen Gründen gar nicht möglich sei, in jedem Einzelfall zu prüfen, wer konkret die Freischaltung im Rahmen ihres Partnerprogramms begehre. Zum einen habe sie, so die Kammer, ihre diesbezügliche tatsächliche Behauptung (automatisiertes Verfahren), welche die Verfügungsbeklagte bestritt und wogegen auch der vom Beklagtenvertreter im Termin vorgelegte Auszug spricht, wonach eine Freischaltung mehrere Tage gedauert habe, nicht glaubhaft gemacht. Zum anderen gehe die Verfügungsklägerin aber doch offensichtlich davon aus, dass sie für den Fall des Erlasses der begehrten einstweiligen Verfügung in der Lage gewesen wäre, zu erkennen, wann und von wem ggf. dagegen verstoßen würde, in welchem Falle die entsprechende Strafbewehrung also einschlägig zum tragen kommt. Dann müsse es ihr aber auch möglich sein, eine vergleichbare Prüfung bereits im Vorfeld der Anmeldung zur Freischaltung im Rahmen ihres Partnerprogrammes vorzunehmen.

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