LG Bonn: Das Angebot einer Belohnung für ein“Like“ auf Facebook ist wettbewerbswidrig

veröffentlicht am 5. Januar 2021

LG Bonn, Urteil vom 04.12.2020, Az. 14 O 82/19 – nicht rechtskräftig
§ 5 UWG

Das LG Bonn hat entschieden, dass eine Apotheke nicht mit der Ankündigung oder Ausgabe von zwei „Schloss-Talern“ (eine entsprechende Anzahl von Talern kann man gegen Prämien einlösen) für ein bei Facebook abgegebenes „Like“ werben darf. Die Kammer hielt dies für irreführend. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass Werbung mit bezahlten Empfehlungen Dritter unzulässig sei, wenn auf diesen Umstand nicht offen hingewiesen werde. Die Äußerungen Dritter wirkten in der Werbung als objektive Bewertungen und würden daher im Allgemeinen höher bewertet als Aussagen des Werbenden. Das gilt nach Auffassung des LG Bonn auch für Like-Buttons bei Facebook. Zum Volltext der Entscheidung:


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Landgericht Bonn
Urteil

I.

1.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes In Höhe von bis zu € 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, geschäftlich handelnd

a)
in Anschreiben an die Bewohner der Residenz X auf die Heimversorgung hinzuweisen, wenn dies geschieht wie folgt

„Sollten Sie sich für eine andere Apotheke entscheiden kann die Residenz X keine Haftung übernehmen und Sie müssten das gesamte Rezeptmanagement selbständig organisieren. Beginnend mit der Kommunikation mit sämtlichen Ärzten bis hin zur Medikamenteneinnahme.“

und/oder

b)
mit der Bezeichnung „Notdienst Apotheke Y“ zu werben und/oder werben zu lassen

und/oder

c)
für ein bei W abgegebenes „Like“ die Ausgabe von 2 geldwerten „X-Talern“ anzukündigen und/oder zu gewähren;

2.

Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an den Kläger € 299,60 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 25.01.2020 zu zahlen.

II.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 25 % und die Beklagte zu 75 %.

III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Verurteilung zur Unterlassung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 € und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

a)
in Anschreiben an die Bewohner der Residenz X auf die Heimversorgung hinzuweisen, wenn dies geschieht wie folgt22

und/oder

c)
mit der Angabe „Wussten Sie bereits, dass die Apotheke C Arzneimittel ganz individuell für Sie herstellt?“ zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 10,29

d)
für ein bei W abgegebenes „Like“ die Ausgabe von 2 geldwerten „X-Talern“ anzukündigen und/oder zu gewähren;32

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.46

 

1.
Dem Kläger stehen mit Ausnahme des Antrags 1 c) gegen die Beklagte Unterlassungsansprüche nach § 8 Abs. 1 UWG zu. Darüber hinaus ist die Klage unbegründet.51

Die Beklagte hat mit der Verteilung des werbenden Rundschreibens an die Heimbewohner eine geschäftliche Handlung vorgenommen, die irreführend ist. Der Text suggeriert den angesprochenen Heimbewohnern, dass ihnen erhebliche Nachteile entstünden, wenn sie sich nicht für die Beklagte als versorgende Apotheke entschieden. Dies solle beginnen mit der fehlenden Haftung des Heims, der Notwendigkeit einer selbständigen Organisation des Rezeptmanagements und der Kommunikation mit den Ärzten bis hin zur Medikamenteneinnahme. Diese Aussagen sind jedoch unwahr, da das Heim auch im Falle der Wahrnehmung der Heimversorgung durch die Beklagte nicht für die bereit gestellten Arzneimittel haftet. Ein Verständnis im Sinne des Ausschlusses für Unfälle auf dem Weg zur Apotheke findet im Text keinen Anhalt und erscheint fern liegend. Andererseits ist das Pflegeheim jedoch aufgrund der mit den Bewohnern geschlossenen Pflegeverträge verpflichtet, diese im Rahmen der Pflegedienstleistungen bei der Medikamenteneinnahme zu unterstützen, unabhängig davon, von wem diese Arzneimittel bezogen wurden. Insoweit kann das Pflegeheim bei Fehlern auch eine Haftung treffen, die nicht von der Nutzung der Heimversorgung beeinflusst werde. Dies gilt auch für die Hilfe bei einer etwa notwendigen Kommunikation mit den Ärzten. Auch wenn die Inanspruchnahme des Heimversorgungsvertrages praktische Vorteile bieten mag, ist im Einzelfall auch die Belieferung durch Boten einer anderen Apotheke möglich. Angesichts der angesprochenen Nachteile, die bei der Gruppe der Bewohner eines Pflegeheims, die auf Unterstützung in besonderem Maße angewiesen sind, geeignet sind, besondere Ängste auszulösen, kann auch der ebenfalls enthaltene Hinweis auf die freie Apothekenwahl nach § 12a Abs. 3 ApoG nicht mehr entlasten und den Druck, den die irreführenden Äußerungen auslösen, nicht aufheben. Insoweit ist die angesprochene Zielgruppe des Rundschreibens auch herausgehoben aus der allgemeinen Gruppe älterer Menschen, die möglicherweise aufgrund ihrer Lebenserfahrung sich durch solche Werbeaussagen nicht beeindrucken lassen.55

Soweit die Beklagte sich darauf beruft, dass die maßgebliche Textpassage von dem Leiter des Seniorenheims stamme, kann sie dies nicht entlasten, da sie den Text als eigenen übernommen und damit dessen Wirkungen in Kauf genommen hat.57

c.
Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Unterlassung der Ankündigung oder Gewährung von zwei geldwerten „Schloss-Talern“ für die Abgabe eines „Likes“ auf W, da diese irreführend sind und gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1  i.V.m. § 3 UWG verstoßen.62

Das Angebot der „X-Taler“ stellt auch einen geldwerten Vorteil dar. Dabei ist es unerheblich, ob zu deren Einlösung möglicherweise noch weitere eigene finanzielle Mittel eingesetzt werden müssen, da der Vorteil der Taler damit nicht in Frage gestellt wird.64

Grundsätzlich können auch objektiv richtige Angaben nach § 5 Abs. 1 UWG unzulässig sein, wenn sie bei einem erheblichen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise einen unrichtigen Eindruck erwecken. Dieser unrichtige Eindruck kann auch dadurch entstehen, dass etwas Selbstverständliches in einer Weise betont wird, dass der Adressat der Werbung einen besonderen Vorzug der Leistung vermutet. Insoweit kann die Werbung mit einer Leistung, zu der der Werbende gesetzlich verpflichtet ist, in diesem Sinne irreführend sein.68

Aus den vorgenannten Gründen liegt auch kein Verstoß gegen § 3 UWG i.V.m. Nr. 10 des Anhangs zu § 3 UWG vor.70

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB als Rechtshängigkeitszins.74

Streitwert: 25.000,00 EUR

 

I