LG Braunschweig: Rechtsanwalt haftet, wenn er bei aussichtsloser Rechtslage nach einstweiliger Verfügung Mandanten nicht zur Abgabe einer Abschlusserklärung rät

veröffentlicht am 21. Juni 2010

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtLG Braunschweig, Urteil vom 02.12.2009, Az. 22 O 1079/09
§§ 280, 675 BGB; § 140 Abs. 1 MarkenG

Das LG Braunschweig hat entschieden, dass ein Rechtsanwalt seine anwaltliche Beratungspflicht verletzt, wenn er es nach erfolglosem Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung und Aussichtslosigkeit der Hauptsache unterlässt, seinem Mandanten zur Abgabe einer Abschlusserklärung zu raten. Die Entscheidung findet Zustimmung, soweit es darum geht, den Mandanten über die grundsätzliche Möglichkeit einer Abschlusserklärung zu informieren. Kritischer sieht es dagegen aus, wenn der Rechtsanwalt wegen vermeintlicher Aussichtslosigkeit der Angelegenheit den Mandanten zur Abgabe einer solchen Erklärung drängen muss, um seiner Verantwortung gerecht zu werden. In Hinblick auf zahlreiche markenrechtliche Fälle, in denen nach vorinstanzlicher Bestätigung einer Rechtsauffassung der Bundesgerichtshof das Gegenteil angenommen hat, ist die Frage der „Aussichtslosigkeit“ in vielen unterinstanzlichen Auseinandersetzungen häufig kaum sicher zu beantworten. Das vorzeitige Geschlagengeben kann unter Umständen ebenso zur Schadensersatzpflicht des Rechtsanwalts führen.

Interessant waren auch die Ausführungen der Kammer zur sachlichen Zuständigkeit des Gerichts: Die sachliche Zuständigkeit ergebe sich aus § 140 Abs. 1 MarkenG. Der Begriff der markenrechtlichen Streitigkeit sei in einem weiten Sinne zu verstehen und erfasse auch Streitigkeiten, in denen Vorschriften des Markenrechts inzident zu prüfen seien. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn über einen rechtsanwaltlichen Beratungsfehler in einem kennzeichenrechtlichen Streitverfahren gestritten wird und es hierbei einer Auslegung von markenrechtlichen Bestimmungen bedürfe.

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