LG Düsseldorf: Die Beweislast für den Umfang der Rechtseinräumung für eine Bildnutzung trägt der Nutzer

veröffentlicht am 10. August 2015

LG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015, Az. 12 O 211/14
§ 97 Abs. 1 UrhG, § 97 Abs. 2 UrhG, § 101 UrhG; § 242 BGB, § 257 BGB

Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass im Verfahren über Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz wegen unberechtigter Bildnutzung die Beweislast über den Umfang einer Rechtseinräumung durch den Beklagten zu tragen ist. Vorliegend hatte der Beklagte behauptet, eine Fotografie nicht nur für eine Print-Broschüre, sondern auch im Internet auf seiner Webseite nutzen zu dürfen. Diese Behauptung habe er allerdings nicht weiter substantiiert und die beschränkte Rechtseinräumung mit Nichtwissen bestritten. Dies genüge nach Auffassung des Gerichts den Anforderungen nicht. Zum Volltext der Entscheidung:

Landgericht Düsseldorf

Urteil

In dem Rechtsstreit

hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 22.04.2015 durch … für Recht erkannt:

I.
Der Beklagte wird verurteilt,

1.
es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, an dessen Stelle im Falle der Unembringlichkeit eine Ordnungshaft, oder einer Ord­nungshaft bis zu sechs Monaten für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung zu untersagen,

die in der Anlage K 1 abgebildete Fotografie – Bild Nr. wie in der Anlage K 3 ersichtlich, ohne Zustimmung der Klägerseite zu vervielfältigen bzw. vervielfältigen zu lassen und/oder Vervielfältigungen dieser Fotografie ohne Zustimmung der Klägerseite öffentlich zugänglich zu machen und/oder machen zu lassen;

2.
der Klägerin Auskunft über die Dauer der öffentlichen Zugänglichmachung der unter Ziffer 1. genannten Fotografie auf der Internetseite www… und/oder entsprechenden Unterseiten zu erteilen.

3.
Es wird festgestellt, dass die Beklagtenseite verpflichtet ist, der Klägerseite all den Schaden zu ersetzen, der ihr aus Handlungen gemäß der vorstehenden Ziffer 1. bereits entstanden ist und noch entstehen wird.

4.
Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerseite gegenüber der Kanzlei … von der Ge­bührenforderung in der Angelegenheit der Klägerseite gegen die Beklagtenseite wegen der außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche gem. Ziffer 1, 2 und 3 in Höhe von EUR 480,20 freizustellen.

II.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.200,- EUR vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen Verletzung seines Urheberrechts auf Un­terlassung, Auskunft, Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz dem Grun­de nach sowie auf Freistellung von Abmahnkosten in Anspruch.

Die Klägerin ist ein weltweiter Anbieter von Bildmaterial für professionelle Anwender aus den unterschiedlichsten Branchen, darunter Werbung und Design, Verlags- und Fernseh- und Filmproduktion sowie aus dem Bereich Neue Medien. Sie vermarktet das BIldmaterial einer Vielzahl international anerkannter Fotografen exklusiv. Sie ver­fügt dabei über ein Archiv von rund vier Millionen Fotografien und Illustrationen, an denen sie über die ausschließlichen Nutzungsrechte verfügt. Im Repertoire der Klä­gerseite befindet sich insbesondere die hier streitgegenständliche Fotografie, an dem die Klägerseite über die ausschließlichen Nutzungsrechte verfügt: Bildnummer: … Fotograf: … aus Kanada.

Die Klägerin ist berechtigt, Rechtsverletzungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gerichtlich durchzusetzen. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin räumte dem Beklagten ein Nutzungsrecht an der streitgegenständlichen Fotografie für den Zeitraum vom … bis … für das Lizenzgebiet der Bundesrepublik Deutschland für die Print-Nutzung im Rahmen einer Broschüre ein.

Der Beklagte betreibt ein Beratungsunternehmen für Hotels. Über ihren bundesweit unter der Adresse www… abrufbaren Internetauftritt bewarb der Beklagte seine Dienstleistungen und Angebote. Ausweislich der eigenen Angaben in dem Internetauftritt war er zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung für den Inhalt der fraglichen lnternetpräsenz verantwortlich. Im Rahmen des Internetauftritts war das nachfolgend verkleinert wiedergegebene und der Anlage K 3 entnommene Lichtbild als herunterladbares PDF Dokument eingebunden.

[Abb.]

Im Rahmen des Freistellungsanspruchs beziffert die Klägerin den Gegenstandswert für den Unterlassungsanspruch mit 4.000,- EUR, den Auskunftsanspruch mit 250,­EUR und den Feststellungsanspruch mit 1.000,- EUR, so dass sich bei einer 1,3 Ge­schaftsgebühr und einer Telekommunikationspauschale eine Freistellungsanspruch in Höhe von 480,20 EUR ergibt.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verteilen,

1. es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung zu untersagen,

die in der Anlage K 1 abgebildete Fotografie – Bild Nr. …, wie in der Anlage K 3 ersichtlich, ohne Zustimmung der Klägerseite zu vervielfältigen bzw. vervielfältigen zu lassen und/oder Vervielfältigungen dieser Fotografie ohne Zustimmung der Klägerseite öffentlich zugänglich zu machen und/oder machen zu lassen;

2. der Klägerin Auskunft über die Dauer der öffentlichen Zugänglichmachung der unter Ziffer 1. genannten Fotografie auf der Internetseite www…de und/oder entsprechenden Unterseiten zu erteilen;

3. festzustellen, dass die Beklagtenseite verpflichtet ist, der Klägerseite all den Schaden zu ersetzen, der ihr aus Handlungen gemäß der vorstehenden Ziffer 1. bereits entstanden ist und noch entstehen wird.

4. die Klägerseite gegenüber der Kanzlei … von der Gebührenforderung in der Angelegenheit der Klägerseite gegen die Beklagtenseite wegen der außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche gem. Ziffer 1, 2 und 3 in Höhe von EUR 480,20 freizustellen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, der habe die Nutzungsrechte an der streitgegenständlichen Fotografie erworben. Er bestreitet mit Nichtwissen die nur beschränkte Einräumung der Nut­zungsrechte durch die Rechtsvorgängerin der Klägerin. Im Übrigen sei der Vortrag der Klägerin zu den Nutzungsrechten vage, so dass der Vortrag des Beklagten als zugestanden gelte.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat Erfolg.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Unterlassung, Auskunft, Feststellung der Verpflichtung zur Schadensersatzleistung sowie auf Feststellung gemäß §§ 97 Abs. 1, 2, 101 UrhG, § 242 BGB, § 257 BGB zu.

I.
Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten ein Unterlassungsanspruch aus §§ 97 Abs.1, 72 Abs.1, 16, 19a UrhG zu.

1.
Unstreitig ist die Klägerin Inhaberin der Nutzungsrechte an der streitgegenständli­chen Fotografie. Mithin ist sie berechtigt, die urheberrechtlichen Rechte aus § 97 UrhG gegenüber Dritten geltend zu machen

2.
Der Beklagte hat, indem er die streitgegenständliche Fotografie Dritten über das In­ternet auf seiner Homepage öffentlich zugänglich gemacht hat und zunächst verviel­fältigt hatte, gegen §§ 16, 19a UrhG verstoßen.

3.
Soweit der Beklagte der Auffassung ist, ihm stünden die entsprechenden Nutzungs­rechte zu, bleibt dieser Einwand ohne Erfolg.

a)
Dass der Beklagte über die erforderlichen Rechte für die Nutzung der streitgegen­ständlichen Fotografie im Internet verfügt, hat dieser nicht hinreichend dargelegt und unter Beweis gestellt.

Für den Umfang der Rechteeinräumung tragt der Beklagte die Darlegungs- und Be­weislast. Nach den allgemeinen Grundsätzen trägt der Kläger die Beweislast für die rechtsbegründenden, die Beklagte für die rechtsvernichtenden Tatbestandsmerkmale (BGH NJW 1991, 1052, Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., Vor § 284 Rz. 17a). Im vorliegenden Fall trägt der Beklagte die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ihm die erforderlichen Nutzungsrechte zustehen. Eine Rechtseinräumung ist von demjenigen zu beweisen, der sich auf sie beruft. Dies ergibt sich auch aus dem Schutzgedanken der Zweckübertragungslehre, dass bei einer pauschal formulierten Rechtseinräumung Nutzungsrechte beim Urheber verblieben (vgl. BGH, GRUR 2011, 714 Rz. 29 – Der Frosch mit der Maske; BGH, NJW 1995, 3252 – Pauschale Rechtseinräumung; OLG Hamburg, NJW-RR 1999, 1495; LG München, NJOZ 2007, 2918). Derjenige, der bestimmte Nutzungsrechte für sich in Anspruch nimmt, muss diese hinreichend konkret bezeichnen und ihre Inhaberschaft gegebenenfalls beweisen (Drei­er/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 31 Rz. 111, 150). Diesen Anforderungen wird der Sachvortrag des Beklagten in Bezug auf die Online-Nutzung nicht gerecht.

b)
Der Beklagte trägt vor, ihm sei von der Rechtsvorgangerin der Klägerin ein Nut­zungsrecht gegen Entgelt an dem streitgegenständlichen Bild mit der Nummer … eingeräumt worden. Eine Kündigung des Nutzungsvertrages sei nicht erfolgt.

Die Klägerin bestreitet eine umfassende Einräumung von Nutzungsrechten. Eine Re­cherche habe ergeben, dass eine Online-Nutzung von den eingeräumten Nutzungs­rechten nicht erfasst gewesen sei. Es habe lediglich eine Lizenzierung nicht-exklusiv, zeitlich beschränkt für das Lizenzgebiet der Bundesrepublik Deutschland zur Nut­zung von Print-Medien im Rahmen einer Broschüre festgestellt werden können.

Der Beklagte tritt dem entgegen. Der Sachvortrag der Klägerin sei zu vage, mithin gelte sein Sachvortrag, die Rechtsvorgängerin habe ihm die Nutzungsrechte einge­räumt, als zugestanden. Das Beweisangebot der Klägerin sei unzulässig. Der Vortrag der Klägerin über die Einräumung eines beschränkten Nutzungsrechts werde mit Nichtwissen bestritten.

Soweit dem Vorbingen des Beklagten ein konkludenter Sachvortrag zu entnehmen ist, der Beklagte sei Inhaber eines umfassenden Nutzungsrechts an der streitgegen­ständlichen Fotografie geworden, welches die Online-Nutzung mit einschließe, trägt er indes weitere konkrete Umstände zu seiner Nutzungsberechtigung nicht vor. Zu­dem tritt er keinen Beweis fur seinen Tatsachenvortrag an. Die Klägerin hat sich zu dem Vortrag des Beklagten über den Inhalt seiner Nutzungsrechte hinreichend er­klärt, § 138 Abs. 2 ZPO. Die Klägerin hat hinreichend dezidiert dazu Stellung ge­nommen, welche Nutzungsrechte dem Beklagten an der streitgegenständlichen Fo­tografie eingeräumt worden sind. Eines weiteren Sachvortrags bedurfte es nicht. Mit­hin kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Sachvortrag des Beklagten nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt, er habe die Nutzungsrechte für eine Online-Nutzung inne.

Soweit der Beklagte den Sachvortrag der Klagerin über die beschränkt eingeräumten Nutzungsrechte mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) bestreitet, ist dieses Bestreiten nicht geeignet, seiner Darlegungs- und Beweislast nachzukommen. Denn auf ein Bestreiten der Einräumung von Nutzungsrechten durch die Klägerin kommt es vorlie­gend nicht an.

II.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Auskunftsanspruch gemäß § 101 UrhG, § 242 BGB als Hilfsanspruch zum Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 UrhG zu.

III.
Des Weiteren hat der Beklagte der Klägerin Schadenersatz zu leisten (§ 97 Abs. 2 UrhG), denn als Nutzer von im Internet veröffentlichten Fotos hätte er die Urheber­rechtsverletzung bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägenn durch die rechtsverletzen­den Handlungen des Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflich­tung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO.

1.
Soweit der Beklagte vorträgt, ihn treffe kein Verschulden, bleibt dieser Einwand ohne Erfolg. Der Beklagte hat die Rechtsverletzung zu vertreten.

Im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht werden ebenso wie im Wettbe­werbsrecht an die Beachtung der erforderlichen Sorgfalt strenge Anforderungen ge­steilt. Rechtsirrtum schließt nur dann Verschulden aus, wenn der Irrende bei Anwen­dung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung der Gerichte nicht zu rechnen brauchte (BGH, GRUR 2010, 616, 620 – marions-kochbuch; GRUR 2002, 248 – Spiegel-CO-ROM). In Zweifelsfällen, in denen sich noch keine einheitliche Rechtsprechung gebildet hat, kann nur durch das Erfordernis strenger Sorgfaltsanforderungen verhindert werden, dass das Risiko dem Verletzten zuge­schoben wird (vgl. BGH, GRUR 1998, 568, 569 – Beatles-Doppel-CD). Von einem Unternehmer ist es zu verlangen, dass er sich Kenntnis von den für seinen Tätig­keitsbereich einschlägigen Bestimmungen verschafft. In Zweifelsfallen muss er mit zumutbaren Anstrengungen besonders sachkundigen Rechtsrat einholen (BGH, GRUR 2002, 269, 270 – Sportwetten-Genehmigung). Dass dies der Fall gewesen ist, trägt der Beklagte nicht hinreichend vor.

2.
Gemessen an diesen Grundsätzen greift der Vortrag des Beklagten, ihn treffe kein Verschulden, zu kurz. Dass ihn gerade in einem gewerblichen Umfeld, bei dem es gilt Sorgfaltspflichten in einem besonderen Maße zu beachten, kein Verschulden tref­fen würde, er somit auch nicht fahrlässig handeln wurde, ist nicht erkennbar.

3.
Der Anspruch der Klägerin bezieht sich nicht auf die Handlungen, die Gegenstand des eingeräumten Nutzungsrechts sind.

IV.
Schließlich hat die Klägerin gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten, § 257 BGB. Gegen Grund und Höhe wendet sich der Beklagte nicht.

V.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 ZPO.
Streitwert. 5.250,- EUR

I