LG Düsseldorf: Hoher Preis kein Hinweis auf Domaingrabbing / Schutz von Unternehmensnamen

veröffentlicht am 4. Juni 2011

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtLG Düsseldorf, Urteil vom 27.05.2011, Az. 38 O 92/09
§§ 15 Abs. 4, Abs. 5 MarkenG; §§ 3; 4 Nr. 10 UWG; § 826 BGB

Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass allein der Umstand, dass für die Überlassung einer Domain ein hoher Geldbetrag gefordert wird, für die Annahme eines sittenwidrigen Domaingrabbings nicht ausreicht. Der Verkauf auch kurzfristig freigewordener Domains sei ein gängiges Geschäftsmodell. Die Domainbezeichnung betreffe hier nicht den Namen einer natürlichen Person oder bekannten Firma sondern eine geografische Herkunftsangabe. Zum Volltext der Entscheidung:


Landgericht Düsseldorf

Beschluss

In dem Rechtsstreit

hat die 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 29.04.2011 durch … für Recht erkannt:

Das Versäumnisurteil vom 08.01.2010 bleibt aufrechterhalten. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

Die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 08.01.2010 darf nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,00 EUR fortgesetzt werden.

Die Sicherheitsleistung kann durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Der Kläger ist administrativer Ansprechpartner der DENIC (admin-c) für den im Ausland ansässigen Inhaber der Domain … .de. Auf dieser Seite wird sogenanntes Domain-Parking betrieben.

Der zwischenzeitlich verstorbene Vater der Beklagten und frühere Beklagte betrieb ein Restaurant in Stuttgart unter der Etablissementbezeichnung … .

Der frühere Beklagte hatte den Kläger durch anwaltliches Schreiben vom 22.12.2008 wegen einer Kennzeichenverletzung als Störer abgemahnt und vorgetragen, es liege ein Fall von Domaingrabbing vor. Die Domain sei freizugeben und die Kosten der anwaltlichen Tätigkeit zu erstatten.

Mit der Klage verlangt der Kläger die Feststellung, dass er nicht verpflichtet sei, diesen Forderungen zu entsprechen. Als Admin-C sei er nicht für etwaige Rechtsverstöße des Inhabers verantwortlich. Solche Rechtsverletzungen lägen im Übrigen auch nicht vor, weil das Domain-Parking nicht in Rechte des Beklagten eingreife, zum anderen ein allgemein gehaltener Ausspruch auf Unterlassung und Freigabe nicht bestehen könne.

Neben der Feststellung verlangt der Kläger Erstattung der ihm vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten.

Da für den früheren Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 08.01.2010 kein zugelassener Rechtsanwalt aufgetreten ist, erging auf Antrag des Klägers folgendes Versäumnisurteil:

1. Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet ist,

a) die Domain … freizugeben;

b) dem Beklagten die durch die Einschaltung der Kanzlei […] entstandenen gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren gemäß W 2300 RVG nach Maßgabe einer 1,3 Geschäftsgebühr von 50.000,00 EUR zu erstatten.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.379,80 EUR zu zahlen.

Gegen dieses Urteil hat der frühere Beklagte Einspruch eingelegt. Nach Aufnahme des Rechtsstreits durch die Rechtsnachfolger des Beklagten beantragen diese nunmehr, unter Aufhebung des Versäumnisurteil die Klage abzuweisen.

Sie sind der Auffassung, die Abmahnung sei zu Recht erfolgt. Der Kläger hafte als Störer jedenfalls seit Kenntnis der Rechtsverletzung. Der frühere Beklagte sei Opfer eines Domaingrabbing bei ständig wechselnden Domainverwaltern. Mit der Domain würde auch für gastronomische Betriebe geworben. Dem Beklagten sei die Übertragung für einen sechsstelligen Betrag angeboten worden.

Der Kläger beantragt, das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

Das Versäumnisurteil ist aufrecht zu erhalten. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat ein als berechtigt anzusehendes Interesse daran festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, die Domain … .de freizugeben.

Unstreitig hat sich der verstorbene Beklagte eines Anspruches auf Freigabe dieser Domain gegenüber dem Kläger berühmt. Die Rechtsnachfolger verfolgen einen entsprechenden Anspruch gerichtlich weiter.

Das Interesse des Klägers an negativer Feststellung ist – bisher – nicht entfallen, weil die Parteien den Rechtsstreit umgekehrten Rubrums nicht betreiben und bisher nicht mündlich verhandelt worden ist, so dass die Klage vor dem Landgericht Stuttgart jederzeit auch ohne Zustimmung des hiesigen Klägers zurückgenommen werden kann.

Der Kläger ist zur Freigabe der fraglichen Domain nicht verpflichtet. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus § 15 Abs. 4 oder Abs. 5 Markengesetz noch aus den §§ 4 Nr. 10 UWG oder 826 BGB.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger als bloß administrativer Ansprechpartner Störer im Hinblick auf Kennzeichenverletzungen vor oder nach etwaiger Kenntnis geworden ist. Jedenfalls stand dem verstorbenen Beklagten materiell kein allgemein gültiges Recht an der Bezeichnung Mezzogiorno zu. In Betracht kommt insoweit allenfalls ein auf den örtlichen Bereich von Stuttgart bezogenes Schutzrecht an einer Etablissementbezeichnung für Restaurants. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei Mezzogiorno bekanntermaßen um den Namen einer Region in Italien handelt, die als Marke gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 Markengesetz einem absoluten Eintragungshindernis unterlegen hätte, ist der mögliche Schutzumfang der Etablissementbezeichnung eng begrenzt. Da der frühere Beklagte jedoch nicht die Benutzung der Bezeichnung für Restaurants im räumlichen Bereich von Stuttgart sondern jegliche Benutzung als zu unterlassen und die vollständige Freigabe verlangt hat, ist ein derartiges Ansinnen unberechtigt.

Da die Beklagten selbst nicht vortragen, auf der Parkingseite werde – auch – für Restaurants in Stuttgart geworben, lässt sich unabhängig von weiteren Voraussetzungen jedenfalls auch nicht eine konkrete Begehungsweise als Teil des zu weitgehenden Begehrens herauslösen. Die verlangte Freigabe und Überlassung lässt sich nicht umdeuten in eine bloße Nichtbenutzung für Restaurantwerbung im Bereich Stuttgart.

Der geltend gemachte Anspruch auf Freigabe lässt sich auch nicht unter Hinweis auf eine schuldhafte Teilnahme am sogenannten Domaingrabbing, § 826 BGB, begründen.

Zum einen ist bereits fraglich, ob ein konkreter Fall einer Konstellation gegeben ist, die es nahelegt, objektiv sittenwidriges Verhalten anzunehmen. Allein der Umstand, dass für die Überlassung einer Domain ein hoher Geldbetrag gefordert wird, reicht insoweit nicht aus. Der Verkauf auch kurzfristig freigewordener Domains ist ein gängiges Geschäftsmodell. Die Domainbezeichnung betrifft hier nicht den Namen einer natürlichen Person oder bekannten Firma sondern eine geografische Herkunftsangabe.

Zum anderen lässt sich aber auch eine etwaige Teilnahme an solcher Verhaltensweise durch den Kläger nicht feststellen. Als administrativer Ansprechpartner gegenüber der Firma DENIC ist der Kläger weder zwingend noch naheliegend am Geschäftsgebaren des Domaininhabers im Hinblick auf die Veräußerung der Domain beteiligt. Konkrete Tatbeiträge in Bezug auf das Verkaufsangebot geleistet zu haben, werfen die Beklagten dem Kläger nicht vor. Die Bestellung eines Admin-C ist obligatorisch. Soweit sich das Verhalten auf rein administrative Tätigkeiten im Verhältnis zur DENIC beschränkt, besteht keine Vermutung für eine Beteiligung an hierüber hinausgehenden rechtswidrigen Handlungen des Domaininhabers.

Es ist damit festzustellen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, die Domain … de freizugeben.

Entsprechendes gilt für die Feststellung, nicht die Kosten für die Abmahnung erstatten zu müssen.

Die Beklagten haben ihrerseits als Rechtsnachfolger des Abmahnenden die zur Abwehr erforderlichen Kosten anwaltlicher Hilfe im Wege des Schadensersatzes zu erstatten, §§ 823 Abs. 1, 678 BGB.

Der insoweit geltend gemachte Betrag von 1.379,80 EUR ist in seiner Berechnung zwischen den Parteien nicht im Streit.

Das Versäumnisurteil ist somit zu Recht ergangen und aufrecht zu erhalten, § 343 ZPO.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 3 ZPO.

Der Streitwert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.

Auf das Urteil hingewiesen haben Strömer Rechtsanwälte.

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