LG Düsseldorf: Unterlassungserklärung eines Minderjährigen wegen einer Markenverletzung ist unwirksam

veröffentlicht am 26. März 2014

LG Düsseldorf, Urteil vom 20.01.2014, Az. 2a O 58/13
Art. 9 Abs. 1 lit. a und b, Abs. 2 GMV, Art. 98 Abs. 1 GMV, § 101 GMV; § 125b Abs. 2 MarkenG

Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass eine Unterlassungserklärung, die von einem minderjährigen Onlinehändler abgegeben wird, unwirksam ist. Zwar sei der 17jährige, der den Handel mit Genehmigung seiner Eltern und des Vormundschaftsgerichts betreibe, im Rahmen dieses Geschäftes beschränkt geschäftsfähig. Die Abgabe einer Unterlassungserklärung gehöre jedoch nicht zum konkreten Erwerbsgeschäft und präge nicht den Onlinehandel. Zum Volltext der Entscheidung:


Landgericht Düsseldorf

Teilanerkenntnis- und Schlussurteil

In dem Rechtsstreit

hat die 2a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf im schriftlichen Verfahren am 20.01.2014 durch … für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 699,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.03.2013 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstre­ckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckba­ren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin vertreibt Handyhüllen und -zubehör ausschließlich selbst im Inter­net. Ihre Produkte, die sie in China anfertigen lässt, verkauft sie in den Vereinig­ten Staaten und der Europäischen Union unter der Marke … . Die Klä­gerin ist Inhaberin der beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt unter der Registernummer … eingetragenen Wortmarke … . Die Marke genießt Schutz für die Warenklasse 9, die unter anderem Etuis für Mobiltelefone, für Telefone, für Sonnenbrillen, für Schutzbrillen und für Fotoapparate erfasst (Anlage 1).

Die Klägerin bietet ihre Handyhüllen unter der Bezeichnung … auf der Handelsplattform Amazon an und erhält dazu für jedes Angebot eine individuelle Identifikationsnummer (sog. ASIN).

Der am 05.08.1995 geborene Beklagte betreibt ein Gewerbe, das er mit Zustim­mung seiner Eltern gegründet hat. Die Gewerbeanmeldung wurde mit Beschluss vom 26.03.2012 durch das Vormundschaftsgericht genehmigt. Für die Ausübung des Gewerbes ließ er sich die Internetdomain www…..net reservieren. Er tritt bei der Handelsplattform Amazon unter dem Verkäufernamen … auf und übernahm in diesem Zusammenhang ohne Zustimmung der Klägerin deren Angebot für Handy-Schutzhüllen mit der Identifikationsnummer … in dem er die Schutzhülle in seinem Namen anbot.

Nachdem die Klägerin dies festgestellt hatte, ließ sie den Beklagten mit Schrei­ben vom 11.01.2013 abmahnen und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehr­ten Unterlassungserklärung auf. Mit Schreiben vom 05.02.2013 übersendete der Beklagte die von der Klägerin vorgefertigte Unterlassungserklärung vom 25.01.2013, klammerte jedoch den Passus über die Vertragsstrafe ein. Die Klä­gerin forderte daraufhin die Abgabe einer Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafeversprechen und wies darauf hin, dass nicht der Beklagte allein, sondern ebenfalls dessen gesetzliche Vertreter die Unterlassungserklärung un­terzeichnen müssten.

Der Beklagte gab schließlich persönlich eine Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafeversprechen ab (Anlage K 12).

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe die Bezeichnung … für Handyschutzhüllen im geschäftlichen Verkehr verwendet.

Sie ist der Ansicht, die von dem Beklagten persönlich abgegebene Unterlas­sungserklärung sei nicht wirksam, da der 17-jährige Beklagte nur beschränkt ge­schäftsfähig sei und zur Abgabe der Unterlassungserklärung die Zustimmung seiner Eltern sowie des Familiengerichts erforderlich gewesen seien.

Die Klägerin hat angekündigt zu beantragen,

1.
dem Beklagten bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungs­haft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zwei Jahren, zu untersagen,
a) im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung … für Handyschutzhüllen zu verwenden und
b) irreführende Angaben über die betriebliche Herkunft der Ware durch die Übernahme einer fremden Identifikationsnummer (ASIN) bei Amazon zu machen;
2.
den Beklagten zu verurteilen, an sie 699,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.03.2013 zu zah­len.

Nachdem der nunmehr 18-jährige Beklagte im Laufe des Verfahrens erneut eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat, hat die Klägerin den Rechtsstreit hinsichtlich des Antrags zu Ziffer 1) für erledigt erklärt und der Be­klagte hat nicht innerhalb der Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung dieser Er­klärung widersprochen.

Die Klägerin beantragt nunmehr,
wie erkannt.

Der Beklagte erkennt den Klageanspruch an.

Der Beklagte ist der Ansicht, da die Bezeichnung … im Originaltext seines Angebots nicht wiederholt worden sei, habe er diese nicht im geschäftli­chen Verkehr für Schutzhüllen verwendet und auch keine irreführenden Angaben über die Originalität gemacht. Die strafbewehrte Unterlassungserklärung vom 13.02.2013 sei wirksam und lasse die Wiederholungsgefahr entfallen.

Der Gegenstandswert von 50.000,00 € sei zu hoch bemessen.

Entscheidungsgründe

I.
Die Klägerin hat den Rechtsstreit hinsichtlich des Klageantrags zu 1) für erledigt erklärt, der Beklagte hat der Erledigungserklärung nicht innerhalb der Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung dieser Erklärung widersprochen und das Gericht hat mitgeteilt hat, dass es dies als Zustimmung auslegen wird.

Insoweit war daher über die Kosten nur noch nach billigen Ermessen unter Be­rücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden, § 91 a Abs. 1 S. 2 ZPO. Danach entsprach es billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufzuerlegen. Denn dieser wäre ohne das erledi­gende Ereignis in der Sache unterlegen gewesen.

Die ursprünglich zulässige Klage war hinsichtlich des Antrags zu Ziffer 1) auch begründet.

1.
Der Klägerin stand der geltend gemachte Anspruch gegen den Beklagten zu, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung … für Handy-Schutzhüllen zu verwenden. Die Voraussetzungen der Art. 9 Abs. 1 lit. a und b, Abs. 2, 98 Abs. 1, 101 GMV iVm § 125b Abs. 2 MarkenG wären ohne das erledigende Ereignis erfüllt gewesen.

Nach Art. 9 Abs. 1 Iit. a GMV ist es Dritten untersagt, im geschäftlichen Verkehr ein mit der Gemeinschaftsmarke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist.

Die Klägerin ist Inhaberin der für die Waren klasse 9 – Etuis für Mobiltelefone, für Telefone, für Sonnenbrillen, für Schutzbrillen und für Fotoapparate – beim Har­monisierungsamt für den Binnenmarkt eingetragenen Wortmarke … (EU …).

Der Beklagte hat unter seiner Firma … im Internet Handyhüllen gemäß Anlage 2 mit dem Zusatz „von …“ beworben.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Zusatz „von …“ im Individualtext des Beklagtenangebots nicht wiederholt ist. Denn das Angebot des Beklagten erscheint als eines von dreien unter der Überschrift „Schwarz / Grün Bumper Silikon Hülle Schutzhülle Tasche Case für Apple iPhone 4 / 4G / 4S von …“ und wird von den angesprochenen Verkehrskreisen damit auch als Schutzhülle von … verstanden.

Damit hat der Beklagte die Klagemarke im geschäftlichen Verkehr verwendet. Dies geschah auch ohne Einwilligung der Klägerin.

Zwischen der Klagemarke … und dem von dem Beklagten benutzten Zeichen … besteht Identität. Ebenfalls ist von Warenidentität auszu­gehen.

Der Unterlassungsanspruch wäre auch nicht deshalb zurückzuweisen gewesen, weil der Beklagte persönlich bereits am 13.02.2013 eine strafbewehrte Unterlas­sungserklärung abgegeben hat. Denn der am 05.08.1995 geborene Beklagte war zum Zeitpunkt der Abgabe der Unterlassungserklärung erst 17 Jahre alt und konnte sich mithin nicht alleine rechtswirksam verpflichten.

Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil der Beklagte mit Zustimmung seiner Eltern ein Gewerbe – Online Handel – angemeldet und das Vormundschaftsge­richt mit Beschluss vom 26.03.2012 hierzu seine Genehmigung erteilt hatte (Anlage 1 Bekl). Gem. § 112 BGB ist der Minderjährige zwar für solche Rechtsge­schäfte beschränkt geschäftsfähig, welche das Erwerbsgeschäft, zu dessen Be­trieb der gesetzliche Vertreter ihn mit Genehmigung des Familiengerichts er­mächtigt hat, mit sich bringt. Die so begründete Teilgeschäftsfähigkeit des Be­klagten erfasste jedoch vorliegend nicht die Abgabe einer strafbewehrten Unter­lassungserklärung. Der Umfang der vollen Geschäftsfähigkeit bezieht sich nur auf die Geschäfte, die der Betrieb des Erwerbsgeschäfts mit sich bringt. Die Rechtsgeschäfte müssen demnach einen Zusammenhang mit dem Aufbau oder der Führung des Erwerbsgeschäfts aufweisen, was sich nach der Verkehrsauf­fassung richtet. Für die Ermittlung ist auf die konkrete Gestalt des einzelnen Rechtsgeschäfts abzustellen, zu deren Bestimmung in Zweifelsfällen alle Um­stände zu ermitteln sind, die dem Rechtsgeschäft das Gepräge geben (BGHZ 83, 76, 80; Knothe in J. von Staudingers Kommentar zum BGB, Neubearbeitung 2012, § 112 Rz. 10).

Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung für den Fall einer Schutzrechtsverstoßes erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Sie kann grundsätz­lich – bei Verstoß gegen markenrechtliche Vorschriften – in jedem Betrieb anfal­len und ist nicht auf das konkrete Erwerbsgeschäft – Online Handel – be­schränkt. Sie betrifft vielmehr solche Fälle, in denen der Geschäftsinhaber unter Umgehung markenrechtlicher Vorschriften und damit seinem Geschäftsbetrieb ­zumindest rechtlich – zuwider handelt und gibt dem Online Handel daher gerade nicht sein Gepräge.

Damit konnte der Beklagte am 13.02.2013 jedenfalls nicht alleine die strafbe­wehrte Unterlassungserklärung abgeben. Ob zusätzlich zu der Unterschrift der gesetzlichen Vertreter auch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts er­forderlich war, kann dahin stehen.

2.
Aus dem gleichen Antrag hätte die Klägerin – ohne Abgabe der Erledigungser­klärungen – auch von dem Beklagten mit Erfolg verlangen können, es zu unter­lassen, irreführende Angaben über die betriebliche Herkunft der Ware zu machen, §§ 3 Abs. 1, 2; 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG. Danach ist eine geschäftliche Handlung irreführend und damit unlauter, wenn sie unwahre Angaben oder sons­tige zur Täuschung geeignete Angaben, zum Beispiel über die betriebliche Her­kunft der Waren enthält.

Indem der Beklagte seine Handyhülle wie aus Anlage K 2 ersichtlich bewarb, er­weckte er den Eindruck, die Hülle stamme aus dem Betrieb der Klägerin. Dies ist indes unstreitig nicht der Fall.

II.
Soweit die Klägerin mit ihrem Klageantrag zu Ziffer 2) von dem Beklagten die Er­stattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt hat, 14 Abs. 6 Mar­kenG, hat der Beklagte diesen Zahlungsanspruch in Höhe von 699,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.03.2013 anerkannt, so dass ihm auch insoweit gem. § 91 ZPQ die Kosten aufzuerlegen waren. Von der Darstellung der Entscheidungsgründe kann gem. § 313 b Abs. 1 Nr. 1 ZPQ abgesehen werden.

Streitwert:
Bis zum 02.01.2013: 50.000,00 €
Danach: Kosteninteresse

Auf das Urteil hingewiesen hat jurpc.de.

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