LG Essen: Angabe „geprüftes eBay-Mitglied“ ist irreführend

veröffentlicht am 21. Januar 2015

Rechtsanwalt Dr. Ole DammLG Essen, Urteil vom 04.07.2014, Az. 45 O 8/14
§ 8 UWG, § 5 a UWG

Das LG Essen hat entschieden, dass die Werbung mit einem Logo/Siegel „geprüftes eBay-Mitglied“ irreführend und daher wettbewerbswidrig ist, da diese Identitätsprüfung mittlerweile auf der Plattform nicht mehr durchgeführt werde. Die Betreiberin der eBay-Plattform möge daher ersichtlich nicht mehr Gewähr für die ursprünglich durchgeführte Verifizierung übernehmen. Deshalb komme es nicht darauf an, dass der Beklagte ursprünglich zu Recht den entsprechenden Status erlangt habe. Zum Volltext der Entscheidung:


Landgericht Essen

Teil-Anerkenntnis- und Schlussurteil

Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Motiv-oder Farbkontaktlinsen an Verbraucher abzugeben,

1.
ohne dabei die wesentlichen Merkmale, nämlich die Sehstärke, die Verwendungsdauer, das Material und die Größe der Linsen anzugeben, wie aus der Anl. FN 2 ersichtlich geschehen,

2.
und dabei auf der Verkaufsplattform F mit einem Siegel wie nachfolgend abgebildet zu werben:

Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die o.g. unter Ziffer 1. und 2. genannten Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1141 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.2.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 4000 EUR vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 30.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Der Beklagte verkauft unter anderem über die Verkaufsplattform „F“ unter dem Namen P Kontaktlinsen/Motivkontaktlinsen.

Die Klägerin verkauft identische Waren über ihren online-Shop unter der URL www…de, und zwar auch nach Deutschland.

Bei Preisvergleichen im Internet wurde die Klägerin auf die Angebotsgestaltung des Beklagten aufmerksam. Dieser bot online Kontaktlinsen „Gelbe Katze“ zu einem Preis von … EUR inklusive Mehrwertsteuer zuzüglich Versand zum Kauf an. Weitere Angaben zu dem Produkt wurden nicht gemacht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage FN 2 zur Klageschrift Bezug genommen.

Im Rahmen seiner Angebotsgestaltung warb der Beklagte unter der Überschrift „Händlerinfo“ zudem mit dem Symbol „geprüftes F-Mitglied“, wie aus dem Tenor zu Ziffer 2 ersichtlich. Bis etwa Mitte 2012 bot F seinen Nutzern die Möglichkeit an, sich als „geprüftes Mitglied“ auf der Plattform anzumelden. Hierzu musste der Nutzer F gegenüber im Rahmen eines Post-ident-Verfahrens seine tatsächliche Identität nachweisen, indem F eine Kopie des Gewerbescheins oder des Handelsregister-Auszugs zugesandt wurde. Anhand dieser Unterlagen prüfte F dann die Identität des Nutzers und schaltete diesem im Falle einer erfolgreichen Identitätsprüfung das streitgegenständliche Symbol für den eigenen F-Auftritt frei. Das Symbol sollte zum einen dokumentieren, dass die Identität des jeweiligen Nutzers von F überprüft worden war. Darüber hinaus diente die Verifizierung als „geprüftes Mitglied“ ursprünglich als Voraussetzung, um in das „Q-Programm“ aufgenommen zu werden. Der Beklagte hat im Mai 2010 erfolgreich an dem vorgenannten Verifizierungsverfahren von F teilgenommen. Seither nutzt er dieses Symbol im Rahmen seiner F-Angebote.

Im Verlauf des Jahres 2012 hat F die Funktionalität „geprüftes Mitglied“ und das damit zusammenhängende Prüfungsverfahren abgeschafft und offenbar durch ein anderes Verfahren („Q1 verifiziertes Mitglied“) ersetzt.

Am 6. Dezember 2013 führte die Klägerin bei dem Beklagten einen Testkauf aus, nach eigenen Angaben, um die oben genannten Vorwürfe zu verifizieren. Hierbei stellte sie fest, dass sich auf der Verpackung ein „Prüfsiegel“ („Proved Certified Quality“) und ein Hinweis auf die Norm ISO 9001 befand. Zudem war sowohl die Umverpackung der Kontaktlinsen als auch die Ware selbst mit einer CE-Kennzeichnung versehen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.1.2014 rügte die Klägerin die Angebotsgestaltung des Beklagten und die Produktaufmachung als irreführend und wettbewerbswidrig und mahnte diesen, allerdings nur wegen der Angebotsgestaltung, ab. Ferner forderte sie ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten bis zum 11.2.2014 auf. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage FN 8 zur Klageschrift Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Weiterverwendung des F ID-Prüfungslogos sei irreführend, nachdem diese Prüfung von F längst nicht mehr durchgeführt würde. Der Beklagte erwecke bei potenziellen Kunden den Eindruck, er sei weiterhin geprüftes Mitglied und seine aktuelle Identität sei weiterhin durch F verifiziert. Dies sei aber gerade nicht der Fall. Einer Vielzahl an Verbrauchern werde zudem nicht bekannt sein, dass ein entsprechender Status von F nicht mehr verliehen werde. Mangels Auszeichnung durch F ließe sich für potentielle Kunden heute auch nicht mehr nachvollziehen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung des Status beim Beklagten jemals vorgelegen hätten. Für Verbraucher, die keine Kenntnis von der damaligen Funktionalität „geprüftes Mitglied“ hätten, sei noch nicht einmal ersichtlich, ob die Auszeichnung überhaupt von F stamme oder ob eine Prüfung von dritter Seite stattgefunden habe. Schließlich sei es schwer, das Logo und dessen Inhalt überhaupt interpretieren.

Die Klägerin hat zu Ziffer 1 zunächst Unterlassung der Abgabe von Kontaktlinsen im geschäftlichen Verkehr begehrt, ohne dabei die wesentlichen Merkmale der Ware anzugeben.

Nunmehr beantragt die Klägerin,

den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Motiv-oder Farbkontaktlinsen an Verbraucher abzugeben,

1. ohne dabei die wesentlichen Merkmale, nämlich die Sehstärke, die Verwendungsdauer, das Material und die Größe der Linsen anzugeben, wie aus der Anl. FN 2 ersichtlich geschehen,

2. und dabei auf der Verkaufsplattform F mit einem Siegel wie aus dem Tenor zu Ziffer 2. Ersichtlich zu werben,

dem Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die unter Ziffer 1. und 2. genannten Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anzudrohen,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 1141 EUR, zuzüglich der Testkaufkosten i.H.v. 39,80 EUR, jeweils nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.2.2014 zu zahlen.

Der Beklagte hat den neu gefassten Unterlassungsantrag zu Ziffer 1 unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt und beantragt im Übrigen,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, das von ihm verwandte Symbol sei eindeutig als ein solches betreffend die Prüfung der Identität bei F zu erkennen. Unerheblich sei, dass eine solche Identitätsprüfung von F heute nicht mehr durchgeführt werde. Das Symbol erwecke nicht den Eindruck, dass eine solche Prüfung dauerhaft stattfinde. Es sage lediglich aus, dass der Verwender einer einmaligen Identitätsprüfung unterzogen und seine Identität verifiziert worden sei. Unter diesen Voraussetzungen würden bei den angesprochenen Verkehrskreisen keine falschen Vorstellungen über die Bedeutung des Symbols hervorgerufen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Soweit der Beklagte den Unterlassungsanspruch anerkannt hat, war er entsprechend seinem Anerkenntnis zu verurteilen.

Der mit dem Klageantrag zu Ziffer 2 geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht gemäß §§ 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 2 Nr. 1, 5 a Abs. 2 UWG.

Die Parteien sind als Mitbewerber im Sinne der §§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG anzusehen, da sie über das Internet vergleichbare Waren in Deutschland anbieten/vertreiben.

Der Verkauf der Kontaktlinsen durch den Beklagten stellt eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar.

Diese geschäftliche Handlung ist – soweit der Beklagte weiterhin das Logo „geprüftes Mitglied“ von F verwendet – unlauter, weil mit ihr ein Verstoß gegen §§ 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 5 a Abs. 2 UWG verbunden ist.

Die Verwendung des Logos „geprüftes F-Mitglied“ stellt eine irreführende geschäftliche Handlung im Sinne des §§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG dar, weil hiermit bei dem durchschnittlichen Verbraucher der Eindruck erweckt wird, dass es sich bei dem Beklagten aktuell um einen Verkäufer mit dem genannten Status einer erfolgreichen Identitätsprüfung handelt. Dieser Eindruck ist jedoch unzutreffend, weil der entsprechende Status bereits wieder abgeschafft wurde und F damit ersichtlich nicht mehr Gewähr für die ursprünglich durchgeführte Verifizierung übernehmen möchte. Unerheblich ist deshalb, dass der Beklagte ursprünglich zu Recht den entsprechenden Status erlangt hat.

Der Hinweis auf die nicht mehr aktuelle Identitätsprüfung ist auch geeignet, bei den angesprochenen Verkehrskreisen die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen. Denn das Logo vermittelt den Eindruck besonderer Seriosität des Verkäufers.

Zudem ist die Verwendung des Logos auch deshalb unlauter, weil dem Käufer Informationen vorenthalten werden, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich sind (§ 5 a Abs. 2 UWG). Es kann an dieser Stelle dahinstehen, ob aus dem Logo selbst hinreichend deutlich wird, dass sich die angeführte Prüfung auf die Identität des Verkäufers bezieht. Denn jedenfalls wird für den Verbraucher, an den sich das Angebot richtet, nicht ersichtlich, nach welchen Maßstäben die Identitätsprüfung vorgenommen wurde und welche Anforderungen hierfür Geltung fanden. Es ist auch nicht ersichtlich, durch wen die Prüfung vorgenommen wurde. Insoweit handelt es sich aber um Informationen, die für die zu treffende geschäftliche Entscheidung des Käufers von wesentlicher Bedeutung sein können. Dass entsprechende Informationen auf den Angebotsseiten von F selbst zur Verfügung gestellt werden, nachdem die Funktionalität „geprüftes Mitglied“ abgeschafft wurde, hat der Beklagte nicht vorgetragen. Aus der Anlage B1 ergibt sich im Gegenteil, dass sich auf der Seite „Werden sie geprüftes Mitglied“ die folgende Meldung findet: „Die Funktionalität ist nicht mehr verfügbar.“

Aufgrund des Wettbewerbsverstoßes streitet eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr Sinne des § 8 Abs. 1 S. 1 UWG.

Gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG kann die Klägerin von dem Beklagten die aufgrund der berechtigten Abmahnung entstandenen Anwaltskosten ersetzt verlangen, die sich vorliegend auf der Grundlage eines nicht zu beanstandenden Streitwerts von 30.000 EUR auf 1141 EUR belaufen. Die Kosten des Testkaufs sind dagegen nach der vorgenannten Vorschrift nicht erstattungsfähig. Der Testkauf war für die ausgesprochene Abmahnung ganz offensichtlich nicht erforderlich, da diese sich ausdrücklich nur auf die Angebotsgestaltung bezog, wie sie aus dem Online-Angebot auf der Verkaufsplattform F selbst ersichtlich ist.

Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Soweit der Beklagte den Unterlassungsanspruch anerkannt hat, sind die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 93 ZPO der Klägerin die Kosten aufzuerlegen wären, nicht gegeben. Denn der Beklagte hat durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben. Er wurde mit Schreiben vom 29.1.2014 erfolglos wegen der Angebotsgestaltung der Kontaktlinsen abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung aufgefordert. In der Abmahnung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wesentliche Merkmale der Kontaktlinsen die Sehstärke, die Haltbarkeit, das Material und Größe sind (vgl. S. 2, 1. Absatz).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO, der Streitwert wurde gemäß § 3 ZPO festgesetzt.

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