LG Frankfurt a.M.: Zur öffentlichen Zustellung an einen Beklagten in China / 2025

veröffentlicht am 28. Februar 2025

LG Frankfurt a.M., Beschluss vom 15.01.2025, Az. 2-06 O 426/24
§ 185 ZPO, § 186 ZPO

Nach§ 185 Nr. 3 Var. 2 ZPO kann die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung (öffentliche Zustellung) erfolgen, wenn die Zustellung im Ausland keinen Erfolg verspricht. Das LG Frankfurt a.M. hat entschieden, dass dies bereits dann der Fall ist, wenn die Durchführung einen derart langen Zeitraum in Anspruch nehmen würde, dass ein Zuwarten der betreibenden Partei billigerweise nicht zugemutet werden kann. Die Kammer wies darauf hin, dass auch nach der Erfahrung anderer deutscher Gerichte (es werden diverse Urteile genannt) die Zustellung in der Volksrepublik China einen erheblichen Zeitraum in Anspruch nehme. Daher wurde bei der einzelfallbezogenen Abwägung, ob die Dauer einer Zustellung im Wege der Rechtshilfe nicht mehr zumutbar ist, im Rahmen der Abwägung der beiderseitigen Interessen (rechtliches Gehör vs. Anspruch auf Justizgewährung) entschieden, dass eine öffentliche Zustellung ausreichend sei, zumal der Klägerin aufgegeben worden sei, die Beklagte über die öffentliche Zustellung über die ihr bekannten Kontaktwege informell zu informieren. Zum Volltext der Entscheidung:
 

Landgericht Frankfurt a.M.

Beschluss

Die öffentliche Zustellung

– dieses Beschlusses

– der beglaubigten Abschrift der Klageschrift vom 10.01.2025

– der beglaubigten Abschrift der Verfügung zur Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens vom 15.01.2025

– des Hinweises vom 06.01.2025, des Schriftsatzes vom 08.01.2025 und des Beschlusses vom 10.01.2025

an die Beklagte …, Volksrepublik China wird bewilligt.

Die Zustellung gilt als bewirkt, wenn seit dem Aushang der Benachrichtigung ein Monat verstrichen ist.

Der Klägerin wird aufgegeben, die Klageschrift an die bisher von der Beklagten in anderen Verfahren mandatierte Kanzlei sowie per E-Mail an die Ansprechpersonen der Klägerin bei der Beklagten in China zu übermitteln und mitzuteilen, dass hier die öffentliche Zustellung bewilligt worden ist.

Gründe

Die Anordnung der öffentlichen Zustellung beruht auf den §§ 185 Nr. 3, 186 ZPO.

Gemäß § 185 Nr. 3 Var. 2 ZPO kann die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung (öffentliche Zustellung) erfolgen, wenn die Zustellung im Ausland keinen Erfolg verspricht.

Das ist nicht erst dann der Fall, wenn feststeht, dass eine Zustellung im Wege der Rechtshilfe endgültig nicht erfolgen wird. Der Zweck dieser Vorschrift liegt darin, den Anspruch auf Justizgewährung für die Partei zu sichern, wenn auf anderem Wege eine Zustellung nicht durchführbar ist. Das Gebot, einen wirkungsvollen Rechtsschutz zu gewähren, erfordert, dass dieser in angemessener Zeit zu erlangen ist. Keinen Erfolg verspricht die Zustellung daher schon dann, wenn die Durchführung einen derart langen Zeitraum in Anspruch nehmen würde, dass ein Zuwarten der betreibenden Partei billigerweise nicht zugemutet werden kann. Es ist andererseits zu beachten, dass eine Bewilligung der öffentlichen Zustellung den Anspruch auf rechtliches Gehör des Prozessgegners aus Art. 103 Abs. 1 GG gefährdet. Für die Entscheidung der Frage, ob die Dauer einer Zustellung im Wege der Rechtshilfe nicht mehr zumutbar ist, bedarf es daher einer Abwägung der beiderseitigen Interessen, wobei es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt (OLG München, NJW 2020, 1378 Rn. 10).

Die Klägerin hat dargelegt, dass die normale Auslandszustellung nicht stets gelingt und auch dann einen Zeitraum von deutlich mehr als einem Jahr in Anspruch nimmt. Nach der Erfahrung anderer deutscher Gerichte, die sich mit der Erfahrung der Kammer deckt, nimmt die Zustellung in der Volksrepublik China einen erheblichen Zeitraum in Anspruch (vgl. OLG München, Beschluss vom 13.03.2020 – 29 W 275/20, GRUR-RR 2020, 511 Rn. 10; LG München I, Urteil vom 25.02.2021 – 7 O 14276/20, BeckRS 2021, 3995 Rn. 31 ff.; LG Düsseldorf, Beschluss vom 02.10.2024 – 14c 122/24).

Bei dieser Sachlage überwiegen die Interessen der Klägerin auf effektiven Rechtsschutz die Interessen der Beklagten im Hinblick auf die Gefährdung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör. Darüber hinaus hat die Kammer entschieden, der Klägerin aufzugeben, die Beklagte über die öffentliche Zustellung über die ihr bekannten Kontaktwege informell zu informieren.

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