LG Frankfurt a.M.: DENIC haftet nicht auf Abmahnkosten, wenn Markeninhaber auf rechtswidrige Domaineintragung hinweist

veröffentlicht am 22. Mai 2009

LG Frankfurt a.M., Urteil vom 15.01.2009, Az. 2/3 O 411/08
§§ 12, 823 Abs. 1, 1004 analog BGB, §§ 4 Nr. 2, 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG

Das LG Frankfurt a.M. hat erneut bestätigt, dass die DENIC eG weder direkt noch indirekt als Störer in die Haftung genommen werden kann, wenn eine Domain zur Eintragung gelangt, die fremde Rechte verletzt. Vorliegend ging es um die Domain „huk-coburg24.de“. Bekanntlich registriert die DENIC eine Domain auf einen entsprechenden Antrag hin, wenn sie nicht schon registriert ist. Eine Prüfung, ob an einer angemeldeten Domain Rechte Dritter bestehen, führt die Beklagte in dem von ihr im Hinblick auf die großen Mengen von Registrierungsanträgen (rund 200.000 Registrierungsanträge pro Monat) vollautomatisch betriebenen Registrierungssystem nicht durch. Nach Hinweis der HUK-Coburg Versicherung und deren Dispute-Eintrag löschte die DENIC die Domain, so dass diese der Versicherung zufiel. Die Versicherung forderte nun indes Erstattung ihrer Rechtsanwaltskosten, die ihr durch die Abmahnung enstanden waren. Begründet wurde die Erstattungsforderung mit der Berühmtheit der Marke „HUK-Coburg“, so dass die erfolgte Rechtsverletzung für die DENIC unschwer zu erkennen gewesen sei.

Die engen Voraussetzungen, die der BGH insoweit in der sogenannten ambiente.de-Entscheidung (BGH GRUR 2001, 1038) für eine Störerhaftung der Beklagten aufgestellt habe, seien weiterzuentwickeln und führten hier zur Haftung der Beklagten; denn jedem Mitarbeiter der Beklagten („auch dem Hausmeister“) sei „HUK-COBURG“ bekannt und deshalb ersichtlich gewesen, dass die im Ausland sitzende Anmelderin der Domain hierzu nicht berechtigt gewesen sei. Die Beklagte unterhalte eine Rechtsabteilung, die zu dieser Prüfung in der Lage gewesen sei, dort sei auch bekannt gewesen, dass der Zusatz „24“ rein beschreibend und markenrechtlich daher irrelevant gewesen sei. Anders als in der ambiente.de-Entscheidung gehe es hier auch nicht nur um Markenrechte, sondern auch um Namensrechte, deren Prüfung weniger kompliziert sei. Eine Rechtsverfolgung gegen den in der von der Beklagten unterhaltenen Datenbank „whois“ registrierten Anmelder sowie die Möglichkeit eines Dispute-Antrags sei in Fallen wie dem vorliegenden regelmäßig uneffektiv, well die Anmelderangaben in der „whois“-Datenbank ebenfalls ungeprüft übernommen würden, die Rechtsverfolgung verliere sich dann schnell in der anonymen Weite der Welt.

Das Landgericht wies die Klage ab, weil die DENIC keiner Störerhaftung unterliege. Sie hielt die ambiente-Entscheidung inhaltlich für übertragbar und legte dem Urteil die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, Urteil vom 13.02.2006 (Az. 6 U 132/01, GRUR-RR 2003, 143 – viagratip.de) zu Grunde: Eine Störerhaftung scheitere an der erforderlichen Verletzung von Prüfungspflichten. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und in welchem Maße eine Prüfung für den vermeintlichen Störer zumutbar ist. Eine Einschränkung ist insbesondere dann angezeigt, wenn der Störungszustand für denjenigen, der als Störer in Anspruch genommen wird, nicht ohne weiteres oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erkennbar sei.

Die Prüfungspflichten, die die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Vergabe- und Registrierungsstelle für Domain-Namen träfen, habe der Bundesgerichtshof in seinem – für die Beurteilung der vorliegenden Problematik grundlegenden – Urteil „ambiente.de“ näher umrissen. Danach sei der Beklagten grundsätzlich nur eine Prüfung auf offenkundige, aus ihrer Sicht eindeutige, Rechtsverstöße zuzumuten. Diese eingeschränkten Prüfungspflichten griffen außerdem erst dann ein, wenn die Beklagte darauf hingewiesen werde, dass die eingetragene Domain-Bezeichnung Rechte Dritter verletze. Demnach könne der Beklagten im vorliegenden Fall nicht schon zur Last gelegt werden, dass sie die in Rede stehende Domain registriert habe. Prüfungspflichten konnten allenfalls durch das erste Schreiben der Klägervertreter vom 17.06.2008 an die Beklagte begründet werden, mit dem die Klägerin auf eine von ihr gesehene Rechtsverletzung hingewiesen hatte. Auch dieser Hinweis hat indes die Voraussetzungen für eine Störerhaftung der Beklagten nicht herbeigeführt, weil es an einer offenkundigen, für die Beklagte eindeutigen, Rechtsverletzung fehlte. Der Rechtsverstoß müsse für den zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten unschwer zu erkennen sein. Unschwer zu erkennen sei ein Rechtsverstoß in diesem Zusammenhang für die Beklagte nur dann, wenn ihr ein rechtskräftiger gerichtlicher Titel beziehungsweise eine unzweifelhaft wirksame Unterwerfungserklärung des Domain-Inhabers vorliege oder wenn die Rechtsverletzung derart eindeutig sei, dass sie sich der Beklagten aufdrängen müsse. Eine Marken- oder Namensrechtsverletzung könne für die Beklagte allenfalls dann offensichtlich sein, wenn die Domain mit einem berühmten Namen oder einer berühmten Marke identisch sei, der oder die über eine überragende Verkehrsgeltung auch in allgemeinen Verkehrkreisen verfüge. Diese Umstände müssten sich auch den mit dem Marken- und Namensrecht nicht vertrauten, juristisch nicht vorgebildeten Mitarbeitern der Beklagten ohne weiteres erschließen. Die Existenz einer Rechtsabteilung ändere daran nichts, da diese durch die Menge an Anträgen mit einer individuellen Prüfung überfordert sei. Notwendig sei eine Identität zwischen neu eingetragener Domain und verletzter Marke. Dies sei vorliegend nicht gegeben, wobei die Berühmtheit der Marke „HUK-Coburg“ dahingestellt blieb. Bei der Bezeichnung „huk-coburg24.de“ handele es sich um die Schöpfung eines neuen Begriffs unter Nennung der Marke „HUK-COBURG“. Zwar sei der Wortteil „huk-coburg“ prägend. Die Einbeziehung des demgegenüber nicht kennzeichnungskräftigen Zusatzes „24“ in den Gesamtbegriff schließe die Annahme einer Zeichenidentität gleichwohl aus (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14 Rn. 142). Abgesehen davon handele es sich bei Wertungen auf der Grundlage der Prägetheorie regelmäßig nicht um Umstände, die sich den Mitarbeitern der Beklagten ohne weiteres erschlössen.

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