LG Gießen, (Anerkenntnis-) Urteil vom 28.06.2024, Az. 6 O 10/24
§ 93 ZPO, § 51 UrhG, § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO
Das LG Gießen hat entschieden, dass ein bestimmtes Foto im Rahmen einer Vortragspräsentation (ohne Erlaubnis des Urhebers) nicht verwendet werden darf. In solchen Fällen kann sich der Vortragende übrigens nicht auf das Zitatrecht gem. § 51 UrhG berufen. § 51 S. 1 UrhG lautet: „Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist.“ Der besondere Zweck setzt voraus, dass eine wie auch immer gestaltete Auseinandersetzung mit dem Werk selbst erfolgt (Zitat), nicht aber, dass das Werk lediglich zur Ausschmückung anderer Werke dient. Zitat des BGH (Urteil vom 30.04.2020, Az. I ZR 228/15, Rn. 82 – Reformistischer Aufbruch II): „Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es bei der Beurteilung der Schutzschranke gemäß § 51 UrhG maßgeblich darauf an, ob die Verwendung des fremden Werkes zum Zweck des Zitats geschieht. Die Zitatfreiheit soll die geistige Auseinandersetzung mit fremden Werken erleichtern. Sie gestattet es nicht, ein fremdes Werk nur um seiner selbst willen zur Kenntnis der Allgemeinheit zu bringen. Ebenso wenig reicht es aus, dass ein solches Werk in einer bloß äußerlichen, zusammenhanglosen Weise eingefügt und angehängt wird. Die Verfolgung eines Zitatzwecks erfordert vielmehr, dass der Zitierende eine innere Verbindung zwischen dem fremden Werk und den eigenen Gedanken herstellt und das Zitat als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbständige Ausführungen des Zitierenden erscheint. An einer solchen inneren Verbindung fehlt es regelmäßig, wenn das zitierende Werk sich nicht näher mit dem eingefügten fremden Werk auseinandersetzt, sondern es nur zur Illustration verwendet, es in einer bloß äußerlichen, zusammenhanglosen Weise einfügt oder anhängt oder das Zitat ausschließlich eine informierende Berichterstattung bezweckt (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 2011 – I ZR 212/10, GRUR 2012, 681 Rn. 12 und 28 = WRP 2012, 1418 – Blühende Landschaften, mwN; BGH, GRUR 2016, 368 Rn. 25 und 31 – Exklusivinterview; GRUR 2017, 1027 Rn. 55 – Reformistischer Aufbruch I).“ Der Streitwert wurde auf 10.000 EUR festgesetzt. Zum Volltext der Entscheidung:
Landgericht Gießen
Urteil
…
Dem Antragsgegner wird im Wege einer einstweiligen Verfügung – wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung – bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaftt, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft … zu vollziehen an … für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, das Lichtbild wie im Folgenden Abschnitt aus der Vortragspräsentation des Antragsgegners am xx.xx.2024 in xxx abgebildet
(Bild)
in Vorträgen auf Fortbildungen oder in sonstiger Weise zu zeigen oder zeigen zu lassen, zu veröffentlichen oder veröffentlichen zu lassen, zu verbreiten oder verbreiten zu lassen wie geschehen am … auf Seite … der Vortragspräsentation wie oben abgebildet (Foto oben rechts mit dem Pfeil gekennzeichnet).
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Der Streitwert wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe:
Der Antragsgegner hat den Unterlassungsantrag anerkannt.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Zwar hat der Antragsgegner den mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung geltend gemachten Anspruch sofort anerkannt, gleichwohl greift nicht die Kostenprivilegierung des § 93 ZPO. Der Antragsgegner war zuvor abgemahnt worden und hatte das streitgegenständliche Foto auch umgehend entfernt, er hatte jedoch eine Rechtspflicht hierzu ausdrücklich nicht anerkannt und auch keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Damit war die Wiederholungsgefahr gegeben.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, 3 ZPO. Da das streitgegenständliche Foto nur einem begrenzten Empfängerkreis zugänglich gemacht wurde und die Urheberrechtsverletzung auch vom inhaltlichen Gehalt des Bildes im unteren Bereich anzusiedeln ist, spiegelt ein Streitwert von 10.000 € das Beseitigungs- und Unterlassungsinteresse des Antragsstellers hinreichend wieder.
Rechtsbehelfsbelehrung:
…
Auf die Entscheidung hingewiesen hat Frau Stefanie Hagendorff.