LG Hamburg: Die konkrete Nutzung eines Portraitfotos ist mit dem Abgebildeten sorgsam abzustimmen

veröffentlicht am 19. Juni 2009

Rechtsanwalt Dr. Ole DammLG Hamburg, Urteil vom 05.06.2009, Az. 324 O 953/08
§§ 823 Abs. 1, 830 Abs. 1, 249 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG

Das LG Hamburg hat entschieden, dass ein Bild, welches kostenlos für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt wird, nicht ohne weiteres für andere Zwecke verwendet werden darf als solche, die ausdrücklich besprochen sind. Dem Abgebildeten sei es nicht zuzumuten, ins Blaue hinein sämtliche Umstände, unter denen seine Einwilligung nicht gelten solle, zu benennen, damit seine Einwilligung nicht als umfassend angesehen werde. Vielmehr sei es anerkannt, dass es Sache desjenigen sei, der eine Veröffentlichung vornehme, Zweck und Umfang der geplanten Veröffentlichung klarzustellen, wenn eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild vermieden werden solle.

Im Frühjahr 2008 wurde dem Kläger, Pressesprecher bei Greenpeace e.V. mitgeteilt, dass man eine Umweltbeilage für die Zeitschriften „B.“ und die „H.M.“ plane. In diesem Zusammenhang wurde der Kläger um ein Interview gebeten, das als Verbrauchertipp zum Energiesparen veröffentlicht werden solle, sowie um ein Portraitfoto. Darüber hinaus wurde dem Kläger gesagt, dass es um einen redaktionellen Beitrag zum Thema „Green IT“ gehe. Die Beilage solle Berichte wie auch Interviews umfassen, die den Leser über umweltbewusstes Arbeiten im Büro informiere. Der Kläger gab das Interview und stellte auch ein Foto zur Verfügung, ohne dass er hierfür ein Honorar verlangte oder erhielt.

Tatsächlich erschienen das Interview und das Foto des Klägers in einer Beilage zur „B.“ und der „H.M.“ mit dem Titel „Unsere Umwelt – Folge 5 Vorbildlich arbeiten“. Auf der Titelseite der Beilage fand sich der Hinweis „Mit Unterstützung von: V.“. Auf den Innenseiten der Beilage sei jeweils am unteren Ende einer Doppelseite das Logo von V. aufgeführt, welches indirekt zu einer Vergütung für eine der Beklagten führte. In der Vergangenheit war diese Beklagte auch für die Firma V. tätig gewesen. Greenpeace e.V. hat in der Vergangenheit ein „Schwarzbuch V. Strahlend und verkohlt hinein in den Klimawandel“ herausgegeben, das sich kritisch mit der Firma V. und deren Energiepolitik beschäftigte.

Das Landgericht bejahte einen Schadensersatzanspruch des Klägers. Die Veröffentlichung des mit ihm geführten Interviews unter Beifügung seines Porträtfotos in der der Zeitung „H.M.“ beigefügten Beilage verletzt den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Die konkrete Veröffentlichung sei nicht von der Einwilligung des Klägers umfasst. Der Kläger habe zwar grundsätzlich eingewilligt, dass das mit ihm geführte Interview zum Thema Green IT und sein Bildnis in einer Beilage zum Thema Umwelt in den Zeitungen „H.M.“ und „B.“ veröffentlicht werde. Es könne dennoch nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Einwilligung des Klägers auch auf die hier in Rede stehende Veröffentlichung bezogen habe. Die Beklagten seien für den Umfang der Einwilligung darlegungsbelastet. Sie hätten jedoch lediglich vorgetragen, den Kläger habe der genaue Inhalt der Umweltbeilage nicht interessiert, und er habe keinerlei Bedingungen oder Vorbehalte formuliert, unter denen die Veröffentlichung seines Interviews stehen solle, während der Kläger bestritten habe, dass er seine Zustimmung zu einer Veröffentlichung erteilt hätte, wenn erwähnt worden wäre, dass es um ein Gemeinschaftsprodukt der Firma V. und den Beklagten gegangen sei.

Für den Umfang der vom Kläger erklärten Einwilligung sei gemäß § 133 BGB der wirkliche Wille des Erklärenden maßgeblich, der anhand der Erklärung und der Umstände zu erforschen ist. Danach lässt sich vorliegend nicht der Schluss ziehen, dass sämtliche Formen einer Veröffentlichung – und insbesondere die hier in Rede stehende – von der Einwilligung des Klägers hätten gedeckt sein sollen. Denn aus Sicht des Klägers sei für die Erteilung seiner Einwilligung entscheidungserheblich gewesen, ob die Veröffentlichung, in die das mit ihm geführte Interview und sein Porträtbild aufgenommen werden sollte, von der Firma V. unterstützt werde. Es könne hier dahin stehen, ob es sich vorliegend um eine rein redaktionelle Berichterstattung oder um eine Veröffentlichung zu Werbezwecken handelt. Entscheidend sei, dass der Wille des Klägers dahin gehe, mit der Firma V. nicht in dem Sinne in Verbindung gebracht zu werden, dass sie beide gemeinsame Ziele und Interessen verfolgen würden und sich dabei gegenseitig unterstützten. Denn ein solcher Eindruck könnte sich negativ auf die Glaubwürdigkeit des Klägers und des von ihm repräsentierten Vereins Greenpeace e.V. auswirken. Es könnte widersprüchlich erscheinen, dass Greenpeace e.V. einerseits öffentlich gegen den Energiekonzern V. in Form eines sog. Schwarzbuch V. vorgeht und andererseits gemeinsam mit V. publiziere, um anscheinend ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. Dieser Eindruck entstehe aber, wenn sich die Verbrauchertipps, die der Kläger als Pressesprecher für Green IT veröffentliche, in einer für den Verbraucher ersichtlich von der Firma V. unterstützten Zeitungsbeilage befänden.

Dieser Wille könne auch aus Sicht eines objektiven Empfängerhorizontes nachvollzogen werden. Dabei könne es nicht dem Betroffenen auferlegt werden, ins Blaue hinein sämtliche Umstände, unter denen seine Einwilligung nicht gelten solle, zu benennen, damit seine Einwilligung nicht als umfassend angesehen werde. Vielmehr sei es anerkannt, dass es Sache desjenigen sei, der eine Veröffentlichung vornehme, Zweck und Umfang der geplanten Veröffentlichung klarzustellen, wenn eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild vermieden werden solle (vgl. Gerstenberg/Götting in: Schricker, UrhR, § 60 Rz. 16). Für die Wortberichterstattung könne nichts anderes gelten (vgl. auch OLG München, AfP 2001, 135, 136; Soehring, Presserecht, 3. Auflage , Rz. 19.46a). Wenn sich die Einwilligung des Klägers in die Veröffentlichung seines Interviews und seines Bildes auch auf die streitgegenständliche Veröffentlichung hätte beziehen sollen, dann hätten die Beklagten den Kläger darüber aufklären müssen, dass sich Interview und Bild in einer von der Firma V. unterstützen Beilagen wieder finden würden.

Das Urteil hat Rechtsanwalt Tim M. Hoesmann verfügbar gemacht.

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