LG Hamburg: Schlecht ist, wenn die Unterlassungserklärung abgegeben, das Foto aber noch im Google-Cache zu finden ist

veröffentlicht am 19. August 2009

Rechtsanwalt Dr. Ole DammLG Hamburg, Urteil vom 22.2.2006, Az. 308 O 743/05
§ 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, § 15, 19a97 Abs. 1 UrhG

Das LG Hamburg hat entschieden, dass der Betreiber einer Website, der dort verbotenerweise eine fremde Illustration verwendet, auch für die dadurch verursachte Aufrufbarkeit der streitgegenständlichen Darstellung über die Google-Bildersuche verantwortlich ist, da er sich diese Urheberrechtsverletzung zuzurechnen lassen hat.

Die Antragsgegnerin habe, so die Hamburger Kammer, die Nutzungsrechte des Antragstellers an der Comiczeichnung verletzt, indem sie diese in ihrem Internetauftritt aufrufbar und damit öffentlich zugänglich gemacht und hierdurch das Einstellen und Aufrufen der Comicdarstellung in der Google-Bildersuche erst ermöglicht habe. Diese durch ihre eigene frühere Nutzung verursachte Aufrufbarkeit über die Bildersuchmaschine bei „Google“, ebenfalls ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des § 19 a UrhG, müsse sich die Antragsgegnerin als widerrechtliche Nutzung zurechnen lassen.

Die Antragsgegnerin habe für das öffentliche Zugänglichmachen der Abbildung der streitgegenständlichen Comicdarstellung in der „Bilder“-Suche von Google im Rahmen des hier geltend gemachten Unterlassungsanspruchs nach den Grundsätzen der Störerhaftung einzustehen.

Zwar habe die Antragsgegnerin die Abbildung nicht selbst in die „Bilder“-Suche von Google eingestellt. Dies sei vielmehr eigenständig durch die Crawler der Suchmaschine erfolgt. Für Urheberrechtsverletzungen und Verletzungen verwandter Schutzrechte sei die Haftung für Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche aber weit gefasst. Das gelte nicht nur für Täter oder Teilnehmer einer Tat, sondern nach den Grundsätzen der Störerhaftung auch für denjenigen, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beitrage. Zur Eingrenzung dieser Haftung auf Dritte, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen hätten, setze die Haftung die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimme sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten sei (BGH GRUR 2004, 860, 864 – Störerhaftung des Internetauktionshauses bei Fremdversteigerungen, m. w. Nachw.; Schricker/Wild, Urheberrecht; 2. Auflage, § 97 Rn. 38; v. Wolf in Wandtke-Bullinger, § 97 Rn 13 ff.). In der vorzitierten Entscheidung habe der BGH weiter klargestellt, dass diese Grundsätze bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten uneingeschränkt gälten.

Unter Anwendung dieser Grundsätze hafte die Antragsgegnerin für das öffentliche Zugänglichmachen der Abbildung der streitgegenständlichen Comiczeichnung in der „Bilder“-Suche von Google.

Das öffentliche Zugänglichmachen der Abbildung der Zeichnung in der „Bilder“-Suche bei Google sei widerrechtlich, wobei in dem behandelten Fall dahingestellt bleiben könne, ob auch der Betreiber der Suchmaschine dafür hafte. Die Aufrufbarkeit in der „Bilder“-Suche stelle eine unfreie Nutzung der zu Grunde liegenden Originalzeichnung dar, die der Rechtseinräumung bedurft hätte. Dem stehe nicht entgegen, dass die Bilder gegenüber den Originalen stark verkleinert und mit einer viel gröberen Auflösung zum Abruf bereitgehalten würden. Denn die Zeichnung sei weiter gut als solche erkennbar und die Schwelle zur freien Benutzung i. S. von § 24 UrhG werde nicht annähernd erreicht (LG Hamburg GRUR-RR 2004, 313, 316 – thumbnails).

Die widerrechtliche Nutzung der Abbildung der Zeichnung im Internetauftritt der Antragsgegnerin sei adäquat kausal dafür, dass diese in die „Bilder“-Suche von Google übernommen worden sei. Für die Bejahung der Adäquanz genüge es, dass der Verantwortliche eine von mehreren Ursachen für die Rechtsverletzung gesetzt habe, es sei denn, es sei nach der Lebenserfahrung unwahrscheinlich, dass gerade diese Ursache zu der Verletzung geführt habe (vgl. BGH GRUR 1965, 104, 106 – Personalausweise; Schricker/Wild, § 97 Rn. 35). Werde, wie in diesem Fall, ein Bild als jpg-Datei in einen Internetauftritt eingestellt, so sei es nach der Lebenserfahrung keinesfalls unwahrscheinlich, eher sogar wahrscheinlich, dass die Crawler der Suchmaschinen es finden und in die „Bilder“-Suche einstellen würden.

Nach der Abmahnung habe Anlass bestanden, neben der Entfernung der Bilder aus dem eigenen Internetauftritt konkret zu prüfen, ob sich von ihr eingestellte Bilder in der Bildersuche jedenfalls der gängigen Suchmaschinen befänden. Das gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass es, wie hier bei der gewerblichen Bewerbung eines Posters, regelmäßig gerade darum gehe, zur weitreichenden Bewerbung möglichst viele Zugriffe auf die eigenen Seiten über Suchmaschinen zu erlangen. Spätestens seit der Abmahnung wegen der noch aufrufbaren Abbildungen in der „Bilder“-Suche bei Yahoo habe für die Antragsgegnerin weiterer Anlass für eine Überprüfung auch anderer Suchmaschinen bestanden. Soweit die Antragsgegnerin einwende, es sei nicht zumutbar, alle Suchmaschinen zu überprüfen, bleibe das jedenfalls vorliegend ohne Erfolg. Es könne dahingestellt bleiben, wo die Grenze der Zumutbarkeit zu ziehen sei, welche Suchmaschinen zu überprüfen seien. Denn die hier streitgegenständliche Suchmaschine von Google gelte als die weltweit größte und am meisten genutzte Suchmaschine und habe auf jeden Fall in eine Überprüfung einbezogen werden müssen. Dabei habe sie bei gebotener Prüfung auch das jetzt noch streitgegenständliche Bild gefunden und dessen Entfernung veranlassen können. Dazu bedürfe es keiner unzumutbaren aufwendigen Suche. Schon bei Eingabe des Suchbegriffs „…“ in der „Bilder“-Suche würden sämtliche Bilder aus dem Internetauftritt der Antragsgegnerin angezeigt.

Zum Sachverhalt:

Es kam zu einer Abmahnung, weil sich die streitgegenständlichen Motive im Internet auch über die „Bilder“-Suche der Suchmaschine „Yahoo“ aufriefen ließen. Die größeren Suchmaschinen bieten neben der üblichen „Web“-Suche, die üblicherweise auf der Startseite erscheint, unter anderem auch eine „Bilder“-Suche an. Während bei der „Web“-Suche als Linkliste Textauszüge mit dem oder den gesuchten Worten erscheinen, die auf die jeweilige Website verlinkt sind, auf der die Worte gefunden wurden, erscheint bei der „Bilder“-Suche eine Linkliste aus Bildern. Diese Linklisten werden in automatisierten Vorgängen zusammengestellt und ständig aktualisiert. Die hinter diesem Suchdienst stehende Technik bedient sich verschiedener Softwareprogramme (so genannte „Crawler“), mit deren Hilfe Seiten des Internets nach bestimmten Suchbegriffen und Bilddateien abgesucht werden. Die Programmierung ist so eingerichtet, dass die Programme selbstständig arbeiten und Textteile als Links in die „Web“-Suche und Bilddateien als Links in die „Bildersuche einstellen. Die Algorithmen der Suchmaschine sind so eingestellt, dass sie die gefundenen Bilder in verkleinerter Wiedergabe und mit einer geringeren Auflösung als die im Netz gefundenen Originalfotos in die „Bilder“-Suche eingestellt werden. In dieser Form ist das Bild dann auf einem Server der Suchmaschine gespeichert. Es bleibt demgemäß auch dann in der „Bilder“-Suche, wenn das „Original“-Bild auf der verwiesenen Seite entfernt wird. Solange der Internetauftritt fortbesteht, erfolgt auch eine Verlinkung dorthin, nur das Bild findet sich dort dann nicht mehr. Der Inhaber des Internetauftritt hat aber die Möglichkeit, von sich aus die Entfernung des Bildes aus der „Bilder“-Suche der Suchmaschine zu betreiben. Er muss – mit Hilfe seines Webmasters – eine bestimmte Datei – robots.txt. – auf die Root-Ebene oder eine Verzeichnis-Ebene des Website-Servers legen und die Suchmaschine unterrichten, welche dann die weitere Entfernung veranlasst. Mit Hilfe dieser Datei kann auch verhindert werden, dass die Suchmaschine überhaupt Bilder in die „Bilder“-Suche aufnimmt.

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