LG Hannover: Herabsetzung der vereinbarten Vertragsstrafe durch Gericht

veröffentlicht am 6. Mai 2011

LG Hannover, Urteil vom 08.02.2011, Az. 24 O 53/10
§§ 339, 315 Abs.1, 315 Abs. 3 S. 2 BGB

Das LG Hannover hat entschieden, dass das zuständige Gericht eine unangemessen hohe Vertragsstrafe herabsetzen kann. Ein Verbraucherverband hatte wegen Verstößen gegen die Energiekennzeichnungsverordnung für Pkw abgemahnt, der betroffenen Autohändler hatte sich im Fall von Zuwiderhandlung gegen die abgegebene Unterlassungserklärung zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichtet, die vom Verband nach billigem Ermessen festzusetzen war. Der Verband forderte nunmehr für einen Verstoß außergerichtlich einen Betrag in Höhe von 7.500,00 EUR. Gerichtlich forderte der Verband dann nur noch 5.001,00 EUR. Dies erachtete das Gericht als überhöht. Dass der Kläger vorprozessual die Vertragstrafe auf 7.500,00 EUR festgesetzt, und sie für die Zwecke des Rechtsstreits auf 5.001,00 EUR beziffert habe, ohne die eine oder die andere Bestimmung zunächst zu begründen, rücke die Bestimmung in den Verdacht der Beliebigkeit. Da lediglich ein Verstoß gegen die Unterlassungserklärung nach drei Jahren erfolgt und die unzureichende Werbanzeige lediglich in einer Zeitschrift mit lokal begrenztem Verbreitungsgrad veröffentlicht sei, entspreche nach Wertung der Kammer eine Vertragsstrafe von 2.000,00 EUR billigem Ermessen. Zitat:


2. Die vom Kläger verlangte Vertragsstrafe ist aber unangemessen hoch und auf Euro 2.000 herabzusetzen. Dazu bedurfte es Hilfsantrages der Beklagten nicht.

Die Parteien haben keine bestimmte Höhe der Vertragsstrafe vereinbart, sondern die Bestimmung dem Kläger überlassen. Das ist gemäß §§ 339, 315 Abs.1 BGB zulässig und führt bei unangemessen festgesetzter Höhe zur Herabsetzung nach § 315 Abs.3 S.2 BGB. Diese Regelung hat Vorrang vor der Antragsherabsetzung nach § 343 BGB . Deshalb ist die Herabsetzung hier auch nicht nach § 348 HGB ausgeschlossen. Nach dem Vertrag soll die Vertragsstrafe nach billigem Ermessen bestimmt werden. . Das gewährt dem Kläger einerseits einen gewissen Spielraum, erfordert andererseits aber eine nachvollziehbare Begründung, nach der sich die Festsetzung nicht als willkürlich darstellt. Dass der Kläger vorprozessual die Vertragstrafe auf Euro 7.500 festgesetzt ( vgl. § 315 Abs.2 BGB), und sie für die Zwecke des Rechtsstreits auf Euro 5001 beziffert hat, ohne die eine oder die andere Bestimmung zunächst zu begründen, rückt die Bestimmung in den Verdacht der Beliebigkeit, zumal der Kläger nicht mitteilt, wie er in der Vielzahl der von ihm betriebenen vergleichbaren Fälle vorgegangen ist. Soweit sich der Kläger im Rechtsstreit ausschließlich auf den Präventionscharakter der Vertragsstrafe beruft, der eine möglichst hohe Festsetzung erfordere, lässt er die Schadenspauschalierung ( vgl. § 340 Abs.2 BGB) außer Betracht, die hier mangels wirtschaftlichen Schadens des Klägers zu einer niedrigen Festsetzung führen müsste. Da nach dem Vorbringen des Klägers e i n Verstoß nach drei Jahren erfolgt und die unzureichende Werbanzeige lediglich in einer Zeitschrift mit lokal begrenztem Verbreitungsgrad veröffentlicht ist, entspricht nach Wertung der Kammer auf Grund der Erfahrung ihrer mit der Einhaltung von Wettbewerbsregelen vertrauten Handelsrichter eine Vertragsstrafe von Euro 2.000 billigem Ermessen.

3. Da die Vertragstrafe wegen unangemessener Parteifestsetzung verbindlich erst durch das Urteil bestimmt wird, war die Beklagte dahin nicht im Zahlungsverzug. Mangels Verzug schuldet sie weder die verlangen Verzugszinsen noch die als Verzugsschaden gesondert beanspruchte Geschäftsgebühr ihres Prozessbevollmächtigten, der ausweislich des Schreibens vom 29.4.2010 wegen der Vertragsstrafe ohnehin nach Fristablauf ohne weiteres Klage erheben sollte. ( vgl. § 15 Abs.5 RVG)
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