LG Köln: Die Veröffentlichung persönlicher E-Mails im Rahmen eines Blogs verletzt das Persönlichkeitsrecht / Zur Beweislast bezüglich der Verantwortlichkeit für eine Webseite

veröffentlicht am 19. März 2010

LG Köln, Urteil vom 28.05.2008, Az. 28 O 157/08
§§ 823, 1004 BGB

Das LG Köln hat entschieden, dass die Veröffentlichung persönlicher E-Mails auf einer Homepage im Rahmen eines Blogs eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellt. Inhalt des Blogs des Verfügungsbeklagten sind verschiedene politische Äußerungen. Zwei E-Mails des Verfügungsklägers wurden auf der Homepage des Beklagten veröffentlicht, trotz des in den E-Mails enthaltenen Hinweises, dass die Veröffentlichung untersagt sei. Dies wurde dem Beklagten per einstweiliger Verfügung verboten. Auch im Widerspruchsverfahren sah das Gericht in dieser Veröffentlichung eines Verletzung des Persönlichkeitsrechts in Gestalt der Geheimsphäre. Der Verfügungskläger selbst werde ausdrücklich in den streitgegenständlichen E-Mails namentlich genannt und sei von der Veröffentlichung betroffen. Im Einzelnen führte das LG Köln aus:

„Die Geheimsphäre betrifft den Be­reich menschlichen Lebens, der der Öffentlichkeit bei verständiger Würdigung nicht preisgegeben werden soll (WenzeI/Burkhardt, a.a.O., Kap. 5.40). In diesen Bereich fallen schriftliche sowie Tonbandaufzeichnun­gen, persönliche Briefe (WenzeI/Burghardt, a.a.O., Kap. 5.40), aber auch solche Aufzeichnungen und Briefe, die berufliche oder geschäftliche Fragen betreffen, insbesondere persönliche Aufzeichnungen zu berullichen oder geschäftlichen Erlebnissen oder Planungen (vgL Wenzel/Burkhardt, a.a.o., Kap. 5.41 m.w.N.). Die Veröffentlichung der privaten E-Mails des Verfügungsklägers, die auf die ggf. rechtswidrigen Inhalte der ent­sprechenden Homepage hinweisen, stellt mithin einen Eingriff in die Geheimsphäre des Verfügungsklägers dar. Auch kann nicht davon gesprochen werden, dass der Verfügungskläger mit dem Versenden der streit­gegenständlichen E-Malls den heimischen Bereich verlassen und sich in eine allgemeine Sphäre begeben hätte. Davon könnte allenfalls gesprochen werden, wenn der Vertügungskläger an einen nicht abgegrenzten Personenkreis gerichtete E-Mails verfasst und versandt hätte, nicht jedoch im vorliegenden Fall einer an eine Person gerichteten und versandten E-Mail. Diese ist vergleichbar mit einem verschlossenen Brief, der durch das Absenden ebenfalls nicht aus der Geheimsphäre entlassen wird und bei dem der Absender – anders als etwa im Falle einer offen versandten Postkarte – auch nicht damit rechnen muss, dass Dritte von seinem Inhalt Kenntnis nehmen. Auf die fehlende Einwilligung zur Veröffentlichung wies der Verfügungskläger dar­über hinaus ausdrücklich hin.“

Der Verfügungsbeklagte bestritt außerdem, dass er überhaupt für den Inhalt der veröffentlichenden Homepage verantwortlich sei. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sei er nicht mehr im Impressum als Verantwortlicher genannt. Das Impressum der Homepage weise keinen Betreiber aus. Das Gericht war jedoch der Auffassung, dass an Hand von Indizien erwiesen sei, dass der Verfügungsbeklagte auch zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch verantwortlich gewesen sei und somit – jedenfalls nach Kenntnis der Rechtsverletzung durch die erfolgte Abmahnung – zumindest als Störer hafte. Die Werbeeinahmen würden über eine Identifikationsnummer der Verfügungsbeklagten abgerechnet. Weitere Zusammenhänge wiesen auf ihn hin. Das Gericht führte zur Beweislast aus:

„Nach Auffassung der Kammer hätte es dem Verfügungsbeklagten vor diesem Hintergrund oblegen, qualifi­ziert zu bestreiten, inhaltlich für die Homepage zumindest als Störer verantwortlich zu sein. Er übertrug die Seite nach seinem Vortrag zum 11.08.2007 auf die Anonym3.org, einer Organisation, die – wie der Name bereits mitteilt – gerade die Zuordnung und die presserechtliche Verantwortlichkeit verschleiern soll. Vor diesem Hintergrund verfügt er über weitere Kenntnisse, über die Person oder den Personenkreis, die nach seinem Vortrag nunmehr für die Inhalte dieser Homepage verantwortlich ist bzw. sind.

Zwar liegt die Darlegungslast und Beweislast dafür, dass der Verfügungsbeklagte presserechtlich für die Homepage www…com verantwortlich ist, beim Verfügungskläger. Grundsätzlich obliegt nämlich nach allgemeinen Grundsätzen dem Anspruchsteller die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs. Das würde hier jedoch be­deuten, dass der Verfügungskläger darzulegen hätte, dass der Verfügungsbeklagte die Homepage nicht an dritte Personen übertrug und so seine Verantwortlichkeit abgab. Der Verfügungskläger hat jedoch nur Kenntnis von der ursprünglichen Verantwortlichkeit für die streitgegenständliche Homepage. Davon, an wen der Verfügungsbeklagte die Verantwortlichkeit für die Homepage übertrug, hat er keine Kenntnis. Gleichwohl bliebe dabei, dass nach allgemeinen Beweisregeln hier von ihm ein Negativbeweis über Umstände aus der Sphäre des Verfügungsbeklagten verlangt werden würde. Wegen der Schwierigkeiten des Negativbeweises kann vom Prozessgegner den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast das substantiierte Bestreiten der negativen Tatsache unter Darlegung der für das Positive sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden (BGH in NJW-RR 1993, 746).

Nach diesen Grundsätzen wäre es folglich zunächst Sache des Verfügungsbeklagten, darzulegen, an wen er die Verantwortlichkeit für die Homepage übertrug. Nur diese vorgetragenen Umstände hätte der Verfügungskläger dann zu widerlegen oder ernsthaft in Frage zu stellen gehabt, zumal auch die weiteren Indizien für ein Fortbestehen der Verantwortlichkeit der Verfügungsbeklaglen sprechen.“

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