LG Mosbach, Urteil vom 03.02.2009, Az. 2 O 305/08
§§ 346 Abs. 1 a.E., Abs. 2 Nr. 1 BGB
Das LG Mosbach hat entschieden, dass der Verkäufer zwar im Falle der Nachlieferung bei mangelhafter Ware keinen Nutzungsersatz verlangen kann, dies aber nicht für den Fall des Rücktritts des Käufers vom Kaufvertrag gilt. In letzterem Fall ist der Verkäufer berechtigt, Nutzungsersatz in Rechnung zu stellen.
Zwar habe der EuGH für den Fall, dass der Käufer im Falle der Nachlieferung dem Verkäufer gegenüber gesetzlich zum Wertersatz seiner bis zur Rückabwicklung aus der mangelhaften Kaufsache gezogenen Nutzungen verpflichtet sei, die entsprechende Bestimmung des § 439 Abs. 4 i.V.m. §§ 346 Abs. 1 a.E., Abs. 2 Nr. 1, 100 BGB, als Verstoß gegen Art. 3 der Richtlinie 1999/44/EG vom 25. Mai 1999 gewertet (vgl. EuGH, JZ 2008, 942). Die vom Gemeinschaftsgesetzgeber gewollte Garantie der Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung, bedeute, dass auch ein Wertersatz für die Nutzung der mangelhaften Kaufsache ausgeschlossen sein solle (EuGH, JZ 2008, 942). Aufgrund dieser Wertungen sei § 439 Abs. 4 BGB im Wege der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung in den Fällen eines Verbrauchsgüterkaufs (§ 474 Abs. 1 S. 1 BGB) einschränkend, mit der Maßgabe anzuwenden, dass die §§ 346-348 BGB nur für die Rückgewähr der mangelhaften Kaufsache selbst gälten, dass sie hingegen nicht einen Anspruch des Verkäufers gegen den Käufer auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen oder auf Wertersatz für die Nutzung der mangelhaften Sache begründeten ( BGH, Urt.v. 26.11.2008, VIII ZR 200/05 mit Anmerkung Lorenz in LMK 2009, 273611; zur Umsetzung der EuGH-Rspr. in das nationale Recht siehe zudem Herresthal, NJW 2008, 2475).
Diese Einschränkung betreffe jedoch nur den Nutzungsersatz im Falle der Nacherfüllung durch Nachlieferung im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs, nicht jedoch die infolge eines Rücktritts wegen Sachmangels in §§ 346 I a.E., Abs. 1 Nr. 1, 100 BGB vorgesehene Verpflichtung des Käufers zum Nutzungsersatz (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., Rn. 379; Lorenz, DAR 2008, 330). Es sei der Kammer keine Stellungnahme in Rechtsprechung und Literatur bekannt, welche der Auffassung sei, dass der Käufer auch im Falle des Rücktritts keinen Nutzungsersatz schuldet.
Zwar könne sich der Verkäufer bei dieser Rechtslage aus ökonomischen Gründen einem Nacherfüllungsverlangen seines Käufers verweigern, um einen Rücktritt durch diesen herbeizuführen und Ersatz der Nutzungen, die der Käufer aus der mangelhaften Sache gezogen hat, zu verlangen. Dem könne allerdings der Käufer wiederum entgegenwirken, indem er in Fällen, bei welchem Ihm ein Ersatzlieferungsanspruch zur Verfügung stehe, auf Nacherfüllung klage und nicht zurück trete. Weiter sei zu berücksichtigen, dass eine richtlinienkonforme Einschränkung der §§ 346 Abs. 1 a.E., Abs. 2 Nr. 1, 100 BGB bei einem Rücktritt nicht geboten sei, da die Gestaltung des Rechtsfolgenregimes nach einer Vertragsauflösung i.S. des Art. 3 Abs. 5 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie – in Deutschland als „Rücktritt“ bezeichnet – den Mitgliedsstaaten überlassen sei. So laute denn auch der Erwägungsgrund Nr. 15 zur Verbrauchsgüterkaufrichtlinie: „Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass eine dem Verbraucher zu leistende Erstattung gemindert werden kann, um der Benutzung der Ware Rechnung zu tragen, die durch den Verbraucher seit ihrer Lieferung erfolgt ist. Die Regelungen über die Modalitäten der Durchführung der Vertragsauflösung können im innerstaatlichen Recht festgelegt werden.“ Damit sei eine – auch der Sache nach gerechtfertigte Verpflichtung des Käufers zum Nutzungsersatz infolge Rücktritts europarechtskonform (vgl. auch Lorenz, DAR 2008, 330).