LG München: Im „engen Kreise“ dürfen auch schon mal Gerüchte verbreitet werden

veröffentlicht am 26. Mai 2009

LG München I , Urteil vom 28.04.2009 , Az. 3 O 3253/09
§§ 823, 1004 BGB

Das LG München I ist der Rechtsansicht, dass dem Einzelnen bei der Verbreitung von Gerüchten „ein geschützter Freiraum“ zusteht (vgl. Palandt, BGB, § 823 Rdnr. 106). Mit einer Email hatte sich der Antragsgegner an die Leiterin des Kulturzentrums der Israelitischen Kultusgemeinde gewendet und von ihm zugetragenen Gerüchten berichtet, wonach die Antragstellerin Gelder ihrer früheren Arbeitsstätte veruntreut habe. Dies sei ihm aus mehreren zuverlässigen Quellen in den letzten Wochen zugetragen worden. Die Email hatte der Antragsgegner zur Kenntnisnahme auch an weitere Personen aus dem von ihm in der Israelitischen Kultusgemeinde betreuten Kulturbereich versandt.

Während die Antragstellerin behauptete, der Antragsgegner habe die Gerüchte selbst erfunden, um sie zu diffamieren, erwiderte der Antragsgegner, er habe die Gerüchte nicht selbst erfunden, vielmehr seien ihm diese aus zuverlässigen Quellen zugetragen worden. Es habe sich um eine Äußerung in einem privilegierten Kreis gehandelt. Derartige Äußerungen unterlägen keinem Unterlassungsanspruch. Es liege auch kein Verfügungsgrund vor.

In dem zu entscheidenden Fall habe es sich, so das Münchener Gericht, um eine Äußerung des Antragsgegners in einer besonders geschützten Sphäre gehandelt. Der Antragsgegner habe die Äußerung nur an Mitglieder des Kulturkreises der israelitischen Kultusgemeinde gerichtet. Nach § 1 Ziffer e) der vom Antragsgegner vorgelegten Geschäftsordnung der israelitischen Kultusgemeinde unterlägen die Mitglieder des Vorstandes einer Verschwiegenheitspflicht gegenüber jedermann. Der Antragsgegner durfte sich deshalb darauf verlassen, dass die von ihm mitgeteilten Gerüchte nicht nach außen getragen werden, mit Ausnahme an die Antragstellerin, deren Einbeziehung er ausdrücklich wünschte. Zur Klärung des Wahrheitsgehalts der Gerüchte sei das Vorgehen des Antragsgegners auch angemessen gewesen und habe die Antragstellerin mit einbezogen.

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