LG Stuttgart: Bei einer unberechtigten Abmahnung kein Schadensersatz, wenn Verdacht eines Wettbewerbsverstoßes begründet ist

veröffentlicht am 28. November 2009

LG Stuttgart, Urteil vom 07.07.2009, Az. 17 O 118/09
§§ 670; 677; 678; 683 S. 1; 823 Abs. 1 BGB

Das LG Stuttgart hat darauf hingewiesen, dass eine unberechtigte Abmahnung, die aber vor einem greifbaren Verdachtshintergrund ausgesprochen wird, dem Abgemahnten keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz gewährt. Nachdem es Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB und UWG wegen unberechtigter Abmahnung abgewiesen und auf die bestehende Rechtsprechung verwiesen hatte, widmete es sich den Erstattungsansprüchen aus § 678 BGB. Da der Abmahnende den Ersatz seiner Aufwendungen nach § 683 Satz 1, 677, 670 BGB beanspruchen könne, sei es folgerichtig, zugunsten des zu Unrecht Abgemahnten die Regelung des § 678 BGB anzuwenden (vgl. OLG München, WRP 2008, 1384 m.w.N.).

Danach habe der Abgemahnte im Ausgangspunkt einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Abmahnende habe erkennen können, dass die Übernahme der Geschäftsführung dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Abgemahnten – vorbehaltlich der Anwendung von § 679 BGB – widersprochen habe und zwar auch wenn ihm ein sonstiges Verschulden nicht zu Last gefallen sei. Das erforderliche Übernahmeverschulden gemäß § 678 BGB liege indes noch nicht vor, wenn der Abmahnende rechtliche Zweifel habe, ob seine Abmahnung berechtigt sei. Das würde dem Sinne der Abmahnung widersprechen, mit der eine prozessuale Auseinandersetzung im Interesse der Parteien und der Gerichte vermieden werden solle (vgl. § 93 ZPO). Wenn nach Lage des Falles vernünftige Überlegungen es rechtfertigten, eine Ungewissheit gegenüber einem Mitbewerber zu klären, sei ein Erstattungsanspruch aus § 678 BGB nicht gegeben (OLG Hamburg NJW-RR 2003, 857).

Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen sei der Beklagten vorliegend ein Übernahmeverschulden für die unberechtigte Abmahnung nicht zur Last zu legen. Die Beklagte habe ihre Abmahnung vom 19.09.2007 auf Beschwerden gestützt, die bei ihr eingegangen seien, wonach der Kläger in seinem Tankstellenshop Einweggetränkeverpackungen und -dosen nicht zurückgenommen habe. Der Kläger habe dagegen geltend gemacht, dass er lediglich über eine Verkaufsfläche von 84,35 qm verfüge, so dass er gemäß § 6 Abs. 1 Satz 5 Verpackungsverordnung nur verpflichtet sei, Verpackungen der Marken, die er selbst in Verkehr bringe, zurückzunehmen. Über welche konkrete Verkaufsfläche der Kläger verfügte, war unsicher. Bei einer solchen Sachlage habe die streitgegenständliche Abmahnung dazu gedient, einen streitigen Sachverhalt außergerichtlich zu klären. Dem Kläger wurde hierdurch die Möglichkeit eingeräumt, die Angelegenheit zu erläutern.

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