LG Trier Urteil vom 14.02.2025, Az. 7 HK O 6/25
§ 3 UWG, § 3a UWG, § 5a Abs. 2 UWG, § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 UWG, § 5 S.1 DDG
Das LG Trier hat entschieden, dass die gesetzliche Anbieterkennzeichnung eines Internetauftritts auch durch eine Verlinkung auf das Impressum einer Website erfüllt werden kann. § 5 DDG sehe nicht vor, dass für jeden digitalen Dienst ein besonderes „Impressum“ vorgehalten werden müsse, dass also vorliegend quasi auf der Homepage der Verfügungsbeklagten einmal die erforderlichen Pflichtangaben für die Homepage selbst und einmal für die andere Homepage anwalt.de aufgeführt sein müssen. Vielmehr müssten bei einem digitalen Dienst Informationen ständig verfügbar gehalten werden. Diese unterschieden sich jedoch nicht je nach Homepage. Vor diesem Hintergrund könne in dem anwalt.de-Konto auf das Impressum der Homepage verlinkt werden. Hinweis: Auf der Homepage der Verfügungsbeklagten waren die von dem Verfügungskläger monierten Informationen zu § 5 Abs. 1 Nr. 3 und 5 DDG enthalten. Zum Volltext der Entscheidung:
Landgericht Trier
Urteil
…
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
2. Der Verfügungskläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Verfügungskläger kann die Vollstreckung der Verfügungsbeklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Der Verfügungskläger wurde im April 2010 gegründet und ist im Vereinsregister des Amtsgerichts Frankfurt am Main unter der Registernummer VR …eingetragen. Er ist einer der vier im Rechtsdienstleistungsregister (www.rechtsdienstleistungsregister.de) aufgeführten großen Verbände dieser Branche. Ferner ist er als qualifizierter Wirtschaftsverband seit dem 06.11.2023 in der vom Bundesamt der Justiz geführten Liste gemäß § 8b UWG eingetragen und erfüllt insofern im öffentlichen Interesse liegende Aufgaben zur Einhaltung der Regeln des fairen Wettbewerbs. Darüber hinaus ist der Verfügungskläger eine nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UKlaG anspruchsberechtigte Stelle und nach § 13 Abs. 1 UKlaG auskunftsberechtigt.
Die Verfügungsklägerin hat mehr als 75 Mitglieder aus dem Bereich Inkassounternehmen, Inkasso-Rechtsanwaltskanzleien und Handwerkskammern mit Inkassoabteilung. Die Verfügungsbeklagte ist als Rechtsanwältin in den Bereichen Zwangsvollstreckungsrecht, Erbrecht, Mietrecht, Grundstücksrecht und Zivilrecht tätig.
Die Verfügungsbeklagte unterhält auf der Plattform anwalt.de zu geschäftlichen Zwecken einen Internetauftritt (vgl. dazu Anlage 2 zur Antragsschrift vom 20.01.2025), auf dem im Dezember 2024 weder die Informationen zur zuständigen Aufsichtsbehörde, zur zuständigen Rechtsanwaltskammer, zur verliehenen Berufsbezeichnung noch zu berufsrechtlichen Regelungen vorhanden war. Auf der Seite war zweimal die Homepage der Verfügungsbeklagten verlinkt, auf der (vgl. dazu Anlage AG4 zum Schriftsatz vom 28.01.2025) wiederum durch eine Verlinkung auf die Überschrift „Impressum“ Informationen zur Rechtsanwaltskammer, zum Staat, der die gesetzliche Berufsbezeichnung verliehen wurde und die Bezeichnung der berufsrechtlichen Regelungen sowie die Angabe, wie diese Regelungen zugänglich sind, abgerufen werden konnten (vgl. dazu Anlage AG5 zum Schriftsatz vom 28.01.2025). Die Verlinkungen auf der Seite anwalt.de waren in der Farbe Blau gehalten und durch ein Verlinkungssymbol hervorgehoben. Die zweite Verlinkung ist in Fettschrift überschrieben mit
„Kontaktdaten von …“ sowie „Kontakt“.
Der Verfügungskläger erhielt hiervon Kenntnis am 23.12.2024 und mahnte die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 27.12.2024 wegen einer behaupteten Nichteinhaltung der Impressumspflicht ab. Die Verfügungsbeklagte hat die Abgabe der Unterlassungserklärung abgelehnt, aber auf der Seite anwalt.de die Pflichtangaben hinzugefügt. Neben der Verfügungsbeklagten wurden noch mindestens drei weitere Anwälte abgemahnt.
Der Verfügungskläger trägt vor, auf Grund einer am 23.12.2024 erhaltenen Beschwerde sei er auf den Wettbewerbsverstoß aufmerksam geworden. Die Verlinkungen reichten nicht aus, da auf der Homepage nirgendwo darauf hingewiesen werde, dass sich auf der verlinkten Internetseite ein Impressum befinde. Zudem sei auf der verlinkten Seite kein besonderes Impressum für anwalt.de vorhanden und ein weiterer Berufsträger aufgeführt.
Der Verfügungskläger beantragt:
Der Verfügungsbeklagten wird aufgegeben, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr betreffend Zwangsvollstreckungs- und / oder Inkassodienstleistungen eine Webseite zu betreiben, ohne folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten: Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde, den Staat, in dem die gesetzliche Berufsbezeichnung verliehen worden ist, die Bezeichnung der berufsrechtlichen Regelungen und die Angabe, wie diese Regelungen zugänglich sind, wenn dies geschieht, wie es am 27.12.2024 unter der URL https://www…. erfolgt und in der Anlage 2 der Antragsschrift vom 20.01.2025 wiedergegeben ist.
Die Verfügungsbeklagte beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Sie meint, das Impressum sei leicht erkennbar und unmittelbar erreichbar gewesen, da die Verlinkungen nicht zu übersehen gewesen seien. Der Verfügungskläger handele rechtsmissbräuchlich in Gewinnerzielungsabsicht.
Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 06.03.2025 hat der Verfügungskläger neuen Sachvortrag gehalten (für diesen wird auf Bl. 53 d.A. verwiesen).
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig, aber unbegründet.
I.
1. Der Antrag ist zulässig.
Der Verfügungskläger ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG berechtigt, den Anspruch geltend zu machen. Ihm gehört eine erhebliche Anzahl an Unternehmern an, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben.
2. Der Verfügungskläger hat aber keinen Verfügungsanspruch aus §§ 3, 3a, 5a Abs. 2, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 UWG i.V.m. § 5 Satz 1 DDG. Es fehlt an einem Verstoß gegen § 5 DDG.
a) Das Impressum auf der Homepage der Verfügungsbeklagten genügt den Anforderungen für anwalt.de. § 5 DDG sieht nicht vor, dass für jeden digitalen Dienst ein besonderes „Impressum“ vorgehalten werden muss, dass also quasi auf der Homepage der Verfügungsbeklagten einmal die erforderlichen Pflichtangaben für die Homepage selbst und einmal für die andere Homepage anwalt.de aufgeführt sein müssen. Vielmehr müssen bei einem digitalen Dienst Informationen ständig verfügbar gehalten werden müssen. Diese unterscheiden sich nicht je nach Homepage. Dabei sind auf der Homepage der Verfügungsbeklagten die von dem Verfügungskläger monierten Informationen zu § 5 Abs. 1 Nr. 3 und 5 DDG enthalten.
Soweit der Verfügungskläger in der mündlichen Verhandlung moniert hat, dass auf der Homepage auch noch zusätzliche Berufsträger aufgeführt sind, hat er nicht glaubhaft gemacht, dass dies auch bereits zum Zeitpunkt des behaupteten Verstoßes der Fall gewesen wäre, und dies ergibt sich auch nicht aus den von der Verfügungsbeklagten eingereichten Anlagen AG4 und AG5. Im Übrigen wären dann aber auch die Pflichtangaben für anwalt.de auf der Homepage enthalten, da auf der Seite anwalt.de zum Zeitpunkt des behaupteten Verstoßes – wie sich auch dem von der Verfügungsklägerseite eingereichten Screenshot ergibt (vgl. Anlage 2 zur Antragsschrift) – nur die Verfügungsbeklagte und ansonsten kein Berufsträger aufgeführt ist. Selbst für die Homepage der Verfügungsbeklagten läge nicht zwangsläufig ein Verstoß vor, da die Pflichtangaben gemacht wurden und nur der Dienstanbieter nach § 5 DDG die Angaben machen muss. Ist dies die Verfügungsbeklagte, so muss der weitere Berufsträger nicht bei den Pflichtangaben aufgeführt werden. Jedenfalls wäre aber ein Verstoß auf der Homepage der Beklagten nach der Kerntheorie nicht von dem behaupteten Verstoß erfasst.
b) Das Impressum auf der Homepage der Verfügungsbeklagten ist auch für den Internetauftritt bei anwalt.de leicht erkennbar und unmittelbar erreichbar.
(1) Einem durchschnittlich informierten Nutzer des Internets war es bereits in den frühen 2000ern bekannt, dass mit dem Begriffen „Kontakt“ und „Impressum“ Links bezeichnet werden, über die der Nutzer zu einer Internetseite mit den Angaben zur Anbieterkennzeichnung gelangt (vgl. nur BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 – I ZR 228/03 –, Rn. 20, juris). Daran hat sich nichts geändert. Üblich ist insoweit auf vielen Homepages, dass der Link zu den Angaben des § 5 DDG ganz am Anfang unter den verschiedenen Überschriften oder oftmals auch am Ende der Homepage auffindbar ist. Insoweit geht ein durchschnittlicher Internetnutzer davon aus, dass bei einem am Ende des Auftritts der Verfügungsbeklagten durch Umrandung und Fettdruck stehenden Links unter den Überschriften „Kontaktdaten“ und „Kontakt“ die maßgeblichen Informationen aufgerufen werden können. Dass vorliegend nicht der Begriff „Kontakt“, sondern die Bezeichnung der Homepage http://www.kanzlei-…/ verlinkt wurde, ändert daran nichts. Ein durchschnittlich informierter Internetnutzer wird durch die blaue Schriftfarbe und das Verlinkungssymbol sofort erkennen, dass der Begriff „Kontakt“ nicht verlinkt ist, aber die praktisch direkt unter diesem stehende Homepage. Leicht erkennbar ist insoweit auch, dass dort die relevanten Informationen abrufbar sind. Durch die Gestaltung erhöht sich sogar die Erkennbarkeit, da unter Kontakt auch die Emailadresse der Verfügungsbeklagten hinterlegt ist und ein Nutzer nicht im Unklaren darüber sein kann, ob es sich bei dem Link um ein Kontaktformular oder die maßgeblichen Informationen nach § 5 DDG handelt (vgl. dazu: BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 – I ZR 228/03 –, Rn. 21, juris).
Vorliegend gelangte man mit einem Klicken auf die Verlinkung direkt auf die Homepage der Verfügungsbeklagten, auf der direkt ganz oben unter dem Logo der Verfügungsbeklagten als eine von mehreren Überschriften der Begriff „Impressum“ verlinkt ist. Nach einem Klicken auf diesen gelangt man auf die Unterseite Impressum, auf der die erforderlichen Pflichtangaben nach § 5 DDG direkt aufgeführt sind.
Soweit der Verfügungsbeklagte vorträgt, das OLG Frankfurt habe entschieden, dass ein Link auf die eigene Homepage grundsätzlich ungeeignet sei, trifft dies nicht zu (OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.02.2025, Anlage 7 zum Schriftsatz vom 06.03.2025, soweit ersichtlich, nicht veröffentlicht). Das OLG hat vielmehr nur festgestellt, dass bei dem dort entschiedenen Fall für die weiterführenden Links kein Hinweis wie „Kontakt“ oder „Impressum“ gewählt wurden, sondern nur die Internet-Adresse angegeben wurde (dort unter II. 2. c) b). Vorliegend war aber gerade ein Hinweis durch die Überschrift „Kontakt“ gegeben. Hingewiesen sei insofern darauf, dass das OLG Frankfurt gerade nicht darauf besteht, dass der Link mit „Kontakt“ oder „Impressum“ bezeichnet wird, sondern es ausreicht, dass ein derartiger Hinweis vorhanden ist.
Auch geht die Argumentation der Verfügungsklägerseite mit „Teilimpressen“ ins Leere. Auf der Homepage der Verfügungsbeklagten war nach dem Vortrag der Parteien ein vollständiges Impressum vorhanden. Für einen Suchenden liegt aber dann nichts näher, als unter Kontakt die sonstigen Informationen zu vermuten.
Das behauptete Fehlen einer Datenschutzerklärung im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 06.03.2025 ist nach § 296a S. 1 ZPO nicht zu berücksichtigen. Gründe für eine Wiedereröffnung nach § 156 ZPO liegen keine vor und es wurde auch kein Schriftsatznachlass gewährt, § 296a S. 1 ZPO. Weder erfolgte ein richterlicher Hinweis noch wurde von Verfügungsbeklagtenseite neuer Sachvortrag gehalten, §§ 139 Abs. 5, 283 ZPO. Soweit der Kammer bei kurzer Recherche ersichtlich, ergibt sich die Verpflichtung zu einer Datenschutzerklärung aber auch nicht aus § 5 DDG, sondern aus der TDDDG. Insoweit handelt es sich um einen nicht kerngleichen Verstoß, der vom Klageantrag nicht gedeckt wäre.
(2) Unmittelbare Erreichbarkeit ist gegeben, wenn die erforderlichen Informationen ohne wesentliche Zwischenschritte aufgerufen werden können (BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 – I ZR 228/03 –, Rn. 22, juris; OLG Hamburg GRUR-RR 2003, 92; BeckOK InfoMedienR/Ott, 46. Ed. 1.11.2024, DDG § 5 Rn. 22, beck-online). Die Angaben müssen ohne langes Suchen auffindbar sein (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf eines Gesetzes über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr, BT-Drucks. 14/6098, S. 21). Dabei wird ganz allgemein eine Unmittelbarkeit bejaht, wenn – wie hier – nur zwei Schritte benötigt werden, um zu den Pflichtangaben zu gelangen (BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 – I ZR 228/03 –, Rn. 23, juris; BeckOK InfoMedienR/Ott, 46. Ed. 1.11.2024, DDG § 5 Rn. 22, beck-online). Das Erreichen einer Internetseite über zwei Links erfordert regelmäßig – wie hier auch – kein langes Suchen (für den ganzen Absatz: BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 – I ZR 228/03 –, Rn. 23, juris, m.w.N.). Unschädlich ist auch, dass der Link auf eine andere Homepage führt (LG Trier, Urteil vom 1.
August 2017 – 11 O 258/16 –, Rn. 13, juris). Für die Unmittelbarkeit (wie auch die Erkennbarkeit) spielt es keine Rolle, ob eine Verlinkung auf eine Unterseite der Homepage oder eine andere Homepage erfolgt.
Soweit der Verfügungskläger im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 06.03.2025 vorgetragen hat, dass ein Dritter Klick erforderlich sei, weil man den Cookies-Hinweis wegklicken müsste, ist der Vortrag nach § 296a S. 1 ZPO nicht zu berücksichtigen. Gründe für eine Wiedereröffnung nach § 156 ZPO liegen keine vor und es wurde auch kein Schriftsatznachlass gewährt, § 296a S. 1 ZPO. Weder erfolgte ein richterlicher Hinweis noch wurde von Verfügungsbeklagtenseite neuer Sachvortrag gehalten, §§ 139 Abs. 5, 283 ZPO.
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 6, 711 ZPO.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.