LG Trier, Urteil vom 24.05.2024, Az. 7 HK O 32/23
§ 8 Abs. 1 S. 1 UWG, § 3 UWG, § 5a Abs. 4 S. 1 UWG
Das LG Trier hat entschieden, dass die Verwendung eines PR-Artikels im Rahmen einer Wochenzeitung ohne Hinweis auf den Werbe- bzw. Anzeigencharakter des Artikels eine Irreführung und damit eine Wettbewerbswidrigkeit darstellen. Interessant an dem Urteil ist, dass die Trierer Kammer trotz fehlender Bezahlung keine Ausnahme nach § 5a Abs. 4 S. 1 UWG vorliegen sah. Ein kommerzieller Zweck liegt danach bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt. Ausreichend für die Entgeltlichkeit sei vielmehr, so die Kammer, dass die Wochenzeitung als ähnliche Gegenleistung für Text und abgebildetes Foto kein Nutzungsentgelt habe entrichten müssen. Beides würden geldwerte Leistungen darstellen. Zum Volltext der Entscheidung:
Landgericht Trier
Urteil
…
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, jeweils zu vollstrecken an der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten, zu unterlassen, geschäftlich handelnd, werbliche Veröffentlichungen in Gestalt redaktioneller Beiträge zu tätigen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 4 (“…“).
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 374,50 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2023 zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist im Hinblick auf Ziffer 1 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 € vorläufig vollstreckbar, im Hinblick auf Ziffer 2 und 3 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die rechtliche Zulässigkeit eines Beitrags in einer der Wochenzeitungen der Beklagten, bei dem eine Vorlage eines Unternehmens verwendet wurde, in dem eines von deren Produkten positiv genannt wird.
Der Kläger wurde am 17.01.1912 in Berlin gegründet und hat seinen Sitz in Frankfurt am Main und seine Verwaltung in Bad Homburg vor der Höhe. Er stellt die größte und einflussreichste bundesweit und grenzüberschreitend tätige Selbstkontrollinstitution zur Durchsetzung des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb dar. Ihm gehören heute rund 2.000 Mitglieder an, ca. 1.100 Unternehmen und ca. 800 Verbände, darunter alle Industrie- und Handelskammern des Bundesgebietes (außer IHK Aachen), die Handwerkskammern und weitere Verbände. Der Kläger ist beim Bundesamt der Justiz in die dort geführte Liste der klagebefugten qualifizierten Wirtschaftsverbände gemäß § 8b UWG eingetragen.
Die Beklagte betreibt sogenannte „Medienhäuser“ und „Druckhäuser“ und bietet Leistungen im Zusammenhang mit der Herstellung und dem Vertrieb von Medienerzeugnissen an. Sie ist u. a. auch Herausgeberin und Verlegerin der Wochenzeitung „… aktuell“. Hierbei handelt es sich um eine Wochenzeitung für die Verbandsgemeinde …. Die Wochenzeitung enthält sowohl einen amtlichen als auch einen nicht-amtlichen Teil. Der nicht-amtliche Teil enthält redaktionelle Beiträge sowie Werbeanzeigen.
Die Beklagte veröffentlichte folgenden Artikel auf Seite 27 der Ausgabe 16/23 der Wochenzeitung „… aktuell“:
[…]
Der Artikel beruht auf einem von der DJD Deutsche Journalisten Dienste GmbH & Co. KG (nachfolgend: DJD) erstellten Beitrag. Dieses bietet Unternehmen die Erstellung und Verbreitung von PR-Artikeln an. Die DJD stellt Journalisten und Zeitungsredaktionen Artikel wie den Folgenden kostenlos zur Verfügung. Dabei gibt es jeweils eine Lang- und eine Kurzfassung. Die Artikel können kostenlos heruntergeladen und im eigenen Medium verwendet werden.
Das in dem streitgegenständlichen Beitrag sowie in den anderen Artikeln genutzte Foto wird bei dem … … gegen Entgelt lizensiert. So kann das Foto grundsätzlich nur im Rahmen eines abgeschlossenen entgeltpflichtigen Abonnements oder im Rahmen einer erweiterten Lizenz gegen Entgelt genutzt werden. Bilddatenbanken bieten im Internet die entgeltfreie Nutzung von anderen Lichtbildern an.
Mit Schreiben vom 11.05.2023 mahnt der Kläger die Beklagte ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Der Kläger machte eine Kostenpauschale in Höhe von 374,50 € geltend. Die Beklagte verweigerte mit Schreiben vom 25.06.2023 und 07.06.2023 die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.
Der Kläger trägt vor, dass auf der gleichen Grundlage basierende Texte und das Lichtbild auch an anderen Stellen im Internet heruntergeladen werden konnte. DJD habe von … für die Erstellung des Artikels ein Entgelt erhalten. Der Text sei 1:1 aus dem PR-Artikel entnommen worden. Die Nutzung des Artikels sowie des Lichtbilds stellten geldwerte Vorteile dar. Jedenfalls habe die Beklagte den Rechercheaufwand erspart.
Mitglieder bei ihm seien alle Industrie- und Handelskammern des Bundesgebietes (außer die IHK Aachen). Damit seien alle Medien- und Verlagsgesellschaften mit einer Betriebsstätte in Deutschland gleichzeitig auch Mitglieder einer IHK. Weiter gehörten ihr der Bundesverband Digital Publisher und Zeitungsverleger an, deren Mitglied wiederum der Verband der Zeitungsverleger in Rheinland-Pfalz und Saarland e.V. sei. Diesem gehörten eine Vielzahl von Medienunternehmen in Rheinland-Pfalz an. Für die diesbezüglichen Einzelheiten und für weitere behauptete Mitglieder wird auf Bl. 54ff d.A. verwiesen.
Dem Kläger entstünden durch eine Abmahnung momentan Kosten in Höhe von 1.164,97 € (ohne Mehrwertsteuer; zu den Einzelheiten vgl. 9 d.A.).
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu € 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, jeweils zu vollstrecken an der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten, zu unterlassen, geschäftlich handelnd werbliche Veröffentlichungen in Gestalt redaktioneller Beiträge zu tätigen, ohne diese eindeutig als „Anzeige“ zu kennzeichnen, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 4 („…“);
2. an den Kläger € 374,50 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
sowie hilfsweise für den Fall des Unterliegens bei dem Antrag zu Ziffer 1),
die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeld in Höhe bis zu 250.000 € –
ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, jeweils zu vollstrecken an der persönlich haftenden Gesellschafterin des Beklagten, zu unterlassen, geschäftlich handelnd werbliche Veröffentlichungen in Gestalt redaktioneller Beiträge zu tätigen, wenn dies geschieht, wie in der Anlage K4 (“…“).
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, ein Mitarbeiter habe eine Inspiration für den Text bei DJD heruntergeladen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
I.
Die Klage ist zulässig. Der Kläger ist klagebefugt nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.
Das Erfordernis der „erheblichen Zahl von Gewerbetreibenden, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben“ erfüllt die Klägerin schon deshalb, weil ihr (fast) sämtliche Industrie- und Handelskammern angehören (vgl. m.w.N.: BGH, Urteil vom 6. Februar 1997 – I ZR 234/94 –, Rn. 14, juris). Die durch diese Institutionen vermittelte mittelbare Mitgliedschaft, die den Anforderungen genügt, erstreckt sich auch auf den hier maßgebenden Bereich des Pressewesens.
Die Kammer hat im Wege des Freibeweises durch Telefonat mit der Geschäftsführerin der IHK Trier … festgestellt, dass die IHK Trier Mitglied der Klägerin ist und dass auch – soweit Frau … bekannt – die anderen IHKs Mitglied der Klägerin sind. Nachträglich per Email vom selben Tage teilte sie mit, dass zahlreiche Medienhäuser Mitglieder der IHK Trier sind, u.a. auch die bekannten regionalen Zeitungsverlage.
Zweifel an den Angaben von Frau … hat die Kammer nicht. Diese hat glaubhaft und nachvollziehbar die von ihr bekundeten Tatsachen dargelegt.
Die Zuwiderhandlung berührt auch die Interessen ihrer Mitglieder.
II.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Kennzeichnung eines solchen Beitrags als „Anzeige“.
Ein solcher Anspruch könnte sich aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3 Abs. 1, 3a UWG i.V.m. § 14 LMedienG Rheinland-Pfalz (nachfolgend: LMG) ergeben. Die Beklagte hat aber nicht gegen § 14 LMG verstoßen., da sie kein Entgelt erhalten hat.
Aus Sicht der Kammer meint Entgelt insofern ausdrücklich nur eine vertragliche Gegenleistung, im Normalfall Geld. Dafür spricht eine Auslegung des Begriffs. Dieser wird üblicherweise und auch im juristischen Sprachgebrauch als vertragliche Gegenleistung verstanden (vgl. MüKoBGB/Weber, 9. Aufl. 2023, BGB § 491 Rn. 37; Beck HOAI/Vogel/Langjahr, 3. Aufl. 2022, HOAI § 1 Rn. 6; Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Entgelt Rn. 1, beck-online; https://de.wikipedia.org/wiki/Entgelt). Für die vorgenannte Auslegung spricht auch der Vergleich mit § 5a Abs. 4 S. 2 UWG, der ausdrücklich als Tatbestandsvoraussetzungen ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung fordert. Die Kammer ist sich zwar bewusst, dass die Vorschriften von unterschiedlichen Gesetzgebern formuliert wurden. Gleichwohl gibt der Wortlaut von § 5a Abs. 4 S. 2 UWG einen Anhaltspunkt für die Auslegung des § 14 LMG. Offensichtlich ist der Bundesgesetzgeber nicht davon ausgegangen, dass Entgelt sämtliche Gegenleistungen erfasst, weswegen er den Begriff „ähnliche Gegenleistung“ hinzugefügt hat.
Aus dem Vortrag der Parteien ergibt sich aber keine vertragliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem DJD, weswegen die Nutzung des Artikels kein Entgelt ist. Der Beklagten wurden nur der Artikel und die Bildrechte zur freien Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.
III.
Dem Kläger steht aber ein Anspruch gegen die Beklagte auf Unterlassung der Veröffentlichung aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3, 5a Abs. 4 S. 1 UWG zu.
Dabei muss die Kammer nicht über den Hilfsantrag entscheiden, sondern der Antrag ist als „weniger“ in dem ursprünglichen Antrag enthalten. Der Beklagten wird nicht vorgegeben, wie sie in solchen Fällen vorzugehen hat, sondern nur, dass sie auf diese Art und Weise solche Artikel nicht veröffentlichen darf.
1. Bei der beanstandeten Veröffentlichung handelte es sich um eine „geschäftliche Handlung“ der Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Nach der genannten Bestimmung ist eine solche Handlung jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt (BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 – I ZR 2/11 –, Rn. 13, juris). Der Begriff der „geschäftlichen Handlung“ gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG reicht weiter als der unionsrechtliche Begriff der „Geschäftspraktiken“ in Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, der nur Verhaltensweisen von Gewerbetreibenden umfasst, die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts an Verbraucher zusammenhängen. Nach der Definition des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG erfasst der Begriff der „geschäftlichen Handlung“ auch Maßnahmen gegenüber Unternehmern und sonstigen Marktteilnehmern sowie Verhaltensweisen, die sich unmittelbar gegen Mitbewerber richten. Ebenso werden Handlungen Dritter zur Förderung des Absatzes oder Bezugs eines fremden Unternehmens umfasst, die nicht im Namen oder im Auftrag des Unternehmers handeln (BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 – I ZR 2/11 –, Rn. 13, juris).
Ein im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb wettbewerbswidriges Handeln liegt vor, wenn das Verhalten objektiv geeignet sei, den Absatz oder den Bezug einer Person zum Nachteil einer anderen zu begünstigen (BGH aaO Rn. 14). Dies ist der Fall. Die Veröffentlichung des Artikels mit der Nennung des Produkts … als Heilmittel gegen Kopfschmerzen ist geeignet, den Absatz des Herstellers des Arzneimittels zu steigern.
2. Die Beklagte verstieß gegen § 5a Abs. 4 S. 1 UWG.
a) Grundlage des in Verbots redaktioneller Werbung ist die damit regelmäßig einhergehende Irreführung des Lesers, der dem Beitrag aufgrund seines redaktionellen Charakters unkritischer gegenübertritt und ihm auch größere Bedeutung und Beachtung bemisst (für den ganzen Absatz m.w.N.: BGH, Urteil vom 31.10.2012, I ZR 205/11, juris). Wird in einer Zeitschrift der redaktionelle Teil mit Werbung vermischt, ist im Allgemeinen eine Irreführung anzunehmen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der redaktionelle Beitrag das Produkt über das durch eine sachliche Information bedingte Maß hinaus werbend darstellt. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Inhalt des Berichts, dessen Anlass und Aufmachung sowie die Gestaltung und Zielsetzung des Presseorgans, zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 18. Februar 1993 – I ZR 219/91, GRUR 1993, 565, 566 = WRP 1993, 478 – Faltenglätter; ).
Dabei liegt in der Veröffentlichung eines redaktionellen Beitrags, welcher ein Produkt über das durch eine sachliche Information bedingte Maß hinaus werbend darstellt, indem er beispielsweise trotz einer Vielzahl von Produkten entsprechender Art nur ein Erzeugnis nennt, eine sittenwidrige Förderung fremden Wettbewerbs (BGH, Urteil vom 30. Juni 1994 – I ZR 167/92 –, Rn. 23, juris).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein werblicher Überschuss auch vorliegen, wenn der Artikel – wie hier – weder gegen Entgelt noch im Zusammenhang mit Anzeigenwerbung geschaltet wurde. Dies liegt darin begründet, dass der Verkehr dem redaktionell gestalteten Beitrag als einer Information eines am Wettbewerb nicht beteiligten Dritten regelmäßig größere Bedeutung und Beachtung beimisst als entsprechenden, ohne weiteres als Werbung erkennbaren Angaben des Werbenden selbst (BGH, Urteil vom 7. Juli 1994 – I ZR 104/93 –, Rn. 13, juris).
b) Es handelt sich um als Information getarnte Werbung.
Aus den Umständen des Einzelfalles ergibt sich, dass für einen durchschnittlich informierten und aufmerksamen Leser ein werblicher Überschuss besteht, was der Vorsitzende als Mitglied der angesprochenen Zielgruppe einschätzen kann. Dafür spricht zunächst die zweimalige Nennung des Produktnamens („… Kopfschmerz- und Migräne Report 2022“, „…“). Das Produkt wird zusätzlich noch als „bewährt“ und „gutverträglich“ bezeichnet. Der Artikel hat auch keinen besonderen Anlass, sondern nur einen von dem Unternehmen geschaffenen, nämlich eine Umfrage mit nicht besonders überraschenden Ergebnissen. Auch die Zielsetzung des Presseorgans als nach Eigenaussage kleine Zeitung, bei der der Verkehr keine hochwertige journalistische Leistung erwartet steht einer solchen Bewertung nicht entgegen. Auch in einer solchen „kleinen“ Zeitung erwartet der Leser nicht, dass PR-Artikel als eigene Artikel des Presseorgans ohne Kennzeichnung dargestellt werden.
c) Die Anwendung des § 5a Abs. 4 S. 1 UWG ist auch nicht durch dessen Absatz 2 ausgeschlossen. Danach liegt ein kommerzieller Zweck bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt.
Die Beklagte hat aber als ähnliche Gegenleistung die Nutzungsrechte an dem Artikel und an dem Bild erhalten. Beides stellen geldwerte Leistungen dar.
Die Kammer ist dabei davon überzeugt, sich der Mitarbeiter der Beklagten durch den Artikel nicht nur hat inspirieren lassen, sondern ihn fast unverändert übernommen hat. Dies ergibt sich aus der durch die von dem Kläger eingereichten Veröffentlichungen eines anderen Presseorgans. Die Formulierungen im … Stadtjournal entsprechen denen in dem von der Beklagten veröffentlichten Artikel (Seite 37, vgl. Anlage K 36 zum Schriftsatz vom 08.06.2024). Die einzige Abänderung ist, dass bei dem Artikel im … Stadtjournal die Prozentzahlen herausgekürzt wurden. Dass aber bei zwei Bearbeitungen bis aufs Wort gleiche Formulierungen verwendet werden, spricht gegen eine wesentliche Änderung des Ursprungsartikels durch die Beklagte.
Der Begriff „ähnliche Gegenleistung“ ist dabei dahingehend auszulegen, dass – anders als bei § 14 LMG – keine vertragliche finanzielle Gegenleistung erforderlich ist, sondern auch sonstigen Gegenleistungen ausreichen. Dies ergibt sich bereits aus einer Auslegung des Wortlauts der Vorschrift. Sähe man dies anders, so hätte die ähnliche Gegenleistung neben Entgelt keinen Anwendungsbereich. Dabei können die Nutzungsrechte unter den Wortlaut des Begriffes „ähnliche Gegenleistung“ subsumiert werden.
Auch Sinn und Zweck der Regelung sprechen für eine derartige Auslegung. Der Gesetzgeber hat diese insbesondere eingeführt, um einen sicheren Rechtsrahmen für Influenzer zu schaffen, wenn diese Waren oder Dienstleistungen anderer Unternehmen empfehlen, ohne davon selbst finanziell zu profitieren (BT-Drucksache 19/27873, Seite 34). Erfasst werden sollen also unbeeinflusste Empfehlungen, was aber vorliegend durch die Vorarbeit der Erstellung des Artikels und der Zurverfügungstellung der Bildrechte nicht der Fall ist.
Auch der Wille des Gesetzgebers spricht für eine solche Auslegung. Dieser hat in der Gesetzesbegründung als ähnliche Gegenleistungen Provisionen, Produkte, die genutzt werden dürfen, Pressereisen, Stellung von Ausrüstung oder Kostenübernahme genannt. Demgegenüber hat er die bloße Steigerung der Bekanntheit nicht als Gegenleistung angesehen (BT-Drucksache 19/27873, Seite 34).
Vorliegend wurde der Beklagten eine Dienstleistung zur Verfügung gestellt, die die Beklagte nutzen durfte. Die Beklagte hat sich zumindest die Erstellung des Artikels wie auch die Suche nach einem passenden Bild in freien Bilddatenbanken – also Arbeitszeit eines Mitarbeiters – erspart, was eine geldwerte Gegenleistung darstellt (für Bildrechte bei Auslegung Anhang Nr. 11 zu § 3 Abs. 3 UWG vgl. EuGH, Urteil vom 2. September 2021 – C-371/20 –, Rn. 46, juris). Insoweit ergibt sich aus Sicht der Kammer kein wesentlicher Unterschied zu Pressereisen oder Produkten, die genutzt werden dürfen. Bei Pressereisen ist der einzige (und geringere) Vorteil für das Medienunternehmen, dass der teilnehmende Journalist einen Artikel über die Reise fertigen kann. Vorliegend steht bereits ein vollständiger Artikel zur Verfügung.
d) Eine solche Veröffentlichung ist aber nicht unbedingt als Anzeige zu bezeichnen. Vielmehr können auch andere Begriffe wie z.B. „Werbung“ verwendet werden (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 42. Aufl. 2024, UWG Anhang (zu § 3 Abs. 3) Rn. 11.5).
IV.
1. Ein Anspruch auf Zahlung der Abmahnungspauschale ergibt sich aus § 13 Abs. 3 UWG. Die Kammer schätzt die Abmahnungspauschale nach § 287 Abs. 1 ZPO auf 374,50 €. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Kläger, der einen umfangreichen gemeinnützigen Zweckbetrieb für den Abmahnbereich unterhält, 350,00 EUR zzgl. Umsatzsteuer verlangen kann (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 42. Aufl. 2024, UWG § 13 Rn. 132). Anhaltspunkte dafür, dass sich dieser Betrag verringert hat, bestehen nicht.
2. Die Zinsforderung folgt aus §§ 288, 291 ZPO.
V.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 25.000,00 € festgesetzt.