OGH: Urheberrechte können nicht verwirkt werden

veröffentlicht am 15. März 2011

OGH, Urteil vom 11.03.2010, Az. 4 Ob 195/09
Art. 9 Abs. 1 Marken-RL

Der österreichische Oberste Gerichtshof (OGH) hat entschieden (Zum Volltext der Entscheidung s. unten), dass ein Urheber seine Urheberrechte nicht durch die unterlassene Unterbindung der widerrechtlichen Nutzung seines Werks durch Dritte verwirken kann. Die Zustimmung eines Architekten, dass das Bauwerk (hier: das Hundertwasser-Haus in Wien) ohne sein Mitwirken fertig gestellt werden dürfe, sei kein konkludenter Verzicht auf seine Rechte als Miturheber. Für das österreichische Urheberrecht werde die Verwirkung von Lehre und Rechtsprechung nicht anerkannt. Zunächst sei davon auszugehen, dass die Marken-RL, deren analoge Anwendung die Beklagte begehrte, eine markenrechtliche Sondernorm sei, die keinen Geltungsbereich für andere Rechtsbereiche beanspruche. Dazu komme dass Art. 9 Abs. 1 Marken-RL den Investitionsschutz desjenigen bezwecke, der durch fünf Jahre hindurch für sein Kennzeichen („jüngere Marke“) auf dem Markt einen Bekanntheitsgrad erworben habe, wobei durch die Verletzungshandlung ein potentielles neues Kennzeichenrecht (bedingt durch die fünfjährige Duldung) entstanden sei. Diese Wertung könne auf einen Verletzer fremder Urheberrechte nicht ohne weiteres übertragen werden, weil durch die Verletzungshandlung (hier zB: Vervielfältigung auf Postkarten und Textilien) noch kein eigenes Urheberrecht des Verletzers begründet werde, das unter dem Gesichtspunkt des Investitionsschutzes schutzwürdig wäre. Zu berücksichtigen sei schließlich, dass eine gemeinschaftsweite Harmonisierung des Urheberpersönlichkeitsrechts noch nicht erfolgt sei und dass der österreichische Gesetzgeber keine Verwirkungsnorm im UrhG geschaffen habe.


Die von der Revision gewünschte analoge Anwendung von Art. 9 Abs. 1 Marken-RL im Urheberrecht scheitere demnach an dem insoweit unzweideutigen Wortlaut und Zweck dieser Norm und den unterschiedlichen Wertungen im Marken- und Urheberrecht. Die Anregung der Beklagten, zu dieser Frage ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH einzuleiten, sei deshalb nicht aufzugreifen.


Österreichischer Oberster Gerichtshof

Urteil

Der Oberste Gerichtshof hat durch …

in der Rechtssache …

wegen Unterlassung (Streitwert 60.000 EUR),
Rechnungslegung (Streitwert 7.267,28 EUR),
Beseitigung (Streitwert 7.267,28 EUR),
Zahlung nach Rechnungslegung (Streitwert 7.267,28 EUR) und
Urteilsveröffentlichung (Streitwert 5.450,46 EUR),

über die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei und der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24.09.2009, Az. GZ 5 R 27/09s-119, mit dem infolge Berufungen der klagenden Partei und der beklagten Parteien das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 07.11.2008, Az. GZ 17 Cg 59/01k-105, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I) Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

II) Der Revision der beklagten Parteien wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 2.277,63 EUR (darin 379,60 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text

Entscheidungsgründe

Die Rechtssache war bereits Gegenstand zweier Entscheidungen des Senats (4 Ob 229/02h im Sicherungsverfahren; 4 Ob 41/06t im Hauptverfahren); hinsichtlich Vorbringen, Verfahrensgang und Sachverhalt wird auch auf den Aufhebungsbeschluss 4 Ob 41/06t verwiesen.

Die Stadt Wien beauftragte 1979 den Maler Friedensreich Hundertwasser und den Architekten DI Josef Krawina mit der Ausarbeitung des Vorentwurfs für ein Wohnbauvorhaben in Wien 3, Kegelgasse/Löwengasse.

Hundertwasser hatte dabei die Vorstellung, dass hier eine richtungsweisende exemplarische Wohnanlage nach seinen Ideen und Wünschen mit Bäumen, Grasdach uä .errichtet werden solle. Nachdem Krawina einen ersten Vorentwurf auf Basis der damals geltenden Vorschriften des sozialen Wohnbaus gezeichnet und dazu ein Modell aus Styropor gebaut hatte, erreichte Hundertwasser noch 1979, dass für diesen Bau Ausnahmen von den Richtlinien für den sozialen Wohnungsbau gemacht werden. Daraufhin wurde ein Gebäude mit einem abgetrennten Baukörper erdacht, wie er sich erstmals als Zeichnung auf einer Postkarte Hundertwassers an Krawina vom 3. 12. 1979 findet und in einem aus Zündholzschachteln hergestellten Modell näher dargestellt wurde.

Im März 1980 folgte ein zweiter Vorentwurf Krawinas samt zugehörigen perspektivischen bzw axonometrischen Zeichnungen und einem dazugehörigen Balsaholzmodell. Krawina entwickelte dabei unter intensiver Ausnutzung der eingeräumten rechtlichen Möglichkeiten einen erheblich von den Bebauungsbestimmungen abweichenden, aber konsensfähigen Baukörper. Dieser Baukörper wurde über alle Planungsschritte im Wesentlichen unverändert gelassen und gelangte auch tatsächlich zur Ausführung. In diesen Plänen Krawinas von März 1988 waren unter anderem bereits die städtebaulich und architektonisch das Haus prägende großzügige Zugangslösung zum Innenhof entwickelt, weiters die Ausformung der städtebaulich wirksamen, großen begrünten Terrasse im ersten Stock Ecke Kegelgasse/Löwengasse, die der hofseitigen Terrasse und die den Gesamteindruck mitbestimmende Terrasse im 2. Stock sowie die den Gesamtgebäudeeindruck prägende Terrassierung, die in der Kegelgasse ab dem 3. und in der Löwengasse ab dem 6. Geschoß einsetzt, und der die Ansicht Löwengasse dominierende dreigeschoßige Gemeinschaftsraum. Krawina nützte dabei den künstlerischen Spielraum bei der Gebäudegestaltung bis an die Grenzen des rechtlich Möglichen aus. Hundertwasser nahm zu diesem Entwurf in einem Tonbandbrief vom 10.03.1980 Stellung, zeigte sich dabei von den Plänen und von den Fotos des Modells stark beeindruckt, kritisierte aber auch und äußerte Verbesserungsvorschläge.

In weiterer Folge kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Hundertwasser und Krawina, die bei der Gestaltung der Fassade eskalierten. Der Streit führte zum Ausscheiden Krawinas aus der Zusammenarbeit am 14.10.1981 und zur Abrechnung seines Honorars gegenüber der MA 19. Sein Vertrag mit der Stadt Wien wurde einvernehmlich mit der Klausel aufgelöst, dass er sich einverstanden erkläre, aus keinem Titel irgendwelche Forderungen an die Stadt Wien zu erheben. Im Oktober 1981 übernahm ein angestellter Architekt der MA 19 die weitere Betreuung dieses Projekts.

Das „Hundertwasser-Haus“ ist ein einzigartiges Werk der Baukunst, welches in der Kunstwelt, aber auch bei in- und ausländischen Touristen außerordentliches Interesse genießt. Krawina hat der Klägerin mit Vereinbarung vom 22.05.2001 alle Werknutzungsrechte am „Hundertwasser-Haus“, den einzelnen Entwürfen, Skizzen, Vorentwürfen und Plänen eingeräumt.

Die Klägerin stellte folgendes Unterlassungsbegehren: Die Beklagten sind schuldig, 1.1. die Vervielfältigung und/oder Verbreitung des „Hundertwasser-Hauses“ zu unterlassen, wenn dies a) ohne Bezeichnung von Krawina als Originalurheber (in eventu Originalmiturheber) dieses Werks und/oder b) in bearbeiteter und/oder verwendeter Form, insbesondere unter Freistellung bzw unter Einbeziehung anderer Werke Hundertwassers und/oder c) auf der Grundlage von Plänen, Entwürfen oder Modellen (und nicht nach dem ausgeführten Bau) und/oder d) in der Form plastischer Nachbildungen des „Hundertwasser-Hauses“ geschieht, wobei sich diese Unterlassungsverpflichtung insbesondere auf Kunstkarten und Poster, Seidentücher und andere Textildrucke und/oder Modelle bezieht; 1.2. die Vervielfältigung und/oder Verbreitung des „Hundertwasser-Hauses“ in der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen, wenn dies in der Form von Abbildungen (zB Fotografien) erfolgt, die das „Hundertwasser-Haus“ nicht von einem für das Publikum allgemein zugänglichen Ort (Straße, Platz, etc) aus wiedergeben, wobei sich diese Unterlassungsverpflichtung insbesondere auf Lichtbilder erstreckt, die von einem höher gelegenen Stockwerk eines der dem „Hundertwasser-Haus“ gegenüberliegenden Gebäudes aus aufgenommen wurden. Die Klägerin verband dieses Unterlassungsbegehren mit Begehren auf Rechnungslegung und Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung sowie auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens; sie begehrte schließlich, die Beklagten zu verpflichten, der Klägerin binnen 14 Tagen alle in ihrem Eigentum stehenden Eingriffsgegenstände und Eingriffsmittel im Sinn des Unterlassungsbegehrens zur Vernichtung herauszugeben (in eventu nachweislich zu vernichten).

Im zweiten Rechtsgang gab das Erstgericht dem Unterlassungsbegehren in den Punkten 1.1. und 1.2. (im Punkt 1.1.a jedoch nur im Eventualbegehren) sowie den Begehren auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung, Rechnungslegung und Schadenersatz Folge und wies das Begehren auf Herausgabe zur Vernichtung ab, ohne über das Eventualbegehren auf nachweisliche Vernichtung zu entscheiden. Krawina und Hundertwasser seien Miturheber des Hundertwasser-Hauses. Krawina habe auf seine Rechte seinem Miturheber gegenüber nicht verzichtet. Eine Verwirkung solcher Ansprüche sei im österreichischen Recht nicht vorgesehen. Die Klägerin sei als Werknutzungsberechtigte, der Krawina auch seine Urheberpersönlichkeitsrechte zur treuhändigen Wahrnehmung übertragen habe, aktiv legitimiert, alle Unterlassungsansprüche geltend zu machen. Der Beseitigungsanspruch sei gemäß § 82 Abs 4 UrhG abzuweisen.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil nur in seinem Ausspruch über die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung geringfügig ab, bestätigte es im Übrigen und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Weder das Zündholzschachtelmodell noch die Postkartenzeichnung Hundertwassers seien schutzfähig, wie dies schon in der Entscheidung 4 Ob 41/06t zum Ausdruck komme. Handskizzen oder auch das äußerst schematisch gestaltete Zündholzschachtelmodell seien Ideen und Vorarbeiten, die keinen urheberrechtlichen Schutz genießen könnten. Krawina habe unter anderem im zweiten Vorentwurf die dann tatsächlich ausgeführte großzügige Zugangslösung zum Innenhof und die tatsächliche Ausformung der den Gesamteindruck mitbestimmenden Terrassen geplant; gerade die Terrassen seien charakteristische Elemente des urheberrechtlich geschützten Werks der Baukunst. Eine weitere Prüfung der Leistungen Krawinas erübrige sich, weil ja schon ein geringfügiger Beitrag ausreiche, um Miturheberschaft zu begründen. Die Klägerin sei als Werknutzungsberechtigte, der Krawina auch seine Urheberpersönlichkeitsrechte zur treuhändigen Wahrnehmung übertragen habe, aktiv legitimiert, sämtliche Unterlassungsansprüche geltend zu machen. Krawina habe auf seine Ansprüche nicht konkludent verzichtet und der Verwertung seiner Rechte durch den Miturheber Hundertwasser nicht konkludent zugestimmt. Bei der Deutung von schlüssigen Handlungen als Verzicht auf ein Recht sei größte Vorsicht geboten, um dem Handelnden nicht Äußerungen zu unterstellen, die er nicht gemeint habe. Dass Krawina seine Ansprüche nicht schon viel früher geltend gemacht habe, könne verschiedenste Gründe haben, weshalb sein langes Zuwarten keineswegs so interpretiert werden könne, dass er damit zweifelsfrei gegenüber Hundertwasser auf seine Rechte verzichtet habe. Es stehe nicht fest, dass die Abtretung der Ansprüche Krawinas an die Klägerin ausschließlich zu dem Zweck stattgefunden habe, dieser ein Mittel an die Hand zu geben, um gegen den Miturheber bzw die Verwertung durch den Miturheber vorzugehen und diesem zu schaden. Auch sei jeder Miturheber für sich berechtigt, Verletzungen des Urheberrechts gerichtlich zu verfolgen, wobei eine Änderung oder eine Verwertung des Werks des Einverständnisses aller Miturheber bedürfe. Krawina und die Klägerin hätten der Änderung und der Verwertung des Werks nicht zugestimmt, die Beklagten hätten nicht auf die Erteilung der Zustimmung geklagt. Die Klägerin sei daher weiterhin berechtigt, die Rechte des die Zustimmung zur Änderung und Verwertung verweigernden Miturhebers wahrzunehmen. Der von der Klägerin verfolgte Anspruch Krawinas sei weder verwirkt noch verjährt. Verjährung sei nicht geltend gemacht worden. Verwirkung könne nicht unter Berufung auf Bestimmungen der Marken-RL (insbesondere der Option des Art 9 Abs 2 Marken-RL) geltend gemacht werden, weil Österreich von dieser Befugnis keinen Gebrauch gemacht habe und eine Verwirkung des Urheberrechts im UrhG nicht vorgesehen sei.
Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Klägerin ist mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig; die Revision der Beklagten ist zulässig, weil Rechtsprechung zur analogen Anwendung des Verwirkungstatbestands in Art 9 Abs 2 Marken-RL im Urheberrecht fehlt; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

I) Zur Revision der Klägerin gegen den abweisenden Teil des Berufungsurteils

1.1. Die Klägerin macht geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht dem Hauptbegehren nicht stattgegeben, obwohl Krawina Alleinurheber des Hauses sei, während die schöpferischen Beiträge von Hundertwasser – nur Ideen und Anregungen allgemeiner Natur – nicht als Miturheberschaft, sondern als Bearbeitung des von Krawina gestalteten Baukörpers zu beurteilen seien. Auch fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Abgrenzung von Miturheberschaft zur Bearbeitung.

1.2. Die Zulassungsbeschwerde zeigt damit weder eine erhebliche Rechtsfrage noch eine durch gegenteilige Sachentscheidung zu korrigierende krasse Fehlbeurteilung im Einzelfall auf. Die Auffassung des Berufungsgerichts, Architekt Krawina und Hundertwasser seien Miturheber, auch Hundertwasser habe eigenschöpferische Beiträge zum Bauwerk eingebracht, beruht auf nachvollziehbaren Schlussfolgerungen aus dem Beweisverfahren (insbesondere dem Gutachten des Sachverständigen) sowie den Ergebnissen im Sicherungsverfahren. Jedenfalls vertretbar ist es, die Beiträge von Hundertwasser (insbesondere die Fassadengestaltung: vgl 4 Ob 229/02h S 12, und die Zwiebeltürme auf den Stiegenhaustürmen: siehe Gutachten S 7) als eigenschöpferische Beiträge zu beurteilen, die seine Miturheberschaft am Bauwerk begründen. Damit hängt die Entscheidung nicht weiter von der Frage einer Abgrenzung von Miturheberschaft zur Bearbeitung ab.

2.1. Die Zulassungsbeschwerde der Klägerin macht weiters geltend, es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zu „Fragen, die mit dem Beseitigungsanspruch des in seinen Rechten verletzten Urhebers nach § 82 UrhG zusammenhängen“. In der Sache beanstandet die Klägerin die Abweisung ihres Beseitigungsbegehrens.

2.2. In Ansehung der vorhandenen Drucksorten hat das Berufungsgericht auf das Vorbringen der Klägerin (ON 9 S 35) verwiesen, wonach die Urheberbezeichnung auf vorhandenen Drucksorten unschwer auch anders als durch Neudruck oder Eindruck nachgetragen werden könne, etwa durch Stempelaufdruck oder schlichten Aufkleber. Es bewegt sich damit im Rahmen der Rechtsprechung, wonach die Anbringung der Herstellerhinweise auf Vervielfältigungsstücken eine taugliche Möglichkeit ist, um den gesetzwidrigen Zustand bei Unterlassung eines solchen Hinweises zu beseitigen (vgl 4 Ob 344/77 = ÖBl 1978, 23 – Panoramakarte Zillertal). Insoweit ist die begehrte Vernichtung daher überschießend und im Hinblick auf § 82 Abs 4 UrhG unbegründet.

2.3. In Ansehung sonstiger Eingriffsgegenstände (Keramikmodelle des Bauwerks, Kunstkarten, Poster, Seidentücher) hat die Klägerin die Herausgabe zur Vernichtung begehrt. Die Zulässigkeit eines solchen Begehrens wird von Lehre und Rechtsprechung abgelehnt, weil der Beseitigungsanspruch nach § 82 UrhG auf Leistung (nicht auf Duldung der Vernichtung) zu lauten und nach § 353 EO zu vollstrecken, die Beseitigung also primär vom Verpflichteten vorzunehmen ist (St. Korn in Kucsko, marken.schutz 1158; 3 Ob 301/53 = SZ 26/131 = RIS-Justiz RS0004749).

2.4. Über das Eventualbegehren zum Herausgabebegehren („nachweislich zu vernichten“) hat das Erstgericht nicht entschieden, ohne dass dies in der Berufung nach § 496 Abs 1 Z 1 ZPO gerügt worden wäre. Wurde aber gegen die Nichterledigung eines Sachantrags (hier: des Eventualbegehrens zum Herausgabebegehren) weder durch Ergänzungsantrag nach § 423 ZPO noch durch Berufung nach § 496 Abs 1 Z 1 ZPO Abhilfe gesucht, scheidet dieser Anspruch aus dem Verfahren aus (RIS-Justiz RS0041490).

II) Zur Revision der Beklagten gegen den stattgebenden Teil des Berufungsurteils

1. Von der Frage, ob Zündholzschachtelmodell und Postkartenzeichnung schutzfähige Werke sind, hängt die Entscheidung nicht ab. Dass Krawina eigenschöpferische Beiträge zum Bauwerk erbracht hat, ist nach der Beweisergänzung durch das Gutachten des Sachverständigen nicht zweifelhaft; darauf hat das Berufungsgericht seine zutreffende Rechtsansicht einer Miturheberschaft Krawinas gegründet (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Auffassung der Revision, Krawina habe den von Hundertwasser in Zündholzschachtelmodell und Postkartenzeichnung entworfenen Baukörper „nur in die architektonische Sprache übertragen“, geht am Sachverhalt vorbei.

2.1. Die Frage der Klagelegitimation hat das Berufungsgericht – der Entscheidung des Senats im Sicherungsverfahren (4 Ob 229/02h unter Hinweis auf 4 Ob 353/86) folgend – zutreffend bejaht. Die Revision geht unrichtig davon aus, Krawina habe der Klägerin „seine Rechte als Miturheber“ übertragen (was tatsächlich infolge § 23 Abs 3 UrhG unmöglich wäre). Tatsächlich hat Krawina (nur) das unbeschränkte Werknutzungsrecht zur treuhändigen Wahrnehmung übertragen, was nach der aufgezeigten Rechtsprechung möglich ist.

2.2. Zwar könnte Krawina nicht ohne Zustimmung von Hundertwasser das Bauwerk ändern oder verwerten (§ 11 Abs 2 zweiter Satz UrhG), es ist aber jeder Miturheber für sich berechtigt, Verletzungen des Urheberrechts gerichtlich zu verfolgen (§ 11 Abs 2 erster Satz UrhG). Nur Letzteres ist Gegenstand des Klagebegehrens. Die Revision der Beklagten verkennt grundlegend, dass die von ihr angesprochenen Beschränkungen in der Verwertung, die mit der Klagsführung durchgesetzt werden sollen, auf dem Gesetz beruhen (infolge Miturheberschaft) und folglich keiner Billigung des Miturhebers Hundertwasser bedürfen.

2.3. Das eigene schutzwürdige Interesse der Klägerin an der Klagsführung besteht darin, dass sie damit ihre Rechte als Werknutzungsberechtigte wahrnimmt, wodurch sie mittelbar auch Interessen des Urhebers (finanzielle, aber auch die dem Schutz seiner geistigen Interessen dienenden Rechte) entsprechend wahrnimmt. Darin liegt aber noch keine unzulässige Prozessstandschaft zur Verfolgung ausschließlich fremder Rechte (vgl nochmals 4 Ob 229/02h unter Hinweis auf 4 Ob 353/86).

4. Das Berufungsgericht ist mit zutreffender Begründung zum Ergebnis gelangt, Krawina habe keinen stillschweigenden (konkludenten) Verzicht abgegeben (§ 510 Abs 3 ZPO). Insbesondere ist die Zustimmung von Krawina, dass das Bauwerk ohne sein Mitwirken fertiggestellt werden dürfe, kein konkludenter Verzicht auf seine Rechte als Miturheber (in diesem Sinne schon ausführlich 4 Ob 229/02h; gegenüber dem Sicherungsverfahren ergab sich zu diesem Beweisthema kein neuer Sachverhalt).

5.1. Die Beklagten vertreten (im Anschluss an Gamerith, der in ÖBl 2003, 147 diesen Gedanken als „erwägenswert“ bezeichnet) die Auffassung, der Verwirkungstatbestand des Art 9 Abs 1 Marken-RL („Verwirkung durch Duldung“; umgesetzt hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs in § 58 MSchG) sei mangels wesentlicher unterschiedlicher Wertungen auch auf das Urheberrecht zu erstrecken.

5.2. Für das österreichische Urheberrecht wird die Verwirkung von Lehre und Rechtsprechung nicht anerkannt (Nachweise bei Knecht-Kleber, Die Verwirkung im Immaterialgüterrecht, 132; ablehnend jüngst auch Steinke, Die Verwirkung im Immaterialgüterrecht, 269). Der im Rechtsmittel der Beklagten vertretenen gegenteiligen Auffassung kann sich der Senat nicht anschließen.

5.2. Zunächst ist davon auszugehen, dass die Marken-RL eine markenrechtliche Sondernorm ist, die keinen Geltungsbereich für andere Rechtsbereiche beansprucht. Dazu kommt, dass Art 9 Abs 1 Marken-RL den Investitionsschutz desjenigen bezweckt, der durch fünf Jahre hindurch für sein Kennzeichen („jüngere Marke“) auf dem Markt einen Bekanntheitsgrad erworben hat, wobei durch die Verletzungshandlung ein potentielles neues Kennzeichenrecht (bedingt durch die fünfjährige Duldung) entstanden ist. Diese Wertung kann auf einen Verletzer fremder Urheberrechte nicht ohne weiteres übertragen werden, weil durch die Verletzungshandlung (hier zB: Vervielfältigung auf Postkarten und Textilien) noch kein eigenes Urheberrecht des Verletzers begründet wird, das unter dem Gesichtspunkt des Investitionsschutzes schutzwürdig wäre. Zu berücksichtigen ist schließlich, dass eine gemeinschaftsweite Harmonisierung des Urheberpersönlichkeitsrechts noch nicht erfolgt ist und dass der österreichische Gesetzgeber keine Verwirkungsnorm im UrhG geschaffen hat (so wie hier gegen eine analoge Anwendung auch Knecht-Kleber aaO 136, die eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes verneint).

5.3. Die von der Revision gewünschte analoge Anwendung von Art 9 Abs 1 Marken-RL im Urheberrecht scheitert demnach an dem insoweit unzweideutigen Wortlaut und Zweck dieser Norm und den unterschiedlichen Wertungen im Marken- und Urheberrecht. Die Anregung der Beklagten, zu dieser Frage ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH einzuleiten, ist deshalb nicht aufzugreifen.

6. Von der Frage, ob und mit welchen Rechtsfolgen ein Architekt Erfüllungsgehilfe eines Künstlers sein kann, hängt die Entscheidung nicht ab, weil hier Architekt und Künstler als Miturheber zu beurteilen sind.

7. Für rechtsmissbräuchliches Handeln finden sich im Sachverhalt keine Anhaltspunkte. Im Übrigen haben die Beklagten die Einrede missbräuchlicher Rechtsausübung (vgl RIS-Justiz RS0026072, RS0026271 [T18]) in erster Instanz nicht erhoben.

8. Der Vorwurf, das Berufungsgericht hätte für Rechtsverletzungen in Deutschland den nach deutschem Recht zulässigen Einwand der Verwirkung prüfen müssen, geht inhaltlich ins Leere, weil sich der Senat mit diesem Einwand schon im Sicherungsverfahren (4 Ob 229/02h, S 14 f) auseinandergesetzt und keinen Verwirkungstatbestand nach deutschem Recht erfüllt gesehen hat. Auch in diesem Punkt hat sich die Sachlage im Hauptverfahren nicht mehr verändert.

9. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Der Einheitssatz im Revisionsverfahren beträgt beim hier gegebenen Streitwert 50 % (§ 23 Abs 3 RATG).

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