OLG Brandenburg: Bei unrechtmäßiger Bildnutzung finden MFM-Richtlinien nur eingeschränkt Anwendung / Zum Bilderklau bei sog. eBay-Multiauktionen

veröffentlicht am 3. August 2009

OLG Brandenburg, Urteil vom 15.05.2009, Az. 6 U 37/08
§§ 15 ff., 72 Abs. 1, Abs. 2, 97 Abs. 1 UrhG

Das OLG Brandenburg hat entschieden, dass der Schadensersatz, der durch die Verletzung fremder Urheberrechte an Fotografienzu zahlen ist, zwar grundsätzlich nach den sogenannten MFM-Richtlinien (Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing) zu berechnen ist, diese jedoch keinesfalls schematisch Anwendung finden. Außerdem hat er die Bildverwertung in einer sog. eBay-Multiauktion, bei der ein Bild über einen längeren Zeitraum zum Vertrieb mehrerer Produkte eines Typs verwendet wird, als einmaligen Verstoß aufgefasst.

Gegenstand der Klage warvor allem die Verwendung eines Lichtbildes in 21 eBay-Auktionen, in denen die Beklagte insgesamt 109 Exemplare des GPS-Empfängers Wintec WBT 201 angeboten hatte. Wie der Senat bereits entschieden habe (OLG Brandenburg, Urteil vom 03.02.2009, Az. 6 U 58/08, Link: Urteil) könnten bei der unberechtigten Nutzung von Lichtbildern regelmäßig die Honorartabellen der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing als Ausgangspunkt für die richterliche Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO herangezogen werden. Dabei handele es sich um eine anerkannte, nach einem empirischen System objektiv ermittelte Marktübersicht. Dem folgend lege auch der erkennende Senat die MFM-Bildhonorartabellen seiner Schadensschätzung zugrunde. Allerdings könnten die MFM-Bildhonorartabellen nicht schematisch angewandt werden.

Vielmehr seien bei der Bestimmung der Höhe des Schadenersatzes stets sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Hier sei zu berücksichtigen, dass die Art der Verwendung der Lichtbilder durch die Beklagte für ebay-Auktionen in der zeitlich einschlägigen Honorartabelle des Jahres 2007 nicht erfasst sei. Am nächsten komme diese Verwendung für Multi-Auktionen einem Online-Shop, bei dem auch durch die Nutzung eines Bildes mehrere Vertragsverhältnisse über das identische Produkt herbeigeführt werden sollten. Allerdings sei der Online-Shop erst in der Marktübersicht „Bildhonorare 2009“ aufgeführt. Diese Marktübersicht habe den Parteien also zum maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht bekannt sein können.

Zu berücksichtigen sei auch, dass die Parteien Wettbewerber im Absatz der mit Hilfe der Lichtbilder des Klägers beworbenen Produkte seien. Für den Kläger seien daher die Bildnutzungsrechte noch wertvoller anzusehen, was die Beklagte als vernünftig handelnde Konkurrentin, die an den Bildern interessiert sei, hätte akzeptieren müssen, so dass sie vernünftigerweise eine angemessene erhöhte Gebühr gezahlt hätte.

Methodisch komme die Ermittlung von Einzelvergütungen für jede Bildnutzung gesondert und die Ermittlung einer Pauschalvergütung für den gesamten Zeitraum der Nutzung der beiden Bilder in Betracht. Der Senat erachte für die Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO die Ermittlung von Einzelvergütungen für jede Bildnutzung als die hier angemessene Methode, weil die Bilder in verschiedener Hinsicht – für jeweils verschiedene Einzelauktionen, einen Internetauftritt sowie für verschiedene Einblendungen verwendet worden seien.

Die Einräumung von Lizenzen gegen Pauschalvergütung zur umfassenden Nutzung von Bildern sei zwar in Betracht gekommen, hätte aber auch – teils deutlich – entsprechend höher vergütet werden müssen. Verlässliche Anhaltspunkte für eine Schadensschätzung habe der Senat der MFM-Honorartabelle 2007 nicht entnehmen können. Insbesondere lasse sich der MFM-Honorartabelle keine Pauschalvergütung für den hier relevanten Nutzungszeitraum für eine reine Internetverwendung entnehmen, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass für eine solche Nutzungsdauer die Vereinbarung von Pauschalvergütungen nicht feststellbar gewesen sei. Zudem gereiche die Schadensschätzung durch Ermittlung von Einzelvergütungen der Beklagten jedenfalls nicht zum Nachteil, da bei einer auch nur annähernden Orientierung an den in den MFM-Bildhonoraren 2007 aufgeführten Pauschalvergütungen die ermittelte Vergütung höher gewesen wäre. Ein vernünftiger Lizenznehmer hätte dann aber die in der Summe geringeren Einzelvergütungen gewählt und gezahlt.

Der Senat sei davon ausgegangen, dass das Bild in einer so genannten Multi-Auktion bei ebay nur jeweils einmal verwendet worden ist, nicht entsprechend der Anzahl der verkauften Produkte. Denn die einheitliche Auktion, für die das Bild verwendet worden sei, habe bis zum Verkauf sämtlicher Produkte oder bis zum zeitlich vorgesehenen Ende angedauert. Der mehrfache Verkauf der Produkte innerhalb einer einheitlichen Auktion, für die das Produktbild verwendet worden sei, begründe keine mehrfache Verwendung des Bildes. Es macht hierbei einen Unterschied, ob die Beklagte ein Bild mehrfach für verschiedene ebay-Auktionen verwende oder einmal im Rahmen eines Internet-Shops. Denn das Bild erscheine bei verschiedenen ebay-Auktionen mehrfach zum jeweiligen Angebot auf einer gesonderten Seite. Der Senat erachtet die Verwendung des Bildes für die ebay-Auktionen am ehesten der Einblendung in Onlinedienste, Internet (Werbung und PR) vergleichbar und habe deshalb die in der MFM-Bildhonorartabelle 2007 dafür veranschlagten Sätze herangezogen, d.h. Nutzungsrechte bis 1 Woche 60,00 EUR.

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