OLG Bremen: Wer ein Fotomodell mit der Aussage „Meine Nummer 1!“ werben lässt, behauptet noch keine Alleinstellung

veröffentlicht am 30. September 2010

OLG Bremen, Urteil vom 27.08.2010, Az. 2 U 62/10
§§
3 Abs. 1, 5 Abs. 1, 6 UWG

Das OLG Bremen hat entschieden, dass die Werbung „Meine Nr. 1!“ und „STARK in Kunden-Zufriedenheit“ kein unzulässige Behauptung einer Alleinstellung beinhaltet. Streitgegenständlich war folgender Fall: Die Beklagte hatte in einer Zeitung eine Anzeige geschaltet, bei der im Blickfang eine lächelnde junge Frau ihre Augen auf einen Werbetext richtete, der – ebenfalls vom Blickfang umfasst – lautete: „Meine Nr. 1!“ und „STARK in Kunden-Zufriedenheit„. Der letztgenannte Text war mit einem Anmerkungsstern versehen, welcher auf den folgenden Fußnotentext verwies: „Unser bislang bestes Ergebnis in der von … beauftragten Befragung durch das Institut „Produkt + Markt“ im Sommer 2009. Die dort befragten Kunden der …-Gruppe (insgesamt 2506 Kunden) gaben der …-Gruppe (…) zum Thema „Gesamtzufriedenheit“ die Note 1,93 (Vergleich 2008: 2,05).

Der Senat entschied, dass die von der Klägerin beanstandete Werbung der Beklagten nicht unlauter im Sinne von §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1, 6 UWG sei. Zitat:

„1.
Der Slogan „Meine Nr. 1″ verstößt nicht gegen Irreführungsverbote nach § 5 UWG. Er enthält keine unwahren oder sonstigen zur Täuschung geeigneten Angaben. Es fehlt hier schon an einer „Angabe“ i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG. Angaben sind Äußerungen eines Unternehmens, die sich auf Tatsachen beziehen und inhaltlich nachprüfbar sind (Bornkamm in: Baumbach/Hefermehl UWG, 28. Aufl., Rn. 2.37 zu § 5). Diese sind abzugrenzen zu bloßen Werturteilen. Die Aussage „meine Nr. 1″ erhält durch die Einfügung des Possessivpronomens eine subjektive Färbung und wird damit zu einem Werturteil.

Allerdings kann – neben der Verwendung von Superlativen, Komparativen und dergleichen – gerade auch die Bezeichnung eines Produkts als „Nr. 1″ als Angabe im oben genannten Sinne eine Allein- oder Spitzenstellungsbehauptung darstellen (Bornkamm aaO, Rn. 2.145 m. w. Hinw.). Bei der hier von der Klägerin beanstandeten Werbung besteht aber die Besonderheit, dass die Aussage „Nr. 1″ nicht etwa in allgemeiner, verabsolutierender Form als eine Werbeangabe der Beklagten aufgestellt, sondern vielmehr in subjektivierender, Distanz herstellender Weise einer anonymen jungen Frau zugeordnet wird. Der von der Klägerin beanstandete Slogan wird somit als „Sprechblase“ auf die bloße Meinungsäußerung eines beliebigen Kunden reduziert. Für die angesprochenen Verkehrskreise verbleibt es allein bei der „Botschaft“, die unbekannte Dame – als eine stellvertretend aus der Masse der Verbraucher herausgegriffene Kundin – halte die beworbenen Produkte der Beklagten für „ihre“ Nr. 1, was sich als subjektive Äußerung von jeder konkreten, nachprüfbaren Tatsachenbehauptung entfernt.

Soweit die Klägerin argumentiert, die abgebildete Frau sei keine „reale“ Person und übermittele daher im Grunde genommen nichts anderes als die schlichte Botschaft der Beklagten, sie selbst nehme die Stellung als „Nr. 1″ für sich in Anspruch, so verkennt sie, dass die Werbung in ihrer beabsichtigten Wirkung sich gerade durch ihre anonymisierte Gestaltungsweise von einer konkreten, der Beklagten als eigene zuzuordnenden Werbeangabe distanzieren soll. Hierzu trägt vor allem auch die Verwendung des Possessivpronomens „meine“ bei, welches den Eindruck vermitteln soll, es gebe eben eine unbekannte Zahl namenloser Kunden, welche die beworbenen Produkte der Beklagten für sich, also aus ihrer subjektiven Sichtweise bevorzugten. Hinzu kommt der in dem weiteren, ebenfalls am Blickfang teilnehmenden Text enthaltene Hinweis auf die „Kundenzufriedenheit“. So wird für den durchschnittlich informierten, verständigen Verbraucher deutlich erkennbar nicht etwa eine – wie auch immer geartete – Spitzenstellung der Beklagten in Bezug auf Produkte und Dienstleistungen, sondern vielmehr die Zufriedenheit ihrer Kunden thematisiert. Letzteres ist in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (vgl. auch Bornkamm in: Baumbach/Hefermehl, aaO., Rn. 2.153 zu wettbewerbsrechtlich unbedenklicher rein subjektiver Wertung).“

I