OLG Bremen: Zum Recht auf Gegendarstellung bei einer Behauptung auf der Webseite einer Rechtsanwaltskanzlei

veröffentlicht am 6. Februar 2011

OLG Bremen, Urteil vom 14.01.2011, Az. 2 U 115/10
§ 56 Abs. 1 RStV; §§ 823 Abs. 1; 1004 BGB

Das OLG Bremen hat entschieden, dass die Webseiten einer Rechtsanwaltskanzlei als „Telemedium“ gemäß § 56 Abs. 1 RStV aufzufassen sind und  journalistisch-redaktionell gestaltet ist, wenn regelmäßig über juristische Neuigkeiten berichtet und kanzleieigene Pressemitteilungen öffentlich zugänglich gemacht werden. Zitat:

„Gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 RStV sind Telemedien „alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24 des Telekommunikationsgesetzes sind, die ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen oder telekommunikationsgestützte Dienste nach § 3 Nr. 25 des Telekommunikationsgesetzes oder Rundfunk nach Satz 1 und 2 sind.“ . Abzugrenzen sind Telemedien mithin von Rundfunk und von Telekommunikationsdienstleistungen, die ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen. Telekommunikationsdienste, die überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, wie accessproviding und e-mail-Übertragung, sind demgegenüber – anders als die bloße Internet-Telefonie – Telemedien (Held in Hahn/Vesting Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008 § 54 RStV Rz. 21, 35 f.). Die Webseite der Beklagten ist daher ein Telemedium. Welche Angebote als „journalistisch-redaktionell“ gestaltet iSd § 56 RStV anzusehen sind, ist im RStV nicht definiert. Kennzeichnende Merkmale solcher Angebote sind eine gewisse Selektivität und Strukturierung, das Treffen einer Auswahl nach ihrer angenommenen gesellschaftlichen Relevanz mit dem Ziel des Anbieters, zur öffentlichen Kommunikation beizutragen, die Ausrichtung an Tatsachen (sog. Faktizität), ein hohes Maß an Aktualität, nicht notwendig Periodizität, ein hoher Grad an Professionalisierung der Arbeitsweise und ein gewisser Grad an organisierter Verfestigung, der eine gewisse Kontinuität gewährleistet (vgl. Held in Hahn/Vesting a.a.O. Rz. 49 ff). Diesen Kriterien entspricht der Internetauftritt der Beklagten, der sich entgegen der von ihr im Rahmen dieses Rechtsstreits vertretenen Ansicht nicht in einer bloßen Eigenwerbung erschöpft. Die Beklagte überarbeitet ihre homepage regelmäßig und gibt von ihr bearbeitete Neuigkeiten („Aktuelles“, „TopNews für Anleger“) heraus. Sie gibt unter der Rubrik „Medien“ laufend Pressemitteilungen heraus, unterhält ein „Pressearchiv“ und stellt sich selbst unter der Überschrift „Medienarbeit“ wie folgt dar: „Wir begreifen die aktuelle ausführliche Information der Medien, von Zeitungen, Magazinen und Fachpublikationen, von Radio und Fernsehen, als wichtigen Bestandteil unserer Arbeit. Eine umfassende Berichterstattung in den Medien ist einerseits unverzichtbar zur Vorbeugung von Betrugs- und Schadensfällen auf dem Kapitalmarkt, zum anderen kämpfen wir mit unserer intensiven Medienarbeit erfolgreich gegen den verbreiteten Lobbyismus von Banken und Finanzdienstleistern. Neben der schnellen Information der Anleger durch die Medien ist es uns ebenfalls ein wichtiges Anliegen, über die öffentliche Meinung nachdrücklich auf den Gesetzgeber einzuwirken, um endlich einen effektiveren Anlegerschutz zu erreichen. Obendrein ist die Durchsetzung von berechtigten Anlegeransprüchen oftmals leichter, wenn die Gerichte bereits durch entsprechende Medienberichte und Fachveröffentlichungen über offensichtliche Missstände vorab informiert sind. Sie finden links im Hauptmenü eine Übersicht über unsere Präsenz in den Medien, also eine laufend aktualisierte Auswahl von Presseartikel und Beiträgen, in denen über unsere Kanzlei oder unsere Fälle berichtet wird, sowie eine tagesaktuelle chronologische Auflistung aller von uns herausgegebenen Pressemitteilungen inklusive eines Archivs mit unseren Mitteilungen aus der Zeit vor August 2007. Copyright © 2009 K.“

Über das Urteil berichtet hat openjur.de.

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