OLG Celle: Wenn die Zulässigkeit der Berufung am falschen Aktenzeichen scheitert

veröffentlicht am 25. Juni 2009

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG Celle, Urteil vom 29.05.2009, Az. 14 U 76/09
§ 519 ZPO

Das OLG Celle hat darauf hingewiesen, dass eine Berufungsschrift, die ein falsches Aktenzeichen ausweist, so dass nicht ermittelt werden kann, gegen welches Urteil sich die Berufung richtet, unzulässig ist. Da sich in dem Verfahren weder aus den von der Berufungsklägerin angegebenen Gerichten noch aus dem Aktenzeichen oder einer beigefügten Urteilsausfertigung ergeben habe, welches Urteil angefochten werden sollte, hätten bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Berufung unbehebbare Identitätszweifel in Bezug auf das Urteil bestanden, gegen das sich die Berufung habe richten sollen (vgl. dazu auch Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 519 Rdnr. 33 m.w.N.). Das gelte umso mehr, als auch die übrigen Angaben in dem Fax vom 15.04.2009 Fehler enthielten (Datum, Adresse der Partei, Parteibezeichnung des Klägers).

Die von diesem Fall betroffene Kollegin hatte „namens der Klägerin und der Berufungsklägerin gegen das am 06.03.2009 verkündete und am 16.03.2009 zugestellte o.g. Urteil des AG Hannover Berufung“ eingelegt. In der voranstehenden Angabe der Prozessparteien fand sich der (männliche) Name des Klägers samt Adresse (allerdings in der Postleitzahl abweichend von den Angaben im angefochtenen Urteil) und die – unvollständige – Bezeichnung der Beklagten. Ferner war angegeben: „Az.: erster Instanz: 3 L 2512/08 CX.W 8, LG Hannover“. Weitere Angaben enthielt das bei dem OLG eingegangene Fax nicht. Insbesondere war keine (auch nicht auszugsweise) Abschrift des Urteils beigefügt, gegen das Berufung eingelegt werden sollte. Das Aktenzeichen war falsch.

Das Oberlandesgericht wies die Berufung als unzulässig ab. Eine Berufungsschrift müsse entweder durch ausdrückliche Bezeichnung oder im Wege der Auslegung erkennen lassen, für und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt werde (vgl. nur BGH, Beschluss vom 29.04.1982 – I ZB 2/82, a.a.O.). Die Berufung sei danach schon dann nicht wirksam eingelegt, wenn sich aus dem Vorgang der Rechtsmitteleinlegung nicht ableiten lasse, gegen welches Urteil Berufung eingelegt werden solle. Die Angaben in dem ersten Fax hätten hierfür nicht genügt. Anhand des „Aktenzeichens erster Instanz 3 L 2512/08 CX.W 8″ lasse sich nicht erschließen, welches Urteil gemeint war. Das betreffe ebenso das Ausgangsgericht. Denn in dem Schreiben seien sowohl das Landgericht Hannover als auch das Amtsgericht Hannover genannt. Es sei darüber hinaus auch keine Abschrift des Urteils beigefügt worden, aus der zweifelsfrei das Urteil, gegen das Berufung eingelegt hätte werden sollen, erkennbar gewesen wäre.

Seitens des Senats habe keine Möglichkeit bestanden, noch innerhalb des verbliebenen Tages bis zum Ablauf der Berufungseinlegungsfrist das Urteil zu ermitteln, gegen das tatsächlich Berufung hätte eingelegt werden sollen. Von Seiten des Senats hätten dazu Nachforschungen sowohl beim Amtsgericht als auch beim Landgericht Hannover angestellt werden müssen, wobei lediglich die (zudem auch in sich nicht korrekte) Bezeichnung der beteiligten Parteien zur Verfügung gestanden hätte. Der Senat hätte sich insoweit jedoch weder an eine konkrete Geschäftsstelle bei dem Amtsgericht noch an eine solche bei dem Landgericht wenden können, sondern lediglich an die allgemeine Eingangsstelle (die im Übrigen nicht befugt sei, Angaben zu Verfahrensbeteiligten zu machen). Derartige Nachforschungen von Amts wegen anzustellen, sei nicht Aufgabe des Gerichts. Es hätte sich hierbei auch nicht mehr um die Auslegung einer zwar in sich missverständlichen, aber durchaus insgesamt noch nachvollziehbaren Rechtsmittelschrift gehandelt, sondern um die Einholung der für die Einlegung des Rechtsmittels überhaupt erforderlichen Angaben und Unterlagen. Das Berufungsgericht müsse jedoch lediglich anhand der innerhalb der Berufungsfrist zugegangenen Unterlagen feststellen können, gegen welches Urteil Berufung eingelegt werden solle (vgl. auch BGH, Beschluss vom 29. April 1982 – I ZB 2/82, a.a.O., juris-Rdnr. 9 m.w.N.).

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