OLG Frankfurt a.M.: Unterlassungsverpflichtung umfasst nicht zwingend Cache-Löschung von Suchmaschinen

veröffentlicht am 11. Oktober 2021

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 12.02.2019, Az. 11 U 156/17
§ 133, 157 BGB, §§ 97, 97a UrhG

Das OLG Frankfurt a.M. hat entschieden, dass eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, es bei Meidung einer festen Vertragsstrafe von 5.100 Euro zu unterlassen, ein auf einer Webseite widerrechtlich eingestelltes Lichtbild öffentlich zugänglich zu machen, im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung der Grundsätze der §§ 133, 157 BGB dahingehend auszulegen sein kann, dass die strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung nicht auch die Löschung des Lichtbildes aus dem Cache von Suchmaschinen umfassen sollte (Abgrenzung zu BGH vom 18.09.2014, I ZR 76/13 – CT-Paradies). Zum Volltext des Urteils:


Oberlandesgericht Frankfurt a.M.

Urteil

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 07.12.2017 – Az. 2-03 O 198/17 – in Ziff. 2 des Tenors wie folgt abgeändert:

Es wird ferner festgestellt, dass der Beklagte gegen die Klägerin keinen über einen Betrag von 334,75 EUR hinausgehenden Erstattungsanspruch an außergerichtlich entstandenen Anwaltskosten besitzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 5 % und der Beklagte 95 % zu tragen.

Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Der Beklagte ist Urheber eines Lichtbildes, welches die Klägerin, eine Kirchengemeinde, im Rahmen einer Veranstaltungsankündigung auf ihrer Internetseite verwendet hatte.

Nach Abmahnung durch den Beklagten löschte die Klägerin das Bild umgehend von ihrer Website und von ihrem Server. Darüber hinaus verpflichtete sie sich mit vom Beklagten vorformulierter Unterlassungserklärung vom 7.3.2017 bei Meidung einer Vertragsstrafe von 5.100 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung, das gegenständliche Lichtbildwerk „zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen“. Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.3.2017 forderte der Beklagte die Klägerin zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.100 Euro wegen Verstoßes gegen die abgegebene Unterlassungserklärung auf, weil der Veranstaltungshinweis mit der streitgegenständlichen Photographie weiterhin bei einer Suche bei den Suchergebnissen der Suchmaschine Google angezeigt werde. Des Weiteren machte sie erneut ein Unterlassungsbegehren gegen die Klägerin mit erhöhtem Vertragsstrafeversprechen geltend sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.029,35 Euro (1,3 Gebühr aus einem Gegenstandswert von 15.000 Euro).

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin Feststellung, dass dem Beklagten weder ein Anspruch auf eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.100 Euro noch auf Erstattung von vorgerichtlichen Anwaltskosten zustehe.

Wegen des Sachverhaltes im Einzelnen und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Beklagten stehe gegen die Klägerin kein Anspruch auf die Vertragsstrafe zu. Der Kreis der durchschnittlich versierten Internetnutzer habe keine Kenntnis davon, dass Informationen, die bei einem Aufruf der aktuellen Suchergebnisse von der Suchmaschine „Google“ nicht aufgezeigt, aber früher vorhanden gewesen seien, weiterhin als Abbild des früheren Standes einer Webseite „im Cache“ gespeichert seien. Eine solche Suche „im Archiv“ gerade im Hinblick auf einen nicht mehr aktuellen Veranstaltungshinweis der Klägerin werde ein interessierter Nutzer regelmäßig auch nicht anstellen. Im Übrigen sei es der Klägerin im vorliegenden Fall nicht zumutbar gewesen, in der kurzen Zeitspanne zwischen der Abgabe der Unterlassungserklärung am 7.3.2017 und der Überprüfung durch den anwaltlichen Vertreter des Beklagten am 22.3.2017 auch die Archive der gängigen Internetdienste darauf zu überprüfen, ob die beanstandete Abbildung dort noch auffindbar sei.

Auch aus der strafbewehrten Unterlassungserklärung ergebe sich keine Beseitigungspflicht der Klägerin. Die Verpflichtung es zu unterlassen, die streitgegenständliche Photographie „zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen“ könne nicht dahin ausgelegt werden, dass die Klägerin auch verpflichtet sein sollte, über ihre Webseite und ihren Server hinaus dafür zu sorgen, dass das beanstandete Lichtbild vollständig aus allen Auftrittsmöglichkeiten im Internet, namentlich den Internetsuchmaschinen und deren „Caches“ entfernt würde. Im Gegensatz zu anderen Entscheidungen gehe es hier darum, ob der Urheberrechtsverletzer für die Beseitigung der Rechtsverletzung auf einer Plattform sorgen müsse, auf denen er das Lichtbild nicht eingestellt habe und zu deren Betreiber er auch nicht in einer rechtlichen Sonderbeziehung stehe.

Mit der Berufung macht der Beklagte zunächst eine falsche Sachverhaltserfassung durch das Landgericht geltend. Tatsächlich zeigten die Screenshots vom 22.3.2017 keine „veraltete“ Version der Webseite, sondern aktuelle Suchergebnisse. Bei der vorliegenden öffentlichen Zugänglich-Machung handele es sich um einen fortdauernden Störungszustand, bei der nach ständiger Rechtsprechung des BGH eine Unterlassungsverpflichtung eine Vornahme von Handlungen zur Beseitigung des Störungszustandes umfasse. Dies ergebe sich insbesondere aus der Entscheidung vom 18.9.2014, I ZR 76/13 – CT-Paradies. Dass der Unterlassungsschuldner auch Schritte gegenüber Google einleiten müsse, um dort ein entsprechendes Suchergebnis zu vermeiden, sei für Konstellationen wie der vorliegenden von mehreren Oberlandesgerichten und zuletzt auch vom BGH in der Entscheidung vom 12.7.2018, I ZB 86/17, entschieden worden.

Auch bei Auffindbarkeit nur im „Cache“ liege eine öffentliche Zugänglichmachung vor. Es komme nicht darauf an, wie realistisch ein solcher Abruf sei. Entscheidend sei allein die Möglichkeit der Abrufbarkeit, unabhängig davon, von wievielen Nutzern diese Möglichkeit genutzt werde.

Es gebe auch keine Grundlage für die Annahme des Landgerichts, es sei für die Klägerin unzumutbar gewesen, die Auffindbarkeit festzustellen. Zwei Wochen seien objektiv kein „kurzer Zeitraum“, und bei Google handele es sich um die Suchmaschine mit dem größten Marktanteil. Die Klägerin hätte die Auffindbarkeit bei Google unschwer allein durch Eingabe der Begriffe „A Kirche …“ überprüfen können.

Die Feststellung des Wissenstandes eines „durchschnittlich versierten Internetnutzers“ sei rein zufällig und willkürlich; andere Gerichte hätten bereits 2010 angenommen, dass ein durchschnittlicher Internetnutzer wisse, dass auch „Caches“ zu korrigieren seien. Vergleichbares sei auch in den Medien veröffentlicht worden.

Im Übrigen gälten für einen Internetnutzer in der Situation der Klägerin verschärfte Anforderungen. Sie sei verpflichtet gewesen, sich vor Abgabe der Unterlassungserklärung über die Reichweite der Erklärung und die sie treffenden Handlungspflichten zu informieren. An das Maß der beachtenden Sorgfalt würden bei absolut geschützten urheberrechtlichen Rechtspositionen strenge Anforderungen gestellt.

Das Landgericht habe auch den erstinstanzlichen Vortrag nicht beachtet, wonach Google ein effizientes Webmaster Tool zur Verfügung stelle, mit dem Inhalte auch im Cache innerhalb von ein bis zwei Tagen beseitigt werden könnten.

Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des am 7.12.2017 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main – Az. 2-03 O 198/17 – die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Der Senat hat mit Zustimmung der Parteien das schriftliche Verfahren angeordnet.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Sie hat in der Sache teilweise Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zurecht festgestellt, dass dem Beklagten kein Anspruch auf eine Vertragsstrafe zusteht. Allerdings ist die Klägerin verpflichtet, dem Beklagten die notwendigen Kosten der Abmahnung vom 22.3.2017 zu erstatten.

1) Die Voraussetzungen, unter denen sich die Klägerin gegenüber dem Beklagten mit Vertrag vom 7.3.2017 zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichtet hatte, sind nicht erfüllt.

Zwar hat die Klägerin zuletzt unstreitig gestellt, dass die gegenständliche Photographie am 22.3.2017 noch in der beklagtenseits geschilderten Art und Weise über die Suchmaschine Google abrufbar war. Die unterbliebene Veranlassung einer Löschung aus dem Google Cache stellt jedoch unter den Umständen des vorliegenden Falles keinen Verstoß gegen die vertragliche Unterlassungsvereinbarung dar.

Unterlassungsverträge sind nach den auch sonst für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen auszulegen. Maßgebend ist demnach der wirkliche Wille der Vertragsparteien (§§ 133, 157 BGB), bei dessen Ermittlung neben dem Erklärungswortlaut die beiderseits bekannten Umstände wie insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens und der Zweck der Vereinbarung sowie die Interessenlage der Parteien heranzuziehen sind (BGH Urteil vom 18.9.2014, I ZR 76/13 – CT-Paradies – Rdnr. 57 m.w.Nw.). Die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, ist bei Fehlen anderweitiger Anhaltspunkte regelmäßig dahin auszulegen, dass sie nicht nur die Unterlassung derartiger Handlungen, sondern auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustandes umfasst (BGH aaO Rdnr. 63). Besteht die Verletzungshandlung – wie vorliegend – in der Öffentlich-Zugänglichmachung von Lichtbildern, kann daher grundsätzlich auch verlangt werden, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die bereits in das Internet eingestellten Lichtbilder dort nicht mehr öffentlich zugänglich sind (BGH aaO Rdnr. 67).

Daraus ergibt sich ohne Weiteres – und wird auch von der Klägerin selbst nicht in Abrede gestellt -, dass sich die vertraglich übernommene Unterlassungsverpflichtung der Klägerin nicht darauf beschränkte, das Bild nicht erneut hochzuladen oder sonst zu verlinken, sondern dass sie auch verpflichtet war, es von ihrer Webseite und von ihrem Server zu entfernen, als actus contrarius zu der von ihr veranlassten Einstellung auf ihre Webseite. Die Auslegung der Unterlassungserklärung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände ergibt aber nach Auffassung des Senates nicht, dass die Klägerin sich auch dazu verpflichtet hatte, für die sofortige Beseitigung des Photos im Cache von Suchmaschinen zu sorgen.

Insbesondere kann die Erklärung nicht nach denselben Maßstäben ausgelegt werden, wie sie von der beklagtenseits zitierten Rechtsprechung für die Auslegung von Vertragsstrafeversprechen im gewerblichen Kontext entwickelt wurden (vgl. dazu BGH Urteil vom 18.9.2014, I ZR 76/13 – CT-Paradies; Urteil vom 4.5.2017, I ZR 208/15 – Luftentfeuchter; OLG Düsseldorf, Urteil vom 3.9.2015, 1-15 U 119/14; OLG Karlsruhe, Urteil vom 3.12.2012, 6 U 92/11; OLG Zweibrücken, Urteil vom 19.5.2016, 4 U 45/15). Die Klägerin handelte vorliegend nicht als Teilnehmerin am Wirtschaftsleben. Sie verwendete das streitgegenständiche Blumenphoto zur Illustration der Ankündigung von zwei Seniorennachmittagen; es war damit keinerlei Gewinnerzielungsabsicht verbunden. Für den Beklagten, auf dessen Empfängerhorizont es für die Auslegung des von der Klägerin abgegebenen Unterlassungsversprechens ankommt, war offenkundig, dass die seinerzeit nicht anwaltlich vertretene Klägerin das Vertragsstrafeversprechen nicht im Rahmen einer geschäftlichen Tätigkeit abgab; er hatte auch keinen Grund zu der Annahme, dass es sich bei der Klägerin um einen versierten Internetnutzer handelte, dem ohne entsprechende Hinweise (die der Beklagte ohne Weiteres hätte geben können) die Funktionsweise von Caches bekannt war. Anders als etwa bei der vom Beklagten in Bezug genommenen Entscheidung des KG vom 27.11.2009, 9 U 27/09, bei der die – im Übrigen gewerblich handelnde – Verletzerin in einer besonderen Vertragsbeziehung zu Google stand, aufgrund derer Google gesorgt hatte, dass die Inhalte auf ihrer Webseite gefunden werden konnten, war vorliegend die Notwendigkeit einer Einflussnahme auf Google auch nicht aufgrund einer solchen Vertragsbeziehung für beide Parteien offensichtlich.

Dazu kommt, dass nach gefestigter Rechtsprechung des BGH um so eher eine eng am Wortlaut des Unterlassungsvertrages orientierte Auslegung geboten ist, je höher die vereinbarte Vertragsstrafe im Verhältnis zu dem gesicherten Unterlassungsanspruch ist (Urteil vom 13.2.2003, I ZR 281/01, GRUR 2003, 545, 546 – Hotelfoto; GRUR 2015, 258 Rdnr. 68 – CT-Paradies.). Anders als bei den beklagtenseits zitierten Entscheidungen, bei der ausweislich des veröffentlichten Tatbestandes eine Vertragsstrafe nach dem Ermessen des Gläubigers vereinbart war, hatte die Klägerin vorliegend eine feste Vertragsstrafe von 5.100 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung versprochen. Diese Vertragsstrafe konnte bei verständiger Würdigung der Vertragsparteien zwar für eine der Erstverletzung vergleichbare Handlung als angemessen angesehen werden, nicht aber für die nunmehr noch streitgegenständliche Verletzungsform (vgl. OLG Celle, Urteil vom 29.1.2015, 13 U 58/14, wo bei unterlassener Sicherstellung der Löschung von – im Unterschied zum vorliegenden Fall gewerblich genutzten – Seiten im Google-Cache eine Vertragsstrafe von maximal 2.500 Euro als angemessen angesehen war). In Anbetracht dessen, dass durch die vorliegend streitgegenständliche Aufrufbarkeit des Bildes in kleinem Maßstab aus dem Cache für einen absehbaren Zeitraum die Beeinträchtigung der Rechte des Beklagten äußerst gering erscheint, ebenso wie sich hieraus für die Klägerin keinerlei Nutzen mehr ergibt, konnte die von der nicht gewerblich handelnden Klägerin abgegebene Erklärung, sich zu einer Vertragsstrafe von 5.100 Euro zu verpflichten, bei verständiger Würdigung auch vom Beklagten nach §§ 133, 157 BGB nicht dahingehend verstanden werden, dass sie eine derart hohe Vertragsstrafe auch dann zahlen wollte, wenn das Bild noch im Cache eines Internet-Browsers vorhanden war. So hatte auch der BGH in der Entscheidung CT-Paradies die Höhe der Vertragsstrafe (nur) deshalb nicht als relevant für die Auslegung erachtete, weil dort die Höhe dem billigen Ermessen des Klägers vorbehalten war (aao Rdnr. 69).

Soweit der Beklagte der Auffassung ist, es habe der Klägerin oblegen, sich ggf. fachkundigen Rechtsrat über den Umfang ihrer Unterlassungspflichten einzuholen, so wie sie dies nach Erhalt der zweiten Abmahnung getan hat, verkennt sie, dass es vorliegend nicht um die Reichweite von gesetzlichen Handlungs- und Unterlassungspflichten geht, sondern um die Auslegung von Willenserklärungen nach dem Maßstab der §§ 133, 157 BGB. Maßgeblich ist nicht, zu welchen Maßnahmen ein Verletzer aufgrund eines gerichtlichen Unterlassungstitels verpflichtet ist, sondern welche Verpflichtungen der Verletzer in dem Vertragsstrafeversprechen übernommen hatte.

2) Die Beklagte kann jedoch nach § 97a Abs. 3 UrhG Erstattung der erforderlichen Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung vom 22.3.2017 verlangen.

a) Im Hinblick darauf, dass das Photo am 22.3.2017 weiterhin durch Eingabe der klägerseits benannten Suchbegriffe im Internet aufrufbar war, stand dem Beklagten gegenüber der Klägerin ein verschuldensunabhängiger Unterlassungsanspruch nach § 97 Abs. 1 UrhG zu. Die Klägerin hat durch die Einstellung des Photos auf ihrer Webseite einen fortdauernden Verletzungszustand begründet, da das Öffentlich-Zugänglich-Machen eine Dauerhandlung ist (BGH GRUR 2015, 158 – CT-Paradies Rdnr. 67). Dieser Verletzungszustand dauert an, solange das Photo aufgrund der von der Klägerin veranlassten Einstellung im Internet auffindbar ist. Eine fortdauernde Verantwortlichkeit der Klägerin für diesen von ihr als Handlungsstörerin geschaffenen Verletzungszustand und damit eine Passivlegitimation für den Unterlassungsanspruch ergibt sich daraus, dass es ihr, wie beklagtenseits dargelegt, ohne Weiteres möglich und zumutbar gewesen wäre, bei Google eine Löschung aus dem Cache zu erwirken (vgl. BGH Beschluss vom 12.7.2018, I ZB 86/17).

Damit war die gegenständliche Abmahnung berechtigt. Da sie auch den Anforderungen des § 97a Abs. 2 UrhG entsprach, hat die Klägerin die notwendigen Kosten zu erstatten.

b) Allerdings waren die beklagtenseits geforderten Anwaltskosten nicht in der geltend gemachten Höhe erforderlich, da der zugrunde gelegte Gegenstandswert von 15.000 Euro überhöht ist.

aa) Der Wert eines Unterlassungsanspruches bestimmt sich nach dem Interesse des Anspruchstellers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße. Dieses Interesse ist pauschalierend unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu bewerten und wird maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für den Inhaber des verletzten Schutzrechts bestimmt (BGH Urteil vom 12.5.2016, I ZR 1/15, Rdnr. 33 – Tannöd). Anhaltspunkte für die Beurteilung der mit dem Unterlassungsanspruch abzuwehrenden Gefährdung der Interessen des Inhabers eines nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts sind sowohl der wirtschaftliche Wert des verletzten Rechts als auch die Intensität und der Umfang der Rechtsverletzung (sogenannter Angriffsfaktor). Der Angriffsfaktor wird insbesondere durch die Stellung des Verletzers und des Verletzten, die Qualität der Urheberrechtsverletzung, den drohenden Verletzungsumfang, die Art der Begehung des Rechtsverstoßes und eine hierdurch etwa begründete Gefahr der Nachahmung durch Dritte sowie subjektive Umstände auf Seiten des Verletzers wie den Verschuldensgrad bestimmt. (BGH aaO Rdnr. 34).

bb) Unter Berücksichtigung dieser Kriterien bewertet der Senat das Interesse des Beklagten an der Unterbindung des konkreten Verstoßes mit maximal 3.000 Euro.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist hier nicht etwa wegen eines zweiten Verstoßes von einem erhöhten Angriffsfaktor auszugehen. Denn die mit der zweiten Abmahnung gerügte Rechtsverletzung beruht im Gegensatz zur ersten gerade nicht auf einem bewussten Handeln der Klägerin, sondern lediglich auf einem allenfalls fahrlässigen Unterlassen, das dazu geführt hat, dass ein durch die Erstverletzung geschaffener und zwischenzeitlich weitgehend beseitigter rechtwidriger Zustand in geringem Umfang perpetuiert wurde. Die Gefährlichkeit der Rechtsverletzung für den Beklagten war gering, da das Photo nicht mehr aktiv auf der Webseite eingebunden ist, sondern lediglich in verkleinerter Form im Google Cache erschien. Auch nach eigenem Vortrag der Beklagten war davon auszugehen, dass das Photo dort nur noch temporär gespeichert war.

cc) Ausgehend von einem Gegenstandswert zwischen 2.000 und 3.000 EUR und unter Zugrundelegung einer – klägerseits nicht beanstandeten – 1,3 Gebühr betragen die erstattungsfähigen Kosten 334,75 Euro.

3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 ZPO). Die Entscheidung beruht auf der Anwendung anerkannter Rechtssätze im konkreten Einzelfall.

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