OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 03.06.2024, Az. 16 W 18/24
§ 32 Abs. 2 RVG, § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 68 GKG, § 3 ZPO
Das OLG Frankfurt a.M. hat darauf hingewiesen, dass bei Persönlichkeitsverletzungen ein „grundsätzlicher“ Streitwert von 5.000 – 15.000 EUR angebracht ist, der nur bei der Betroffenheit eines Prominenten oder einer Herabsetzung im Rahmen einer „komplexeren Schrift“ überschritten werden soll. Der Gegenstandswert des Verfügungsverfahren in persönlichkeitsrechtlichen Angelegenheiten sei im Übrigen gegenüber dem Hauptsachestreitwert nur um 1/3 zu reduzieren. Zum Volltext der Entscheidung:
Oberlandesgericht Frankfurt a.M.
Beschluss
…
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 5. April 2024 – 2-03 O 140/24 (berichtigt – die Red.) wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Mit ihrer am 11. April 2024 aus eigenem Recht erhobenen Beschwerde (Bl. 55 dA) wenden sich die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers gegen die Festsetzung des Streitwerts durch das Landgericht, das diesen durch Beschluss vom 5. April 2024 (berichtigt – die Red.) auf 10.000 Euro festgesetzt hatte (Bl. 50 dA) und in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 29. April 2024 nunmehr – unter Berücksichtigung eines Streitwerts von 10.000 Euro für die angegriffene Äußerung, dreier Antragsgegner und eines dem Verfahren geschuldeten Abschlags von 1/3 – auf 20.000 Euro festgesetzt hat (Bl. 83 f. dA).
II.
Die Beschwerde ist zulässig, wurde insbesondere fristgerecht eingelegt (§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 3, § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG) und geht auch noch nach Teilabhilfe durch das Landgericht mit einer den Betrag von 200 Euro übersteigenden Beschwer einher (§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG; vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 10. Juni 1987 – 6 W 117/87 -). In der Sache ist sie jedoch unbegründet.
1. Der für die Streitwertfestsetzung gewählte Ausgangspunkt des Landgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden.
a) Bei der Abwehr von Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Äußerungen in der Presse oder anderen Medien ist der Streitwert gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 GKG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Ermessen zu bestimmen. Abhängig vorwiegend davon, in welcher Sphäre seines Persönlichkeitsrechts der Betroffene durch die Äußerung berührt wird, welche Schwere ein hiermit verbundener Eingriff hat und welcher Verbreitungsgrad dem gewählten Medium zukommt, geht der Senat dabei unter Orientierung am Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG (vgl. BGH, Beschl. v. 17. Januar 2023 – VI ZB 114/21 -, Rn. 11; Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 3 ZPO, Rn. 16.57) von einem Streitwert zwischen etwa 5.000,00 EUR und 15.000,00 EUR je selbständiger, inhaltsverschiedener Äußerung aus. Höhere Beträge kommen regelmäßig nur bei der Betroffenheit von Prominenten oder bei besonders spektakulären Fällen in Betracht (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 2. Juni 2023 – 16 W 27/23 -, Rn. 21) bzw. dann, wenn statt einzelner Äußerungen die durch eine komplexere Schrift geschaffene Herabsetzung des Betroffenen insgesamt in Rede steht (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 21. September 1999 – 16 W 39/98 -, Rn. 5).
b) Wird um entsprechenden Rechtsschutz im Wege der einstweiligen Verfügung nachgesucht, wird der Streitwert gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt. Er bleibt dann im Allgemeinen unter dem Streitwert der Hauptsache, weil das in diesem Verfahren verfolgte Sicherungsinteresse des Betroffenen im Regelfall nicht sein Befriedigungsinteresse erreicht. Da das Presserecht grundsätzlich von dem Erfordernis einer schnellen Reaktion geprägt ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12. März 2024 – 1 BvR 605/24 -, Rn. 16) und dem Sicherungsinteresse daher in äußerungsrechtlichen Sachverhalten häufig höheres Gewicht zukommt, erachtet der Senat einen Abschlag von mehr als 1/3 gegenüber dem Hauptsachewert allerdings regelmäßig für nicht angezeigt (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 2. Juni 2023 – 16 W 27/23 -, Rn. 22; vom 22. Dezember 2020 – 16 W 83/20 -, Rn. 31).
c) Mehrere Streitwerte werden gemäß § 39 GKG zusammengerechnet. Das gilt im Äußerungsrecht sowohl für die Beanstandung mehrerer selbständiger, inhaltsverschiedener Äußerungen, wie ebenso für die Inanspruchnahme mehrerer Unterlassungsschuldner. Denn diese schulden Unterlassung – hier aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG – nicht nur einmal, sondern jeder für sich (vgl. BGH, Urt. v. 27. November 2020 – V ZR 121/19 -, Rn. 35; v. 15. April 1975 – VI ZR 93/73 -, Rn. 19).
2. Dies zugrunde gelegt, ist die Festsetzung des Streitwerts auch in der Sache zu Recht mit 20.000 Euro erfolgt.
Die angegriffene Berichterstattung berichtet über das angebliche Angebot des Antragstellers, an seine Lebensgefährtin herangetragene Geldforderungen durch eine Einmalzahlung abzugelten, und betrifft damit Umstände, die auf Seiten des Antragstellers allenfalls dem äußeren Rand seiner Privatsphäre zuzurechnen sind. Zudem ist der Antragsteller – anders als seine Lebensgefährtin, die eine gewisse Boulevardprominenz genießt – einer breiteren Öffentlichkeit wenig bekannt. Bei dieser Sachlage war das verfolgte Unterlassungsbegehren unter Berücksichtigung der vorgenannten Kriterien wie geschehen mit einem Streitwert von 10.000 Euro zu bewerten, ein am Sicherungsinteresse des Antragstellers ausgerichteter Abschlag von 1/3 vorzunehmen und mit der Anzahl der Antragsgegner zu multiplizieren.
III.
Der Kostenausspruch folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.