OLG Frankfurt a.M.: Eine einfache Unterlassungserklärung kann zur Verminderung des Streitwerts führen

veröffentlicht am 5. Februar 2015

OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 14.01.2015, Az. 6 W 106/14
§ 3 ZPO

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine vorprozessuale Unterlassungserklärung ohne Verpflichtung zu einer Vertragsstrafe wegen eines Markenrechtsverstoßes die Wiederholungsgefahr und daher den Streitwert des nachfolgenden Prozesses vermindern kann. Dies sei allerdings nur dann der Fall, wenn der Verletzer den Verstoß ausdrücklich eingeräumt und die Abmahnung als berechtigt anerkannt habe. Im vorliegenden Fall sei die Rechtsverletzung jedoch bestritten worden, was die Ernsthaftigkeit der abgegebenen Erklärung in Frage stelle und damit nicht zu einer Minderung des Streitwert führen könne. Zum Volltext der Entscheidung:


Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Beschluss

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die Antragstellerin ist einer der bekanntesten A-Hersteller der Welt. Sie versieht die Gesäßtaschen ihrer A-Hosen schon seit dem Jahr 1873 mit einem Bildzeichen in Form einer Doppelschwinge, dem sog. „X“. Die Antragstellerin ist Inhaberin mehrerer deutscher bzw. EU-Gemeinschafts-Bildmarken in Form der Doppelschwinge.

Die Antragsgegnerin betreibt ausweislich ihrer Homepage www…de ein Unternehmen für die Aufbereitung von Textilien, Ledern und Polstern sowie einen Handel mit Restposten im größeren Stil europaweit.

Die Antragstellerin erwirkte gegen die Antragsgegnerin eine einstweilige Verfügung des Landgerichts mit der dieser untersagt wurde, im geschäftlichen Verkehr Hosen zu vertreiben, die entsprechend der dortigen Einblendung auf einer Gesäßtasche mit einer nach unten spitz zulaufenden Doppelschwinge versehen sind.

Der Streitwert für das Eilverfahren wurde auf 200.000 € festgesetzt. Dagegen richtet sich die im Namen der Antragsgegnerin eingelegte Streitwertbeschwerde, mit der eine Reduktion des Streitwerts auf maximal 50.000 € angestrebt wird. Das Landgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 28. November 2011 nicht abgeholfen (Bl. 183 ff. d. A.).

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die Antragstellerin hat ausführlich dargelegt, warum die Bekanntheit ihrer mit dem Zeichen „X“ ausgestatteten A, die großen Verkaufszahlen und die intensive Bewerbung und Benutzung des Zeichens dessen erheblichen Marktwert ausmachen. Der Senat hat deshalb schon in der Vergangenheit in vergleichbaren Fällen, bei denen Verletzungen dieser Marke geltend gemacht worden sind, trotz umsatz- und zahlenmäßig überschaubarer Verletzungshandlungen Streitwerte in der hier angesetzten Höhe festgelegt (vgl. u. a. Senat vom 14.06.2011, Az.: 6 W 43/11 – nicht veröffentlicht). In dem dortigen Fall war der Antragsgegner als Großhändler tätig und hatte die Hosen teilweise selbst hergestellt. Hier begründet die Eigenwerbung der Antragsgegnerin, europaweit im großen Stil mit Restposten zu handeln, eine erhebliche Gefahr künftiger Markenverletzungen, so dass der für die Streitwertbemessung bedeutsame „Angriffsfaktor“ eine niedrigere Streitwertfestsetzung nicht zulässt.

Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin darauf, vorprozessual eine nicht strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben zu haben. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Erklärung mit falscher Firmierung d. h. im Namen einer nicht existenten Fa. Z GmbH & Co. KG abgegeben worden ist, denn die Antragstellerin hat dies von sich aus als sog. „falsa demonstratio“ gewertet und die Erklärung der Antragsgegnerin zugeordnet.

Nach der Rechtsprechung des Senats kann zwar eine ohne Strafbewehrung abgegebene Unterlassungserklärung u. U. zu einer deutlichen Verminderung der Wiederholungsgefahr führen, was sich auf den Angriffsfaktor und damit auch auf den Streitwert auswirken kann (Senat vom 5. 12. 2006 – 6 W 229/06, vom 17. 11. 2004 – 6 W 175/04, vom 4. 4. 2001 – 6 W 83/01 – alle Entscheidung sind nicht veröffentlicht). All diesen Fällen war jedoch gemein, dass der Verletzer zudem den Rechtsverstoß ausdrücklich eingeräumt und zu erkennen gegeben hat, dass er die Beanstandung als berechtigt ansieht und sein Verhalten künftig daran ausrichtet.

Dies unterscheidet den hiesigen Fall von den vorgenannten, denn hier hat die Antragsgegnerin die Rechtsverletzung ausdrücklich bestritten, was bei der Antragstellerin begründete Zweifel an der Intention und der Ernsthaftigkeit dieser Erklärung erwecken konnte. Aus ihrer Sicht war diese Erklärung nicht geeignet, zu einer Verminderung der Wiederholungsgefahr beizutragen.

Die Entscheidung ergeht gem. § 68 Abs. 3 GKG gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist im Streitwertfestsetzungsverfahren kein Raum (§§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).

Vorinstanz:
LG Frankfurt, Az. 3-8 O 78/14

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