OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 04.11.2014, Az. 11 U 106/13
§ 4 UrhG, § 97a UrhG
Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass für Seminarunterlagen urheberrechtlicher Schutz als Sammelwerk bestehen kann, wenn durch die Auswahl und Anordnung der Einzelwerke eine geistige Schöpfung manifestiert wird. Diese übersteige die Summe der Einzelwerke, die vorliegend zumeist aus Fotografien und Darstellungen wissenschaftlicher und technischer Art bestünden, in einer Weise, die die Schutzfähigkeit begründe. Zum Volltext der Entscheidung:
Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Urteil
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 12.9.2013 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung im Kostenpunkt teilweise abgeändert.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Beklagten mit Ausnahme der durch Anrufung des örtlich unzuständigen Landgerichts Leipzig entstandenen Kosten zu tragen; diese haben die Kläger zu tragen.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Von den Gerichtskosten der Berufungsinstanz haben die Kläger 10% sowie die Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) jeweils 45% zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Kläger in der Berufungsinstanz haben die Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) jeweils 45% zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) in der Berufungsinstanz haben die Kläger 20% zu tragen. Im Übrigen haben die Parteien ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten der Berufungsinstanz selbst zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten für ein urheberrechtliches Abmahnschreiben sowie die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz wegen einer angeblichen Urheberrechtsverletzung.
Die Kläger führten in der Vergangenheit für die Beklagte zu 1), die Seminare anbietet, Schulungen unter Verwendung des aus Anlage K1 ersichtlichen Lehrmaterials durch. Die Beklagte zu 1), handelnd durch ihren Geschäftsführer, den Beklagten zu 2), übergab diese Unterlagen ihrem neuen Dozenten, Herrn Z1.
Mit Anwaltsschreiben vom 13.7.2012, wegen dessen genauen Inhalts auf Bl. 126ff. d.A. verwiesen wird, mahnten die Kläger die Beklagte zu 1) wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung ab und forderten sie erfolglos zur Abgabe einer Unterlassungserklärung, Auskunftserteilung und Schadenersatz auf.
Die Kläger meinen, es handele sich bei den Unterlagen gemäß Anlage K1 um solche, die urheberrechtsschutzfähig seien. Sie behaupten, sie seien Miturheber und meinen, für sie streite eine entsprechende Vermutung.
Sie haben mit der zunächst beim Landgericht Leipzig erhobenen Klage beantragt, die Beklagten zur Unterlassung sowie im Wege der Stufenklage zur Auskunft und Leistung von Schadenersatz zu verurteilen, die Schadenersatzpflicht der Beklagten festzustellen und die Beklagten zur Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die ausgesprochene Abmahnung zu verurteilen. Das Landgericht Leipzig hat sich mit Beschluss vom 26.10.2012 für örtlich unzuständig erklärt und die Sache an das Landgericht Frankfurt am Main verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung haben die Parteien den Rechtsstreit mit Ausnahme des Antrags auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten übereinstimmend für erledigt erklärt. Wegen der erstinstanzlichen Anträge und der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und die Kosten insgesamt den Klägern auferlegt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Ein Anspruch auf Erstattung der anwaltlichen Kosten für die vorgerichtliche Abmahnung gegen den Beklagten zu 2) bestehe nicht, weil das Schreiben sich nach seinem Wortlaut nicht an ihn richte. Auch gegen die Beklagte zu 1) bestehe kein Erstattungsanspruch, da die Abmahnung nicht die Erfordernisse erfülle, die an ein Abmahnschreiben zu stellen seien. Die Kläger hätten nicht, wie erforderlich, ihre Sachbefugnis dargelegt, insbesondere nicht, ob sie als Verwertungsgemeinschaft der möglicherweise miteinander verbundenen Einzelwerke oder als einzelne Urheber ihre angeblichen Urheberrechte an den Einzelwerken verfolgten; im letzteren Fall fehle zudem die Angabe, wer die Inhaberschaft hinsichtlich welches Einzelwerks behaupte. Jedenfalls hinsichtlich der Fotografien könne auch nur jeweils einer der Kläger Urheber sein.
Auch soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden sei, hätten die Kläger die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a ZPO zu tragen. Die Kläger hätten ihre Aktivlegitimation nicht hinreichend vorgetragen, da sie nicht dargelegt hätten, welcher der Kläger Urheber der einzelnen Werke sei; jedenfalls hinsichtlich der Fotografien sei davon auszugehen, dass diese jeweils nur von einem der Kläger gefertigt seien und die Kläger daher nicht Miturheber sein könnten. Auch eine Aktivlegitimation zur Untersagung der Kursunterlagen insgesamt sei nicht dargelegt. Soweit die Kläger sich in der Klagebegründung auf Miturheberschaft berufen hätten, komme eine solche bei den Kursunterlagen nicht in Betracht, da diese unterschiedliche Werkarten enthielten, so dass es sich nicht um ein einheitliches Werk handele, an dem eine Miturheberschaft bestehen könne. Daher könnten sich die Kläger auch nicht auf eine entsprechende Vermutung (§ 10 UrhG) berufen. Aufgrund des Vortrags, ihre Rechte als Miturheber geltend zu machen, könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Kläger die ihnen an den Einzelwerken gegebenenfalls zustehenden Einzelrechte geltend machten.
Zudem fehle eine ausreichende Darlegung, dass es sich bei dem Text um ein schutzfähiges Sprachwerk im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG handele. Da es sich um ein Sprachwerk zu Gebrauchszwecken handele, seien an die urheberrechtliche Schutzfähigkeit erhöhte Anforderungen zu stellen, die nicht dargelegt seien. Auch hinsichtlich der Zeichnungen, Skizzen usw. sei nicht dargelegt, aufgrund welcher Gestaltungen diese Schutz beanspruchen könnten.
Es beständen zudem Zweifel, ob die Kläger ihre sekundäre Darlegungslast zur Frage der Widerrechtlichkeit erfüllt hätten, da die Beklagten vorgetragen hätten, dass die jahrelange Tätigkeit der Kläger als Dozenten auch die Weitergabe der Seminarunterlagen beinhaltet hätte und es nicht abwegig erscheine, dass dem von den Klägern bei Abrechnung dieser Tätigkeit eingeschalteten Unternehmen Nutzungsrechte an den Unterlagen zugestanden hätten, die ggf. auch den Beklagten eingeräumt worden seien.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie den Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Abmahnkosten gegen die Beklagte zu 1) mit einem reduzierten Zinssatz weiterverfolgen und beantragen, den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, auch soweit dieser übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist.
Die Kläger wiederholen und vertiefen in erster Linie ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie meinen, die ausgesprochene Abmahnung erfülle die Mindestanforderungen, die sich darauf beschränkten, dass der Abmahnende zur Vermeidung eines gerichtlichen Vorgehens vom Abgemahnten unter Fristsetzung die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung fordere. Die vom Landgericht geforderten Darlegungen zur Rechteinhaberschaft seien nicht notwendig und auch unüblich. Zudem hätten die Beklagten gewusst, dass die Kläger die Unterlagen erstellt hätten. Da es genüge, dass jeder Miturheber die Ansprüche aus Verletzungen der Miturhebergemeinschaft geltend mache, dürfe eine nähere Darlegung nicht gefordert werden, wenn beide Miturheber die Ansprüche an den Unterlagen in ihrer Gesamtheit gemeinsam geltend machten. Es habe nicht die Gefahr bestanden, dass die Kläger darüber hinaus Urheberrechte der von ihnen jeweils separat geschaffenen Werke weiterverfolgten. Dabei seien sie auch berechtigt, die Erstattung einer 1,5fachen Geschäftsgebühr zu verlangen.
Auch die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO habe das Landgericht fehlerhaft getroffen.
Die Kläger seien Miturheber der Kursunterlagen, die ein einheitliches Werk darstellten. Ein einheitliches Werk liege bereits dann vor, wenn – wie hier – die Beiträge zwar theoretisch ohne den übrigen Teil des Werks verwertbar seien, jedoch beim Herauslösen aus dem Gesamtwerk dieses unbrauchbar zergliedert werde. Dass das einheitliche Werk sich aus Bestandteilen verschiedener Gattungen zusammen setze, sei unschädlich. Infolgedessen könnten sich die Kläger hier auch auf die Urhebervermutung berufen.
Die Darlegungen des Landgerichts zur Widerrechtlichkeit der Weitergabe seien fehlerhaft, da der Eingreifende die Rechtmäßigkeit darlegen müsse, was die Beklagten nicht getan hätten.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Kläger klargestellt, mit der Formulierung des zunächst erstinstanzlich gestellten Unterlassungsantrags auf Verwertung der Unterlagen „einzeln oder zusammen“ habe auch eine teilweise Verwertung des insgesamt in der Anlage K1 wiedergegebenen Vortrags unterbunden werden sollen.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, Az.: 2-03 O 491/12 abzuändern und die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an die Kläger zur gesamten Hand vorgerichtliche Kosten in Höhe von EUR 2.263,33 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen die landgerichtliche Entscheidung. Sie meinen, für eine Weitergabe der Unterlagen an Dritte sei keine Zustimmung der Ersteller der Seminarunterlagen erforderlich, da die Skripterstellung stets Bestandteil des Honorars sei und das Skript der Beklagten zu 1) zur beliebigen Verwendung und Weiterverbreitung überlassen worden sei.
II.
Die zulässige Berufung ist nur insoweit begründet, als die Kläger sich gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts wenden.
1.
Den allein gegen die Beklagte zu 1) weiterverfolgten Anspruch der Kläger auf Erstattung der Abmahnkosten hat das Landgericht zu Recht verneint. Den Klägern steht dieser Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 97a UrhG.
Gemäß § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG aF, der auf das vom 13.7.2012 datierende Abmahnschreiben Anwendung findet, besteht ein Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen, wenn die Abmahnung begründet und berechtigt war. Die Abmahnung fordert den Verletzer auf, hinsichtlich der abgemahnten verletzenden Handlung eine Unterlassungserklärung abzugeben (Dreier/Schulze, UrhG, 4. Auflage, § 97a Rn. 5). Die sich hieraus ergebenden Anforderungen an die Abmahnung erfüllt das Schreiben vom 13.7.2012 (Anlage K2) nicht.
In dem Abmahnschreiben ist das vorgeworfene rechtswidrige Verhalten so konkret zu bezeichnen, dass für den Abgemahnten erkennbar ist, was ihm in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zur Last gelegt wird. Die Bezeichnung muss den Verletzer in die Lage versetzen, die gerügte Rechtsverletzung und das betreffende Werk in angemessener Weise zu identifizieren (Beck’scher Kommentar Urheberrecht-Reber, § 97a Rn. 6; Ahrens/Achilles, Der Wettbewerbsprozess, 7. Auflage, Kap. 2 Rn. 26). Dem wird das Schreiben Anlage K2 nicht gerecht. Es heißt in dem Schreiben in Bezug auf das vorgeworfene rechtswidrige Verhalten lediglich, die Beklagte zu 1) habe die Unterlagen ohne die erforderliche Zustimmung verbreitet. Worin die Verbreitungshandlung bestehen soll, ist nicht näher beschrieben. Es ergibt sich nicht, dass Anlass des Abmahnschreibens, wie die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt haben, ausschließlich die Übergabe der Unterlagen an Herrn Z1 gewesen war. Näherer Angaben zur vorgeworfenen Verbreitungshandlung bedurfte es insbesondere deshalb, weil die Beklagte zu 1) unstreitig jedenfalls zur Weitergabe der Unterlagen an Kursteilnehmer berechtigt war.
2.
Die Berufung hat jedoch teilweise Erfolg, soweit sie die Kostenentscheidung des Landgerichts als unzutreffend rügt. Soweit die Parteien den Rechtsstreit erstinstanzlich übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, waren den Beklagten gemäß § 91a ZPO die Kosten aufzuerlegen, da anzunehmen ist, dass die Kläger ohne die Erledigung insoweit obsiegt hätten.
a)
Zunächst waren die für erledigt erklärten Klageanträge in der Weise der hypothetischen Prüfung zugrunde zu legen, dass sie sich auf die Schulungsunterlagen gemäß Anlage K1 insgesamt und nicht lediglich auf einzelne Teile oder Werkarten bezogen. In der zunächst angekündigten Fassung war der Antrag unbestimmt, da die Formulierung „einzelne Teile“ nicht hinreichend konkret ist und insbesondere unberücksichtigt lässt, inwieweit es sich um urheberrechtlich relevante Teile handelt. Insoweit ist anzunehmen, dass die Kläger die entsprechende Anträge, die nach ihrem Wortlaut auf die Unterlagen „einzeln und zusammen“ gerichtet waren, nach dem gebotenen gerichtlichen Hinweis (§ 139 ZPO) in der Weise konkretisiert hätten, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geschehen. Dort haben die Kläger klargestellt, dass mit der genannten Formulierung der Anträge auch eine teilweise Verwertung des insgesamt in der Anlage K1 wiedergegebenen Vortrags hätte unterbunden werden sollen, mithin sich die Anträge auf die Vortragsunterlagen gemäß Anlage K1 insgesamt bezogen haben.
b)
Den Klägern standen bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärung gegenüber den Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadenersatz hinsichtlich der als Anlagenkonvolut K1 bezeichneten Unterlagen insgesamt gemäß § 97 Abs.1, 2 UrhG zu.
aa)
An den Seminarunterlagen insgesamt besteht Urheberrechts- und Leistungsschutz.
Allerdings umfassen die Kursunterlagen, wie aus Anlage K1 ersichtlich, verschiedene Werkarten, nämlich Sprachwerke in Gestalt der Texte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG, Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen und Tabellen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG sowie Fotografien gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG bzw. § 72 UrhG, so dass eine einheitliche auf Beiträgen beider Kläger beruhende Werkschöpfung ausscheidet (Wandtke/Bullinger/Thum, UrhG, 4. Auflage, § 8 Rn. 10 mwN).
Die Kursunterlagen sind jedoch als Sammelwerk gemäß § 4 UrhG schutzfähig. Sammelwerke genießen Urheberschutz, wenn bei ihnen die Auswahl oder die Anordnung der einzelnen darin aufgenommenen Elemente eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG darstellen, wenn sich in ihnen damit ein geistiger Gehalt manifestiert, der über die bloße Summe der Inhalte der einzelnen Elemente hinausgeht (Dreier, aaO, § 4 Rn. 11), wobei der Gesamteindruck entscheidend ist (BGH, Urteil vom 8.11.1989 – I ZR 14/88 – Rn. 83, juris). Dies ist vorliegend in Bezug auf die Auswahl der Einzelwerke und ihre konkrete Anordnung innerhalb der Kursunterlagen gemäß Anlage K1 zu bejahen. Bereits die Auswahl der im Einzelnen aufzunehmenden Texte, der zu verwendenden Fotografien und Darstellungen wissenschaftlicher und technischer Art ist nur in geringem Umfang durch den Inhalt der Seminarveranstaltung, deren Durchführung die Unterlagen dienen, vorgegeben, so dass sich ein weiter Entscheidungsspielraum ergab (vgl. zu diesem Erfordernis Dreier, aaO, § 4 Rn. 12). So tragen auch die Beklagten vor, die Kursunterlagen gemäß Anlage K1 und damit die ausgewählten Einzelwerke stimmten nur hinsichtlich einer Fotografie mit den Unterlagen überein, die der Dozent Herr Z1, der nunmehr das Seminar abhalte, verwende. Auch die Anordnung der Einzelwerke zueinander geht über die Summe der bloßen Inhalte hinaus. Wie sich aus den Kursunterlagen Anlage K1 ergibt, dienen insbesondere die jeweils in die textliche Darstellung eingefügten Fotografien sowie die Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen und Tabellen didaktischen Zwecken, nämlich die textlichen Inhalte zu erläutern und zu veranschaulichen. Die eigenschöpferische Leistung durch die Auswahl der Einzelwerke und ihre Anordnung wird durch die Gegenüberstellung der Unterlagen gemäß Anlage K1 und der nach der Behauptung der Beklagten von Herrn Z1 verwendeten Unterlagen, die ebenfalls als CD zur Akte gereicht wurden und die in Inhalt und Anordnung wesentlich von den Unterlagen Anlage K1 abweichen, bestätigt.
bb)
Die Kläger waren zur Geltendmachung der Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadenersatz hinsichtlich des Sammelwerks in Gestalt der Unterlagen Anlage K1 aktiv legitimiert.
Zu Gunsten der Kläger ist gemäß § 10 UrhG zu vermuten, dass sie Miturheber (§ 8 UrhG) des Sammelwerks sind. Bei einem Sammelwerk im Sinne von § 4 UrhG besagt die Urheberbezeichnung, dass der oder die angegebenen Urheber die Auslese und/oder die Anordnung der einzelnen Beiträge vorgenommen haben (BGH, Urteil vom 26.2.2009 – I ZR 142/06 – Rn. 32 – Kranhäuser -, juris), wobei den Urhebern ein solches Urheberrecht an dem Sammelwerk in Miturheberschaft zustehen kann, wenn sie die Auswahl und Anordnung gemeinsam vorgenommen haben (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.9.2001 – 11 U 67/00 – IMS Health -, juris). Da sich auf den Seiten der Schulungsunterlagen Anlage K1 jeweils der Vermerk „Vortrag Z2 (Kläger zu 1) und Z3 (Kläger zu 2)“ findet, besteht die Vermutung, dass die Kläger Miturheber des Sammelwerks sind.
Diese Vermutung haben die Beklagten nicht widerlegt. Sie haben lediglich bestritten, dass die Kläger Urheber seien und vorgetragen, die B GmbH berühme sich der Urheberrechte an den Unterlagen. Bereits diesem Vortrag war nicht nachzugehen, da die B GmbH als juristische Person nicht Urheber, sondern allenfalls Inhaber von Nutzungsrechten sein könnte, was aber so von den Beklagten nicht vorgetragen worden ist. Soweit die Beklagten außerdem geltend gemacht hatten, es gebe kein Urheberrecht an den Seminarunterlagen; im Ergebnis stehe der Beklagten zu 1) das Urheberrecht an den Unterlagen zu, war diesem Vortrag ebenfalls nicht nachzugehen, da der Vortrag nicht ein Urheberrecht der Kläger entfallen ließe, sondern die Beklagten sich dann lediglich auf ein der Beklagten zu 1) eingeräumtes Nutzungsrecht berufen könnten. Zudem hatten die Beklagten nicht den ihnen zur Widerlegung der Urhebervermutung obliegenden Beweis angeboten.
cc)
Die Beklagten haben auch das Urheberrecht der Kläger verletzt, indem sie die Unterlagen gemäß Anlage K1 insgesamt verbreitet haben (§§ 15 Abs. 1 Nr. 2, 17 UrhG). Daher bestand eine Wiederholungsgefahr, so dass die geltend gemachten Ansprüche begründet gewesen wären.
Indem die Beklagten die Unterlagen gemäß Anlage K1 an Herrn Z1 übergaben, haben sie diese in den Verkehr gebracht und damit verbreitet (§§ 15 Abs. 1 Nr. 2, 17 Abs. 1 UrhG). Ein Werkstück wird in Verkehr gebracht, wenn mindestens ein Original oder Vervielfältigungsstück aus einer internen Betriebssphäre durch Eigentumsübertragung der Öffentlichkeit zugeführt wird (BGH, Urteil vom 22.1.2009 – IZR 148/06 -, juris; EuGH, Urteil vom 17.4.2008 – C-456/06 -, juris). Indem die Beklagte zu 1), handelnd durch ihren Geschäftsführer, den Beklagten zu 2), ein Vervielfältigungsstück der Unterlagen Herrn Z1 übergab, hat sie ihm diese endgültig zur Verfügung gestellt. Unabhängig von dem zwischen den Parteien streitigen Hintergrund der Überlassung, ist nach dem objektiven Empfängerhorizont hierin die Übereignung eines Vervielfältigungsstücks der Unterlagen an Herrn Z1 gemäß § 929 Satz 1 BGB zu sehen. Da eine persönliche Verbindung zwischen Herrn Z1 und den Beklagten nicht ersichtlich ist, gehört er zur Öffentlichkeit im Sinne von §§ 17 Abs. 1, 15 Abs. 3 Satz 2 UrhG.
Die Verbreitung der Unterlagen erfolgte widerrechtlich; die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten hatten eine Zustimmung der Kläger weder hinreichend vorgetragen noch unter Beweis gestellt.
Die Beklagten hatten behauptet, die Kläger hätten die Unterlagen im Auftrag der B GmbH erstellt, die die Unterlagen der Beklagten zu 1) zur Verfügung gestellt und ihre Zustimmung zur Nutzung und Weiterverbreitung durch die Beklagte zu 1) erteilt hätte. Hieraus ergibt sich nicht, dass die Widerrechtlichkeit entfiele. Denn selbst dann, wenn die Kläger die Unterlagen im Auftrag der B GmbH erstellt hätten, wäre diese allenfalls Inhaberin von Nutzungsrechten geworden, so dass die Übertragung oder Einräumung entsprechender Nutzungsrechte an die Beklagte durch die B GmbH gemäß §§ 34, 35 UrhG die Zustimmung der Urheber erfordert hätte. Dass diese erteilt worden wäre, haben die Beklagten nicht vorgetragen.
Die Beklagten haben zudem behauptet, die Kläger hätten wissentlich unwidersprochen hingenommen, dass die Beklagte zu 1) die Unterlagen nicht nur an Kursteilnehmer übergebe, sondern – gegen Entgeltzahlung – auch an Interessenten eines Seminars, die vor oder nach einem Seminar die Kursunterlagen angefordert hätten und zwar unabhängig von deren Seminarteilnahme. Selbst wenn man eine Zustimmung der Kläger zu einem solchen Verhalten der Beklagten annähme, hätten diese aber damit nicht der Übergabe der Unterlagen an Herrn Z1 zugestimmt, da dieser unstreitig die Unterlagen nicht als Interessent des Seminars gegen Entgeltzahlung erhielt.
Schließlich hatten die Beklagten geltend gemacht, die Skripterstellung sei stets Bestandteil des Honorars, das die Kläger von der Beklagten zu 1) erhalten hätten; die Skripte seien der Beklagten zu 1) ohne Einschränkung und damit zur beliebigen Verwendung und Weiterverbreitung von den Vortragenden überlassen worden. Diesem pauschalen Vortrag ist nicht zu entnehmen, durch welches Verhalten die Kläger konkludent der Beklagten zu 1) eine solch weitgehende Befugnis eingeräumt haben sollten; gemäß § 44 UrhG räumt der Urheber bei Veräußerung des Originals des Werks dem Erwerber im Zweifel ein Nutzungsrecht nicht ein.
c)
Da die Klage, soweit sie übereinstimmend für erledigt erklärt worden war, voraussichtlich Erfolg gehabt hätte, sind die erstinstanzlichen Kosten gemäß § 91a ZPO den Beklagten insgesamt aufzuerlegen, soweit diese nicht durch Anrufung des örtlich unzuständigen Landgerichts Leipzig entstandenen sind (§ 281 Abs. 3 ZPO). Die erstinstanzlichen Kosten waren nicht anteilig den Klägern aufzuerlegen, auch wenn deren Klage auf Erstattung der vorgerichtlichen Abmahnkosten keinen Erfolg hatte. Denn bis zum Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigungserklärung waren die geltend gemachten Kosten der Abmahnung als Nebenforderung wertmäßig nicht zu berücksichtigen (§§ 43 Abs. 1 GKG, 4 Abs. 1 ZPO). Zwar hatte die übereinstimmende teilweise Erledigungserklärung der zunächst erhobenen Hauptforderung in Gestalt der Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadenersatzanträge zur Folge, dass die vorprozessualen Rechtsanwaltskosten zum Hauptanspruch wurden und ab diesem Zeitpunkt streitwertmäßig zu berücksichtigen waren (BGH, Beschlüsse vom 4.4.2012 – IV ZB 19/11 – Rn. 5 und vom 26.3.2013 – VI ZB 53/12 – Rn. 6, jeweils juris). Dem kommt aber für die Kostenentscheidung erster Instanz vorliegend keine Bedeutung zu, da in diesem Zeitpunkt erstinstanzlich sämtliche Kosten bereits entstanden waren.
III.
Die Entscheidung über die Kosten der Berufungsinstanz waren anteilig im Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens zu verteilen (§ 92 Abs. 1 ZPO).
Hierbei war zu berücksichtigen, dass sich der Streitwert für das Berufungsverfahren aus der Summe der Prozesskosten erster Instanz sowie dem zweitinstanzlich gegen die Beklagte zu 1) weiterverfolgten Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten zusammensetzt. Zwar waren im Verhältnis der Kläger gegenüber der Beklagten zu 1) alleine die im Berufungsverfahren weiterverfolgten Abmahnkosten streitwertbestimmend. Denn die anteiligen Prozesskosten nach übereinstimmender Teilerledigungserklärung erhöhen den Streitwert des Berufungsverfahrens nicht, solange auch nur der geringste Teil der Hauptsache noch im Streit ist (BGH, Beschlüsse vom 4.4.2012 – IV ZB 19/11 – Rn. 5 und vom 31.3.2011 – V ZB 236/10 – Rn. 7, jeweils juris), was vorliegend im Verhältnis der Kläger gegenüber dem Beklagten zu 1) zu bejahen war, da der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ihm gegenüber zweitinstanzlich weiterverfolgt wurde. Allerdings waren gegenüber dem Beklagten zu 2) die anteiligen Prozesskosten erster Instanz für den Streitwert zu berücksichtigen, da die Kläger diesem gegenüber die Hauptsache in Gestalt der verbliebenen Forderung auf Erstattung der Abmahnkosten nicht weiterverfolgt hatten. Da vorliegend die Kläger ein einheitliches Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt hatten, waren beide Streitwerte mangels wirtschaftlicher Identität gemäß § 39 Abs. 1 GKG, 5 ZPO zusammenzurechnen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29.1.1987 – V ZR 136/86 – und vom 19.3.2013 – VIII ZB 45/12 -, juris, jeweils zu § 5 ZPO).
Aus dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens der Parteien im jeweiligen Prozessrechtsverhältnis ergibt sich die tenorierte Kostenentscheidung (§ 92 Abs. 1 ZPO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 ZPO). Die Entscheidung beruht auf der Anwendung anerkannter Rechtssätze im konkreten Einzelfall.
Vorinstanz:
LG Frankfurt, Az. 2-3 O 491/12