OLG Frankfurt a.M.: Sex sells – Zur irreführenden Werbung mit der Steigerung der Potenz

veröffentlicht am 23. August 2010

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 27.02.2007, Az. 6 U 158/06
§§ 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 LFGB; 4 Nr. 11 UWG

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine Werbung für ein Nahrungsergänzungsmittel irreführend und damit wettbewerbswidrig ist, wenn der Eindruck vermittelt wird, dass sich die männliche Potenz dadurch unmittelbar steigere. Dass die Antragsgegnerin mit den Aussagen nur auf die Eignung ihres Mittels hinweisen wolle, auf diesem Weg die sexuelle Leistungsfähigkeit allenfalls mittelbar zu unterstützen,  da das Mittel den Körper mit Nähr- und Vitalstoffen versorge, die bei körperlichen Beanspruchungen vermehrt verbraucht würden, entnehme der angesprochene Durchschnittsleser der Werbung gerade nicht. Dies müsste dann nämlich auch für Frauen gelten, die beanstandete Werbung beziehe sich jedoch nur auf die männliche Seite. Dadurch entstehe der (unzutreffende) Eindruck, dass speziell die sexuelle Leistungsfähigkeit des Mannes durch das Mittel unmittelbar gefördert würde.


Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Urteil

Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 27.9.2006 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt a.M. nach teilweiser Rücknahme des Eilantrages in der Berufungsinstanz abgeändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr für das Mittel „X“ mit den Aussagen zu werben.

Es folgen bildliche Darstellungen, die aus technischen Gründen nicht abgebildet werden können. (d. Red.)

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Antragsteller 5/16 und die Antragsgegnerin 11/16 zu tragen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Gründe

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II i.V.m. 313 a I, 1 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung hat in dem nach teilweiser Rücknahme des Eilantrages im Berufungsverfahren verbliebenen Umfang auch in der Sache Erfolg.

Dem Antragsteller stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 III Nr. 2 UWG i.V.m. 11 I Nr. 1 LFBG zu, da die mit den verbliebenen Anträgen zu I. 1. bis 6., 9., 10., 12., 13. und 15. beanstandeten Werbeaussagen irreführende Angaben zu den Eigenschaften des von der Antragsgegnerin vertriebenen Nahrungsergänzungsmittels enthalten.

Sämtliche Aussagen erwecken aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs den Eindruck, dass „X“ geeignet sei, die männliche Potenz unmittelbar zu steigern. Ohne Erfolg beruft die Antragsgegnerin sich darauf, mit den Aussagen lediglich darauf hinzuweisen, dass ihr Mittel den Körper mit Nähr- und Vitalstoffen versorge, die bei körperlichen Beanspruchungen – zu denen auch sexuelle Aktivität gehöre – vermehrt verbraucht würden. Denn dass die Antragsgegnerin mit den Aussagen nur auf die Eignung ihres Mittels hinweisen will, auf diesem Weg die sexuelle Leistungsfähigkeit allenfalls mittelbar zu unterstützen, entnimmt der angesprochene Durchschnittsleser der Werbung gerade nicht.

In allen im Tenor wiedergegebenen Aussagen wird jedenfalls insoweit ein direkter Zusammenhang zwischen „X“ und der männlichen Potenz hergestellt, als der Eindruck entsteht, die Einnahme des Mittels könne die männliche Potenz positiv beeinflussen. Dies verbindet der angesprochene Verkehrskreis, für den Potenzschwierigkeiten ein ernstzunehmendes Problem darstellen können, regelmäßig mit der Erwartung einer unmittelbar potenzsteigernden Wirkung des beworbenen Mittels. Demgegenüber ist der von der Antragsgegnerin dargestellte mittelbare Zusammenhang zwischen der durch das Mittel bewirkten allgemeinen körperlichen Stärkung und der damit – unter anderem – verbundenen Unterstützung (auch) der sexuellen Leistungsfähigkeit von derart allgemeiner Natur, dass für den Leser der Werbung die Annahme fernliegt, mit den beanstandeten Aussagen solle lediglich auf diesen Zusammenhang hingewiesen werden. Das folgt schon daraus, dass die mit sexueller Aktivität verbundene körperliche Belastung, die angeblich einen Bedarf an zusätzlichen Nähr- und Vitalstoffen nach sich zieht, nicht nur beim Mann, sondern auch bei der Frau eintritt. Wenn gleichwohl in den Werbeaussagen nur die männliche Seite angesprochen wird, muss der Eindruck entstehen, dass das beworbene Mittel auch speziell die männliche Potenz beeinflussen könne. Etwas anderes mag allenfalls dann gelten, wenn die Werbung klar und deutlich in dem von der Antragsgegnerin beabsichtigten Sinn relativiert würde; davon kann aber bei den beanstandeten Einzelaussagen keine Rede sein.

Die demnach mit der angegriffenen Werbung hervorgerufene Verkehrsvorstellung wird von dem Mittel der Antragsgegnerin nicht erfüllt; denn dass dem Mittel unmittelbar potenzsteigernde Wirkung im dargestellten Sinn zukommt, behauptet auch die Antragsgegnerin nicht.

Die weiteren Voraussetzungen für den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung sind ebenfalls erfüllt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 I, 269 III, 1 ZPO.

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