OLG Frankfurt a.M.: Werbung in einer Arztpraxis für bestimmte Apotheken ist unzulässig

veröffentlicht am 28. April 2014

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 20.03.2014, Az. 6 U 2/13
§ 11 Abs. 1 ApoG; § 4 Nr. 11 UWG

Das OLG Frankfurt hat in Bestätigung der Vorinstanz (hier) entschieden, dass Werbung im Wartezimmer von Arztpraxen („Wartezimmer-TV“) unzulässig ist, wenn dort Apotheken in einer Weise beworben werden, dass dies als gezielte Werbung des Arztes für eine bestimmte Apotheke verstanden wird. Zum Volltext der Entscheidung:


Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Urteil

Die Berufung der Beklagten gegen das am 17.12.2012 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Limburg wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 28.000,- abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Beklagte strahlt unter der Bezeichnung „TV Wartezimmer“ ein Programm auf Bildschirmen aus, die in Wartezimmern von Arztpraxen angebracht sind. Dabei wird neben sonstigen Beiträgen auch Werbung von Vertragspartnern der Beklagten wiedergegeben, die – wie der Beklagtenvertreter in der Senatsverhandlung klargestellt hat – bei der Klägerin einen Sendeplatz bei einem bestimmten Arzt buchen. Die Beklagte arbeitet dabei mit der Fa. A GmbH & Co. KG zusammen, die die für die Ausstrahlung erforderlichen Verträge mit den Betreibern der Arztpraxen schließt. Die Beklagte warb für „TV Wartezimmer“ mit einem Prospekt gemäß Anlage K 1 zur Klageschrift (Bl. 40 ff. d.A.) und einem Internetauftritt gemäß Anlage K 2 zur Klageschrift (Bl. 42 f. d.A.). Wegen des Inhalts der Werbung wird auf die genannten Anlagen sowie die Ausführungen unter II. verwiesen.

Die Klägerin, die satzungsgemäß unlauteren Wettbewerb bekämpft, sieht in der Werbung der Beklagten und in der ankündigungsgemäßen Ausstrahlung von Werbespots für Apotheken einen – zugleich unlauteren (§ 4 Nr. 11 UWG) – Verstoß gegen das sich aus § 11 I ApoG ergebende Verbot von Absprachen zwischen Apothekern und Ärzten über die Zuführung von Patienten sowie einen Verstoß gegen § 20 II Nr. 4 der Berufsordnung der Bayerischen Landesapothekerkammer. Auf die erfolglos gebliebene Abmahnung hat die Beklagte u.a. mitteilen lassen, die beanstandete Werbung bereits seit längerem nicht mehr zu verwenden; vielmehr habe sie ihr Geschäftsmodell dahin geändert, dass den Apothekern keine Exklusivität mehr eingeräumt werde.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 I, 1 ZPO), mit dem das Landgericht die Beklagte unter Androhung der Ordnungsmittel nach § 890 ZPO verurteilt hat,

1. Apothekern Werbung im Rahmen eines sog. „Wartezimmer-TV“ anzubieten und/oder anbieten zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 1,
und/oder
2. im Rahmen eines sog. „Wartezimmer-TV“, wobei – wie es aus der Anlage K 1 und der Anlage K 2 ersichtlich ist – auf einem Bildschirm im Wartezimmer von Arztpraxen Werbung ausgestrahlt wird, für Apotheker zu werben und/oder werben zu lassen.

Weiter hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung eines Aufwendungsersatzes für die Abmahnung von 219,35 € nebst Zinsen verurteilt.

Mit der Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte ihren Standpunkt, dass das angegriffene Verhalten rechtlich nicht zu beanstanden sei. In der Senatsverhandlung hat der Beklagtenvertreter erklärt, die Verteidigung der Werbung gemäß Anlage K 1 erfolge ausschließlich zum Zwecke der Rechtsverteidigung im vorliegenden Verfahren.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1.
Der Klägerin stehen die vom Landgericht zuerkannten Unterlassungsansprüche aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 III Nr. 2 UWG zu, weil die Beklagte für eine Zuwiderhandlung gegen das in § 11 I ApoG enthaltene, an Apotheker gerichtete Verbot geworben hat, mit Ärzten Absprachen über die Zuführung von Patienten zu treffen (Ziffer 1. des Unterlassungstenors); darüber hinaus besteht eine Erstbegehungsgefahr dafür, dass die Beklagte eine Zuwiderhandlung gemäß dieser Ankündigung begehen wird (Ziffer 2. des Unterlassungstenors).

a)
Die beanstandete Werbebroschüre gemäß Anlage K 1 ist auf einen Verstoß gegen § 11 I ApoG gerichtet.

aa)
Die Vorschrift des § 11 I ApoG verbietet Apothekern u.a. Absprachen mit Ärzten über die Zuführung von Patienten. Unter den Begriff der „Zuführung“ in diesem Sinne fällt zwar möglicherweise nicht jede denkbare Form von Werbung für eine Apotheke, die in einer Arztpraxis stattfindet. Als Zuführung eines Patienten an den Apotheker ist aber jedenfalls eine Verlautbarung in der Arztpraxis einzustufen, die aus der Sicht des Patienten nur als gezielte Empfehlung des Arztes für eine bestimmte Apotheke verstanden werden kann. Als „Absprache“ über eine derartige Zuführung im Sinne von § 11 I ApoG ist nach Auffassung des erkennenden Senats nicht nur eine unmittelbare Einigung zwischen Arzt und Apotheker, sondern jede Handhabung anzusehen, bei der es – auch unter Einschaltung Dritter – mit Wissen und Wollen von Arzt und Apotheke zu einer Verlautbarung gegenüber dem Patienten kommt, die als Zuführung im genannten Sinn einzustufen ist. Diese Auslegung ist geboten, da ansonsten die Regelung des § 11 I ApoG ohne weiteres umgangen werden könnte. Der Tatbestand es § 11 I ApoG ist dabei nicht erst erfüllt, wenn es tatsächlich zu einer Zuführung kommt; vielmehr reicht das Bestehen einer Absprache hierüber.

bb)
Danach ist die Werbung gemäß Anlage K 1 auf die Herbeiführung einer gemäß § 11 I ApoG unerlaubten Absprache zwischen Apotheker und Arzt über die Zuführung von Patienten gerichtet.

Die Werbung gemäß Anlage K 1 richtete sich jedenfalls auch an Apotheker. Dies ergibt sich daraus, dass auf der zweiten Seite der Werbung beispielhaft auch die Präsentation einer bestimmten Apotheke („B-Apotheke“) in „TV-Wartezimmer“ wiedergegeben ist und es im Text weiter heißt, das Angebot reiche von „‘A‘ wie Apotheke“ bis ‘Z‘ wie Zahnmedizin“. Die somit als Werbeadressaten angesprochenen Apotheker konnten den weiteren Inhalt der Werbung gemäß Anlage K 1 nur dahin verstehen, dass der Apotheker durch Abschluss des beworbenen Vertrages mit der Beklagten eine gezielte Empfehlung seiner Apotheke in „TV-Wartezimmer“ durch den Arzt erreichen könne. Zunächst wird dem Apotheker zugesichert, in dem im Wartezimmer ausgestrahlten Programm der einzige Anbieter aus dieser Branche zu sein; so heißt es auf der zweiten Seite „jede Branche ist nur ein einziges Mal vertretet“, auf der dritten Seite unter Ziffer 1. „Jeder Branchenplatz kann nur einmal vergeben werden“ und auf der vierten Seite blickfangmäßig herausgestellt „Exklusiv statt nur dabei“. Darüber hinaus wird der Charakter der Werbung für die Apotheke als Empfehlung durch den Arzt ausdrücklich hervorgehoben. Bereits auf der ersten Seite der Werbung wird die einzige, groß herausgestellte Aussage verwendet „Werden SIE beim Arzt empfohlen oder Ihr Wettbewerb?“. Auf der dritten Seite heißt es „Freuen! Sie werden exklusiv als Vertreter Ihrer Branche beim Arzt empfohlen“. Auf der vierten Seite findet sich der wiederum blickfangmäßig herausgestellte Hinweis „Empfehlung statt Werbung“. Der angesprochene Apotheker versteht diese Aussagen dahin, dass die versprochene Empfehlung durch den Arzt erfolgt. Ein anderes Verständnis kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil nicht ersichtlich ist, von wem sonst die Empfehlung ausgesprochen werden sollte. Dabei geht der Adressat der Werbung gemäß Anlage K 1 weiter davon aus, dass diese Form der Empfehlung (selbstverständlich) mit Billigung durch den Arzt erfolgt.

b)
Die Vorschrift des § 11 I ApoG ist auch – wie das Landgericht mit zutreffender Begründung angenommen hat – dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln; eine Zuwiderhandlung gegen das darin enthaltene Verbot stellt daher zugleich ein unlautere geschäftliche Handlung nach § 4 Nr. 11 UWG dar.

c)
Für den Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 11 I ApoG ist die Beklagte auch wettbewerbsrechtlich verantwortlich.

aa)
Eine Haftung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Anstiftung der mit der Werbung angesprochenen Apotheker zu deren unlauterem Verhalten scheidet nach dem Sach- und Streitstand allerdings aus. Da eine solche Haftung auch den Vorsatz hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Haupttat voraussetzt (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., Rdz. 2.15 zu § 8 UWG m.w.N.), hätte die Beklagte bereits zum Zeitpunkt der vorgetragenen Verletzungshandlung, nämlich der Verwendung der Werbung gemäß Anlage K 1, zumindest billigend in Kauf nehmen müssen, dass ihr Angebot auf einen Verstoß gegen § 11 I ApoG durch den Apotheker gerichtet ist. Davon kann nach dem Sach- und Streitstand nicht ausgegangen werden.

Die oben unter a) aa) dargestellte Auslegung der Vorschrift des § 11 I ApoG, insbesondere des Begriffs der „Absprache“, ergibt sich jedenfalls nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut der Vorschrift. Selbst wenn sich die Beklagte daher vor Verwendung der Werbung gemäß Anlage K 1 mit der Frage befasst hat, ob ihr Angebot mit dieser Vorschrift vereinbar sei, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sie die Möglichkeit der genannten Auslegung erkannt und einen Verstoß gegen § 11 I ApoG billigend in Kauf genommen hätte. Ein hinreichender Anhaltspunkt für diese Annahme ergibt sich auch nicht aus der vom Klägervertreter in der Senatsverhandlung überreichten „Stellungnahme“ der Kanzlei für Medienrecht C (Bl. 672 d.A.), die nach Behauptung der Klägerin mit der Werbung gemäß Anlage K 1 verbreitet worden sein soll. Denn diese Stellungnahme befasst sich allein damit, ob das Angebot der Beklagten mit den Berufspflichten des Arztes vereinbar ist. Die Vorschrift des § 11 ApoG betrifft dagegen das Verhalten des Apothekers.

Ob die Abmahnung vom 3.6.2011 (Anlage K 3; Bl. 44 d.A.) einen bedingten Vorsatz auf Seiten der Beklagten begründet hat, kann dahinstehen, da eine erneute Verwendung der Werbung gemäß Anlage K 1 nach Erhalt dieser Abmahnung nicht vorgetragen ist. Die Beklagte hat schon mit der Antwort auf die Abmahnung (Schreiben vom 10.6.2011, Anlage K 4, Bl. 47 ff. d.A.) behauptet, dass die beanstandete Werbung veraltet sei und nicht mehr verwendet werde; insbesondere habe sich ihr Geschäftsmodell dahin verändert, dass der Werbeplatz des Apothekers kein exklusiver mehr sei. In der Klageerwiderung hat die Beklagte weiter vorgetragen, nunmehr wie aus Anlage B 2 (Bl. 91 ff. d.A.) ersichtlich zu werben; diese Werbung weist die für den Verstoß gegen § 11 I UWG charakteristischen Merkmale nicht mehr auf. Dass die Beklagte entgegen diesem substantiierten Vorbringen die beanstandete Werbung nach der Abmahnung erneut verwendet hätte, hat die Klägerin nicht dargetan.

Auch eine Erstbegehungsgefahr für eine bedingt vorsätzliche Teilnahmehandlung besteht nicht. An der dafür erforderlichen Berühmung der Beklagten, auch künftig gemäß der Anlage K 1 werben zu dürfen, fehlt es, nachdem der Beklagtenvertreter in der Senatsverhandlung klargestellt hat, dass die die Ausführungen zur Anlage K 1 im vorliegenden Verfahren lediglich der Rechtsverteidigung dienen.

bb)
Die Beklagte haftet jedoch als (Mit-)Täterin für den Verstoß gegen §§ 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 11 I ApoG.

Dabei verkennt der Senat nicht, dass sich das Verbot des § 11 I ApoG direkt nur an Apotheker richtet und die Rechtsprechung bisher eine täterschaftliche Haftung desjenigen, der selbst nicht Adressat der dem Unlauterkeitsvorwurf nach § 4 Nr. 11 UWG zugrunde liegenden Norm ist, abgelehnt hat (vgl. hierzu BGH GRUR 2008, 810 – Kommunalversicherer; Tz. 13 sowie die Nachweise aus der Rechtsprechung der Instanzgerichte bei Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rdz. 11.22 zu § 4 UWG). Nach Auffassung des erkennenden Senats ist an dieser Einschränkung jedoch nicht festzuhalten.

Nach § 2 I Nr. 1 UWG ist als geschäftliche Handlung auch das Verhalten einer Person zugunsten eines fremden Unternehmens einzuordnen, das mit der Förderung des Absatzes der Dienstleistungen dieses fremden Unternehmens zusammenhängt. Daraus folgt, dass beispielsweise Geschäftsführer und regelmäßig auch Mitarbeiter für von ihnen selbst begangene unlautere Handlungen, die sie zugunsten ihres Unternehmens begangen haben, täterschaftlich ohne Rücksicht darauf haften, ob sie selbst Unternehmer oder Mitbewerber sind (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O. Rdz. 2.5a zu § 8 UWG; Senat, Urt. v. 6.3.2014 – 6 U 246/13). Dem Gesetzeswortlaut lässt sich kein Hinweis darauf entnehmen, dass eine solche täterschaftliche Haftung für eine zugunsten Dritter begangene unlautere Handlung ausscheiden soll, wenn die unlautere Handlung in einem Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift besteht, deren Normadressat nur der Dritte ist. Daher wird auch in der Literatur (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rdz. 2.5a zu § 8 UWG a.E.) unter Hinweis auf die Regelung des § 2 I Nr. 1 UWG die Auffassung vertreten, eine täterschaftliche Haftung setze nicht voraus, dass der Handelnde auch die für die Zuwiderhandlung des Dritten erforderliche besondere Täterqualifikation (hier: die Eigenschaft als Apotheker) in seiner Person erfüllt.

Der Senat sieht auch sonst keine überzeugenden Gründe dafür, im Wege der restriktiven Auslegung des § 2 I Nr. 1 UWG diejenigen Fälle von der täterschaftlichen Haftung für unlautere Handlungen zugunsten Dritter auszunehmen, in denen der Handelnde selbst nicht Normadressat der Vorschrift ist, die dem Unlauterkeitsvorwurf nach § 4 Nr. 11 UWG zugrunde liegt. Eine solche Einschränkung der täterschaftlichen Haftung würde im Gegenteil zu unvertretbaren Schutzlücken in Fällen der vorliegenden Art führen. Wenn nämlich der Handelnde selbst nicht als Täter verantwortlich ist, kann sein Verhalten auch nicht dem von ihm geförderten Normadressaten im Wege der Beauftragtenhaftung gemäß § 8 II UWG zugerechnet werden, weil diese Vorschrift – wie sich schon aus ihrem Wortlaut („auch“) ergibt – erfordert, dass der Beauftragte selbst eine unlautere Handlung begangen hat (vgl. Köhler/Bornkamm a.a.O. Rdz. 2.38 zu § 8 UWG). Eine Haftung des Handelnden als Teilnehmer ist an besondere Verschuldensvoraussetzungen geknüpft, die – wie der vorliegende Fall zeigt – oft nicht vorliegen. Auf die Störerhaftung kann ebenfalls nicht mehr zurückgegriffen werden, nachdem der Bundesgerichtshof (vgl. GRUR 2011, 152 – Kinderhochstühle im Internet; Tz. 48) diese Haftung für den Bereich des Lauterkeitsrechts aufgegeben hat (vgl. auch zu diesem Gesichtspunkt Köhler/Bornkamm a.a.O., Rdz. 2.5a zu § 8 UWG a.E.).

Klarzustellen ist, dass nach der vom erkennenden Senat vertretenen Auffassung nicht jeder Beitrag, den ein Außenstehender zu der unlauteren Handlung des Normadressaten leistet, eine täterschaftliche Haftung begründet. Erforderlich ist vielmehr, dass das konkrete Verhalten die Voraussetzungen eines täterschaftlichen, d.h. insbesondere über die bloße Teilnahme hinausgehenden, Beitrags erfüllt.

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall hat die Beklagte selbst als (Mit-)Täterin den zur Verletzung von § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 11 I UWG durch die Apotheker führenden Tatbestand verwirklicht. Die mit der angegriffenen Werbung (Anlage K 1) angekündigte Vorgehensweise war dadurch gekennzeichnet, dass der Apotheker selbst keinen unmittelbaren Kontakt mit dem Arzt herstellen musste. Vielmehr wollte es die Beklagte unternehmen, für die Zustimmung des Arztes zu einer gezielten Empfehlung der Apotheke und damit die „Zuführung“ im Sinne von § 11 I ApoG zu sorgen. Darin lag zugleich – wie unter a) ausgeführt – die für die Erfüllung des Verbotstatbestandes erforderliche „Absprache“. Die Beklagte hatte daher – im Zusammenwirken mit der Fa. A, die entsprechende Verträge mit den Ärzten abschließen sollte – nicht nur ein eigenes Interesse an der Zuwiderhandlung durch den Apotheker, sondern auch die maßgebliche Tatherrschaft darüber, ob und wie die Verbotsvoraussetzungen des § 11 I ApoG verwirklicht werden konnten. Dies begründet ihre Stellung als (Mit-)Täterin.

d)
Der Klägerin steht daher der vom Landgericht unter Ziffer 1. des Tenors zuerkannte, gegen die Werbung gegenüber Apotheken gerichtete Unterlassungsanspruch zu. Mit dem Prospekt gemäß Anlage K 1 hat die Beklagte bei Apothekern dafür geworben, für diese eine unlautere geschäftliche Handlung – die Herbeiführung einer verbotenen Absprache nach § 11 I ApoG – zu begehen. Unter diesen Umständen kann der Beklagten nicht nur die angekündigte unlautere geschäftliche Handlung selbst, sondern auch die unmittelbar darauf gerichtete Werbung untersagt werden. Die Wiederholungsgefahr für den Wettbewerbsverstoß ist – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – nicht dadurch entfallen, dass die Beklagte nach ihrer Behauptung die Werbung gemäß Anlage K 1 seit längerem nicht mehr verwendet. Hierzu hätte es der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bedurft.

e)
Der unter Ziffer 2. des Tenors zuerkannte, gegen die tatsächliche Ausstrahlung einer gemäß Anlagen K 1 und K 2 angekündigten Apothekenwerbung gerichtete Unterlassungsanspruch ist ebenfalls gegeben, da sich aus der Werbung jedenfalls eine Erstbegehungsgefahr dafür ergibt, dass die Beklagte in „TV-Wartezimmer“ ankündigungsgemäß gezielte Empfehlungen des Arztes zugunsten einer Apotheke ausstrahlen wird.

Der vom Landgericht antragsgemäß erlassene Unterlassungstenor zu 2. ist im Hinblick auf die Besonderheiten der vorliegenden Fallgestaltung auch nicht zu unbestimmt.

Zwar ergeben sich aus der im Antrag formulierten Verbotsvoraussetzung, wonach die ausgestrahlte Werbung „wie aus der Anlage K 1 und der Anlage K 2 ersichtlich“ gestaltet sein muss, gewisse Zweifel über den genauen Verbotsumfang, da sich aus den genannten Anlagen nicht unmittelbar ergibt, wie die Werbespots gestaltet sind.

Bei einem auf den Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr gestützten Unterlassungsbegehren kann jedoch mangels begangener Verletzungshandlung der Unterlassungsantrag oft nicht an eine konkrete Verletzungsform angeknüpft werden.

Da auch in diesem Fall dem Unterlassungsgläubiger ein effektiver Rechtsschutz nicht versagt werden kann (vgl. hierzu BGH GRUR 2007, 607 – Telefonwerbung für Individualverträge, Tz. 16 m.w.N.) , muss es möglich sein, die Fassung des gegen die drohende Verletzungshandlung gerichteten Unterlassungsantrages an demjenigen Verhalten zu orientieren, aus dem sich die Erstbegehungsgefahr ergibt (vgl. Senat, Beschl. v. 3.12.2012 – 6 U 230/12; juris-Tz. 9). Dies ist hier geschehen, da sich die Erstbegehungsgefahr aus der Werbung gemäß Anlage K 1 ergibt und der Antrag an diese Werbung anknüpft. Dass zugleich auch auf die Werbung gemäß K 2 Bezug genommen wird, ist unschädlich, da es sich – wegen der Verknüpfung durch „und“ – um eine zusätzliche Verbotsvoraussetzung handelt.

In Fällen der vorliegenden Art kann und muss allerdings dem Zweck des Bestimmtheitsgebotes durch eine eingeschränkte Auslegung des Unterlassungstitels Rechnung getragen werden. Die nach § 253 II Nr. 2 ZPO erforderliche Bestimmtheit des Unterlassungsantrages soll dem Unterlassungsschuldner Klarheit über Inhalt und Umfang des Verbots verschaffen und eine Verlagerung dieser Frage in das Vollstreckungsverfahren verhindern (vgl. zuletzt BGH GRUR 2012, 407 – Delan, Tz. 15 m.w.N.). Ist diese Klarstellung auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalls im Tenor nicht möglich, ist das Unterlassungsgebot im Rahmen eines etwaigen Vollstreckungsverfahrens eng, nämlich in der Weise auszulegen, dass – im vorliegenden Fall – nur solche Werbespots für Apotheker in den Verbotsumfang fallen, die unzweifelhaft die in der Werbeankündigung enthaltenen, für den Verstoß charakteristischen Merkmale aufweisen (vgl. auch hierzu Senat a.a.O. juris-Tz. 10). Dazu gehören insbesondere nur solche exklusiv für eine einzige Apotheke ausgestrahlte Werbespots, die mangels hinreichender Einschränkung aus der Sicht der angesprochenen Patienten als gezielte Empfehlung des Arztes für die Apotheke verstanden werden.

2.
Der weiter zuerkannte Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ergibt sich aus § 12 I 2 UWG; gegen die Höhe der Forderung sind Bedenken weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.

3.
Der Gewährung des vom Beklagtenvertreter beantragten Schriftsatznachlasses bedurfte es nicht. Zu den in der Verfügung des Senats vom 13.3.2014 angesprochenen Rechtsfragen hat die Beklagte bereits Stellung genommen. Der Schriftsatz des Klägervertreters vom 19.3.2014 enthielt kein neues entscheidungserhebliches Vorbringen.

4.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, weil die Sache sowohl im Hinblick auf die Auslegung von § 11 I ApoG als auch im Hinblick auf die Haftung der Beklagten grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 II Nr. 1 ZPO).

Vorinstanz:
LG Limburg, Az. 5 O 29/11

I