OLG Frankfurt a.M.: Zur fehlenden Dringlichkeit im einstweiligen Verfügungsverfahren bei markenrechtlichen Angelegenheiten

veröffentlicht am 22. Januar 2013

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtOLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 02.01.2013, Az. 6 W 130/12
§ 12 Abs. 2 UWG

Das OLG Frankfurt a.M. hat entschieden, dass an die Dringlichkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Markenrecht andere Anforderungen zu stellen sind als im Wettbewerbsrecht. Da die Antragsgegnerin bereits seit etwa zehn Jahren unter dem angegriffenen Zeichen auf dem Markt und auch im Internet präsent sei und die Antragstellerin nicht infolge einer Begegnung am Markt darauf gestoßen sei, sondern nach ihrer eigenen Darstellung erst „zufällig über das Internet“, würden die Interessen der Antragstellerin durch die behauptete Kennzeichenverletzung – abweichend von dem sonst in Kennzeichensachen gegebenen Regelfall – auch derzeit nur in sehr geringfügigem Maße beeinträchtigt werden, so der Senat. Zum Volltext der Entscheidung:


Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Beschluss

Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 100.000,00 EUR

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat den erforderlichen Verfügungsgrund mit Recht verneint. Zur Begründung kann in vollem Umfang auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen werden. Im Hinblick auf den Inhalt der Beschwerdebegründung ist ergänzend lediglich auf folgendes hinzuweisen:

Der maßgebliche Grund für die Verneinung eines Eilbedürfnisses liegt nicht darin, dass die Antragstellerin nach Kenntnis von der Verletzungshandlung längere Zeit zugewartet und damit zu erkennen gegeben hätte, dass ihr die Sache so eilig nicht ist. Diese Erwägung ist zwar im Anwendungsbereich von § 12 II UWG regelmäßig der einzige Gesichtspunkt, der die dort geltende Dringlichkeitsvermutung widerlegen kann. Nach der Rechtsprechung des Senats (GRUR 2002, 1096) ist diese Regelung jedoch im Kennzeichenrecht gerade nicht – auch nicht analog – anwendbar. Der in § 12 II UWG enthaltene Rechtsgedanke kann wegen der im Ausgangspunkt vergleichbaren Interessenlage auf kennzeichenrechtliche Verfügungsbegehren lediglich insoweit übertragen werden, als auch dort ein Verfügungsgrund im Regelfall zu bejahen ist. Gleichwohl sind Fälle denkbar, in denen unabhängig davon, wie zeitnah nach Kenntnis von der Verletzungshandlung der Rechtsinhaber seinen Anspruch verfolgt, aus anderen Gründen ein Bedürfnis für die Sicherung dieses Anspruchs im Wege der einstweiligen Verfügung nicht bejaht werden kann.

Einen solchen Fall hat das Landgericht hier zutreffend und unter Hinweis auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom 4.8.2008 – 6 W 108/08 – mit der Erwägung angenommen, dass die Antragsgegnerin bereits seit etwa zehn Jahren unter dem angegriffenen Zeichen auf dem Markt und auch im Internet präsent ist, ohne dass die Antragstellerin hiervon Kenntnis erhalten hätte. Darüber hinaus ist die Antragstellerin – worauf das Landgericht gleichfalls mit Recht hingewiesen hat – auch jetzt auf die Antragsgegnerin etwa nicht infolge einer Begegnung am Markt gestoßen, sondern nach ihrer eigenen Darstellung „zufällig über das Internet“. Diese Gesamtumstände rechtfertigen den Schluss, dass die Interessen der Antragstellerin durch die behauptete Kennzeichenverletzung – abweichend von dem sonst in Kennzeichensachen gegebenen Regelfall – auch derzeit nur in sehr geringfügigem Maße beeinträchtigt werden. Im Hinblick auf die gravierenden Auswirkungen, die der Erlass der beantragten Unterlassungsverfügung auf der anderen Seite für die Antragsgegnerin hätte, muss die Antragstellerin daher zur Verfolgung ihrer Ansprüche auf den Weg des Klageverfahrens verwiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.

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